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Sie machte aus Mussolini den Duce und verlieh dem Faschismus ästhetischen Glanz: Margherita Sarfatti. Die wohlhabende Jüdin verliebte sich in den jungen Mussolini und wurde seine geheime Geliebte. Erst ihrem Einfluss verdankte er seine Verwandlung in den charismatischen Duce. Das dramatische Leben einer fast vergessenen Frau.

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Produktbeschreibung
Sie machte aus Mussolini den Duce und verlieh dem Faschismus ästhetischen Glanz: Margherita Sarfatti. Die wohlhabende Jüdin verliebte sich in den jungen Mussolini und wurde seine geheime Geliebte. Erst ihrem Einfluss verdankte er seine Verwandlung in den charismatischen Duce. Das dramatische Leben einer fast vergessenen Frau.
Autorenporträt
Wieland, KarinKarin Wieland, geboren 1958, studierte Politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie lebt als Schriftstellerin in Berlin. Dietrich & Riefenstahl (2011) war Finalist für den National Book Critics Circle Award 2015. Im Carl Hanser Verlag erschienen zuletzt: Das Geschlecht der Seele. Hugo von Hofmannsthal, Bert Brecht und die Erscheinung der modernen Frau (2017) und Aufprall. Roman (2020, zusammen mit Heinz Bude und Bettina Munk). www.karinwieland.de
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2004

