22,00 €
22,00 €
inkl. MwSt.
Sofort lieferbar
Versandkostenfrei*
payback
0 °P sammeln
-66%12
7,49 €
Gebundener Preis 22,00 €**
7,49 €
inkl. MwSt.
**Frühere Preisbindung aufgehoben
Sofort lieferbar
payback
4 °P sammeln

Ungelesenes Mängelexemplar: minimale äußerliche Macken und Stempel, einwandfreies Innenleben. Schnell sein! Nur begrenzt verfügbar. Lieferung nur solange der Vorrat reicht!
Neu kaufen
22,00 €
inkl. MwSt.
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
Als Mängelexemplar kaufen
Statt 22,00 €**
7,49 €
inkl. MwSt.
**Frühere Preisbindung aufgehoben
Sofort lieferbar
payback
4 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

1 Kundenbewertung

Kathrin Röggla erzählt von unserer Gegenwart. Unheimliche Szenen ereignen sich. Und wir sehen zu.
Die täglichen Bilder unserer Wirklichkeit gleichen Horrorszenen. Jemand ist dabei. Jemand sieht zu. Sind das wirklich wir? Kathrin Röggla schaut genau hin. Sie erzählt unheimliche Geschichten und entdeckt Risse, tote Winkel und das Unheimliche unserer Gegenwart. Gefahrenzonen breiten sich aus, es herrscht Desorientierung, Kommunikation bricht zusammen. Das betrifft das politische Reden, den wutbürgerlichen Aktivismus, den Absturz des Mittelstandes ebenso wie das Familientreffen in der deutschen…mehr

Produktbeschreibung
Kathrin Röggla erzählt von unserer Gegenwart. Unheimliche Szenen ereignen sich. Und wir sehen zu.

Die täglichen Bilder unserer Wirklichkeit gleichen Horrorszenen. Jemand ist dabei. Jemand sieht zu. Sind das wirklich wir? Kathrin Röggla schaut genau hin. Sie erzählt unheimliche Geschichten und entdeckt Risse, tote Winkel und das Unheimliche unserer Gegenwart. Gefahrenzonen breiten sich aus, es herrscht Desorientierung, Kommunikation bricht zusammen. Das betrifft das politische Reden, den wutbürgerlichen Aktivismus, den Absturz des Mittelstandes ebenso wie das Familientreffen in der deutschen Provinz. Sie entwirft politische, soziale und private Szenarien, die sich zu einem Nachtbild unserer gespenstischen Gegenwart zusammensetzen.
Autorenporträt
Kathrin Röggla, geboren 1971 in Salzburg, arbeitet als Prosa- und Theaterautorin und entwickelt Radiostücke. Für ihre literarischen Arbeiten wurde sie mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Preis der SWR-Bestenliste (2004), dem Arthur-Schnitzler-Preis (2012) und dem Wortmeldungen-Literaturpreis (2020). Sie veröffentlichte unter anderem die Prosabücher »Niemand lacht rückwärts« (1995), »Abrauschen« (1997), »Irres Wetter« (2000), »really ground zero« (2001), »wir schlafen nicht« (2004), »die alarmbereiten« (2010), »Nachtsendung. Unheimliche Geschichten« (2016) sowie gesammelte Essays und Theaterstücke unter dem Titel »besser wäre: keine« (2013). Kathrin Röggla ist seit 2015 Vize-Präsidentin der Akademie der Künste in Berlin und seit 2020 Professorin für Literarisches Schreiben an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Zuletzt erschien ihr Roman »Laufendes Verfahren«, für den sie den Heinrich-Böll-Preis für Literatur (2023) erhalten hat.Literaturpreise: Heinrich-Böll-Preis für Literatur (2023)Österreichischer Kunstpreis für Literatur (2020)Wortmeldungen-Literaturpreis (2020)Mainzer Stadtschreiberin (2012)Arthur-Schnitzler-Preis (2012)Franz-Hessel-Preis (2010)Anton-Wildgans-Preis (2009)Solothurner Literaturpreis (2005)Internationaler Preis für Kunst und Kultur des Kulturfonds der Stadt Salzburg (2005)Förderpreis des Schillergedächtnispreises (2004)Preis der SWR-Bestenliste (2004)Bruno Kreisky Preis 2004 für das beste politische BuchAlexander von Sacher-Masoch-Preis (2001)Italo-Svevo-Preis (2001)Nossack-Förderpreis (2003)RIAS Preis (2003)New York Stipendium des Literaturfonds (2001Reinhard Priessnitz-Preis (1995)Meta-Merzpreis (1995)Salzburger Landesliteraturpreis (1992)
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2017

Was nun, Herr Hundt?

