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Am berühmten Hoch'schen Konservatorium in Frankfurt wird die junge Elise Hermann zur Pianistin ausgebildet. Ihre große Begabung verspricht eine glänzende Zukunft, und in Max von Hochem findet sie die Liebe ihres Lebens. Doch dann ändert sich alles, als Hitler an die Macht kommt. Elises Debüt-Konzert im März 1933 wird verboten, wie öffentliche Auftritte jüdischer Künstler generell verboten werden. Die junge Frau muss um ihr berufliches und bald auch persönliches Überleben kämpfen. Vor der Kulisse des historischen Frankfurt am Main erzählt dieser Roman vom glücklichen und leidvollen Weg einer jungen jüdischen Frau zwischen 1929 und 1936.…mehr

Produktbeschreibung
Am berühmten Hoch'schen Konservatorium in Frankfurt wird die junge Elise Hermann zur Pianistin ausgebildet. Ihre große Begabung verspricht eine glänzende Zukunft, und in Max von Hochem findet sie die Liebe ihres Lebens. Doch dann ändert sich alles, als Hitler an die Macht kommt. Elises Debüt-Konzert im März 1933 wird verboten, wie öffentliche Auftritte jüdischer Künstler generell verboten werden. Die junge Frau muss um ihr berufliches und bald auch persönliches Überleben kämpfen.
Vor der Kulisse des historischen Frankfurt am Main erzählt dieser Roman vom glücklichen und leidvollen Weg einer jungen jüdischen Frau zwischen 1929 und 1936.
Autorenporträt
Seuthe, Dieter David
Dieter David Seuthe, geb. 1951 in Westfalen, als dritter Sohn eines deutschen Lehrers und einer holländischen Finanzbuchhalterin. Er lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.04.2016

Stadt und Buch

In "Frankfurt verboten" beschreibt Dieter David Seuthe, wie eine deutsche Großstadt in die Nazizeit abstürzt. Nun ist dem Roman das Festival "Frankfurt liest ein Buch" gewidmet.

Von Florian Balke

Max ist Rettungsschwimmer. Er studiert Jura und arbeitet später in der Verwaltung der Frankfurter Universität, aber an diesem Sommernachmittag im Juli 1929 interessiert er sich in der Badeanstalt am Frankfurter Mainufer nur für das Mädchen mit den dunklen Haaren und den blauen Augen, das sich unter den Palmen am Rande der Rollschuhbahn in die Sonne gesetzt hat. Aus der ersten Begegnung im "Mosler", dem Schwimmbad mit vier Becken, einem beliebten Restaurant und der Bahn für die Rollschuhläufer, wird nach einem zufälligen zweiten Aufeinandertreffen ein abendlicher Spaziergang, der von Bornheim die Berger Straße hinab in Richtung Innenstadt führt. Ehe Elise den Mauerweg erreicht, in dem sie bei Bekannten untergekommen ist, lädt sie den netten jungen Mann mit dem hellblonden Haar, das ihm dauernd in die Stirn fällt und zurückgeschoben werden muss, noch auf einen Apfelwein in eine nahe gelegene Wirtschaft ein. Sie rechtfertigt das damit, dass eine deutsche Rennfahrerin gerade die Welt umrundet hat und sechzig Passagiere versuchen, es ihr in einem Zeppelin nachzumachen, während Max und Elise sich unter den Laternen unterhalten. Frauen ist jetzt alles erlaubt, auch das Einladen des Mannes, den jungen Leuten scheint die ganze Welt offenzustehen.

Was so idyllisch beginnt, ist der Beginn einer großen Liebe, die an ihrem Ende, sieben Jahre später, im olympischen Sommer des Jahres 1936, aus ebendieser Zuneigung zur Trennung auf immer führt. Denn Elise, die in Frankfurt Klavier studiert hat und Pianistin geworden ist, ist Jüdin. Für sie ist kein Platz mehr im nationalsozialistischen Deutschland, sie wird ausgestoßen aus dem Leben ihrer Stadt, Verwaltungsakt um Verwaltungsakt, persönliche Schikane um persönliche Schikane. Elise und Max ahnen, dass die Bestimmungen der 1935 beschlossenen Nürnberger Gesetze noch nicht das Ende sind, Elise ist daher immer fester entschlossen, ihre Heimat zu verlassen. Die Eltern sind tot, ihr Vater hat sich nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst das Leben genommen, es hält sie nichts mehr, zumal sie zwar noch Klavierschüler, aber keine Auftrittsmöglichkeiten mehr hat und eine Freundin aus Studientagen auf die brillante Idee gekommen ist, Elise zu sich nach Neuseeland zu holen. Max, der seinen alt gewordenen Vater nicht alleinlassen kann, ist fest entschlossen, seine Freundin bei ihrem Versuch der Rettung ins Ausland zu unterstützen.

