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Seit über fünftausend Jahren lebt die Menschheit mit Krebs. Ebenso lange stirbt sie daran. Und doch gilt Krebs als eine »moderne« Erkrankung, weil keine andere Krankheit unsere Zeit dermaßen prägt. Bezeichnend sind die Namen, die man dem Krebs gegeben hat: »König aller Krankheiten« oder »ein Monster, unersättlicher als die Guillotine«.In seiner perfiden Perfektion, in seiner Anpassungsfähigkeit und seiner Widerstandskraft nimmt der Krebs beinahe menschliche Züge an. Seine Geschichte gleicht einer Biografie: Es ist die Geschichte von Leid, von Forscherdrang, Ideenreichtum und Beharrlichkeit -…mehr

Produktbeschreibung
Seit über fünftausend Jahren lebt die Menschheit mit Krebs. Ebenso lange stirbt sie daran. Und doch gilt Krebs als eine »moderne« Erkrankung, weil keine andere Krankheit unsere Zeit dermaßen prägt. Bezeichnend sind die Namen, die man dem Krebs gegeben hat: »König aller Krankheiten« oder »ein Monster, unersättlicher als die Guillotine«.In seiner perfiden Perfektion, in seiner Anpassungsfähigkeit und seiner Widerstandskraft nimmt der Krebs beinahe menschliche Züge an. Seine Geschichte gleicht einer Biografie: Es ist die Geschichte von Leid, von Forscherdrang, Ideenreichtum und Beharrlichkeit - aber auch von Hochmut, Arroganz und unzähligen Fehleinschätzungen.Siddhartha Mukherjee widmet sich seinem Thema mit der Präzision eines Zellbiologen, mit der Kenntnis eines Historikers und mit der Passion eines Biografen. Fesselnd erzählt er von der persischen Königin Atossa, deren griechischer Sklave sie möglicherweise von ihrem Brustkrebs geheilt hat, von Erkrankten im 19. Jahrhundert, die erste Bestrahlungen und Chemotherapien über sich ergehen lassen mussten - und immer wieder von seinen eigenen Patienten.'Der König aller Krankheiten' wirft einen faszinierenden Blick in die Zukunft der Krebsbehandlung und liefert eine brillante neue Perspektive auf die Art, wie Ärzte, Wissenschaftler, Philosophen und Laien den kranken - und den gesunden - Körper während Jahrtausenden begriffen haben.
Autorenporträt
Mukherjee, SiddharthaSiddhartha Mukherjee ist Krebsforscher und praktizierender Onkologe. Er ist Assistenzprofessor an der Columbia University und arbeitet am New York Presbyterian Hospital. Mukherjee studierte an der Stanford University, der University of Oxford, der Harvard Medical School und ist ein Rhodes Scholar. Regelmäßig veröffentlicht er Artikel in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften. Für 'Der König aller Krankheiten' erhielt er 2011 den Pulitzer-Preis. Mit seiner Frau und den gemeinsamen Töchtern lebt

Schaden, BarbaraBARBARA SCHADEN übertrug u. a. Bücher von Margaret Atwood, Nadine Gordimer, Kazuo Ishiguro, Siddhartha Mukherjee, Dava Sobel und Jayne Anne Phillips ins Deutsche.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.02.2012

Wie therapieren, wenn man die Ursache nicht kennt?

So muss Medizingeschichte geschrieben werden: Siddhartha Mukherjees Buch über die Geschichte des Kampfs gegen Krebs zeigt Sinn für Details und verliert doch nicht das große Ganze aus dem Blick.

Ärzte, denen es gelingt, die Geschichte ihrer Fachdisziplin mit großer Empathie für Patienten wie für Forscher aufzurollen, die mit Sinn für das Detail und das große Ganze schreiben und die dabei, was Theorie und Praxis angeht, aus dem Vollen schöpfen können, die gibt es nicht oft. Siddhartha Mukherjee ist solch ein Arzt. Dem Spezialisten für Krebserkrankungen ist es geglückt, nicht nur auf neue Art eine Geschichte der Krebsforschung zu schreiben, sondern vielmehr eine Geschichte der Beschäftigung mit dem Krebs. Weder Laien noch Fachleute werden dieses soeben auf Deutsch erschienene Buch ohne Gewinn aus der Hand legen, und nur der Ernst des Themas verbietet es, die Lektüre kurzweilig zu nennen.