Kathrin Röggla hat sich spezialisiert auf die Literarisierung von Identitätsverlusten. Ihrer neuen Sammlung unheimlicher Kurzprosa ist leider anzumerken, wie sehr das zur Masche gerät.

Berühmt wurde Kathrin Röggla 2004 mit ihrem Jargonprotokoll "Wir schlafen nicht", in dem sie vier Jahre vor der Lehman-Brothers-Pleite und vier Jahre nach dem Platzen der Dotcom-Blase Interviews mit Akteuren der New Economy ästhetisch verfremdete und zu einem Roman zusammenführte, den manche für prophetisch, andere für nachgeschoben hielten. Kathrin Röggla schuf jedenfalls das Bild einer Arbeitswelt, in der das Soziale längst flöten gegangen war und damit das psychologische Erzählen aufgegeben werden konnte. Um überforderte Dienstleister im Managersprech-Korsett geht es seither in jedem Röggla-Buch von "Die Alarmbereiten" bis zu ihren 2013 erschienenen Essays und Reportagen. Und das, was ihr die Kritiker damals vorwarfen, gilt nach wie vor: Die immer gleiche Versuchsanordnung (entfremdete Arbeitswelten, Souveränitätsverlust und Paranoia) trifft auf die immer gleiche Personalequipe (den einfachen Klaus oder Hartmut von nebenan), erzählt im Rhythmus des Algorithmus, gewürzt mit dem spröden Humor der erfahrenen Reporterin.

Dieses Mal begegnet dem Leser in zweiundvierzig Prosastückchen unter anderem ein 1,90 Meter großer Zwerg, der sich in hessischen Wäldern herumtreibt, um auf der Tannenburg einen Rollenspielwettkampf zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Ein gewisser Jan Hundt sieht "ICE-Realität" an sich vorüberziehen, steigt auf dem Weg zu einem Familientreffen an einer nordhessischen Bahnhofsruine aus und sieht auch dort nur Schröcklichkeiten: "Recyclinghöfe, Physiopraxen und Betonflachbauten." Da ist der Riesenzwerg eine willkommene Ablenkung von diesen traurigen Realitäten. Familie, so scheint es, ist auch nur ein Wort von ganz früher. Jedenfalls dringt sie mitsamt den Doppelkopf spielenden Tantchen gar nicht vor ins Herz der Erzählinstanz, falls diese über ein solches überhaupt verfügt und keine kodierte Erzählapparatur ist, die Prosatexte der Geschmacksrichtung "unheimliche Momentaufnahmen" produziert.

Jan Hundt scheint einerseits ein Familientrauma zu haben und andererseits Digitalitis. Die "Geheimnisse der Provinz" gehen einen hässlichen Bund ein mit dem düsteren Mittelalter und dem närrischen Diesseits, in dem auch am Ende dieser Erzählung mit dem mythenschweren Titel "Deutsche Wälder" der "Datenstaubsauger" wütet - und zwar in Gestalt einer Krankenkassenstudie, an der sich Mister Hundt allem Anschein nach beteiligt hat. Und nun? "Als er aus der Gaststätte heraustrat, wünschte er für einen Moment, der Himmel in dieser nordhessischen Provinz wäre voller Kondensstreifen, als wäre ein Verkehrsknotenpunkt verrutscht, eine plötzliche Neuaufteilung des Luftraums vonstattengegangen." Ja, das wäre schön. Doch wozu? Was will uns dieses Bild suggerieren, außer, dass hier ein bedrohlicher Neuanfang etwas bedrohlich Altbewährtes beenden könnte, was einen Blick auf die nicht minder bedrohliche Zukunft ermöglicht? "Sein Familienleben aufgeben, sein Dasein in den Wäldern von Mitteleuropa, er wollte nichts, als einfach ein ganz normaler Städter sein, der Krankenkassenstudien mitmachte und weiter zwischen Aldi-Nord und Aldi-Süd zu unterscheiden verstand." Wie in den meisten anderen Geschichten klingt auch diese bedeutungsverheißend aus, was bei wohlmeinenden Lesern ein gewisses Je-ne-sais-quoi zu erzeugen vermag, bei skeptischeren eher ein: Je-ne-peux-plus!

