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"Ich konnte nie hassen." Max Mannheimer verbringt eine unbeschwerte Jugend in einem Städtchen in Mähren. Ab Mitte der 30er-Jahre werden dort erste Zeichen eines politischen Umschwungs spürbar. Im Oktober 1938 erfolgt der "Anschluss" des Sudetenlandes, die deutsche Wehrmacht marschiert ein. Das alte Leben ist zu Ende. Zusammen mit vielen anderen Juden wird die Familie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und sich ein neues Zuhause zu suchen, Einschränkungen und Schikanen nehmen zu. 1943 werden sie nach Auschwitz deportiert. Die Eltern, drei Geschwister und Mannheimers Ehefrau werden ermordet.…mehr

Produktbeschreibung
"Ich konnte nie hassen."
Max Mannheimer verbringt eine unbeschwerte Jugend in einem Städtchen in Mähren. Ab Mitte der 30er-Jahre werden dort erste Zeichen eines politischen Umschwungs spürbar. Im Oktober 1938 erfolgt der "Anschluss" des Sudetenlandes, die deutsche Wehrmacht marschiert ein. Das alte Leben ist zu Ende. Zusammen mit vielen anderen Juden wird die Familie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und sich ein neues Zuhause zu suchen, Einschränkungen und Schikanen nehmen zu. 1943 werden sie nach Auschwitz deportiert. Die Eltern, drei Geschwister und Mannheimers Ehefrau werden ermordet. Sein jüngerer Bruder und er überleben weitere Deportationen in die KZ Warschau und Dachau. Nach der Befreiung beginnt das dritte Leben. Max Mannheimer gründet eine Familie und verdrängt lange die Leidenszeit. Nach dem Tod seiner zweiten Frau, die für den Widerstand tätig war, schreibt er seine Erinnerungen an den Holocaust nieder. Als 'Spätes Tagebuch' wurden sie weltweit bekannt.
Autorenporträt
Max Mannheimer, geboren 1920 in Neutitschein/Tschechoslowakei, wurde 1943 nach Theresienstadt und Auschwitz, 1944 nach Dachau deportiert. Nach der Befreiung kehrte er zunächst in seine alte Heimat zurück, ließ sich dann jedoch entgegen seinem festen Vorsatz zusammen mit seiner neuen Familie in Deutschland nieder. Seit vielen Jahren hält er in Vorträgen und Reden die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus wach. Für seinen Kampf gegen das Vergessen und für die Demokratie wurde er vielfach ausgezeichnet und geehrt: Chevalier de la Légion d'Honneur (1993), Waldemar-von Knoeringen-Preis (1994), Ehrendoktorwürde der LMU München (2000), Oberbayerischer Kulturpreis (2005), Bundesverdienstkreuz, Bayerischer Verdienstorden, Bayerische Verfassungsmedaille in Silber und Gold, Ehrenbürger von Neutitschein (2009), Ehrenmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München (2010), Europäischer Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft (2012). Als Maler expressionistischer Werke ist er

unter dem Namen ben jakov bekannt.

