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Aus dem Englischen von O. Gildemeister, A. Neidhardt, A. Seubert u.a. Mit Anmerkungen von S. Schmitz. 2. Auflage 2000.

Produktbeschreibung
Aus dem Englischen von O. Gildemeister, A. Neidhardt, A. Seubert u.a. Mit Anmerkungen von S. Schmitz. 2. Auflage 2000.
Autorenporträt
Mit Beiträgen von Siegfried Schmitz
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.1997

1819
Lord Byron "Don Juan"

"Mir fehlt ein Held" - mit diesem Ausruf klingendster Verzweiflung beginnt Byron dieses große Projekt eines modernen Epos in Versen. Er ahnt (wie nach ihm dann Puschkin auch), daß, wer keine großen Helden mehr hat, auch mit den alten Erzählformen nicht mehr weiterkommt, so sehr er sie liebt: Ich finde, sagt er dann in der fünften Strophe, "ich finde keinen Helden heute, den ich für mein Gedicht gebrauchen kann, und nehme, wie gesagt, Freund Don Juan" - und der Scherz ist, daß Don Juan nichts als den Namen gemein hat mit jenem großen erotischen Helden. Don Juan hier bei Byron ist ein netter junger Mann, der die Welt bereist und manchmal die Beute schöner Frauen wird; und die Stanze, der große Epenvers Bojardos, Ariosts und Tassos, wird nun mit einem solchen Helden für einen Dichter, der ihn fast gar nicht will, zum Gefäß letzter überschäumend witziger, satirischer, man möchte oft sagen: selbstzerstörerischer Ideen - jedenfalls vernichten sie alle Heldengröße, allen Prunk. Und wenn sich dennoch Pathos und irgendein Ton von Größe einschleichen, so sind es das Pathos des gewaltig Lächerlichen und der Ton der unmöglich gewordenen Größe. Tausendfünfhundert Strophen lesen sich auf solche Art unglaublich schön und leicht: Das geht also doch, sagt man sich fast, auch die neue moderne Welt läßt sich in solchen Versen einfangen. Aber dann läßt Byron seinen jungen Mann ganz in die Gesellschaft eintauchen; und wie er nun, ironisch und beißend satirisch, seine, also seines Freundes und damit die eigne Gesellschaft schildern will, funktioniert der Vers nicht mehr; der Vers reicht nicht heran, reicht nicht hinab bis zur Gemeinheit des Alltags, er zerfällt (und nicht einmal immer gekonnt, das ist das Große) ins Schlottergewand gereimter Prosa. Byron zieht die großartige Konsequenz und bricht sein Epos mittendrin ab, genau dort, wo Leute wie Balzac dann weiterschreiben müßten, nämlich richtiggehende Romane in einer Prosa, an der keiner mehr irgendeinen Wohlklang vermißt. Kein andrer Schluß als dieses abrupte Ende mittendrin könnte geistvoller zeigen, was Byron meint, wenn er gleich sagt: Mir fehlt ein Held. (George Gordon Lord Byron: "Don Juan". Aus dem Englischen übertragen von Otto Gildemeister. In: Sämtliche Werke, Band II. Winkler Verlag, München 1977. 932 S. [520 davon der "Don Juan", dazu die Gedichte], geb., 88,- DM.) R.V.

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