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Öko-Veteranen predigen Verzicht, Intellektuelle spotten über die Hysterie, und Politiker streiten um Grenzwerte. Die Klima-Positionen sind fest bezogen. Mit ihrem fundamentalen Buch durchbricht Deutschlands bekannteste Wirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert die Diskussionsstarre. Ohne Rücksicht auf politische Lager erklärt die Autorin, weshalb Klimaschutz der Wirtschaftsmotor der Zukunft ist. Die Energieexpertin verrät, was Verbraucher, Unternehmer und Politiker; jenseits von Energiesparlampe und Ökostrom; tun können, um zu den Gewinnern des Klimawandels zu gehören.
Wer sich für Klimaschutz interessiert, der kommt an Claudia Kemfert nicht vorbei. Es gibt kaum eine Talkshow zum Thema, in der die 39-jährige Umweltökonomin der Humboldt-Universität in Berlin nicht sitzt. Seit April 2004 leitet sie auch die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und berät unter anderen Umweltminister Sigmar Gabriel, Wirtschaftsminister Michael Glos und die EU-Kommission. Jetzt hat die vielbeschäftigte Professorin auch noch ein Buch geschrieben. Kemfert ist eine fachkundige Ökonomin durch und durch. Ihre Erfahrung als gefragter Interviewpartner der Medien führt aber dazu, dass sich dieses Buch angenehm abhebt von der trockenen Zahlenhuberei und Wissenschaftssprache, die die Lektüre manches anderen Wirtschaftsbuchs ungenießbar machen. Komplizierte Themen wie den Emissionshandel schildert sie so einfach, dass auch Laien sie verstehen. Sie erklärt die Zahlen, und sie ruft die Leser nicht mit erhobenem Zeigefinger zu Verzicht auf.
Das ist das Schöne an Kemferts Buch. Sie macht nicht auf Alarmismus, malt keine Horrorszenarien an die Wand. Sie rechnet vor, warum sich Klimaschutz ihrer Ansicht nach am Ende für alle lohnen wird: die Unternehmen, aber auch die Bürger. Das tut sie erfrischend unideologisch. Um die Energieversorgung zu sichern, plädiert die Berliner Umweltökonomin dafür, sichere Atomkraftwerke durchaus 15 Jahre länger laufen zu lassen. Auch neue Kohlekraftwerke will sie jetzt bauen.
Kemfert spricht ihre Leser auch ganz persönlich an. Jeder könne etwas für den Klimaschutz tun, schreibt sie. An der Börse für Emissionshandel kostet eine Tonne CO2 derzeit 25 Euro. 850 Millionen Tonnen CO2 produzieren die Bundesbürger im Jahr, rechnet sie vor. Das sind - bei rund 82 Millionen Einwohnern - pro Bürger etwa 10,4 Tonnen CO2 oder 259 Euro im Jahr. Das ergibt 70 Cent pro Person und Tag. Kemfert schlägt ihren Lesern vor, dass jeder Verbraucher täglich diese 70 Cent für den Klimaschutz und für klimabewussten Konsum ausgibt.
Wie soll das konkret aussehen? Der Kauf einer Energiesparlampe macht sich nach Kemfert zugunsten des Klimas genauso bemerkbar wie der Kauf eines Bioapfels. Und wer meint, er müsse in den Ferien nach Gran Canaria fliegen, der sollte als CO2-Ausgleich etwa 46 Euro zahlen.
Kemfert, die neben lesbar aufbereiteten wissenschaftlichen Analysen viele Anekdoten aus dem eigenen Leben berichtet, fährt mit ihrem Mann zum Urlaub übrigens an die Nordseeküste. Sie kauft regionale Produkte beim Biobauern, sie hat zu Hause Energiesparlampen, und sie fährt mit dem Fahrrad zur S-Bahn. Bei klugen Investitionen kann Klimaschutz nach Kemferts Ansicht sogar Gewinn bringen - volkswirtschaftlich sowieso, auch für die Unternehmen oder sogar die Arbeitnehmer.
cag.
Claudia Kemfert, Die andere Klima-Zukunft: Innovation statt Depression, Murmann-Verlag, 19,90 Euro.
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