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Mit diesem Band führt Jürgen Moltmann sein Werk "Systematische Beiträge zur Theologie" weiter
Christliche Eschatologie folgt in allen persönlichen, geschichtlichen und kosmischen Dimensionen diesem christologischen Muster: im Ende- der Anfang. Jürgen Moltmann geht es um die spezielle Hoffnungslehre, also um die Erwartungshorizonte für das persönliche Leben, für das politische und geschichtliche Leben und für das Leben des Kosmos: Was ist und wie wirkt die Hoffnung auf ewiges Leben, auf das Reich Gottes, auf den neuen Himmel und die neue Erde? Was ist und wie wirkt die Hoffnung auf die Herrlichkeit für Gott selbst.…mehr

Produktbeschreibung
Mit diesem Band führt Jürgen Moltmann sein Werk "Systematische Beiträge zur Theologie" weiter

Christliche Eschatologie folgt in allen persönlichen, geschichtlichen und kosmischen Dimensionen diesem christologischen Muster: im Ende- der Anfang. Jürgen Moltmann geht es um die spezielle Hoffnungslehre, also um die Erwartungshorizonte für das persönliche Leben, für das politische und geschichtliche Leben und für das Leben des Kosmos: Was ist und wie wirkt die Hoffnung auf ewiges Leben, auf das Reich Gottes, auf den neuen Himmel und die neue Erde? Was ist und wie wirkt die Hoffnung auf die Herrlichkeit für Gott selbst.
Autorenporträt
Dr. Jürgen Moltmann studierte Theologie während der Kriegsgefangenschaft in England und nach seiner Rückkehr nach Deutschland in Göttingen. Von 1953 bis 1958 war er Pfarrer und Studentenpfarrer in Bremen, von 1958 bis 1964 Professor an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal. Von Bonn, wo er von 1964 bis 1967 lebte, kam er 1967 nach Tübingen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1994 lehrte. Seitdem hat er international zahlreiche Gastprofessuren und Vortragsreisen wahrgenommen. Seine besondere Liebe gilt Nicaragua und Korea. Jürgen Moltmann erhielt zahlreiche Preise und 19 Ehrendoktorate.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.1995

Die zweite Schöpfung
Jürgen Moltmanns Eschatologie / Von Ingolf U. Dalferth

Zum Ausgang des Jahrtausends steigern sich die Endzeitängste, und eine Flut apokalyptischer Schreckensvisionen motiviert und begleitet die ökopolitischen Massenwallfahrten und religiösen Eskapismen unserer Zeit. Was sollen wir tun angesichts der Folgen dessen, was wir getan haben? Was ist zu erwarten im Licht dessen, was wir wissen? Und was bleibt zu hoffen, wenn wir ernst nehmen, was uns bekannt ist? Christliche Eschatologie kann sich diesen Fragen nicht entziehen. Aber sie ist keine intellektuelle Variante des Kaffeesatzlesens, und sie bietet auch keine Auskunft über die ",Endlösung' aller unlösbaren Probleme", wie Jürgen Moltmann betont. Ihr Thema ist nicht das Ende, sondern der neue Anfang aller Dinge - im persönlichen Leben, im geschichtlichen Zusammenleben der Menschen und im Gesamtleben des Kosmos. Denn: "Die wahre Schöpfung steht noch aus und uns erst bevor."

Dreißig Jahre nach der "Theologie der Hoffnung" kehrt Moltmann mit diesem fünften Band seiner "Systematischen Beiträge zur Theologie" zum zentralen Thema seiner Theologie zurück: der christlichen Hoffnung. Sie ist kein Produkt der Angst vor einem apokalyptisch ausgemalten Weltende, sondern richtet sich auf das Kommen Gottes (wie Moltmann in unerwähnter Gemeinsamkeit mit Eberhard Jüngel formuliert). Sie spricht "von neuem Anfangen im tödlichen Ende", weil sie von der Auferweckung des gekreuzigten Christus ausgeht. Diese bildet den Maßstab und das Denkmuster, mit dessen Hilfe Moltmann "die Erwartungshorizonte für das persönliche Leben, für das politische und geschichtliche Leben", für das "Leben des Kosmos" sowie für das göttliche Leben selbst erkundet. In all diesen Dimensionen, so seine Maxime, erfordern eschatologische Fragen christologische Antworten.

Entscheidend ist dann allerdings die Christologie, von der ausgegangen wird. Für sich genommen erklärt Moltmanns christologische Methode weder die einzelnen Aussagen noch den Zielpunkt seiner Eschatologie: die kosmische "Schechina", die endgültige Einwohnung Gottes in seiner Schöpfung. In dieser ganz realistisch angelegten Einwohnungsmetaphorik kommen vielmehr Linien von Moltmanns sozialer Trinitätslehre, ökologischer Schöpfungslehre, messianischer Christologie und und seiner Pneumatologie zur Geltung, die sich seit den achtziger Jahren zwar gewiß zu keinem System, aber doch zu einem gewissen Programm, einer "Theologie der göttlichen Einwohnungen", zu verdichten beginnen: Gott wird trinitarisch, die Schöpfung ökologisch und die Reihe von Gottes Einwohnungen in der Schöpfung eschatologisch bedacht.

