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Die jahrzehntelange globale Weltvormachtstellung der USA ist unbestritten. Dies macht sie in seltener Einigung diametraler Pole zum Lieblings-Feindbild radikaler Islamisten wie liberal-intellektueller Europäer. Zeit für Uncle Sam, das Szepter an China oder die BRICS-Staaten weiterzugeben? Oder funktioniert die Annäherung etwa genau umgekehrt: Werden wir alle zu Amerikanern?Es stimmt, die USA sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Die USA mögen - als Volkswirtschaft - irgendwann im 21. Jahrhundert von China eingeholt werden. Die Militärmaschine der USA mag vieles von ihrer Überlegenheit…mehr

Produktbeschreibung
Die jahrzehntelange globale Weltvormachtstellung der USA ist unbestritten. Dies macht sie in seltener Einigung diametraler Pole zum Lieblings-Feindbild radikaler Islamisten wie liberal-intellektueller Europäer. Zeit für Uncle Sam, das Szepter an China oder die BRICS-Staaten weiterzugeben? Oder funktioniert die Annäherung etwa genau umgekehrt: Werden wir alle zu Amerikanern?Es stimmt, die USA sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Die USA mögen - als Volkswirtschaft - irgendwann im 21. Jahrhundert von China eingeholt werden. Die Militärmaschine der USA mag vieles von ihrer Überlegenheit einbüßen. Jedoch: Die Propheten des amerikanischen Untergangs sind Opfer ihres eigenen Wunschdenkens. Die USA sind im Wandel - sie sind aber nicht im Abstieg. Der Rest der Welt verringert den wirtschaftlich und militärisch gemessenen Abstand zur "westlichen Hegemonialmacht" tatsächlich immer mehr. Dies gelingt ihr jedoch nur aus einem Grund: weil sie den USA immer ähnlicher wird. Wir sind also,argumentiert Pelinka, alle Amerikaner - oder zumindest auf dem besten Weg zu solchen zu werden. Dass viele von uns das nicht sehen und schon gar nicht akzeptieren wollen, ändert nichts an den Mühlen eines Prozesses, der Globalisierung genannt wird; der aber genauso gut auch Amerikanisierung genannt werden kann. Die USA brauchen die Welt nicht zu beherrschen - die Welt ist dabei, sich Amerika immer mehr anzupassen.
Autorenporträt
Anton Pelinka ist einer der renommiertesten österreichischen Politologen und derzeit Professor of Nationalism Studies and Political Science an der Central European University, Budapest. Davor über 30 Jahre lang Professor für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck und Mitbegründer der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft. Anton Pelinka hat zahlreiche Fach- und Sachbücher verfasst, zuletzt "Nach der Windstille" und "Europa - Ein Plädoyer". Als gefragter politischer Kommentator schreibt er u.a. für die ZEIT.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2013

Die USA:
Europas Vorbild?
Anton Pelinka meint: Amerika und der alte Kontinent
hängen mehr zusammen, als viele glauben
VON WERNER WEIDENFELD
Es wäre wohl zu harmlos, nur von einem Stresstest der transatlantischen Beziehungen zu sprechen. Dazu ist die Lage zu dramatisch. Die kulturellen Verwundungen sind zu tief, seit man den Umfang des US-Abhörskandals zumindest erahnen kann.
  Viele Jahrzehnte lang hat man zu beiden Seiten des Ozeans Gefühlslagen bester Freundschaft gepflegt. Man hat den Wertehimmel gemeinsamer Orientierung bewundert und verehrt – und gegen einen gemeinsamen Feind verteidigt. Und dann behandelt Amerika die Europäer und insbesondere die Deutschen, wie man es sonst nur mit bedrohlichen und verachteten Feinden macht.
  Die Vereinigten Staaten hören ab, spionieren alles aus. Wer sich auskannte, hatte sich das schon denken können. Für den schlichten, atlantisch orientierten Bürger in Deutschland und Europa kommt diese Entdeckung aber als ein Schock.
