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Mit "La Bohème", die auf Henri Murgers 1851 erschienenen viel gelesenen Roman zurückgeht, hat Puccini mit großem Erfolg an die Tradition der französischen "opéra lyrique" angeknüpft. Das Werk wurde am 1. Februar 1896 unter der Leitung des jungen Toscanini uraufgeführt - kurz bevor Leoncavallo, der sich mit demselben Sujet beschäftigte, seine "Bohème" fertigstellte, die sich nach dem durchschlagenden Erfolg Puccinis indessen nicht auf der Bühne behaupten konnte.

Produktbeschreibung
Mit "La Bohème", die auf Henri Murgers 1851 erschienenen viel gelesenen Roman zurückgeht, hat Puccini mit großem Erfolg an die Tradition der französischen "opéra lyrique" angeknüpft. Das Werk wurde am 1. Februar 1896 unter der Leitung des jungen Toscanini uraufgeführt - kurz bevor Leoncavallo, der sich mit demselben Sujet beschäftigte, seine "Bohème" fertigstellte, die sich nach dem durchschlagenden Erfolg Puccinis indessen nicht auf der Bühne behaupten konnte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.10.2008

Lebenshunger und existentielle Not
Endlich im Kino! „La Bohème” mit Traumpaar Netrebko/Villazón
Es waren einmal zwei Königskinder mit Namen Anna & Rolando, und die hatten nur einen Wunsch: Endlich einmal vor einer Filmkamera stehen und dort schluchzen, singen und knutschen. Und weil alles, was Anna & Rolando anfassen, sofort zu Gold wird, war es kein Problem, ihren Wunsch zu erfüllen.
Giacomo Puccini stellte seine Künstler- und Hartz-IV-Empfänger-Oper „La Bohème” dafür zur Verfügung, der Bayerische Rundfunk seine Sinfoniker, und mit Dirigent Bertrand de Billy war auch ein versierter Routinier zur Hand, der in den entscheidenden Momenten ganz laut die Pauke krachen lassen kann. So ging vor eineinhalb Jahren in Münchens Philharmonie eine konzertante „Bohème”-Serie über die Bühne, die bald in eine CD-Produktion mündete, die wiederum als Soundtrack dient für die Verfilmung durch Robert Dornhelm.
Ausstatter Florian Reichmann hat eine ärmliche Mansarde gebaut, später kann man noch andere Etablissements im Paris von 1830 bewundern. Der Trubel im Café Momus und der Tagesanbruch am Schlagbaum von Enfer suggerieren nun genauso wie die Mansarde ein realistisch historisierendes Ambiente – das andererseits genauso pappmaché-künstlich wirkt wie der viele Schnee. Dornhelm macht zwar Film, aber er stellt sich dabei genauso an wie ein Operntheatermacher aus dem Jahr 1900 – mit diesem Interieur könnte das Ganze auch in einem Opernhaus laufen.
Unglücklicherweise ist dieser halbgare Ausstattungrealismus gekoppelt an ein Desinteresse an den Abgründen der „Bohème”. Dass es hier um existentielle Not geht, die eine Künstlerclique großmäulig überspielt – dieser Abgrund, diese Doppelbödigkeit macht das Stück ja erst so richtig spannend. Doch davon weiß Dornhelms nett eindimensionale und uninspiriert traditionelle Lesart rein gar nichts. Ihn interessiert nur eines: die rührende Liebesgeschichte zwischen der schwindsüchtigen Anna, die im Film Mimì heißt, und dem mittellosen Dichter Rodolfo, der im wirklichen Leben Rolando heißt. Das wird herzzerreißend vorgeweint, und wer nicht mindestens zwei Taschentücher dabei hat, ist schlecht beraten.
Wer ein bisschen genauer hinschaut, dem wird allerdings kaum entgehen, dass Anna Netrebkos Mimik nur über ein äußerst bescheidenes Arsenal an Möglichkeiten verfügt, und Rolando Villazón wie immer den draufgängerisch charmanten Latin Lover mit viel Sentiment gibt. Zu allem Überfluss zeigt Dornhelm, der David Hamilton offenbar noch immer schätzt, wie sensitiv sich ,das erste Mal’ zwischen Mimì und Rodolfo anbahnt.
In den Großaufnahmen wird der Zuschauer aber nicht nur zum Voyeur, in ihnen wird vor allem am Mythos des Operntraumpaars Anna & Rolando geschmirgelt und geraspelt. Denn unverkennbar ist vor allem die Netrebko keine Leinwanddiva – auf der Bühne fällt das nicht so sehr ins Gewicht, da zählen andere Dinge, da wirken Gestalt und die Bewegungen viel stärker als der Gesichtsausdruck. Und so unangenehm nah einem die Gesichter kommen, so aufdringlich dröhnt auch die Musik. Eher an Pop-Phonstärken orientiert, wird unüberhörbar, wie wenig die BR-Sinfoniker als Opernorchester taugen, wie teutonisch derb sie aufspielen, und wie wenig sich die lyrisch weiche Stimme Villazóns mit der im Kern zentrierten Netrebkos klanglich abmischen lässt.
Dennoch gibt es einen Lichtblick, und den liefert Nicole Cabell als Musetta. Schon mit ihrem ersten Auftritt zeigt sie allein mit ihrer stolz in sich ruhenden Physis eine selbstbewusst lebenshungrige Frau, die nie verdrängt, dass sie sich unter den übelsten frühkapitalistischen Bedingungen durchschlagen muss. Dafür genügen Cabell, deren Gesang wundervoll mit ihrem Spiel korrespondiert, kleine Gesten oder ein leichter Schatten, der ihr übers Gesicht huscht. Plötzlich wird schmerzhaft deutlich, welche Chance dieser Film verspielt hat – man hätte dafür nur auf die Stars verzichten müssen. REINHARD J. BREMBECK
LA BOHÈME, D 2008 – Regie, Buch: Robert Dornhelm. Kamera: Walter Kindler. Ausstattung: Florian Reichmann. Mit: Anna Netrebko, Roberto Villazón, Nicole Cabell, George von Bergen (Gesang:
Boaz Daniel), Adrian Eröd, Ioan Holender. NFP, 106 Minuten.
Ein Lichtblick: Nicole Cabell als Musetta im „Bohème”-Film Foto: NFP
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