Produktdetails
  • Verlag: Jumbo Neue Medien
  • Gesamtlaufzeit: 312 Min.
  • Erscheinungstermin: 20. November 2013
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-13: 9783833732058
  • Artikelnr.: 38046226
Autorenporträt
Hans Löw, geboren 1976, ist als Theater-, Film- und Fernsehschauspieler tätig. Von 2001 bis 2009 war er festes Ensemblemitglied am Hamburger Thalia Theater. 2004 wurde er mit dem Boy-Gobert-Preis als bester Nachwuchsdarsteller auf Hamburger Bühnen ausgezeichnet. 2005 spielte er in Detlef Bucks Kinofilm Knallhart mit, der den Deutschen Filmpreis 2006 in Silber gewann. Er war zudem in Cornelia Funkes Hände weg von Mississippi sowie in Rubbeldiekatz von Detlev Buck zu sehen

Jesper Stein ist Journalist und arbeitete als Kriminalreporter in Kopenhagen. 2008 erschien sein Bestseller über Bent Isager-Nielsen, den Leiter der Sektion 1, dem dänischen Pendant zum FBI. Das Buch erklärt u.a., warum Dänemark die weltweit höchste Aufklärungsrate bei Mordfällen aufweisen kann. Jesper Stein lebt seit 1992 in Nørrebro, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.12.2013