Sämtliche "Einwohnungen Gottes" in Israel, in Christus, in den Menschen und in diesem Band nun auch: in Geschichte und Kosmos rücken so unter das Vorzeichen der Eschatologie, die aber wird in Vorstellungsformen entfaltet, von denen Moltmann ausdrücklich bekennt, er verdanke sie seiner tiefen Prägung durch "israelitisches und gegenwärtiges jüdisches Denken". Ernst Bloch und Franz Rosenzweig, aber auch Scholem, Benjamin, Taubes und Löwith bilden wichtige Gesprächspartner - allerdings in bezeichnender Ausblendung von Themen: Daß etwa in Rosenzweigs Analysen von Judentum und Christentum auch der Islam eine prominente Rolle spielt, wird mit keinem Wort erwähnt und hinterläßt in Moltmanns Denken auch keine Spuren.

Das ist kein Zufall. In der freien Auswahl und Verknüpfung von Themen, in der griffigen Schematisierung theologiegeschichtlicher Alternativen und in der realistischen Ausdeutung von Metaphern und sprachlichen Bildern der jüdischen und christlichen Tradition praktiziert Moltmann Theologie als ein intellektuelles "Abenteuer der Ideen". Sein (wie er sagt) experimenteller Denkstil resultiert in Sätzen, die zwar "ungesichert" seien, als "Vorschläge in einer Gemeinschaft" aber zum "eigenen Denken" und "sachlichen Widerspruch" herausfordern sollen. Beides ist ihm auch diesmal gelungen. Daß Theologie überzeugend nur aus der Perspektive der Beteiligten, nicht aus der desinteressierter Beobachter zu betreiben ist, ist richtig (auch wenn Moltmanns eigenes Beteiligtsein immer wieder in eine etwas stereotype Betroffenheit über die Benachteiligungen der Dritten Welt, der Natur und der Frauen abzugleiten droht). Und er hat alle guten Gründe auf seiner Seite, wenn er das Grundproblem der Eschatologie nicht in der Differenz zwischen Zeit und Ewigkeit, sondern zwischen Alt und Neu verortet: Die Kategorie des Novum ist die entscheidende Kategorie christlichen Hoffnungsdenkens, und sie läßt sich weder universalgeschichtlich begründen, noch taugt sie für apokalyptische Prognosen.

Es gelingt Moltmann aber nicht, das in den verschiedenen Teilen des Buches mit gleicher Überzeugungskraft zur Geltung zu bringen. Den persönlichsten Ton trifft er in der "Personalen Eschatologie" ("Ewiges Leben"), in der er Fragen des Todes und des ewigen Lebens im Blick auf das Leben einzelner Personen bedenkt. Hier stellt er Fragen ("Ist dieses Leben alles gewesen?", "Ist der Tod die Folge der Sünde oder das natürliche Ende des Lebens?", "Wo sind die Toten?", "Leben wir nur einmal auf dieser Erde?"), die wohl alle bewegen, die über den Tod nachdenken, und er findet Antworten, die bei aller Ungesichertheit in ihrer Aufrichtigkeit überzeugen. Indem er darlegt, was diese Fragen für ihn bedeuten und wie er sie für sich selbst beantwortet, nähern sich seine Ausführungen einem persönlichen Bekenntnis, das Repekt verdient.

Das theologische Herzstück des Buches aber ist die "Geschichtliche Eschatologie" ("Reich Gottes"), in der es um die christliche Hoffnung für den sozialen Zusammenhang des menschlichen Lebens geht. Gegen gängige Abgrenzungen plädiert Moltmann für die Wiedereinführung der Apokalyptik in das eschatologische Denken. Seine Gründe dafür sind bedenkenswert: Apokalyptik könne ohne Messianismus, Messianismus aber nicht ohne Apokalyptik sein. Recht verstanden gehe es in dieser nämlich nicht um "das Erschrecken vor dem Ende, sondern das Ausharren im Widerstand gegen die Mächte dieser Welt". Das aber müsse konkret zum Ausdruck kommen. Würden sich die "Visionen der Hoffnung auf Gottes Zukunft" nicht mehr in solchen "Visionen der Rettung aus den erfahrenen und befürchteten Weltgefahren" konkretisieren, würde die geschichtliche Hoffnung der Christen vorstellungs- und folgenlos. Vor allem aber sei es notwendig, diese Themen nicht länger "apokalyptischen Erpressern" zu überlassen. Die apokalyptischen Konkretionen müßten vielmehr im Licht der christlichen Freiheitshoffnung kontrolliert werden.

