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Produktdetails
Trackliste
CD
1Keep a secret00:04:07
2Intentions00:03:39
3Courage00:04:22
4Timebomb00:03:44
5Rollercoaster ride00:02:39
6High on the heels 151700:03:20
7Gravity00:03:41
8Promise00:03:48
9Less or do more00:04:17
10Dead end00:03:22
11Island00:07:04
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2009

Im Sitzen tanzen
Die Band The Whitest Boy Alive ist ein kleines Naturereignis

Wenn es gegenüber den anderen Musikern der Berliner Band The Whitest Boy Alive nicht so ungerecht wäre, müsste man eigentlich einen ganzen Artikel allein der Stimme ihres Sängers Erlend Øye widmen. Sie ist auf so wunderbare Weise unprätentiös und unausgebildet, will auch nicht nach irgendwelchen Vorbildern klingen, so dass sie gerade dadurch zu etwas Unverwechselbarem wird, dessen Charme man sehr schnell, vielleicht auch etwas einfach erliegt. Wäre man ein leicht verträumter Romantiker, lägen einem Metaphern auf der Zunge, die Øyes Gesang mit mildem Frühjahrswind, erfrischendem Sommerregen, wärmender Herbstsonne oder sanft einsetzendem Schneefall umschrieben. Und selbst spröde veranlagten Charakteren muss Øyes Art zu singen wie ein kleines, unaufgeregtes Naturereignis vorkommen.

Øyes Gesang toll und fragil und melancholisch zu finden ist nun aber auch nicht gerade eine Außenseitermeinung, mit der man unter Leuten, die schon mehr als zwei seiner Songs gehört haben, Kontroversen auszulösen vermag. Überhaupt, so der allgemein herrschende Konsens unter Fans, MP3-Bloggern und Musikjournalisten, zählt Øye, wie man so sagt, zu den kreativsten und vielseitigsten Köpfen der aktuellen Musikszene. 1975 im norwegischen Bergen geboren, gründet er dort bereits als Jugendlicher die Rockband Skog. Ein paar Jahre später spielt er in London bei der ebenfalls eher unbekannten Band Peachfuzz. Erst zusammen mit seinem Schulfreund Eirik Glambek Bøe, als verträumt singendes Folk-Pop-Duo Kings of Convenience, stellen sich erste Erfolge ein. 2002 zieht Øye nach Berlin, auch um seinem wachsenden Interesse für elektronische Musik nachzugehen. Von dort aus bereist er die Welt, veröffentlicht 2003 sein Soloalbum "Unrest", das während seiner Reisen zusammen mit Gastmusikern entstanden ist, und macht sich nebenbei als DJ einen Namen, der beim Auflegen live zu seinen DJ-Sets singt.

Zunächst als elektronisches Dance-Music-Projekt gedacht, gründet Øye schließlich 2003 zusammen mit dem Berliner DJ Marcin Öz die Band The Whitest Boy Alive. Schnell wird den beiden klar, dass ihre Musik doch nicht nur aus am Computer zusammengefrickelten Sequenzen und Loops bestehen soll. Und noch langweiliger finden sie die Vorstellung, bei Live-Auftritten mit nichts anderem als einem Notebook auf der Bühne zu stehen. Ihr neuer Plan: Eine Band mit richtigen Instrumenten, ganz ohne Computer, möchten sie sein. Øye spielt Gitarre und singt, Öz begleitet ihn am Bass, außerdem werden der Schlagzeuger Sebastian Maschat und später auch Keyboarder Daniel Nentwig mit an Bord geholt. Ihr musikalisches Regelwerk für die Arbeit im Studio ist fast so streng wie das Dogma-Manifest: Alle Songs müssen live und im Zusammenspiel in einem Take durchgespielt werden. Nichts darf nachträglich hinzugefügt oder durch Spezialeffekte aufgemotzt werden. Genauso live, wie die Musik von The Whitest Boy Alive später auf der Konzertbühne klingen soll, wird sie auch im Studio eingespielt.

"Rules" heißt also nicht ohne Grund das neue Album von The Whitest Boy Alive, dem diese Regelstrenge überhaupt nicht anzuhören ist. Ganz frei, selbstverständlich und entspannt klingen die elf Titel der Platte, die etwas schwungvoller ausgefallen sind als die Songs ihres 2006 erschienenen Debüts "Dreams". Die musikalischen Wurzeln der Band liegen, das hört man schnell heraus, irgendwo zwischen House, Acid Jazz und Indie-Poprock. Und genauso lässt sich auch der Hybridsound ihrer Platte erklären. In Songs wie "Courage" oder "High on the Heels" wird House mit den Instrumenten einer Rockband gespielt, was sehr gut funktioniert, wenn man sich erst einmal an die ungewohnte Gleichzeitigkeit von Club-Euphorie und handgespielter Rock-Gemütlichkeit gewöhnt hat. "1517" und "Keep a Secret" hingegen klingen eher nach relaxtem Songwriter-Poprock und bekommen durch die angejazzten Synthesizer-Improvisationen einen reizvollen, an Jamsessions erinnernden Spin. Langsame Stücke wie "Gravity" oder "Intentions" sind wie gemacht für Øyes Stimme. Ums Verlassen und Verlassenwerden geht es darin, um das Warten auf Telefonanrufe und ums Alleinsein. Sehr schöne Texte, die dank ihres ironischen Untertons nie ins Sentimentale abrutschen.

Fazit: Alles super. Musik, bei der man sich schlaksig fühlt. Noch nie im Sitzen so viel getanzt und melancholisiert wie zu dieser Platte. Rosenstolz, Bushido und Peter Fox sollen bitte aus Berlin wegziehen, damit die Stadt nur noch The Whitest Boy Alive gehört.

STEPHAN HERCZEG

"Rules" von The Whitest Boy Alive erscheint am 27. Februar bei Bubbles (Groove Attack)

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