Dass Elise der Falle entkommt, die Deutschland für sie und seine anderen jüdischen Bürger im Laufe der dreißiger Jahre aufspannt, ist von Beginn an klar in Dieter David Seuthes Roman "Frankfurt verboten", dem in den nächsten zwei Wochen das Festival "Frankfurt liest ein Buch" gewidmet ist. Der Roman besteht im Wesentlichen aus den Aufzeichnungen, die die alt gewordene Elise in Neuseeland anfertigt, als sie unter einem anderen Namen schon lange am anderen Ende der Welt lebt. Bald nach ihrer Ankunft hat sie eine Tochter bekommen, später auch einen kleinen Sohn, der kurz nach seiner Geburt gestorben ist. Nun ist sie Witwe und hält fest, was sie in ihrem zweiten Leben nach der Rettung keinem anderen Menschen erzählt hat, auch ihrem Mann Geoffrey und ihrer Tochter Sarah nicht.

Sie blickt zurück auf das Leben mit ihren Eltern in Bad Ems, wo die Familie nach dem Verlust ihres Vermögens im Börsenkrach versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Sie erinnert sich an die Hoffnung, in Frankfurt Klavier studieren zu können, die zunächst kaum zu verwirklichen scheint, sich dann aber doch erfüllt. Sie schildert ihre Kommilitonen und Lehrer an Dr. Hoch's Konservatorium, heute an der Sonnemannstraße gegenüber der Europäischen Zentralbank gelegen, damals an der Eschersheimer Landstraße. Elises Mitstudenten, den Jazzer Josh, der später in Hollywood erfolgreich ist, die schwedische Sängerin Bettan und den schwulen Arno, der 1934 verhaftet wird und nicht wiederkommt, hat Seuthe allesamt erfunden, so wie Elise und Max. Die Lehrer aber hat es tatsächlich gegeben.

Als Hoch's Konservatorium 1943 in einem der alliierten Bombenangriffe auf Frankfurt zerstört wird, ist Elise im Gegensatz zu Arno in Sicherheit. Dem 1951 zur Welt gekommenen Seuthe, einem Nachgeborenen, der, anders als einige seiner Festivalvorgänger, auch keine eigene Familiengeschichte beschreibt, geht es nicht um Spannung durch das indezente Ausreizen der Frage nach Überleben und Tod, auch wenn in den entscheidenden Fluchtstunden im Berlin der Olympischen Spiele Schlimmstes geschieht, was er mit erschreckendem Effekt nur andeutet: Der Leser muss es sich aus zwei mehrere Seiten voneinander entfernten Sätzen gegen Ende des Buches selbst zusammenbauen.

Seuthe, der als Psychotherapeut tätig ist und mit "Frankfurt verboten" seinen ersten Roman vorgelegt hat, ist es eher darum zu tun, langsam und geduldig den perfiden Prozess der Ausgrenzung von Deutschen durch andere Deutsche nachzuzeichnen, den die nationalsozialistischen Machthaber nach 1933 ins Werk setzen. Das allmähliche Eingreifen des Staates in die Existenz Zehntausender Frankfurter verfolgt das Buch anhand des Privatlebens von Max, Elise und ihren Freunden Schritt für Schritt. Es macht das Gefühl, aus dem eigenen Leben hinausgeworfen zu werden, dadurch besonders gut nachempfindbar.