  Da gibt es professionell gesättigte Beruhigungshinweise: Natürlich dürfe eine geheimdienstaffine Subkultur ihre kenntnisreiche Routine in Analyse und Aufarbeitung ausspielen. Es möge sich doch niemand wundern, wenn die Bundeskanzlerin Angela Merkel von den amerikanischen Geheimdiensten ausspioniert werde. Das gehöre doch zum geradezu paranoiden Schutzbedürfnis einer von professionellem Terror bedrohten Nation. Und der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl habe doch nicht ohne Grund wichtige Telefonate von zufällig ausfindig gemachten öffentlichen Telefonzellen aus geführt.
  Alles schön und gut. Aber die ungeheure Irritation, ja Verwundung einer politischen Kultur ist dadurch nicht zu heilen. Unter Freundschaft versteht man etwas anderes. Die Deutschen sehen im amerikanischen Verhalten eine merkwürdige Mischung von Arroganz und Paranoia. Sie wollen weder einen Überwachungsstaat noch eine digitale Besatzungsmacht. Konsequent arbeitet die Maschinerie der Vertrauensvernichtung. Die transatlantische Gemeinschaft ist in die Misstrauensfalle abgerutscht – auch wenn die politischen Profis versuchen, in Sachen atlantisches Freihandelsabkommen oder Sicherheitspolitik ihre Routine zur Geltung zu bringen. Mit Blick auf die politische Kultur ist die Frage unabweisbar: Stehen wir vor einem atlantischen Kulturbruch?
  Derzeit, in dieser aufgewühlten Gestimmtheit, erscheint nun ein Buch über Amerika aus der Feder eines der anregendsten, nachdenklichsten und sensibelsten Politikwissenschaftler: Anton Pelinka, langjähriger Professor an der Universität Innsbruck, heute Professor an der Central European University in Budapest. Pelinka, der Autor etlicher markanter Sachbücher, setzt nun – mit großartigem zeitlichen Spürgefühl! – einen höchste Aufmerksamkeit heischenden Pflock: „Wir sind alle Amerikaner“.
  Nach subtiler, jahrzehntelanger Beobachtung hält er fest: Da gebe es immer wieder antiamerikanische Strömungen, Distanzierung von den USA, Aufwallungen des Misstrauens, überhebliche Besserwissereien. Aber Deutschland und Europa brauchten die USA nicht nur ökonomisch und sicherheitspolitisch, sondern vor allem als Bezugsordnung: „Europa bildet sich ein, von Amerika so verschieden zu sein. Aber in Wirklichkeit ist es Amerika sehr, sehr ähnlich.“
  Die Weltmacht USA ändert nun aber sich, und ihre Stellung in der Welt ändert sich seit geraumer Zeit: Die wirtschaftliche Dominanz schwindet, die militärische Überlegenheit baut sich in haushaltspolitischen Engpässen deutlich ab. Weltpolitisch ist sie zunehmend auf den pazifischen Raum fokussiert, nicht mehr primär auf den inzwischen doch historisch beruhigten Kontinent Europa.
  Und trotz alledem: Anton Pelinka führt Beweis auf Beweis an für seine These: „Amerika ist ein ,defining other‘ Europas.“ Pelinka bringt es auf einen knappen Nenner: „Dieses Europa, wie es sich im 21. Jahrhundert präsentiert, ist auch das Produkt amerikanischer Weltpolitik und insbesondere einer amerikanischen Präsenz in Europa. Und dieses Europa ist erst recht kulturell eng verflochten mit Amerika. Die New Yorker Metropolitan Opera und die Mailänder Scala beschäftigen dieselben Stars der Bühne und des Orchesters. Die Beatles und die Rolling Stones, Elvis Presley und andere wurden auf beiden Seiten des Atlantiks gleichermaßen enthusiastisch gefeiert. Filme made in Hollywood, die in den USA erfolgreich sind, sind es zumeist auch in Europa.“
  In diesem Kontext wird unübersehbar: Europa ist auch ein Produkt Amerikas, das zudem Amerika immer ähnlicher wird. Bei aller Lust am Unterschied: Die globalisierten Strukturen und Herausforderungen führen uns – mit Anton Pelinka gesagt – in das Laboratorium der einen, globalisierten Welt. So werden wir in seiner Schlussfolgerung eben alle Amerikaner. Den Kern dieser Entwicklung sieht Anton Pelinka im Prozess der Globalisierung der Demokratie.