Das erfordert Unterscheidungen im Umgang mit den apokalyptischen Problemen und Positionen - zwischen Prä- und Postmilleniarismus (dem Glauben, daß das tausendjährige Reich eine Periode der Geschichte vor oder nach der Wiederkunft Christi sei), zwischen christlichem und politischem Millenarismus (in der konstantinischen Epoche, aber auch in der amerikanischen "Erlöser-Nation", die Moltmann als das große und unvollendete Experiment der Neuzeit ausführlich diskutiert), zwischen historischem und eschatologischem Chiliasmus (nicht Enttäuschung über die ausbleibende Parusie Christi, sondern die vorzeitig erfüllten Hoffnungen seien "für zweitausend Jahre das Hauptproblem des Christentums" gewesen), zwischen (unerläßlichem) christlichem Chiliasmus und (unerträglichem) apokalyptischem Fundamentalismus. Mit diesen Differenzierungsvorschlägen und ihrer historischen Konkretion bis hin zur Diskussion um das angebliche Ende der Geschichte nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums bietet Moltmann eine der wenigen ernsthaften Auseinandersetzungen in der deutschen Theologie mit dem politischen und kirchlichen Chiliasmus der Gegenwart.

Damit ist eine wichtige theologische Aufgabe in Angriff genommen, die zur Weiterarbeit herausfordert. Anknüpfungspunkte bietet Moltmann genug: Daß er wegen der Hoffnung für Israel keine christliche Eschatologie ohne Chiliasmus geben könne, daß sich die christliche Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten richte, die allgemeine Auferstehung der Toten aber erst die "letzte Konsequenz jenes Neuschöpfungsprozesses" sei, "der mit dem Kommen Christi begonnen hat", oder daß mit der "Begründung der Allversöhnung und Wiederbringung aller Dinge im Kreuzestod Jesu der alte Streit zwischen universaler Gnadentheologie und partikularer Glaubenstheologie überwunden" sei, sind nur einige seiner Thesen, die zur Diskussion herausfordern. Weil Moltmann bei all diesen Fragen theologisch differenziert urteilt, werden seine - auch politischen - Optionen als Konsequenzen theologischer Entscheidungen einsichtig und damit auch für die diskutierbar, die aus theologischen Gründen zu anderen Folgerungen gelangen.

So diskussionswürdig Moltmanns geschichtliche Eschatologie ist, so wenig überzeugt seine "Kosmische Eschatologie" ("Neuer Himmel - neue Erde"). Sicher ist nicht zu bestreiten, daß das menschliche Einzelleben in die Geschichte und diese in die Natur eingebettet ist, so daß auch die Natur Gegenstand eschatologischer Reflexion sein muß. Moltmann hat auch Erhellendes zu den Weltvernichtungs- beziehungsweise Weltverwandlungslehren der lutherischen und reformierten Tradition sowie zu den Mystifikationen des Ökofeminismus zu sagen. Aber der Kern seiner Überlegungen, seine Erörterung von Zeit und Raum, ist keine Bereicherung der Literatur zum Thema.

Unglücklicherweise scheint Moltmann gerade ihnen als Fortführung seiner schöpfungstheologischen Überlegungen in früheren Werken ein besonderes Gewicht beizumessen. Doch noch deutlicher als sonst läßt er sich hier von Metaphern und Vorstellungsbildern leiten, die nicht sprachlich kontrolliert, begrifflich geklärt und argumentativ verantwortet werden. Hier fehlt es auf Schritt und Tritt an der notwendigen philosophischen Grundlagenreflexion. Was soll "Gleichzeitigkeit" heißen, wenn vor Gott alle Zeiten gleichzeitig sein sollen? Was "Ewigkeit", wenn diese als universale Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Zukunft bestimmt wird? Was "Gegenwart", wenn diese als "zeitlich zwischen Zukunft und Vergangenheit und gleichzeitig zu Zukunft und Vergangenheit" bestimmt wird? Warum soll eine "Zurücknahme der Allgegenwart Gottes" Voraussetzung für den Lebensraum der Schöpfung sein müssen? Was soll man sich unter einem "räumliche(n) Abstand von Gott" vorstellen? Wie kann ein solcher für die Freiheit der Geschöpfe als notwendig behauptet und zugleich Erlösung als die Aufhebung dieses räumlichen Abstands bestimmt werden? Ist Gott uns räumlich nahe, wenn seine kosmische Schechina alles durchdringt? Solche und viele ähnliche Aussagen lassen grundlegende Zweifel an Moltmanns Verständnis von Raum und Zeit, an seinem Gottesverständnis oder an beidem aufkommen.

Der kurze Schlußteil des Buches ist der "Göttlichen Eschatologie" ("Herrlichkeit") gewidmet. In ihr geht es Moltmann - gut reformiert - um die Verherrlichung Gottes. Rhapsodisch wird der "Jubel aller Geschöpfe" im "Fest der ewigen Freude" an Gottes Fülle beschworen. "Das Lachen des Universums ist Gottes Entzücken" lautet der letzte Satz. Und die letzten Worte: Soli Deo Gloria.

Jürgen Moltmann: "Das Kommen Gottes". Christliche Eschatologie. Chr. Kaiser / Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1995. 380 S., kt., 68,- DM.

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