Mukherjee beginnt wie fast jede Krebshistorie zunächst bei Atossa, der Frau des Perserkönigs Dareios, und dem ihr zugeschriebenen Brustkrebs. Aber schon dieser scheinbar so bekannte Adam-und-Eva-Start ist kalkuliert. Denn Brustkrebs und Blutkrebs - genauer: die kindliche Leukämie - sind die Protagonisten, die der Autor wie auf einem Glasträger unter dem Mikroskop hin und her schiebt. Dabei führt er vor, wie man immer wieder neue Aspekte der Krankheit Krebs in den Blick nahm, wie das Betrachten der Objektränder neue Sichtweisen auf das Zentrum ermöglichte, wie man innehielt und sich der Unschärfe des Abbildes bewusst wurde und wie man schließlich Okular und Blende neu justierte, um andere Ebenen zu fokussieren.

Scheinbar unverbunden werden zunächst unterschiedliche Therapien abgehandelt: die Ansätze zur Chemotherapie, die Chirurgie von Tumoren und schließlich die Bestrahlung. Aber immer wieder findet der Autor in Schleifen zu den eigentlich entscheidenden, medizintheoretischen Fragen zurück: Kann man zu wirksamen Therapien finden, auch wenn man die Ursache von Krebs nicht kennt? Ist Krebs eine lokal begrenzte Krankheit, die man mit Stumpf und Stiel ausrotten muss, oder eine systemische, die den ganzen Organismus betrifft? Wie radikal darf man behandeln, und rechtfertigt selbst eine geringe Aussicht auf Heilung entstellende und quälende Therapien?

Die kluge Beschränkung auf wenige Krebsleiden erlaubt es dem Autor daher, die Meilensteine der Forschung paradigmatisch abzuhandeln. So steht die Brustkrebschirurgie pars pro toto für andere Krebsoperationen, bei denen sich die Fachwelt zunächst kaum fragte, wie sehr sie die Lebensqualität dieser fast "leergeräumten" Patienten minderte. Anhand der Eingriffe an der Brust, die William Stewart Halsted am Ende des neunzehnten Jahrhunderts am Johns-Hopkins-Krankenhaus in grausiger Radikalität bis in die Tiefen des Brustraums vorantrieb, lässt sich das eindrucksvoll abhandeln. Gleichzeitig macht Mukherjee an diesem Beispiel selbst dem in wissenschaftlichen Methodenfragen ungeschulten Leser hervorragend klar, wie ein Denkstil jahrzehntelang die Chirurgie beherrschen konnte, obwohl die Zeitgenossen zweifelten und empirische Belege fehlten.

Auch erspart er seinen Kollegen nicht die Konfrontation mit ihren dunklen Stunden, als sie "wahllos ein Giftfass nach dem anderen über den Patienten" auskippten. Eindeutig macht er klar, dass manche Therapiefragwürdigkeit erst aufgrund aufgeklärter und selbstbewusster Patientenkoalitionen ihr Ende fand.

Biographische Anekdoten nutzt Mukherjee, wie man Viren für Medikamente nutzt: als Vehikel zur Einschleusung, in seinem Fall, um den Leser in schwierige wissenschaftliche Debatten einzuführen. Seine Erzählweise ist deshalb nur scheinbar auf Personen zentriert, sie werden in Dienst genommen. Um etwa zu zeigen, wie schwierig es war, Tabakrauch als Krebsauslöser zu identifizieren, scheut er sich zwar nicht, den Leser mit den Feinheiten der epidemiologischen Forschung zu behelligen. Aber er lässt hierfür auch die perfiden Vertuschungsversuche einzelner Verantwortlicher aus der Tabakindustrie nicht ungenutzt.

Mukherjee ist sich völlig darüber im Klaren, dass die Krebsforschung nicht nur das Werk einzelner Persönlichkeiten war. Dazu bedurfte es großer Strukturen, was er am Beispiel des Nationalen Krebsinstitut NCI in Bethesda darlegt. Dazu bedurfte es auch großer Summen wie der 1,5 Milliarden Dollar, die der National Cancer Act von 1971 den amerikanischen Krebsforschern für die folgenden drei Jahre zusicherte. Aber Mary Lasker, eine reiche und einflussreiche Lobbyistin, eignet sich dennoch bestens dazu, den Kampf ums Geld für den Kampf gegen Krebs zu personifizieren.