Bringt dem Biest Manieren bei
Karin Wieland erzählt die Geschichte von Mussolinis jüdischer Geliebten
La Belle et la Bête. Die Schöne verliebt sich in das Biest, das sich als sanft herausstellt, und zum Schluss kriegen sie sich. Die Liebesgeschichte der Margherita Sarfatti mit dem ungehobelten Bauernsohn Benito Mussolini könnte diese Assoziation hervorrufen. Aber die Schöne ist nicht sanft und mild, sondern ehrgeizig, eitel und intrigant, und das Biest nicht zart unter seiner rauhen Schale, sondern machtbesessen, brutal und ständig auf der Suche nach Bestätigung. Ein Stoff eher zum Gruseln als zur Erbauung.
Margherita Grassini, 1880 im jüdischen Ghetto in Venedig geboren, erlebt noch als Kind, wie der Vater die Chancen nutzt, die die italienische Einigung den Juden bietet. Im großbürgerlichen elterlichen Haushalt in einem Palazzo am Canal Grande stehen ihr die besten Köpfe Venedigs als Hauslehrer zur Verfügung. Gegen den Willen ihres konservativen Vaters heiratet sie mit achtzehn den linken jüdischen Rechtsanwalt Cesare Sarfatti. Umzug nach Mailand, dem Zentrum des neuen Italien, der Hochburg der Sozialistischen Partei. Die Sarfatti tritt in die Partei ein, wird ständige Mitarbeiterin des „Avanti”. In ihrem Salon, in dem sich die intellektuelle Avantgarde Mailands trifft, übt sie subtile Macht aus, indem sie Gunst gewährt oder durch Ausschluss bestraft. Sie ist gebildet, schön, geistreich, spricht mehrere Sprachen. Als erste Italienerin wagt sie sich in die männliche Domäne der Kunstkritik. Sie liebt modische Kleider, teuren Schmuck, Pelze und luxuriöse Bequemlichkeit, und als ihr Vater 1908 stirbt, hinterlässt er ihr ein Erbe, das sie zeitlebens zu einer wohlhabenden Frau macht.
Dann brechen neue Zeiten an: Im Futuristischen Manifest sagt sich eine avantgardistische Gruppe um Marinetti von der Geschichte los, um „die Zukunft zu leben”. Ausführlich schildert die Autorin Karin Wieland, wie Sarfatti und ihre sozialistischen und anarchistischen Freunde jenem rauschhaften Lebensgefühl verfallen, aus dem schließlich der italienische Faschismus entsteht. Revolutionärer Patriotismus, Aggression, Gewalt, die Schönheit der Technik, die Verherrlichung des Krieges, die Wonnen der Ekstase, das Spontane und Intuitive als Gegensatz zur zergliedernden und kalkulierenden Rationalität – das sind die Ingredienzien der neuen Weltanschauung. Sie lernt den drei Jahre jüngeren, scheuen, gehemmten Lehrer und Journalisten Benito Mussolini kennen, der ebenfalls Mitglied der Sozialistischen Partei ist, die er zu einer kriegerischen, mobilen Kampftruppe umkrempeln möchte. Von diesem Mussolini sagt die Autorin, dass er „bereits durch seinen Blick” zu erkennen gegeben habe, „dass er eine Vision verfolgte und nicht die Erkenntnis suchte.”
Offenbar übte das Gewalttätige und Irrationale an Mussolini einen unwiderstehlichen Reiz auf die Sarfatti aus. Sie wurde seine Geliebte und ihr Mann sein Rechtsanwalt. Mit Sarfatti an seiner Seite wurde Mussolini mächtig, zuerst als Herausgeber der sozialistischen Parteizeitung „Avanti”, schließlich als Duce und Diktator des faschistischen Italiens. Der Tod ihres Sohnes Roberto wird, mythisch überhöht, zum Wendepunkt in Sarfattis Leben. Roberto, infiziert durch die Kriegsbegeisterung der Futuristen, meldet sich freiwillig an die Front und stirbt in den letzten Tagen des Ersten Weltkriegs in der Nähe von Asolo. Von nun an, so die Autorin, war die Sarfatti „bereit, die Verbrechen, die die Faschisten an ihren einstigen Genossen begehen, zu rechtfertigen, sie begreift sie als Rache für den Tod ihres Sohnes.”
Roberto wird von den Faschisten zum Helden der Bewegung stilisiert, und seine Mutter nutzt die Gedenkfeiern für ihren Sohn zum Ausbau ihrer Machtposition. Aber mit Mussolinis Machtergreifung beginnt Sarfattis langsamer Abstieg. Nun wird auf einmal wieder relevant, dass die Sarfatti Jüdin ist. Allmählich wird aus der attraktiven, kapriziösen Starjournalistin, die mit den Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Kultur verkehrt und jederzeit Zugang zu Mussolini hat, eine mehr und mehr isolierte, frustrierte, eifersüchtige Frau, die schließlich von ihrem mächtigen Geliebten fallen gelassen und in die Emigration getrieben wird.
Über Sarfattis letzte Jahre vor ihrer Flucht in die Schweiz am 14. November 1938 schreibt Karin Wieland: „. . . sie war eine habsüchtige, hinterhältige und eitle Frau geworden, die sich mit Schmeichlern umgab und sich an all denen rächte, die sie nicht bewunderten. Aus der gebildeten Dame der Gesellschaft war eine gewiefte Intrigantin geworden, die nichts mehr fürchtete als das Alter und die Einsamkeit.” Eine Woche nach ihrer Flucht werden, unter deutschem Einfluss, alle Juden aus der Faschistischen Partei ausgeschlossen.
Die Geschichte der Margherita Sarfatti, wie sie Karin Wieland erzählt, ist ein spannendes Stück Zeitgeschichte, das wieder einmal deutlich macht, dass unsere nachträglichen Ein- und Zuordnungen den konkreten Lebensverläufen nicht gerecht werden. Aus der zeitlichen Distanz zum damaligen Geschehen fällt es uns heute schwer zu verstehen, wie das Abenteuer einer emphatischen Moderne junge Menschen zunächst zu den Sozialisten und dann zu den Faschisten treibt und erst recht, wie es kommt, dass eine intellektuelle Jüdin aus großbürgerlichem Haus sich für den Faschismus begeistert. Das Verdienst dieses Buches besteht vor allem darin, dass es den Blick für die Besonderheiten des italienischen Faschismus schärft.
Was in Wielands Buch zu kurz kommt, sind die sozialen und politischen Bedingungen, unter denen sich der Faschismus zur Massenbewegung entfalten konnte. Die Erfindung des Faschismus, wie es im Untertitel heißt, ist nur eine Seite des historischen Prozesses. Dadurch, dass die Autorin sich ganz auf diese Seite konzentriert, kann der Eindruck entstehen, der italienische Faschismus sei das Ergebnis eines willkürlichen Schöpfungsakts einer kleinen Gruppe von avantgardistischen Künstlern und Intellektuellen. So groß deren Anteil an den äußeren Erscheinungsformen auch sein mag, die eigentliche Dynamik der Bewegung stammt aus anderen Quellen.
Dennoch: „Die Geliebte des Duce” ist ein wichtiges und über weite Strecken spannend zu lesendes Buch, eine Mischung aus Roman, kulturgeschichtlicher Analyse und historischer Abhandlung, die gerade für deutsche Leser interessant ist, weil sie hierzulande wenig bekannte Seiten des italienischen Faschismus beleuchtet.
FRANZISKA SPERR
KARIN WIELAND. Die Geliebte des Duce. Das Leben der Margherita Sarfatti und die Erfindung des Faschismus. Hanser Verlag, München 2004. 376 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2004

