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Unentbehrlich für das Verstehen und den Gebrauch fremder Wörter Rund 60.000 Fremdwörter mit allen Trenn- und Schreibvarianten. Zum ersten Mal geben blau unterlegte Dudenempfehlungen Hilfe bei der Auswahl aus den verschiedenen Varianten und garantieren eine einheitliche Schreibung. Mit weit über 400.000 Angaben zu Bedeutung, Aussprache, Grammatik, Stilebenen und Herkunft der Fremdwörter.

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Produktbeschreibung
Unentbehrlich für das Verstehen und den Gebrauch fremder Wörter
Rund 60.000 Fremdwörter mit allen Trenn- und Schreibvarianten. Zum ersten Mal geben blau unterlegte Dudenempfehlungen Hilfe bei der Auswahl aus den verschiedenen Varianten und garantieren eine einheitliche Schreibung. Mit weit über 400.000 Angaben zu Bedeutung, Aussprache, Grammatik, Stilebenen und Herkunft der Fremdwörter.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.02.2023

Beim Thema Gendern wird dann doch Politik gemacht
Auch wenn nicht immer ganz klar ist, woher der korrekte Standardgebrauch genommen wird: Die neue Duden-Grammatik bietet viel fundierte linguistische Information

"Unentbehrlich für richtiges Deutsch" - so stand es bislang auf dem Buchdeckel der Duden-Grammatik. Doch die neue Ausgabe - es ist die zehnte Auflage - wirbt nicht mehr mit diesem normativen Anspruch, stattdessen heißt es nüchtern: "Struktur und Verwendung der deutschen Sprache". Diese Umtitulierung wäre schon bei den beiden vorangegangenen Auflagen von 2005 und 2016 fällig gewesen. Für schnelle Korrektheitsauskünfte war die in den vergangenen Jahrzehnten immer deskriptiver und detaillierter gewordene Duden-Grammatik schon lange kein optimales Nachschlagewerk mehr. Zum einen scheuten ihre Autoren aus einer wissenschaftlichen Bewertungsabstinenz heraus bei grammatischen Zweifelsfällen häufig klare Urteile, zum anderen waren die gesuchten Auskünfte für linguistische Laien in der komplexen Informationsfülle oft nur mühsam zu finden.

Demgegenüber öffnet sich die jüngst erschienene Duden-Grammatik, die komplett neu verfasst wurde, sogar wieder ein wenig den Orientierungsbedürfnissen schreibender oder korrigierender Nutzer: Sie finden am Ende des Buches eine Übersicht häufiger Zweifelsfälle mit Verweisen auf die entsprechenden Abschnitte. Wer auf die Schnelle wissen will, ob er "Weder der Deutschlehrer noch der Germanistikprofessor weiß die Antwort" oder besser "wissen die Antwort" schreiben sollte oder ob es "diesen Jahres" oder "dieses Jahres" heißt, findet die Informationen, ohne sich den Weg über Fachbegriffe wie "Kongruenz", "Demonstrativpronomen" oder "schwache Flexion" bahnen zu müssen. Der Umfang der Neuausgabe ist gegenüber der letzten Auflage um ein gutes Viertel geschrumpft und mit ihren fast tausend Seiten ein vergleichsweise schlankes Werk.

Herausgeberin ist Angelika Wöllstein, stellvertretende Direktorin des Instituts für Deutsche Sprache, die auch schon die vorangegangene Ausgabe betreut hat. Große Veränderungen hat es hingegen im Autorenteam gegeben. Nur drei der elf Autoren waren schon bei der vorigen Ausgabe dabei: Peter Gallmann, einer breiteren Öffentlichkeit als Orthographiereformer bekannt geworden, hat verschiedene Abschnitte zu Wortarten und Satzgliedern verfasst. Die Sprachhistorikerin Damaris Nübling, als Verfechterin des Genderns ebenfalls öffentlich hervorgetreten, ist für das Thema "Variation und Sprachwandel" zuständig.