DIE KRIMI-KOLUMNE
Perfektes Chaos
Axel Steen ist ein Anti–Held. Momente, in denen er seine Kollegen anschnauzt oder seine kleine Tochter im Leichenschauhaus allein lässt, gehören zu den besseren. Schlechter wird es, wenn er an der Witwe des gerade verstorbenen Mordopfers herumfummelt oder auf den neuen Partner seiner Ex-Frau trifft. Trotzdem ist der Kommissar aus Kopenhagen, Einsatzbereich Mord, ein nachvollziehbarer Charakter. Völlig in Ordnung, denkt man nach ein paar Seiten, dass er mit einer Journalistin schläft, die ihm Informationen liefert. Und, na klar, wenn die Informationen so gut sind, dass er sie für sich allein braucht, hat sie Pech gehabt.
  Mit seinem Roman „Unruhe“ hat Jesper Stein, Kriminalreporter aus Kopenhagen, eine Sehnsucht bedient, die viele Menschen kennen dürften: Die perfekte Ausrede, sich mal so richtig scheiße benehmen zu dürfen. Steen ermittelt schließlich in einem Mordfall, einem krassen noch dazu. In Nørrebro, dem, wie es Reiseportale schreiben, „multikulturellen Szeneviertel Kopenhagens“, muss die Polizei das alternative Jugendzentrum räumen. Zum Dank werden Autos angezündet und Pflastersteine geworfen. Schlagstöcke, Chaos. Plötzlich liegt in diesem Durcheinander eine Leiche, auf dem Friedhof, wo die Polizei ihr Hauptquartier aufgeschlagen hat. Der Tote wurde erwürgt, davor misshandelt und er trägt eine schwarze Maske, wie sie die Autonomen verwenden.
  Ziemlich heikel also. Steen bekommt zunächst die Anweisung, sensibel zu ermitteln. Man dürfe den Autonomen schließlich nicht noch mehr Futter in ihrem Hass auf die Polizei geben. Doch die Auseinandersetzungen zwischen Polizei und linker Szene – Stein verarbeitet hier die realen Krawalle aus dem Dezember 2006 – sind nicht mehr als ein Hintergrundrauschen, vor dem sich ein völlig anderer Fall abspielt. Der Tote vom Friedhof ist weder ein linker Aktivist, noch wurde er Opfer eines außer Kontrolle geratenen SEK-Polizisten.
  Enver Davidi, so der Name des Ermordeten, ist nur ein einfacher Einwanderer aus Makedonien, irgendwie auf die schiefe Bahn geraten. Wegen Drogenhandel verurteilt, nach ein paar Jahren Gefängnis nach Makedonien abgeschoben– und das, obwohl er in Dänemark eine Frau und einen kleinen Sohn hatte. Axel Steen kennt diese Frau, Laila. Ein One-Night-Stand, einige Jahre zuvor. Jetzt, wo er ihr vom Tod ihres Ex-Mannes berichtet, bemerkt er wieder, wie gut sie ihm gefällt.
  Schade nur, dass Steen den Fall nicht lange auf eigene Faust bearbeiten kann. Der dänische Geheimdienst PET will, sobald die Identität des Toten geklärt ist, ebenfalls mitmischen. Davidi hing irgendwie in einer Geschichte des PET drin, wie und warum wollen die Geheimdienstler nicht verraten. Was sie dagegen wollen, ist vollständige Einsicht in Steens Ermittlungsschritte und Akten. Der ist für eine solche Partnerschaft nicht zu begeistern und setzt fortan noch mehr auf sich selbst und seine eigenmächtige Ermittlungsweise. Besonders als sein alter Feind Martin Lindberg mit ins Spiel kommt.
  Lindberg ist Redakteur des linken Nachrichtenportals Modpress, ein Autonomer, der Jahrzehnte zuvor bei einer Straßenschlacht eine Kugel auf der Pistole eines jungen Polizisten abbekommen hatte. Der junge Polizist hieß Axel Steen. Natürlich erfährt Lindberg von dem Toten auf dem Friedhof, natürlich nutzt er die Gelegenheit, der verhassten Polizei genau die Schlagzeilen zu liefern, die sie fürchtet.
  Um das Chaos perfekt zu machen, ist ein junger Linker mit einer Kameraaufnahme vom Tatort auf der Flucht. Er befindet sich wahrscheinlich irgendwo im Freistaat Christiania – dort, wo Axel Steen sein Haschisch kauft – und versucht sich als Held der autonomen Szene. Die Aufnahmen zeigen den Mord und sie zeigen, wer ihn begangen hat. Vor allem aber bringen sie den 22-Jährigen Helden in tödliche Gefahr.
  Die größte Leistung von Jesper Stein ist wohl, dass man trotz der vielen Handlungsstränge – es geht auch noch um fünfzehn Kilo Kokain, albanische Kleingangster, moldawische Zwangsprostituierte und das komplizierte Patchwork-Leben von Axel Steen – immer weiß, was gerade los ist. Dennoch wünscht man sich immer wieder, man könnte ein bisschen mehr Zeit mit den Figuren verbringen. Einmal kurz vorgestellt, ausgezogen, rübergeschoben, so geht das fast allen, die in der Geschichte auftauchen. Immerhin, das, was man in der kurzen Zeit über sie erfährt, macht neugierig. Die Schwäche des Buches ist daher eine, die viele Pilot-Geschichten teilen: Zu viel, was erst irgendwann später wichtig werden wird. Zu wenig, was den konkreten Fall voran bringt. Alles in allem aber hat der Kopenhagener Kriminalreporter sein Ziel erreicht. Man möchte jedenfalls wissen, welche durchgeknallte Witwe Axel Steen im nächsten Buch kennenlernt.
CHARLOTTE THEILE
Sobald die Identität des Toten
geklärt ist, will auch der dänische
Geheimdienst PET mitmischen
  
  
  
Jesper Stein: Unruhe.
Aus dem Dänischen von Patrick Zöller. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013 . 480 Seiten, 12,99 Euro. E-Book 10,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Charlotte Theile stört sich nicht an der frauenverschlingenden leichtfertigen Art des Kommissars von Jesper Stein. Auch mit dem Chaos der vielen Handlungsstränge (es geht um die Krawalle von 2006, Autonome, Einwanderer, Geheimdienste und vieles mehr) und den nur kurz auf- dann schon wieder abtauchenden Figuren kann sie als Leserin leben, solange Stein sie nur weiter neugierig macht auf das herrlich unkorrekte Verhalten seines mit diesem Buch eingeführten wilden dänischen Polizisten Axel Steen, der schon mal Haschisch konsumiert und seine kleine Tochter in der Leichenhalle vergisst. Vielleicht, hofft die Rezensentin wohl insgeheim, gönnt ihr der Autor beim nächsten Buch ja etwas mehr Zeit mit der Geschichte und den Figuren.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein intelligent geschriebener Erstling von Jesper Stein mit viel Wirren - Unruhe, wie der Titel sie bezeichnet - und einer großen Menge an Dramatik.« krimilese.wordpress.com/ 20140404