In der Geschichte davor war es um ein Klassentreffen in der Provinz gegangen, bei dem unklar ist, ob der im Mittelpunkt stehende Hartmut Terge wirklich der Hartmut Terge ist, an den seine Mitschüler sich zu erinnern glauben. "Dein Job macht uns zu schaffen", sagt ein großer, dünner Mann. "Ich meine, überlegt ihr da oben, wie wir vor die Hunde gehen?" Ein Vorwurf, mit dem Hartmut Terge offenbar von Berufs wegen nichts anfangen kann, den er aber zu akzeptieren bereit ist und der in ihm den Entschluss festigt, "dass er zu handeln hatte, und zwar schnell". Um den Plan umzusetzen, zieht sich der Held dieser Erzählung in die Herrentoilette zurück, wird dort von der gedemütigten Klassenlehrerin verfolgt, mit einem "Spray" werwolfmäßig bearbeitet und von seiner "Gegenwart" befreit - "nur noch die Vergangenheit würde ihn jetzt ständig begleiten".

Kathrin Röggla hat sich spezialisiert auf eine in den digitalen Sümpfen situierte Form des Identitätsverlustes. Seine Literarisierung ist ihr aber längst zur Masche geworden. Die Texte verfügen über zu wenig erzählerische Bindekräfte, will heißen psychologische Verstrickung oder philosophische Spekulation, um den Kampf zwischen Idiom und Jargon, Stammbaum und Stammdaten, inneren und äußeren Bilderwelten sinnlich erlebbar zu machen.

In einer Erzählung mit dem Titel "Frühjahrstagung, Herbsttagung" heißt es sinnfällig: ",Und daneben', hatte Frau Efferdingen hinzugefügt, ,stehen Beamte, die alles einzig von den Endergebnissen her betrachten und von den Ausgangsproblematiken keine Ahnung haben.'" Das Problem bei Rögglas Erzählungen ist nun: Wenn ein Problem nur unzureichend und von den Endergebnissen her formuliert wird, kann es auch nur unzureichend von den Ausgangsproblematiken her durchdacht werden. Wie wenig erkenntnisfördernd vage empfundene Bedrohungsszenarien sind, davon wissen wir heute nicht nur angesichts von AfD, Brexit oder Wahlen in Amerika ein Lied zu singen. Auch wenn das alles rein gar nichts mit den politischen Intentionen der Autorin zu tun hat, bleibt nach der Lektüre ihrer Geschichten nicht wirklich ein "unheimliches" Gefühl zurück, sondern ein unfreiwillig ungutes. Ein kleiner, aber vielleicht kein kleinlicher Unterschied.

KATHARINA TEUTSCH

Kathrin Röggla: "Nachtsendung". Erzählungen.