Privates und öffentliches Leben: Das Spiel mit beiden verbindet alle sieben Romane, denen "Frankfurt liest ein Buch"seit seiner Gründung gewidmet gewesen ist. Fünfmal waren dabei Bücher über das Schicksal der Frankfurter Juden die Regel, zweimal bildeten Romane aus der Nachkriegszeit die Ausnahmen. 2011 ging es um die Stadt der Angestellten in Wilhelm Genazinos früher Romantrilogie "Abschaffel", 2014 folgte die Stadt der Neuen Frankfurter Schule in Eckhard Henscheids satirischem Schlüsselroman "Die Vollidioten". Aber auch diese Bücher aus den späten siebziger Jahren handelten vom Einzelnen und der Gesellschaft, vom Haus, der Wohnung, dem Zimmer und der Straße. In diesem Frühjahr allerdings geht es wieder um ein Ereignis, das die Stadt ebenso stark geprägt hat wie die Büroarbeit unserer Zeit, die Kritische Theorie und die spöttische Verbeugung vor ihr: das Verschwinden von vielen zehntausend alteingesessenen Bürgern, die deportiert und in der Ferne ermordet wurden.

Als "Frankfurt liest ein Buch" im Jahr 2010 mit zwei Lesewochen zu Valentin Sengers Erinnerungsroman "Kaiserhofstraße 12" eröffnet wurde, der davon handelt, wie eine jüdische Familie die Nazizeit gegen alle Wahrscheinlichkeit mitten in Frankfurt überlebt, war Seuthes Buch noch gar nicht veröffentlicht. Der Autor, der in Marburg Psychologie studiert hatte und heute an einer von ihm in den achtziger Jahren mit aufgebauten Suchtklinik im Frankfurter Stadtteil Sindlingen tätig ist, war damals noch nicht lange aus Neuseeland nach Deutschland zurückgekehrt. Fast zehn Jahre lang hatte er dort gelebt und die Idee zu seinem Roman entwickelt, der vor drei Jahren im Frankfurter Verlag Weissbooks erschienen ist. Wie in den Jahren mit Valentin Senger und Silvia Tennenbaums "Straßen von gestern" geht es bis zum 24. April mit Seuthe nicht darum, wer in welcher Wohngemeinschaft oder Teeküche gerade schlecht über jemand anderen geredet hat, sondern darum, in welchen Wohnungen Türen eingetreten werden.

Dieses Mal gibt es zum Glück auch wieder zahlreiche Veranstaltungen, bei denen sich etwas Neues erfahren lässt über das Frankfurt, in dem Elise und Max lebten. Das ist zum Beispiel am 13. April von 20 Uhr an im Haus am Dom der Fall, in dem der Historiker Lutz Becht eine Einführung in die Musikstadt Frankfurt um das Jahr 1930 gibt und einige der Romanfiguren vorstellt, die wirklich gelebt haben. Ausgerechnet vor einem Jahr, als es um Mirjam Presslers "Grüße und Küsse an alle" ging, eine Biographie der aus Frankfurt stammenden Familie von Anne Frank, waren die Veranstaltungen mit nachhaltigem Mehrwert etwas dünner gesät als sonst.

Abermals aber haben sich zahlreiche erprobte und neue Veranstalter ins Zeug gelegt und auf Bitte der Organisatoren Vorschläge für das Programm entwickelt, das vom Literaturveranstalter Lothar Ruske koordiniert wird. Er tut es auf Bitten des vom Verleger Klaus Schöffling zum ersten Festival gegründeten Trägervereins, den die Stadt Frankfurt von Anfang an gefördert hat. 600 Veranstaltungen hat es nach Angaben der Organisatoren in den ersten sechs Jahren des Festivals gegeben, gezählt wurden rund 74 000 Besucher. In den nächsten 14 Tagen kommen rund 80 Lesungen, Filmvorführungen, Theatervorstellungen, Gespräche, Vorträge und musikalische Abende hinzu.

Am 7. Juni könnte der Verein für das, was er bisher geleistet hat, dann sogar mit dem BKM-Preis Kulturelle Bildung ausgezeichnet werden, den Monika Grütters (CDU), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, vergibt. Die jeweils 5000 Euro, die mit den zehn Nominierungen einhergehen, sind ihm schon jetzt sicher, die je 20 000 Euro, die an drei Preisträger gehen, sind, ähnlich wie Elises Traum vom Klavierspiel, ebenfalls nicht unmöglich. Sie wären eine schöne Belohnung für ein Fest, das Frankfurt Jahr um Jahr das Eintauchen in die Geschichte des eigenen Gemeinwesens ermöglicht.

Weitere Informationen zum Festival und das gesamte Programm finden sich im Internet unter der Adresse www.frankfurt-liest-ein-Buch.de.

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