Mit Frechheit, Tempo und Angriffslust
Zu viele Unschuldslämmer: Karin Wieland erzählt von Mussolinis Geliebter Margherita Sarfatti

Der Fund war glücklich: Die Geschichte der Margherita Sarfatti (1880 bis 1961), einer hochgebildeten Italienerin jüdischer Herkunft, die mit dem militanten jungen Sozialisten Benito Mussolini eine Liaison einging und ihm später auf seinem Weg in den Faschismus folgte, ist ein Stoff, wie er faszinierender nicht gedacht werden kann. Er erlaubt es, die Formen des Romans, der zeitgeschichtlichen Abhandlung und der kulturwissenschaftlichen Analyse zu mischen. Entscheidendes Licht fällt in Karin Wielands Buch auf die kulturellen Voraussetzungen des Faschismus, die von denen des Nationalsozialismus völlig verschieden waren: In Mussolinis Partei sammelten sich steilste Kunstavantgardisten, ehemalige Sozialisten, Syndikalisten, ja Anarchisten und mischten sich mit den Kämpfern der Sturmtruppen, den arditi des Ersten Weltkriegs. Von den arditi übernahm die Bewegung ihren Stil: "wehender Mantel, schwarzes Hemd und Kniebundhose".

In diesem Milieu wuchs das Heldenprojekt einer modernen Frau. Es entbehrte nicht der tragischen Züge, und sie traten nicht erst dann auf, als Margherita Sarfatti sich angesichts der judenfeindlichen Gesetze der späten dreißiger Jahre zur Emigration und zum Abschied von einer Bewegung gezwungen sah, an deren Bildung sie selbst maßgeblichen Anteil genommen hatte. Der Scheideweg zwischen Sozialisten und späteren Faschisten war im Sommer 1914 erreicht. Während die alten Klassenkämpfer pazifistisch argumentierten und der Neutralität Italiens das Wort redeten, plädierten - wie Karin Wieland schreibt - die Demokraten und Freimaurer für den Kriegseintritt, "denn Frankreich, das Land der Menschenrechte, befand sich in Gefahr". Mussolini ging auf Interventionskurs und mußte von der Leitung der sozialistischen Parteizeitung "Avanti" zurücktreten.

Auch Margherita Sarfatti hielt es mit der Entente. Aus Frankreich kolportierte sie deutsche Grausamkeiten und pries den Heroismus der Krankenschwestern. Ihr Sohn meldete sich freiwillig zu den arditi - und fiel. Zu den überzeugendsten Partien des Buches gehört die Analyse der neuen Bindung, die dieser Tod zwischen Margherita Sarfatti und Mussolini stiftete: Die Faschisten sahen in Roberto Sarfatti einen ihrer Helden, dessen Angedenken sie in Totenfeiern ehrten, und die Mutter konnte dem Tod ihres Sohnes einen Sinn zuschreiben, der sich, wie sie glaubte, im Faschismus erfüllte.