Oder jener legendäre Patient "Jimmy", eines der ersten Kinder, die mittels Chemotherapie geheilt wurden. Die Schilderung, wie es zur Gründung der Jimmy-Foundation für krebskranke Kinder kam, ist fast ein Pageturner und ebenso gut in Szene gesetzt wie seinerzeit die Live-Übertragung jenes Momentes im Radio, als das Lieblingsbaseballteam des Jungen ins Krankenzimmer kam. Obwohl Jimmy - ein Pseudonym - fünfzig Jahre anonym blieb, war dies die Geburtsstunde einer Spendenaktion, die das erste erfolgreiche Fundraising für die Leukämieforschung markiert.

Eine andere, gut begründete thematische Engführung ist die Fokussierung auf amerikanische Verhältnisse, ja mitunter auf wenige Zentren. Dreh- und Angelpunkt des Buches ist das Dana-Farber-Krebsinstitut in Boston, an dem Mukherjee seine Lehrjahre absolvierte. Dort spielen sich einige der im Buch eingestreuten Patientenschicksale ab. Dort wirkte vor allem Sydney Farber, den der Autor zum Vater der modernen Chemotherapie macht; er hätte keinen geeigneteren Forscher und Kämpfer die für Kinderleben erfinden können. Da sollte es der deutsche Leser verschmerzen, dass der Autor nur über den Ozean blickt und sich dort bedient, wenn es passt. So kommt immerhin Paul Ehrlich zu Ehren, weil dessen Überlegungen - während einer nächtlichen Zugfahrt - so treffend die Suche nach einem spezifischen Mittel illustrieren, das nur die Krebszelle schädigt, gesunde Zellen aber verschont.

Einzig die Tatsache, dass der Beitrag der Atombombenfolgen zur Krebsforschung nicht gewürdigt wird, ist eine bedauerliche Auslassung. Das wird nichts daran ändern, dass zukünftige Versuche, Medizingeschichte packend begreiflich zu machen, an diesem Werk gemessen werden müssen. Zu guter Letzt sei auf die glückliche Entscheidung des Lektorats hingewiesen, im Text auf jede störende Anmerkung zu verzichten und die Nachweise am Ende des Buches aufzulisten. Dort macht es eine innovative Zitierstrategie dem Leser leicht, sie anhand der Seitenzahlen aufzusuchen.

MARTINA LENZEN-SCHULTE

Siddhartha Mukherjee: "Der König aller Krankheiten". Krebs - eine Biografie.

Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Dumont Verlag, Köln 2012. 670 S., geb., 26,-[Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der New Yorker Onkologe Siddharta Mukherjee schreibt in seinem vielgelobten Buch die Geschichte des Krebs und seiner Behandlung. "Meisterlich" findet es auch Rezensentin Claudia Bartholemy-Teusch, die von Titel (König!) und Untertitel (Biografie!) zu einem wahren Metaphernrausch insipiriert wurde. An einer Stelle beschwört sie die Physiognomie des Krebs, "unsere Fratze", an anderer Stelle herrscht König Krebs, "sein Wille geschehe". Was die Substanz des Buches betrifft erfahren wir von Bartholemy-Teusch, dass dem Autor zufolge die Geschichte der Krebsbehandlung alles andere als linear verlaufen ist und wohl auch in Zukunft nicht gerader verlaufen wird. Denn wenn auch die Heilmethoden deutlich humaner geworden sind als noch zu Königin Atossas Zeiten, so sind sie immer noch nur partiell wirkungsvoll, mitunter jedoch kontraproduktiv.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.05.2012

