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In Jan Skudlareks Gedichten streifen keine verträumten Großstadtflaneure durch die nächtliche Berliner Luft, sondern hellhörige Gedanken-Gänger, ständig auf der Hut vor unvorhersehbaren Zwischenfällen. Der Spießrutenlauf, den Skudlarek für sie entwirft, führt sie an die Abgründe und Un- tiefen ihrer eigenen Sprache und endet in der Auslaufzone des heimischen Liebeslagers. Eingebettet in eine absurde Variante der Wirklichkeit ist eine Szenerie, in der die Regeln der Logik von den Regeln des sprachlichen Gleichklangs außer Kraft gesetzt werden: Im Ohr wird Botanisches und Mathematisches (…mehr

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Produktbeschreibung
In Jan Skudlareks Gedichten streifen keine verträumten Großstadtflaneure durch die nächtliche Berliner Luft, sondern hellhörige Gedanken-Gänger, ständig auf der Hut vor unvorhersehbaren Zwischenfällen. Der Spießrutenlauf, den Skudlarek für sie entwirft, führt sie an die Abgründe und Un- tiefen ihrer eigenen Sprache und endet in der Auslaufzone des heimischen Liebeslagers. Eingebettet in eine absurde Variante der Wirklichkeit ist eine Szenerie, in der die Regeln der Logik von den Regeln des sprachlichen Gleichklangs außer Kraft gesetzt werden: Im Ohr wird Botanisches und Mathematisches ( primeln & primzahlen ) miteinander kurzgeschlossen und dadurch ihre Unteilbarkeit in Frage gestellt. Danach braucht
man sich auch nicht mehr über die Macheten zu wundern, mit denen das lyrische Wir, ein sich entliebendes Liebespaar, ausgestattet ist. Schlägt sich dieses nun durch Berlins Straßen- und Schienennetze, so gebraucht es die Buschmesser weniger zum Überleben im Großstadtdschungel als zum Zerstückeln der eigenen Wörter und Sätze, um nicht an ihnen zu ersticken: schwer tragen wir an den macheten, mit denen sätze ( ) zu verdaulichen happen gehackt werden / für so manches ge- genüber / & ab und zu bleibt wer zurück, ein sterbenswort . Jan Skudlarek legt mit elektrosmog seinen Debütband vor, er schreibt sich mit ihm in die erste Riege der jungen deutschen Lyriker.
Autorenporträt
Jan Skudlarek, 1986 in Hamm geboren, wuchs in NRW und Spanien auf. Seit 2008 hat er einzelne Gedichte und Gedichtgruppen in Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Für sein Werk hat er bereits mehrere Preise erhalten.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tolles Debüt, freut sich Christian Metz über Jan Skudlareks Lyrikband "elektrosmog" Der Titel ist Programm, stellt Metz fest und untersucht die Prinzipien, nach denen der Autor sein Thema, das Spiel zwischen Ansteckung und Berührungsbedürfnis, das wir täglich spielen, einkreist. Dafür dass das poetisch gelingt, macht Metz einen scharfen Blick für die Gegenwart, den gekonnten Einsatz von Metaphern sowie Skudlareks Fähigkeit aus, seine Bilder zu Szenen auszugestalten. Mal kurios, leicht, dann wieder schwermütg, schreibt Metz, können diese Szenen sein, die beginnen mit Zeilen wie "die wirklichkeit defiliert" oder "am waldrand gerinnen soldaten". Skudlareks kunstvolle wie elegante Regie überzeugt ihn in jedem Fall.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2014

Ornithologen fallen aus den Bäumen
Klangvolle Bedrohung: Jan Skudlareks erstaunliches Lyrikdebüt "elektrosmog"

Aus Sicht der Körperhygiene - und wer will schon von sich behaupten, nichts mit der am Hut zu haben? - oszilliert unser Leben zwischen der Notwendigkeit, mit der Außenwelt in Kontakt treten zu müssen, und der Ansteckungsgefahr, die von dieser Berührung ausgeht. Die reale Bedrohung mag inzwischen minimal sein, die gefühlte aber belastet im Zeitalter der Doppelduscher, Dauerdesinfizierer und Keimhysteriker mehr als je zuvor.

