Nett, aber zu oberflächlich
Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts. Greta Voss wurde von ihrer Tante zur Köchin ausgebildet und arbeitet mit ihr zusammen im Haushalt der Bankiersfamilie Hansen. Greta wird entlassen, als die Herrin des Hauses herausfindet, dass ihr jüngster Sohn Christoph Interesse an
der jungen Frau hat. Für Greta beginnt eine harte Zeit. Sie muss für ihre schwerkranke Mutter sorgen…mehrNett, aber zu oberflächlich
Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts. Greta Voss wurde von ihrer Tante zur Köchin ausgebildet und arbeitet mit ihr zusammen im Haushalt der Bankiersfamilie Hansen. Greta wird entlassen, als die Herrin des Hauses herausfindet, dass ihr jüngster Sohn Christoph Interesse an der jungen Frau hat. Für Greta beginnt eine harte Zeit. Sie muss für ihre schwerkranke Mutter sorgen und hat eine weitere Verpflichtung, von der niemand etwas weiß. Als ihr Freund Siegmar Freesen, ein junger Fuhrunternehmer ihr neue Arbeit vermittelt, schöpft Greta Mut. Bis die Freundschaft mit Siegmar zur Gefahr für ihr eigenes Leben wird.
Der erste historische Roman von Brigitte Janson beschreibt das Flair der Hansestadt um die Jahrhundertwende stimmungsvoll und atmosphärisch. Die schöne Fassade ebenso wie den oft trostlosen Blick hinter die Kulissen. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Leben der “kleinen” Leute. Bildhaft macht die Autorin die täglichen Sorgen und Nöte deutlich. Greta wohnt mit ihrer Mutter und der Tante nach dem Tod des Vaters, in einer sog. Mietskaserne in einem ärmlichen Teil von Altona. Damals noch eine eigene Stadt, die durch eine Grenze von Hamburg getrennt war. Sie muss nicht nur ihre schwindsüchtige Mutter durchbringen, sondern auch ihre uneheliche Tochter. Dieses “Produkt” einer Vergewaltigung durch den reichen Sohn ihrer Arbeitgeber ist das große Geheimnis, das auf ihrer Seele lastet. Sie hat keine andere Wahl als das Kind zu einer Pflegefamilie zu geben. Denn mit ledigen Müttern wurde zu jener Zeit gnadenlos verfahren. Als Hure gebrandmarkt wurden den Frauen die Kinder weggenommen und ins Armen- oder Waisenhaus gesteckt. Allerdings geht es der kleinen Leni nicht gut. Sie wird vernachlässigt und misshandelt. Das Kinder um einem solchen Schicksal zu entkommen, oft ein Leben allein auf der Straße vorzogen, wird durch die Figur des zehnjährigen Oliver gezeigt.
Der Roman liest sich flüssig, gefällig in Wortwahl und Sprache. Die Handlung ist kurzweilig. Wozu auch die verschiedenen Schauplätze beitragen. Altona, Barmbeck, Harvestehude, der Hafen, die Straßen der Hansestadt, die noch von Pferdefuhrwerken dominiert werden, aber immer öfter stinkenden Automobilen weichen müssen. Den täglichen Überlebenskampf zeigt die Autorin auch am Beispiel des Fuhrunternehmers Siegmar, der um seine Spedition fürchten muss. Der skrupellose Konkurrent Lohmann drückt die Preise und nimmt ihm mit hinterhältigen Tricks seine Kunden weg.
Leider bleibt der Roman sehr oberflächlich. Interessante Ansätze bietet die Autorin in Fülle. Den Arbeitsalltag einer Köchin um die Jahrhundertwende, die medizinische Versorgung der Bevölkerung, die soziale Ungerechtigkeit, die Standesunterschiede. Vieles wird thematisiert, aber nichts wirklich tiefgehend ausgearbeitet. Ab und an gleitet die Autorin sprachlich in den kitschigen Stil eines Groschenromanes ab, wenn sie die Herzensangelegenheiten von Greta und Siegmar erörtert. Auch ist bald ersichtlich, dass das Geschehen auf ein “Friede-Freude-Eierkuchen” Ende zusteuert. Jegliches Unheil das Greta und die ihren bedroht wird allzu bald in Wohlgefallen aufgelöst. Nur den Bösewichten ergeht es schlecht. Da ist der Autorin, um im Bild zu bleiben, der Zuckerguss doch etwas dick geraten.