Der dritte "Veteran" ist der Niederdeutschforscher und Soziolinguist Jörg Peters, der die lautlichen Eigenschaften von Sätzen, Wörtern und Silben behandelt. Zu denen, auf deren neuerliche Mitarbeit die Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum hingegen verzichtete, gehört Peter Eisenberg, der sich als Kritiker der Orthographiereform und des Genderns positioniert hat. Allerdings hatte Eisenberg seinerseits der Redaktion schon zuvor mitgeteilt, dass er die "Duden-Linie" nicht mehr vertreten könne.

Die Gliederung ist übersichtlicher geworden

Wie ihre Vorgänger besetzt auch diese Neuauflage den Bereich zwischen einer rein wissenschaftlichen und einer an praktischen Nutzerinteressen orientierten Grammatik. Der Stil ist dementsprechend fachlich, kommt aber ohne allzu technisch-formale Darstellungsweisen aus. Zahlreiche Sprachbeispiele machen die grammatischen Beschreibungen und Analysen gut nachvollziehbar. Die linguistische Terminologie, mit der es der Leser zu tun bekommt, geht weit über das hinaus, was aus dem Deutsch- oder Lateinunterricht noch bekannt sein mag. Sie ist aber unentbehrlich für eine systematische und fachlich präzise Darstellung, die auch den Ansprüchen von Deutschlehrern oder Germanistikstudenten genügt.

Die Fachbegriffe werden hinreichend erläutert, allerdings sind diese Definitionen über den Text verstreut. Was fehlt, ist ein terminologisches Verzeichnis mit kurzen Definitionen, das ein schnelles Nachsehen erlaubt und das die früheren Auflagen im Anhang hatten. Das Register ist kein Ersatz, denn nicht alle Fachbegriffe werden bei ihrem ersten Auftauchen im Text auch schon definiert. Zwar verweist die Dudenredaktion auf ihre Website, die ein Verzeichnis grammatischer Fachbegriffe bietet. Doch das Wechseln zwischen den Medien ist umständlich, und zudem muss man bei der digitalen Nutzung entweder Werbung akzeptieren oder bezahlen.

Die Gliederung des Buchs ist gegenüber den Vorgängerausgaben übersichtlicher geworden, und sie bewegt sich - andersherum als früher - von den oberen zu den unteren Ebenen des Sprachsystems: Am Anfang steht der Satz als die größte grammatisch geregelte Spracheinheit, danach kommen die Satzglieder, dann die Wörter, Silben und Laute. Dazwischengeschaltet sind - quer zur grammatischen Systematik - immer wieder längere Abschnitte zu Strukturen und Funktionen von Texten sowie zu grammatischen Aspekten der gesprochenen Sprache, des Stils, der Orthographie und des Sprachwandels.

Diese Passagen, die sich oft am Stück lesen lassen, bieten gegenüber den früheren Auflagen einen Mehrwert, da sie die Grammatik "in Aktion" zeigen. So zum Beispiel in den Kapiteln zur Orthographie, die nicht nur die grammatische Logik hinter vielen scheinbar willkürlichen Regeln deutlich machen, sondern auch zeigen, wie lesefreundlich die deutsche Rechtschreibung ist. Besonders verdienstvoll sind auch die Abschnitte zum Sprachwandel, die grammatische Phänomene und aktuelle Sprachveränderungen historisch herleiten und so erklären. Wer zur Vorbereitung des Unterrichts, für das Studium oder einfach aus Interesse fundierte linguistische Informationen auf dem aktuellen Forschungsstand wünscht, ist mit der Duden-Grammatik gut bedient.

Vom Sozialprestige, das an einem Genetiv-s hängen soll

Wer daneben auch normative Urteile bei Zweifelsfällen erwartet, bekommt mitgeteilt, was jeweils standardsprachlich "als korrekt gilt". Da die Duden-Grammatik selbst nicht als Normgeberin auftritt, stellt sich die Frage, worin diese Geltung eigentlich wurzelt. Gelegentlich wird auf Korpusrecherchen verwiesen, was nahelegt, dass letztlich die Häufigkeit einer Form dafür ausschlaggebend ist, ob sie als normgerecht anerkannt wird. Doch die empirische und statistische Basis dieser Urteile wird nirgends klar umrissen. Über Formen wie "in der Mitte diesen Jahres" erfährt der Leser, diese seien "zwar gut belegt, aber standardsprachlich noch nicht anerkannt". Was "gut belegt" heißt und wer für die "Anerkennung" zuständig ist, bleibt offen. Beurteilungen grammatischer Formen nach dem Grad ihrer Systematik, Differenziertheit oder Funktionalität finden in der Duden-Grammatik kaum statt.

