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Die Krise in Griechenland war viel mehr als eine bloße Finanzkrise. Die Autoren dieses Sammelbands widmen sich in 28 Beiträgen allen ihren wesentlichen Aspekten: Sie räumen mit auf die Antike fixierten Vorstellungen über das heutige Griechenland auf, gehen kritisch auf Mentalität und staatliche Strukturen in Griechenland ein und stellen Ansätze zur Lösung der Krise dar. Renomée und Herkunft der Autoren aus vier Ländern und den Fachrichtungen Geschichte, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Journalismus und Diplomatie garantieren dabei, dass die verschiedensten Sichtweisen berücksichtigt…mehr

Produktbeschreibung
Die Krise in Griechenland war viel mehr als eine bloße Finanzkrise. Die Autoren dieses Sammelbands widmen sich in 28 Beiträgen allen ihren wesentlichen Aspekten: Sie räumen mit auf die Antike fixierten Vorstellungen über das heutige Griechenland auf, gehen kritisch auf Mentalität und staatliche Strukturen in Griechenland ein und stellen Ansätze zur Lösung der Krise dar. Renomée und Herkunft der Autoren aus vier Ländern und den Fachrichtungen Geschichte, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Journalismus und Diplomatie garantieren dabei, dass die verschiedensten Sichtweisen berücksichtigt werden. Die leicht verständlichen Beiträge sind eine unersetzliche Quelle für alle, die sich ernsthaft und fundiert mit der Krise in Griechenland - ihren Gründen, Auswirkungen und Lösungsmöglichkeiten - befassen wollen.Das Buch wurde ausgezeichnet mit dem ITB BuchAward 2016 in der Kategorie »Länderwissen - aktuell«
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.09.2015

Zurück auf die Krisenrangliste?
Allerlei Lehrreiches zur Griechenland-Krise in einem Sammelband

In der guten alten Zeit, als die Euro-Krise noch das größte Problem der EU war, stand Griechenland jahrelang im Mittelpunkt der europäischen Aufmerksamkeit. Inzwischen ist es durch die Masseneinwanderung vom Spitzenplatz der Krisenrangliste verdrängt worden, doch schon in einigen Wochen könnte sich zeigen, dass Griechenlands Oppositionsführer Evangelos Meimarakis nicht falsch lag mit seiner in dieser Zeitung geäußerten Warnung, die Gefahr eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone sei noch nicht gebannt. Nach der Parlamentswahl an diesem Sonntag muss die Regierung, wie immer sie aussehen mag, rasch mehrere Dutzend politisch heikle Gesetze verabschieden, die im Zuge des dritten Memorandums mit den Geldgebern des Landes vereinbart wurden. Sollte der prospektive Ministerpräsident Alexis Tsipras dazu nicht willens oder fähig sein, dürfte sich Griechenland schneller im Mittelpunkt des internationalen Interesses wiederfinden, als man "Grexit" buchstabieren kann.

Für alle, die sich unabhängig von medialen Konjunkturen genau mit dem Land an Europas südöstlicher Peripherie befassen wollen, bietet sich das Buch "Die Krise in Griechenland. Ursprünge, Verlauf, Folgen" an, das zu den Besten gehört, die zur griechischen Krise erschienen sind. Seine Stärke liegt darin, dass es nicht einen, sondern mehr als zwei Dutzend Autoren hat. Es handelt sich um eine Sammlung von Aufsätzen, für die jeweils hervorragende Fachleute als Autoren gewonnen wurden, die oft seit Jahrzehnten mit ihrem jeweiligen Thema vertraut sind und sachverständig darüber zu schreiben wissen. Korruptionsforscher, Banker, Ökonomen, Menschenrechtler, Verwaltungsbeamte, Diplomaten, Soziologen, Verfassungsrechtler, Steueranwälte und andere schreiben hier ebenso wie der britische Griechenland-Historiker Richard Clogg, oder, bemerkenswert selbstkritisch, Tassos Giannitsis, ehemaliger Innenminister seines Landes. Sie widmen sich Themen wie dem griechischen Staatsverständnis, den Schwächen der Steuerverwaltung oder Griechenlands möglicher Rolle bei einer koordinierten europäischen Flüchtlingspolitik.