Marie-Luise von der Leyen hat Max Mannheimers Erinnerungen aufgezeichnet. Sie studierte Theatergeschichte, Germanistik und Soziologie, absolvierte die Deutsche Journalistenschule, war Redakteurin beim 'Stern' sowie Text- und Kulturchefin bei 'Vogue' und lebt bei München. Diverse Veröffentlichungen, zuletzt 'Berühmte Väter und ihre Kinder. Ich wäre glücklich gewesen, dich als Freund zu haben' (2011).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.12.2012

Der Zeitzeuge
Max Mannheimer hat den Holocaust überlebt. In seinem neuen Buch
„Drei Leben“ gibt er der Erinnerung eine Stimme
VON HELMUT ZELLER
In Taus, einer tschechischen Kleinstadt nahe der deutschen Grenze, sieht der 26-jährige Max Mannheimer keinen anderen Ausweg mehr und bricht seinen Schwur. Auch wenn es ihm wie ein Verrat an den Toten und sich selbst vorkommt. Am 13. September 1946 gebar ihm seine Frau Fritzi, eine sudetendeutsche Antifaschistin, ein Kind. „Wir waren überglücklich und nannten sie nach meiner in Auschwitz ermordeten Frau: Eva.“ Sechs Wochen später bringt Mannheimer das Kind und Fritzi, die nach Deutschland will, bis nach Taus. Er wird die Grenze auf keinen Fall überschreiten. Eltern, Schwester, zwei Brüder – die Nazis haben fast die ganze Familie ermordet. Sein Bruder Edgar, mit dem er durch Theresienstadt, Auschwitz, Warschau und Dachau gegangen ist, wartet in der Heimatstadt Neutitschein auf ihn. Aber als Mannheimer im Hotelzimmer zum ersten Mal das Baby wickelt, wird ihm klar, dass er seine Familie nicht im Stich lassen kann. „Auch wenn es bedeutete, ins Land der Täter zurückzukehren.“
  So begann das dritte der „Drei Leben“ des Max Mannheimer – so der Titel der mit Marie-Luise von der Leyen aufgeschriebenen Erinnerungen. Wie im „Späten Tagebuch“ (1985) nimmt Mannheimer den Leser auf eine Reise in die Finsternis mit – und erzählt darüber hinaus an seinem Schicksal entlang die Geschichte der Juden in Deutschland nach der Shoah. Aber der Reihe nach: Am 6. Februar 1920 wird Max in Neutitschein geboren, ein eher fauler, aber gewitzter Schüler, der sich durch seine Schlagfertigkeit sogar vom strengen Lehrer Funker eine Eins holt. Darf ein Eisenwarenhändler entgegen der Gewerbevorschriften mit Wein handeln? „Das darf er, wenn es sich um den eisenhaltigen Pepsinwein gegen Blutarmut handelt“, antwortet Max. Autos, Fußball, er spielt als Linksaußen in der Lokalelf, sind seine Leidenschaft – und Mädchen. Der 14-Jährige nimmt lange Umwege in Kauf, um Wilma, später dann Hertha die Schultasche nach Hause zu tragen. Aber erst Sala. Schwarze Haare, rote Bäckchen, fein geschnittenes Gesicht. Zwei Küsse gibt ihm das bildhübsche Mädchen in einer Sommernacht des Jahres 1936, auf jede Wange einen. „Ich habe ein Leben lang an sie gedacht.“
  Der Jugendclub „Makkabi“, die Synagoge, seine Bar-Mizwa – Mannheimer und seine Co-Autorin entfalten ein Panorama jüdischen Lebens in Ost- und Mitteleuropa, einer Kultur, die durch den Massenmord an den Juden für immer verloren ist. Das erste Leben endet mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in das Sudetenland am 10. Oktober 1938. Neutitschein, das ihn Jahrzehnte später zum Ehrenbürger machen wird, steht in einem Meer von Hakenkreuzfahnen. Ausgrenzung, Verfolgung und Lager – ein „Leben als Nummer“. Noch mehr Gesichter, Worte, Gesten, Blicke als für sein erstes Buch holt Mannheimer aus dem Gedächtnis hervor. Der Leser blickt in den Abgrund tiefster Erniedrigung, die Menschen durch Menschen zugefügt wurde. Mannheimer schont sich nicht, weil er erinnern will – als Mahnung vor Rassismus und Antisemitismus. Viele Jahre werden nach seiner Befreiung am 30. April 1945 bei Tutzing noch vergehen, bis er Bekanntheit und politisches Gewicht als Zeitzeuge und Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees erlangt hat. 34 600 Google-Eintragungen, Filme („Der Weiße Rabe“), Bücher, Aufsätze, TV-Interviews, Presseartikel, Ausstellungen seiner Gemälde und unzählige Preise – nach der Veröffentlichung des „Späten Tagebuchs“, das in viele Sprachen, 2010 sogar ins Chinesische, übersetzt wurde. Das Buch, geschrieben im atemlosen Rhythmus eines Gehetzten, zählt zu den beeindruckendsten der Holocaust-Literatur.