Weniger groß ist die Scheu vor soziolinguistischen Bewertungen. Sprecher, die "wegen Sturms" oder "infolge Schneefalls" sagen, statt diese Formen ohne Genitiv-s zu verwenden, bekommen mitgeteilt, es handle sich bei ihren Formulierungen "um einen Überrest früheren Sprachgebrauchs, der ein irreal hohes Sozialprestige hat". Hintergrund dieser ungnädigen Einschätzung ist, dass diese Genitive grammatische Extrawürste sind.

In den meisten anderen Kontexten brauchen starke Substantive im Genitiv noch einen Artikel oder ein Adjektiv als Begleiter: "der Verbrauch des Wassers" oder "kalten Wassers" ist korrekt, "der Verbrauch Wassers" aber nicht. Wie allerdings das Sozialprestige von "infolge Schneefalls" und Konsorten "irreal" - also unwirklich - hoch sein kann, wenn doch im selben Satz dessen reale Existenz festgestellt wird, erschließt sich nicht. Meinte der Autor vielleicht "irrational"? Das würde die knifflige Frage aufwerfen, wie man den Rationalitätsgrad grammatischer Formen misst. Vielleicht ist der "nackte" Genitiv in "wegen Sturms" ja durchaus rational, während es hingegen irrational ist, dass man nicht "der Verbrauch Wassers" sagen darf, obwohl diese Konstruktion eindeutig und durchaus systematisch ist.

Das Reizthema Gendern wird in der Duden-Grammatik knapp, aber tendenziös behandelt. Dem Autor Peter Gallmann zufolge haben psycholinguistische Tests nachgewiesen, dass generische Maskulina "in überdurchschnittlichem Maß die Vorstellung männlicher Personen" hervorrufen. Deshalb suche man nach "alternativen Formulierungen", die zu "ausgeglicheneren Vorstellungen führen", worauf der Hinweis folgt, dass der Dudenverlag schon eine Reihe entsprechender Publikationen vorgelegt hat.

Tatsächlich ist der empirische und methodische Wert der besagten Tests in der Wissenschaft nach wie vor umstritten, und es wäre einer Grammatik mit dem Anspruch, ein Standardwerk zu sein, angemessen gewesen, diesen Stand der Diskussion nüchtern zu referieren. Ebenfalls angebracht gewesen wäre eine Beschreibung der grammatischen Systembrüche, die durch das Gendern verursacht werden. Schließlich orientiert sich die Duden-Grammatik ihrem Selbstverständnis nach "an der geschriebenen Standardsprache, die überregional, stilistisch neutral, nicht an einen spezifischen Verwendungskontext gebunden und auch in formelleren Kontexten unauffällig ist".

Im grammatikeigenen Sprachgebrauch hält sich das Gendern aber in Grenzen: Antigenerische Sparschreibungen (Muttersprachler/-innen) treten nur im Vorwort auf; in einigen Abschnitten werden explizite Paarformen (Sprecher und Sprecherinnen) gebraucht, oder man wechselt pseudogenerisch zwischen Maskulinum und Femininum (Sprecher und Hörerin). Da insgesamt das generische Maskulinum überwiegt, bleibt der Lesefluss weitgehend ungestört. Dass in künftigen Auflagen der Genderstern strahlen wird, muss man übrigens nicht befürchten. In der Duden-Grammatik dient der Stern nämlich - wie in der Sprachwissenschaft üblich - zur Markierung falscher Formen (*sie springte). Der Doppelsinn, den das Symbol bei gegenderten Stummelformen wie Pat*in entfalten würde, wäre sicherlich unerwünscht. WOLFGANG KRISCHKE

Duden: "Die Grammatik". Struktur und Verwendung der deutschen Sprache. Sätze - Wortgruppen - Wörter.

10., völlig neu verfasste Auflage. Herausgegeben von Angelika Wöllstein und der Dudenredaktion. Dudenverlag, Berlin 2022. 984 S., geb., 40,- Euro.

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