Mit Lyrik hat das zu tun, weil Jan Skudlarek in seinem erstaunlichen Debüt ein feines Gespür für den Widerstreit zwischen Berührungsbedürfnis und Ansteckungsangst beweist. Skudlarek, 1986 in Hamm geboren, erkennt in dem Konflikt das Merkmal unserer Gegenwart und zugleich ein faszinierendes Spielfeld, um den unterschiedlichsten Ansteckungsformen und -facetten poetisch nachzuspüren. Der Titel des Bandes, "elektrosmog", ruft gleich eine klangvolle Bedrohung unserer Zeit auf. Wer kann schon sagen, wie unsere Atmosphäre sich auf uns auswirkt, da sie von der Abstrahlung unserer Elektrogeräte zu bersten droht? Es gibt aber noch ganz andere Berührungs- und Infektionsängste. Das gerade erst überstandene Fest der Liebe mit seinem Verwandtschafts- und Freundesringelreihen kommentiert Skudlarek lakonisch: "weihnachten. zeit sich die hände zu desinfizieren."

Scharfsinnig die heutigen Ängste, Übertreibungen, Lächerlichkeiten in den Blick zu nehmen ist das eine, was dieses bemerkenswerte Debüt ausmacht. Das andere ist die spielerische, mitunter virtuose, stets gewitzte Verwandlung der Beobachtungen in Poesie. Skudlarek vertraut dafür vor allem auf die Folge von drei Prinzipien. Zunächst setzt er das gemischte Doppel aus Berührung und Ansteckung in ein sprachliches Phänomen um. Ein Großteil der Texte setzt mit einer prominenten Metapher ein: "die wirklichkeit defiliert", "am waldrand gerinnen Soldaten", "auf den hochhäusern überwintern heliports" oder es herrscht "ebbe, die haut zieht sich zurück". In der Metapher überlagern sich zwei Bildfelder, die sich normalerweise fremd sind und nichts miteinander zu tun haben. Jetzt aber stecken sie sich gegenseitig an, infiltrieren einander. Auf diese sprachliche Ansteckungskraft kommt es Skudlarek an.

Im Anschluss weitet er das einzelne Bild zu einer kurzen Sequenz aus. Es entstehen schräge, kuriose, lustig, tänzerisch leichte oder schwermütig-zarte Szenen. In diese Situation tritt dann eine Gruppe von Personen ein. Dieses "wir" muss sich nun in irgendeiner Weise mit den herrschenden Bedingungen arrangieren, mal richten sie sich häuslich ein, mal stehen sie den Ereignissen irritiert gegenüber: "peu à peu verwintern wir. kommt tintenkiller über die stadt."

Das wechselnde Arrangement dieser drei Prinzipien reicht Skudlarek, um seinen Gedichtband mit mehr als sechzig lyrischen Miniaturen kunstvoll zu bespielen. Jeder Text entwirft seine eigene, kleine Welt: "nun ist es herbst und die ornithologen fallen aus den bäumen." In eleganten, unangestrengten Gedankengängen führt Skudlarek seine Leser durch seine Welten und lenkt ihre Blicke: "das zimmer gedimmt, nur die mikrowelle / leuchtet gnostisch. Doppelpunkt, ziffern / glimmen in gekünsteltem grün, kleine balken / halten sie zusammen. bücher überall verstreut."

Wenn die Szene vom in Dämmerlicht getauchten Raum auf die Anzeige der Mikrowelle zoomt, dann liegt dort nicht nur der besagte Elektrosmog in der Luft, sondern zugleich wird die ausgefeilte Ästhetik des gemeinhin übersehenen technischen Details gewürdigt. Leuchtschrift wird in das Schwarzweiß der lyrischen Schrift ausbuchstabiert. Der letzte Vers wiederum leitet vom Rauminneren zum Blick aus dem Fenster über: "vorm fenster leuchtschriften, ampeln, / ihre überhangsmandate." Die Mikrowellenanzeige beleuchtet also das Zimmer genauso wie die Neonlichter die Stadt. Die politische Metapher "überhangsmandate" sowie der Titel "i know i am ugly but i glow at night", der auf Wowereits Spruch, Berlin sei "arm, aber sexy" anspielt, legen nahe, dass es sich hier um die Hauptstadt handelt. So fühlt sich der Einzelne in den Wogen des Berliner Nachtlebens: wie eine glimmende Mikrowelle.

Oder kommentiert das Gedicht einfach nur frech die Kost, welche die gigantische Mikrowelle Hauptstadt ihren Gästen serviert: aufgewärmt, aber labberig? Dem in Berlin lebenden Skudlarek ist da etwas anderes gelungen. Schon lange war kein so klug austariertes, leichthändiges, vergnügliches Lyrikdebüt zu genießen.

CHRISTIAN METZ

Jan Skudlarek: "elekrosmog". Gedichte.

Luxbook Verlag, Wiesbaden 2013. 83 S., br., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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