Es ist indes ausgerechnet ein Generalist, der einen der aufschlussreichsten Beiträge beisteuert. In seinem Beitrag "Kalter Krieg hinter den Kulissen: Die Auflösung von Monopolstrukturen" berichtet der stets exzellent informierte Enthüllungsjournalist Tassos Telloglu anhand von anschaulichen Beispielen davon, wie es ist, wenn bestimmte Kräfte ein Land reformieren und andere genau das verhindern wollen. Er wählt dazu scheinbar abseitige Beispiele, so den Kampf um die Marktöffnung bei dem Verkauf von Babymilch und Zement. Wer liest, wie Apotheker und andere Interessengruppen über Jahre erfolgreich jegliche Marktöffnung hintertrieben, bekommt eine bessere Vorstellung davon, warum so viele Reformvorhaben in Griechenland versandet sind. Zu den Zielen der Troika (EU, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) gehörte schon früh, den gesetzlich auf Apotheken beschränkten Verkauf von Babymilch freizugeben. In einem Markt von 200 Millionen Euro Umsatz hätte die Freigabe für den Verkauf im Supermarkt für die Verbraucher eine Ersparnis von etwa 40 Millionen Euro im Jahr bedeutet, so die Berechnungen der Troika. Ab Januar 2012 sollte daher eine Liberalisierung in Kraft treten, jedoch: "Da zauberten die Apotheker vor dem Obersten Gericht ein Schriftstück des Gesundheitsministeriums hervor. Sein Verfasser, ein Abteilungsleiter des Gesundheitsministeriums, verlangte, dass Milchpulver für Babys nur aufgrund eines ,Rezepts' (also nur von Apotheken) verkauft werden dürfe", schreibt Telloglu. Später stellte sich heraus, dass der Beamte diesen Coup ohne Wissen des Ministers eingefädelt hatte, doch das Gericht stoppte tatsächlich die Freigabe des Milchverkaufs. Erst knapp ein Jahr später konnte die Maßnahme in Kraft treten, doch inzwischen, so Telloglu, sei längst eine neue Gegenmaßnahme vorbereitet worden: "Milchprodukte mussten nun sofort nach der Entbindung im Krankenhaus von Ärzten verschrieben werden. Die Präparate hatten einen anderen Namen, waren aber mit denen identisch, die im Supermarkt verkauft wurden. Der Unterschied? Die Frauen konnten das alte Pulver mit dem neuen Namen nur noch in der Apotheke finden." Die Geschichte geht weiter, doch hier soll es mit dem Hinweis darauf sein Bewenden haben, dass die hellenische Milcharie bis heute nicht beendet ist.

Wer derlei liest, wundert sich auch nicht mehr über die Geheimniskrämerei bei den Verhandlungen zwischen Athen und den Gläubigern. Von "Arkanverhandungen" schrieb Jürgen Habermas einmal in dieser Zeitung. Anfangs gab die Troika noch regelmäßig Pressekonferenzen, so der Däne Poul Thomsen, Chef der IWF-Delegation der Troika, der öffentlich von den Reformverhinderungsmanövern bestimmter Gruppen berichtete: "Einige der Gruppen haben die Straßen besetzt. Die Lkw-Fahrer, die Apotheker verstecken sich hinter ihren Privilegien, die ihnen erlauben, hohe Preise zu Lasten der Gesellschaft zu erpressen." Das war am 12. Februar 2011. Danach konnte die griechische Regierung durchsetzen, dass die Troika keine Pressekonferenzen mehr gab.

MICHAEL MARTENS

Ulf-Dieter Klemm, Wolfgang Schultheiß (Hg.): Die Krise in Griechenland. Ursprünge, Verlauf, Folgen. Campus Verlag, Frankfurt, 2015, 546 Seiten, 29,90 Euro.

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»Für alle, die sich unabhängig von medialen Konjunkturen genau mit dem Land an Europas südöstlicher Peripherie befassen wollen, bietet sich das Buch 'Die Krise in Griechenland. Ursprünge, Verlauf, Folgen' an, das zu den Besten gehört, die zur griechischen Krise erschienen sind.« Michael Martens, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.09.2015»Der Ertrag der historischen, ökonomischen, politischen und mentalitätsgeschichtlichen Tiefenbohrung, die hier vorliegt, hilft beim Verständnis der aktuellen Entwicklung. Die Probleme, mit denen nun auch Regierungschef Alexis Tsipras konfrontiert ist, sind genau jene, die der Band penibel analysiert.« Hans Monath, Der Tagesspiegel, 04.03.2015»Es ist den Herausgebern hervorragend gelungen, ein vertieftes Verständnis der Krise in Griechenland zu erzielen.« Heinz-Jürgen Axt, Südosteuropa-Mitteilungen, 01.12.2015»Nach der Lektüre des Buches ist der Leser umfassend informiert. Er kann viele Zusammenhänge besser verstehen und nachvollziehen und mit diesem Hintergrundwissen die Berichterstattung der Medien kritisch betrachten und auswerten. [...] [Das Buch] leistet einen wichtigen Beitrag zur Entspannung und Normalisierung der deutsch-griechischen Beziehungen.« Loukas Lymperopoulos, Sehepunkte, 11.10.2016»Der über 500 Seiten starke Band ist die bisher mit Abstand umfassendste und kompetenteste Aufarbeitung der griechischen Krise.« Gerd Höhler, Handelsblatt, 17.04.2015»Die einzelnen Beiträge wenden sich an ein zwar politisch interessiertes, nicht aber an wissenschaftlicher Terminologie interessiertes Publikum. Man kann diesem 'Volltreffer' in die politische Tagesdiskussion nur eine möglichst große Verbreitung wünschen.« Harald Loch, www.der-zauberberg.eu, 09.02.2015»Die Fülle der hier gebotenen soliden Informationen ermöglicht es dem Leser, sich über den Wahrheitsgehalt der durch Presse, Fernsehen und Rundfunk verbreiteten Informationen zur griechischen Krise eine eigene Meinung zu bilden. Denn anders, als es sich die Herausgeber erhofften, während sie den Band abschlossen, wird die Berichterstattung in den deutschen Medien nach wie vor von Ignoranz und Klischees dominiert.« Jörg Roesler, Neues Deutschland, 03.07.2015…mehr