  Er schreibt: „Der Demokratie westlichen Zuschnitts ist mit dem Ende der kommunistischen Systeme jede systematische Alternative abhandengekommen. Und das ist auch ein Resultat der US-Politik und des US-Vorbilds. Nicht, dass dieses Vorbild fehlerlos wäre – auch nicht, dass es eins zu eins umgesetzt werden könnte. Japan, Deutschland und Italien haben nicht einen Präsidentialismus à la USA eingeführt, sondern – mit vielen Besonderheiten – einen Parlamentarismus à la Westminster. Der Modellcharakter der US-Demokratie zeigt sich nicht in den einzelnen Strukturen, sondern in den Merkmalen, die 1776 bzw. 1787 – in der Unabhängigkeitserklärung und der Verfassung – das Prinzipielle dieser Demokratie ausmachen: eine schriftliche, in breitem Konsens verabschiedete Verfassung; die Bindung an das Konzept universeller Menschenrechte; einen Pluralismus, der sich in Wahlen mit Wettbewerbscharakter ausdrückt; und eine rechtsstaatliche Selbstbindung der Politik, über die ein Höchstgericht wacht.“
  Diese beweisgesättigten Erkenntnisse Pelinkas haben wir jedoch zu verweben mit den aktuellen Grundierungen und Verwirrungen der atlantischen Beziehungen. Nur eine oberflächliche Betrachtung ließe erwarten, die deutsch-amerikanische Freundschaft und die europäisch-amerikanische Partnerschaft blieben von den weltpolitischen Umbrüchen unserer Epoche unberührt. Das alte Pathos, das noch eine gewisse Zeit die Politur der Partnerschaft in nostalgisch verklärter Weise geschönt hat, ist dahin. Die emotionale Wärme ist drastisch reduziert. Das Misstrauen wächst. In der Tiefendimension der transatlantischen Beziehungen sind Erosionen unübersehbar. Außenpolitische Strategieverschiebungen, wachsendes Desinteresse, Auflösung der personellen Netzwerke, Wechsel der Generationen: Deutschland, Europa und Amerika erleben das Ende der transatlantischen Selbstverständlichkeiten.
Anton Pelinka : Wir sind alle Amerikaner. Der abgesagte Niedergang der USA. Verlag Braumüller, 2013. 189 Seiten, 22,90 Euro.
Werner Weidenfeld ist u.a. Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung der Universität München. 1987 bis 1999 war er Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit.
Die Deutschen sehen im Verhalten
der USA eine Mischung
aus Arroganz und Paranoia
Hier sehen wir eine neue Version der Freiheitsstatue, in der Auslegung unseres Karikaturisten.
Wenn es nach Anton Pelinka geht, dann ist die Dame der Europa nicht ganz unähnlich.
Letztere wurde bisher meistens dargestellt, wie sie auf einem Stier durchs Mittelmeer reitet.
Tempi passati?
ZEICHNUNG: SCHOPF
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit seiner Analyse beweist der Politikwissenschaftler Anton Pelinka großes Zeitgespür, wie sein rezensierender Kollege Werner Weidenfeld anerkennend konstatiert. Die zentrale These darin ist, dass Europa als ein Produkt amerikanischer Politik dem transatlantischen Riesen immer ähnlicher werde, während man hier dem Irrglauben nachhängt, ganz anders zu sein. Gerade angesichts der aktuellen Überwachungs-Debatte und dem Vertrauensverlust der europäischen Länder gegenüber Amerika, ist ein scharfer Blick auf die transatlantischen Beziehungen nach Ansicht des Rezensenten wichtiger denn je. Pelinkas Erkenntnisse könne man nun auf die derzeitige politische Lage anwenden und sich fragen, ob die USA und Europa nicht sogar vor einem Kulturbruch stünden.

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