Manches Erhellende findet man zur faschistischen Rhetorik, die Frechheit, Tempo und Angriffslust auszeichne. Auf Mussolinis Schreibtisch lagen damals nicht nur Handgranaten und ein Revolver, sondern auch ein Band Heine. Aber man stutzt bei manchen schnell hingeworfenen Urteilen. Mussolini war im Krieg bei einer Übung schwer verletzt worden, als ein Granatwerfer explodierte - kann man deshalb so naseweis behaupten, er sei das "Opfer einer Simulation" geworden?

Bei aller ideengeschichtlichen Ausführlichkeit und den schönen Seitenblicken auf Sorel, Péguy und d'Annunzio als geistige Paten der neuen Lehre bleibt in dieser Darstellung doch die wirkliche Genese des faschistischen Terrors und der faschistischen Macht weitgehend unklar. Sie ist nur zu verstehen aus der kritischen Lage Italiens nach dem Krieg. Sehr zu Recht spricht die Verfasserin einmal von der galoppierenden Inflation, den Bauernrebellionen, den Streiks und den Fabrikbesetzungen. Die Sozialistische Partei glaubte angesichts des Umsturzes in Rußland, daß eine Revolution auch in Italien "in die Reichweite des Möglichen gerückt sei". Die gegenwärtige Gesellschaft sei von den Sozialisten "vollständig verneint" worden, das Wort ",Sowjet' übte eine nahezu magische Wirkung aus", schreibt Karin Wieland.

Wenn dem so war, dann kann die andere These dieses Buches nicht stimmen: daß nämlich Mussolini seine Anhänger für einen "fiktiven", von ihm allererst "inszenierten" inneren Krieg vorbereitete. Und noch unverständlicher wird es, wenn die Sozialisten, die soeben, 1918, die "Diktatur des Proletariats" auf ihre Fahnen geschrieben haben, kurz darauf als die reinsten Unschuldslämmer erscheinen, denen der böse Wolf mit seiner verkorksten Psyche zusetzt: "Das Ziel ist zunächst die Zerstörung der mühseligen Aufbauarbeit der Sozialisten. Wie ein Gewebe legten sich sozialistische Einrichtungen und Institutionen über das Land. In ihnen sollte das Volk zur Mündigkeit erzogen werden. Der Faschist übt seine Allmacht aus, indem er dieses Gewebe blindlings zerstört und nichts davon übrigläßt. Wenn alles ausgelöscht ist, dann erst geht das Gesetz des Handelns auf ihn über."

So wichtig dieses Buch ist, es macht einen unebenen, an vielen Stellen nicht völlig durchdachten Eindruck. Befunde, die dem gegenwärtigen Erkenntnisstand entsprechen, mischen sich mit solchen, die an ein Seminar von 1970 über die Übel des "autoritären Charakters" erinnern. Gerade damit ist es nun auch ein typisches Buch. Nicht wenige Historiker des Faschismus und des Nationalsozialismus erinnern in ihren Darstellungen an jene späten Ptolemäer, die, angesichts der frühneuzeitlichen Entdeckungen, immer kompliziertere "Epizyklen" konstruieren mußten, um ihre Lehre von der Erde als Mittelpunkt halten zu können - es waren Komplexitäten, die mit einem Schlag verschwanden, wenn man sich einmal zum kopernikanischen Modell entschloß.

So entwirft man heute an sich verdienstliche Körper- und Generationsgeschichten, man untersucht Diskurstraditionen, die politisierten Religionen und den politisierten Opferkult - aber alles, um der schlichten Einsicht auszuweichen, daß der Erfolg der faschistischen Bewegung nur zu erklären ist, wenn man die vitale Bedrohung der europäischen Eliten nach der Oktoberrevolution mit in Anschlag bringt. Angesichts vieler Abhandlungen zur Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, die derzeit vorliegen, gewinnt man den Eindruck, daß sie die "weichen", kulturwissenschaftlich sicher reizvollen Themen bevorzugen, um der einen Frage nach der Kausalität auszuweichen. Diese Kausalität gilt heute als ein Geheimwissen, auf das man sich besser nicht beruft. Aber noch in der Mitte der zwanziger Jahre herrschte darüber eine selbstverständliche, von den Kombattanten beider Seiten geteilte communis opinio. Der Faschismus, so Trotzki in seiner Abhandlung "Europa und Amerika", geschrieben 1926 noch unter dem Eindruck von Mussolinis Marsch auf Rom, "kann in verschiedenen Ländern sehr verschieden aussehen, er kann sozial sehr verschieden zusammengesetzt sein, das heißt aus verschiedenen Gruppen bestehen. Aber seinem Wesen nach ist der Faschismus jene aktive Kräftegruppierung, die die bedrohte bürgerliche Gesellschaft bildet, um den Angriff des Proletariats im Bürgerkrieg zurückzuschlagen." Sieh, das historiographisch Gute liegt so nah!

