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Dmitri Prigow hat seinen Freunden vom Moskauer Hinterhof etwas Entscheidendes voraus: Er hat Japan gesehen - und damit die Welt!Jetzt erzählt er ihnen von hysterischen Raben, die Menschenköpfe attackieren - nicht zu vergleichen mit den russischen Krähen! -, vom Koch eines russischen Lokals in Sapporo, dessen Vater als japanischer Offizier durch die Internierung in Sibirien dem Harakiri entging, von Sumo-Ringern, die vom Podest stürzen und Zuschauer zerquetschen, von der Geruchlosigkeit in diesem Land und dem schier unfassbaren Aufkommen an Toiletten.In kurzweiligem Ton und wie beiläufig…mehr

Produktbeschreibung
Dmitri Prigow hat seinen Freunden vom Moskauer Hinterhof etwas Entscheidendes voraus: Er hat Japan gesehen - und damit die Welt!Jetzt erzählt er ihnen von hysterischen Raben, die Menschenköpfe attackieren - nicht zu vergleichen mit den russischen Krähen! -, vom Koch eines russischen Lokals in Sapporo, dessen Vater als japanischer Offizier durch die Internierung in Sibirien dem Harakiri entging, von Sumo-Ringern, die vom Podest stürzen und Zuschauer zerquetschen, von der Geruchlosigkeit in diesem Land und dem schier unfassbaren Aufkommen an Toiletten.In kurzweiligem Ton und wie beiläufig verschränkt Prigow Begebenheiten im exotischen Reiseland Japan mit skurrilen Assoziationen, Reflexionen, Träumen, Erinnerungen und zahllosen Russland-Episoden.
Autorenporträt
Dmitri Prigow, geboren 1940, lebt in Moskau. Dichter, Künstler, Erfinder und "Patriarch" des Moskauer Konzeptualismus. Autor zahlreicher Gedichtbände und Prosatexte; einer der bekanntesten Vertreter des ehemaligen literarischen Underground. Veröffentlichungen in Russland seit 1989; 1993 Puschkin-Preis. In Deutsch erschienen: Poet ohne Persönlichkeit (1991), Der Milizionär und die anderen. Gedichte und Alphabete (1991), Lebt in Moskau, Roman (Folio, 2003).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2008

Nie mehr ein heißes Bad

Dmitri Prigow ist weg. Kurz nachdem sein Reisebuch in deutscher Übersetzung erschienen war, starb der sechsundsechzig Jahre alte "Patriarch" des Moskauer Konzeptualismus 2007 an einem Herzinfarkt. So wird sein Japan-Buch zum Vermächtnis und zum Testament, fast zum Todesboten. Schrieb nicht Prigow selbst auf Seite 171, es sei "ein heißes Bad der direkte Weg zu einem ausgedehnten Infarkt"? Der Ausschnitt verrückt den Text jedoch fälschlich ins Sieche. Prigow aber ist kerngesund und springlebendig. Sein "Traktat",wie er selbst es nennt, ist kein Reiseführer mit Schirmchen und Rat, sondern eine rapide Reise durch "Japan im Quadrat" entlang der Steilkurven der Großhirnrinde Prigows: "Was ich will, das schreibe ich." Vor allem will der Dichter und Essayist dringend seinen Kumpels vom Moskowiter Hinterhof erzählen, wie es bei den Japanern so zugeht. Auf dieser Fahrt quetscht sich sein Blick unter die Brustfalten mastleibiger Sumo-Ringer, schlüpft in abgedichtete Grotten, wo Monster Menschen essen, und verfolgt Mönche beim Selbstvernebeln. Im Rückspiegel aber fällt der Blick stets in den heimatlichen Hinterhof - im Ohr das metallische Klingeln der Silberhämmerchen, mit denen japanische Hinterbliebene die Knochen der Verblichenen zerklopfen. Von dieser Lesereise hat der deutsche Leser jede Menge. Nicht nur darf er sein Kopfschütteln über japanische Kuriositäten wie den Schuhwechselwahn oder das Respekt bezeugende kehlige Hauchen international beglaubigt sehen. Gleichermaßen gerät er ins tundrische Universum dieses geistigen Erben Dostojewskijs mit höchster "unirdischer Autonomie", wo ruckzuck A auf B folgt, das Abstrakte auf das Banale. Dass im prigowitischen Japan Karateka mit purem Atem Todesstöße geben - wer würde zweifeln? Am Seitenrand: lauter Häkchen und ausradierte Fragezeichen. Einwände sind haltlos. Das betrifft erst recht die Übersetzung, zumal der Rezensent kein Russisch spricht. Aber angesichts von Wortschätzchen wie "Kummetbügel", "polken", "Toilettenschläppchen" und "quatschende Gummistiefel" vertraut er Christiane Körner blind. Mit so einem Reisebuch erfährt man Japan, wie es sein könnte. Das ist unendlich mehr als die artige Registratur der Oberfläche. So muss das unirdische Japan aussehen. Prigow muss es wissen. Leider ist er, der sich so wild und ungestüm hin- und wegreißen ließ, nicht mehr da.

geko

"Moskau-Japan und zurück" von Dmitri Prigow. Erschienen in der "Reihe Transfer" LXXIV. Folio-Verlag, Wien 2007. 269 Seiten. Gebunden, 22,50 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dmitri Prigow tut in seinem Japan-Reise-Buch nicht so, als wüsste er alles, was Stefan Fischer sehr sympathisch findet. Ständig spiele der russische Autor mit seiner Rolle als allmächtiger Interpret der japanischen Wirklichkeit und setze der auf dieser Reise erlebten Wirklichkeit das Japan seiner Fantasie entgegen, ohne sich um den Wahrheitsgehalt zu kümmern, schließt der Rezensent durchaus amüsiert. Seine Distanz zu den Reiseeindrücken zeige sich beispielsweise, wenn er detailliert eine Teezeremonie beschreibt, um am Ende schalkhaft zu fragen, ob sich der ganze Aufwand für eine einzige Tasse Tee eigentlich lohnt. Fast gerührt hat Fischer Prigows Begegnung mit Sumo-Ringern, die er liebevoll und "subtil" in ihrer ganzen massigen Anmut darstellt.

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