S. Fischer Verlag,

Frankfurt am Main 2016. 283 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Im
Bauch
des
Wals
Kathrin Röggla
fängt in ihrem
Erzählungsband
„Nachtsendung“
die flimmernde
und rasende
Gegenwart ein
Kathrin Röggla ist eine Virtuosin des offensiven Präsens. Bei ihr gibt es keine Innenschau, und auch keine Interieurs, die solch einer Innenschau entsprächen und häufig in Vorabendserien vorkommen: sanfte Einrichtungslandschaften oder schummrige Bars mit Sehnsuchtspotenzial. Diese Autorin richtet einen gezielten, dekonstruierenden Blick auf unsere alltäglichen Erlebniswelten: die „tristen Emanationen der strukturschwachen Zonen: Recyclinghöfe, Physiopraxen und Betonflachbauten“, mittendrin dann die „Nordic-Walking-Ruinen“, nämlich „diese reichen Fünfundsechzigjährigen, die in Neoprenanzügen mumifiziert über Deutschlands Landstraßen heizen“. Und manchmal tauchen weiße Riesenzelte auf „mit jeder Menge Dixi-Klos außenrum“.
  Was den konkreten deutschen Alltag im Jahre 2016 ausmacht, wird in der gemeinen Literaturproduktion allzu oft weggelassen. Röggla hingegen zeichnet ihn detailgetreu auf. Ihre Erzählungen sind kurz, nahezu atemlos. Es sind im Grunde weniger Erzählungen als flimmernde und hypergenaue Standbilder, Momentaufnahmen, in denen alles gleichzeitig passiert. Die Figuren in diesen Prosaminiaturen sind weniger Handelnde als in irgendwelche Situationen Hineingestellte, die sie zwar nicht durchschauen, aber als selbstverständlich hinnehmen.
  Manchmal taucht einer der Namen in einer anderen Geschichte wieder auf, das ist jedoch nur ein eher sarkastischer Hinweis auf Individualitäten und Handlungsbögen. Die Namen und die Schicksale sind austauschbar, die Software der Gefühlsskalen ist vorgegeben. Privates, Öffentliches, Berufliches sind auf den Tastaturen nicht mehr getrennt. Zwischen den Bildschirmlandschaften in den Büros und den Spielplätzen, auf denen „eher die wenigen Kinder auf die vielen Eltern aufpassten als umgekehrt“, sind die Übergänge fließend.
  Diese Prosa lebt vom Rhythmus, vom Variationsreichtum, von Reihungen und Wortanhäufungen, die zwischen Hip-Hop, Trip-Hop und Rap agieren. Der Typus der neuen Angestellten, vor allem der Manager in Industrie, Politik und Medien wird in einem hautnahen Realismus evoziert, der so schonungslos ist, dass er über einen bloßen Realismus hinausweist.
  Einmal finden sich 1400 Geisteswissenschaftler in einem Marriott in Washington ein, und das „Hauen und Stechen“ in diesen „Lounge- und Konferenzwelten“ wird durchsetzt vom Chlorgeruch des Hotelschwimmbads. Es geht um Jobsuche und darum, „in welchen Zusammenhang man hineinwollte“, und langsam wird es klar, dass der diffuse Chlorgeruch die allgemeine Lage charakterisiert, dass er das Einzige sein wird, was übrig bleibt. Dass Kathrin Röggla ihre Texte im Untertitel „Unheimliche Geschichten“ nennt, hat nichts mit Fantasy oder dem üblichen Horror-Genre zu tun: Das Unheimliche entsteht aus den sofort wiedererkennbaren Szenarien im öffentlichen Raum, aus den Kommunikationsnetzen und -gestrüppen, aus dem undurchdringlichen Dickicht des aktuellen Handelns.
  Einige Geschichten nehmen eine wahrhaft surreale Wendung, enden in einem bösen apokalyptischen Märchen. Andere wiederum rufen das Surreale bereits in den gewohnten Abläufen hervor. Bei einer Ortsbesichtigung im anhaltinischen Staßfurt führt ein Geologe ein Grüppchen Investitionswilliger durch ein stillgelegtes Kalibergwerk, das als Atommüll-Endlager vorgesehen ist. Es geht um etwas Reelles und Renditeträchtiges, doch noch ist es eine „Investitionsfiktion“, und man taxiert kurz die Risiken, „als wären sie unkonkret und weithergeholt, weil man sie ja nicht ausbaden würde müssen, ‚dafür hat man ja sein Expertenteam‘.“ Aber immer, wenn es darauf ankommt, verflüchtigt sich das „Expertenteam“ – eine Struktur, die sich in diesem Band wiederholt, etwa auch bei einer Exkursion von Medienleuten nach Kosovo, in der Trennung von „Expertenbus“ und „Teambus“.
  Kathrin Röggla fängt oft mittendrin an, eines der Stücke beginnt programmatisch mit dem Wörtchen „Währenddessen“. Die Texte hangeln sich in ihrer Übertreibungsartistik, in ihren konjunktivischen Reihungen und in indirekter Rede hoch wie in den Suaden Thomas Bernhards, sie sind aber in den Laptop- und Handy-Galaxien des zeitgenössischen Bewusstseins angesiedelt. In dem Text, in dem beiläufig das Wort „Nachtsendung“ auftaucht, das der Sammlung den Titel gibt und dadurch etwas Metaphorisches gewinnt, befindet sich der Radiomoderator plötzlich im „Bauch des Wals“. Denn nachdem es zuletzt in den Achtzigerjahren das Stottern gegeben und sich dann im Lauf der Neunziger und Nullerjahre gelegt hatte, taucht in der Mitte der Zehnerjahre das Stottern wieder auf. Doch es ist ein neues Stottern. Selbst das Mitglied einer Punk-Band, das gerade zum Interview im Studio sitzt und alles immer mitgemacht hat, bringt kein Wort mehr heraus. Ohne ausdrückliche Thesen und Begrifflichkeiten wirkt diese skurrile Szenerie wie ein rasender Durchgang durch die Kulturwüsten der letzten Jahrzehnte. Eine Lösung gibt es nicht, es gibt nur dieses Rasen. Das aber wird von der Autorin kongenial durchgeführt.
  Kathrin Röggla spielt im Lauf des Buches immer vehementer mit apokalyptischen Visionen. Vornehmlich gibt es Apokalypsen in allem, was mit Flugzeugen und Flughäfen zu tun hat, einmal wird im Rückblick festgestellt, dass ein Großflughafen „damals halb Deutschland bedeckt“ habe. Jeder dieser Texte befindet sich nah am Abgrund. Es ist ein grelles Lachen, das man dabei hört und das ständig widerhallt – die hysterische Affirmation des Gegebenen kippt bei den in ihre Handlungen hineingetriebenen Figuren zwangsläufig um in eine heftig rotierende Leere.
  Einmal bemerkt eine weibliche Protagonistin, wie sich „die Landschaft langsam auflöste, ganz weit hinten begann es wie ein Grisseln, das ins Flimmern wechselte, Datenschatten, nannte man das wohl.“ Dies ist ein Bild, das bleibt. Irrwitz und Gegenwart: Diese Autorin spürt akute Datenschatten auf und bringt ihre Sätze darin unter.
HELMUT BÖTTIGER
                