  Ein normales Leben ist unter der Last des Traumas nicht mehr möglich. 18 Jahre lang versteckt Mannheimer sich in einem „inneren Ghetto“, wie Fritzi es nennt. 1948 bezeichnete der Jüdische Weltkongress Deutschland als einen Friedhof, auf dem jüdisches Leben niemals wieder gedeihen könne. Wie alle Juden, die nach Westdeutschland zurückgekehrt oder nach Auflösung der DP-Camps geblieben sind, empfindet er Schuldgefühle. Die ablehnende Reaktion der Juden in Israel und den USA macht es noch schwerer. Kontakt pflegt er nur mit Juden und SPD-Mitgliedern, die ihm unbelastet erscheinen. 1947 tritt er in Fritzis Partei, die SPD, ein. Nach allem, was er erlitten hat, will er keine antisemitische Äußerung mehr hören. Und doch geschieht es: 1954 probiert er in der Kabine eines Münchner Konfektionshauses ein Sakko an. Als er nach verschiedenen Größen verlangt, hört er, wie der Verkäufer sich bei einem Kollegen über den „Saujuden“ beschwert. Die Firma will den Verkäufer entlassen, aber Mannheimer lehnt ab. Rache und Hass sind seinem Wesen fremd.
  Er arbeitet für jüdische Hilfsorganisationen, pendelt zwischen Frankfurt und München, wird von einem Freund, dem Journalisten Ernest Landau, zur Neuen Welt geholt und später Prokurist einer Textilfirma. An Landau, der für den Wiederaufbau einer jüdischen Existenz in Deutschland stritt, hielt sich Mannheimer, als er erkennen musste, wie rasch die Deutschen Frieden mit den Tätern schlossen, Kriegsverbrecher mithilfe des Vatikans nach Südamerika flüchten konnten. „Den Verzicht auf klare Grenzen gegenüber der NS-Vergangenheit empfand ich als große Belastung für das Selbstverständnis, die politische Moral und die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik.“
  Die Amerikanerin Grace, die er 1965 nach Fritzis Tod heiratet, will nach Israel auswandern. Er bleibt, das Malen hilft ihm über seine Depressionen hinweg – und dann, mit 65, ist die Zeit reif. Er beginnt zu erzählen. Anfangs kann er die Demütigungen, Ängste und Schmerzen nur mithilfe von Beruhigungstabletten wieder durchleiden. Aber das gibt sich. Heute hat er Zigtausende Jugendliche über die Naziverbrechen aufgeklärt. Er streitet gegen NPD, Neonazis und für Minderheiten wie Sinti und Roma. Manche missverstehen seine Versöhnlichkeit als Schwäche, sie begreifen nicht, das sie die größte Stärke Mannheimers ist, eines der letzten Zeitzeugen, die der Erinnerung eine Stimme geben.
„Drei Leben“ wird an diesem Donnerstag um 19.30 Uhr im Literaturhaus München vorgestellt .
Der Leser blickt in den Abgrund
tiefster Erniedrigung,
die Menschen zugefügt wurde
Seine Frau will nach Israel – er
bleibt. Das Malen hilft ihm
über seine Depressionen hinweg
Max Mannheimer hat vier Konzentrationslager überlebt und wollte hinterher nie mehr in das Land der Täter zurückkehren. Er tat es doch – seiner Familie wegen. Heute ist er einer der letzten lebenden Zeitzeugen.
FOTO: SCHELLNEGGER
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"Ein wichtiges Buch, das jeder lesen sollte."
Inge Hagen, Borromäusverein 2013