LORENZ JÄGER

Karin Wieland: "Die Geliebte des Duce". Das Leben der Margherita Sarfatti und die Erfindung des Faschismus. Hanser Verlag, München 2004. 376 S., geb., Abb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Karin Wieland zeichnet in ihrer exzellent recherchierten Biografie das Bild einer starken, modernen Frau, die sich in der Liebe verliert und am Ende nichts gewinnt." Stern/Biografie, 1/04

"Die Geliebte des Duce" ist ein wichtiges und ... spannend zu lesendes Buch, eine Mischung aus Roman, kulturgeschichtlicher Analyse und historischer Abhandlung, die gerade für deutsche Leser interessant ist, weil sie hierzulande wenig bekannte Seiten des italienischen Faschismus beleuchtet." Franziska Sperr, Süddeutsche Zeitung, 22.03.04

"Über Margherita Sarfatti, ihren märchenhaften Aufstieg und tragischen Fall hat die Berliner Historikerin Karin Wieland ein faszinierendes Buch geschrieben, die erste deutschsprachige Publikation überhaupt.Unglaublich viel lässt sich aus dieser Biografie über die Geschichte des modernen Italiens lernen. ... Umso größer ist Karin Wielands Verdienst, dieses Leben wiederentdeckt und für historische Erkenntnis fruchtbar gemacht zu haben." Hubert Leber, Literaturen, 04.2004

"Mehr als eine eindimensionale Biografie, ein erhellendes Stück Ideengeschichte." Ina Boesch, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 20.06.2004

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"La Belle et la Bete." Schön war sie sicher, die Geliebte des Duce, und er ein Biest. Doch, und da lässt Karin Wielands Biografie für die Rezensentin Franziska Sperr keinen Zweifel offen, ein Biest war Margherita Sarfatti auch. Ausführlich trete bei Wieland zutage, wie das sozialistische und anarchistische Umfeld der Jüdin Sarfatti, und nicht zuletzt sie selbst, sich einer Art Rausch hingegeben hat, aus der dann der italienische Faschismus wurde - und die kultivierten Linksextremen zu Faschisten. Interessant findet die Rezensentin Wielands Schilderung von der Begegnung mit dem "scheuen, gehemmten Lehrer und Journalisten" Mussolini, damals ebenfalls Sozialist. Die Sarfatti, mit dem Scharfsinn, der sie niemals verlassen sollte, habe in seinem Blick gesehen, "dass er eine Vision verfolgte und nicht die Erkenntnis suchte". Offenbar, so die Rezensentin, war es "das Gewalttätige und Irrationale", das sie an Mussolini unwiderstehlich fand. Mit der Geschichte der Sarfatti, lobt die Rezensentin, liefert die Autorin "ein spannendes Stück Zeitgeschichte, das wieder einmal deutlich macht, dass unsere nachträglichen Ein- und Zuordnungen den konkreten Lebensverhältnissen nicht gerecht werden". Besonders verdienstvoll findet sie darüber hinaus, dass Wieland - gerade in Deutschland - den Blick für "die Besonderheiten des italienischen Faschismus" schärft. Schade nur, so Sperr, dass die "sozialen und politischen Bedingungen", unter denen sich der Faschismus zur "Massenbewegung" entwickeln konnte, "zu kurz kommen".

© Perlentaucher Medien GmbH
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