Ein Buch, so raumgreifend wie ein Tumor
Ausschweifend, wuchernd, unberechenbar: Der Mediziner Siddhartha Mukherjee erzählt in einer üppigen „Biografie“ des Krebses vom zähen Ringen um Heilung
Es gibt eine nie veröffentlichte Bestsellerliste der oft verkauften, aber selten gelesenen Bücher. Stephen Hawkings Werke und etliche Politiker-Biografien gehören vermutlich dazu. Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ und Salman Rushdies „Satanische Verse“ sind auch heiße Kandidaten für die Top Ten. Der Versuch des Mediziners Siddhartha Mukherjee, eine Biografie des Krebses zu schreiben, dürfte sich bald ebenfalls weit oben auf der Liste finden. Das liegt nicht nur daran, dass man mit dem fast 700 Seiten starken Wälzer problemlos jemanden erschlagen könnte. Auch der Inhalt ist stellenweise erschlagend. Der vergleichsweise junge Krebsexperte von der Columbia-Universität in New York– er ist Jahrgang 1970 – beschreibt mit oft ermüdendem Detailreichtum die vielen Umwege, Sackgassen und Fallen auf der Suche nach einer hilfreichen Behandlung von Krebs. Von Heilung sprachen selbst die optimistischen Ärzte lange nicht.
Gelegentlich macht die lebhafte Darstellungsweise dieses Buches die Medizingeschichte seit der ersten Beschreibung des Krebses durch Imhotep im Alten Ägypten um 2625 vor Christus herrlich anschaulich: „geschwollene Massen der Brust“, heißt es da, oder: „sehr kühl, wenn deine Hand sie befühlt, nicht gekörnt, enthalten keine Flüssigkeit, entlassen keine Körpersäfte“. Bei ständiger Wiederholung ausufernder Einzelheiten möchte man aber irgendwann nicht mehr wissen, dass Sidney Farbers Labor in Boston im Jahr 1947 nur vier mal sechs Meter maß und schlecht belüftet im Souterrain lag, und dass der von der Krebsforschung besessene Pathologe sein Abendessen zu Hause in einem dunkel getäfelten Raum einnahm. Dass William Halsted, der in den 1890er Jahren eine radikale Operationsmethode bei Brustkrebs etablierte, ebenso morphiumsüchtig wie zwanghaft war, versteht der Leser schnell; trotzdem erfährt er noch, dass die kinderlosen Halsteds in Gesellschaft steif und unnahbar waren, keinen Besuch mochten und Vollblutpferde sowie reinrassige Dackel züchteten.
Siddhartha Mukherjee kennt fast immer das Wetter an dem Tag, an dem ein Forscher zu einem bedeutenden Vortrag reist. Oft weiß er sogar von der Menüfolge auf Kongressen und in welchem Eisenbahnabteil im Nachtzug von Berlin nach Frankfurt Paul Ehrlich erst ein paar Kollegen seine neue Therapieidee skizzierte, dann aber wenig später Kaiser Wilhelm II. mit seiner „staubtrockenen Abhandlung, bei der kein Ende absehbar war, langweilte“, sodass der Monarch die Privataudienz vorzeitig beendete.
Seitenlang lernt man etwas über die Strukturen der englischen Textilindustrie im 19. Jahrhundert und andere Dinge, etwa darüber, wie der Anstieg des Exports an feinen Tüchern von 1851 bis 1857 dazu beitrug, die Tuchfärberei zu entwickeln und damit mittelfristig auch das Färben von Zellen ermöglichte – was wiederum George Nicolas Papanicolaou fast hundert Jahre später dazu antrieb, den Zellabstrich am Gebärmutterhals zu entwickeln, der bis heute als sinnvolle Früherkennung in Gebrauch ist. (Wurde eigentlich schon erwähnt, dass jener Papanicolaou abends häufig, „neben sich ein Glas ausflockenden Orangensaft, Berichte über Präparate tippte, während im Hintergrund das Grammofon Schubert spielte“?)
Sprache und Stil des Autors wuchern bisweilen wie ein Tumor. Er metastasiert vor und zurück durch die Epochen und Therapieversuche, mit viel Landes- und Klimakunde und einer für manche Leser sicherlich abschreckenden Dosis Biochemie. Einer neuen Kombinationstherapie gegen Krebs, die in einem tausendseitigen Standardlehrbuch der Inneren Medizin höchstens in einem Absatz beschrieben wird, widmet Mukherjee Dutzende Seiten, und er schildert die schwierige Entwicklung der neuen Behandlungsform in den 1950er und 1960er Jahren, die Fehlversuche und die Opfer, die zu Beginn an der falschen Kombination oder der falschen Dosis gestorben sind, und natürlich auch die Marotten und Eitelkeiten der beteiligten Forscher. Und gelegentlich kennt Mukherjee auch hier den zeitgenössischen Wetterbericht („Im April 1955, es war ein feuchter Frühling in Maryland . . .“). Diese eruptive Vielfalt und Ausdauer in der Beschreibung von Geografie, Meteorologie und Medizingeschichte hat sogar die Juroren des Pulitzer-Preises überwältigt, sodass sie dem Autor die renommierte Auszeichnung 2011 zuerkannten.