Kathrin Röggla: Nachtsendung. Unheimliche Geschichten. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main. 282 Seiten, 22 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Jeder dieser Texte ist nah
am Abgrund. Und man hört
dabei ein grelles Lachen
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein "grelles Lachen" klingt dem Rezensenten Helmut Böttiger aus diesen Geschichten Kathrin Rögglas entgegen, die von einem deutschen Alltag erzählen, der denkbar weit entfernt ist von den sonst in der Literatur gern bedienten Erfahrungswelten der urbanen Mittelschichten. Röggla erzählt aus strukturschwachen Zonen, von einem stillgelegten Kalibergwerk, vom Hauen und Stechen auf einem Wissenschaftskongress. Wobei Erzählen schon zuviel gesagt ist, wie Böttiger herausstellt: Röggla liefere eher "flimmernde und hypergenaue Standbilder", als dass sie handelnde, denkende oder fühlende Personen entwerfe. Innenschau gibt es bei Röggla nicht, stellt Böttiger klar. Mitunter erinnert ihn die Röggla'sche Übertreibungsartistik an Thomas Bernhard, mitunter erscheinen ihm auch ihre apokalytische Visionen recht "vehement". Aber im Grunde gibt er sich dem Flirrend-Flimmernden dieser Prosa hin, die den Irrwitz der Gegenwart in ausgesprochen rhythmischer Prosa einfange.

© Perlentaucher Medien GmbH
Kathrin Röggla ist eine Virtuosin des offensiven Präsens. [...] Irrwitz und Gegenwart: Diese Autorin spürt akute Datenschatten auf und bringt ihre Sätze darin unter. Helmut Böttiger Süddeutsche Zeitung 20161018