Es ist ja richtig, dass in der Medizin, wie auch in anderen Erkenntnisbereichen, Wissen und Erfolg oft auf den Leistungen der Vorgänger aufbauen. Durch viele Passagen des Buches muss man sich allerdings kämpfen. Manchmal wünscht man sich , der Autor hätte Voltaires Bonmot beherzigt, wonach das Geheimnis zu langweilen darin besteht, alles zu sagen. Doch die präsentierte Wissensfülle, die uferlose Gier des Autors nach Geschichten und Geschichtchen liefert gleichzeitig den Schlüssel dafür, dass Mukherjee keine stumpfe Fortschrittsapologetik betreibt und auch nicht die Helden der Krebsmedizin feiert.
Der Respekt vor den bösartigen Tumoren, die sich den Skalpellen, Strahlen und Arzneien der Ärzte immer wieder entziehen, ist ihm vielmehr durchweg anzumerken, und das nicht nur weil er den Krebs als „König aller Krankheiten“ bezeichnet. Der in Stanford und Harvard ausgebildete Arzt zeigt, dass die Diagnose und erst recht die Therapie von Krebs bis heute ein schwieriges Unterfangen geblieben sind, trotz der immensen Forschungsmittel, die spätestens flossen, seitdem US-Präsident Richard Nixon 1971 den „Krieg gegen den Krebs“ ausrief und allein das Nationale Krebs-Institut der USA mit zusätzlichen 100 Millionen Dollar ausstattete.
Mukherjee weiß, dass ein Durchbruch in der Behandlung von Krebs noch immer aussteht, und bemerkt kritisch, dass etliche Patienten vielleicht nicht länger, aber vermutlich besser gelebt hätten, wenn sie statt auszehrender, marternder Therapien und radikaler Operationen überhaupt nicht behandelt worden wären. Die Krebsmedizin war für Ärzte selten ein Terrain, auf dem sie Lorbeeren gewinnen konnten, für Patienten war sie häufig tödlich. Bis heute gehen lediglich die erfreulicherweise verbesserten Heilungsraten bei kindlichen Leukämien, bei einigen Lymphomen und Hodenkrebs als Erfolgsgeschichten der Onkologie durch, obwohl auch an diesen Malignomen noch viele Menschen sterben. Doch auch diese Teilerfolge sind weniger auf Medikamente zurückzuführen, die in jüngster Zeit entwickelt wurden, sondern auf die feinere Abstimmung und Dosierung der bereits seit den siebziger Jahren verwendeten Arzneimittel.
Auch Untersuchungen zur Früherkennung von Krebs, die gerne euphemistisch als „Vorsorge“ bezeichnet werden, sieht Mukherjee kritisch. Nach Jahren der Propaganda für das bevölkerungsweite Screening hat eine Abwägung von Schaden und Risiken zu einer ernüchternden Einschätzung geführt. Lediglich den Kampf gegen das Rauchen beschreibt Mukherjee zu Recht als effektive Vorsorge. Bei den Berichten über die Intrigen und Bestechungserfolge der Tabakindustrie trägt die ansonsten oft zähe Detailfreude des Autors erheblich zum Lesevergnügen bei.
Mit Siddhartha Mukherjee kann man Demut vor einer Krankheit wie Krebs lernen, kann die Ausdauer bewundern, die manch eigentümliche Forscher trotz herber Rückschläge aufbringen, und erkennen, dass es trotz aller Fortschrittsrhetorik und der Propagierung einer „individuell maßgeschneiderten Medizin“ noch ein weiter, womöglich nie abgeschlossener Weg bis zur Heilung von Krebs sein wird.
Mukherjee stellt immer wieder die Leidensgeschichten von Patienten vor. Denn „die Geschichte des Krebses ist nicht die Geschichte von Ärzten, sie ist die Geschichte der Patienten, die kämpfen und überleben und von einem Aufbäumen der Krankheit zum nächsten ziehen. Widerstandskraft, Erfindungsreichtum und Überlebensfähigkeit: Diese Eigenschaften, die häufig großen Ärzten zugeschrieben werden, sind in Wahrheit gespiegelte Eigenschaften; zuerst bringen die Patienten sie auf, die mit der Krankheit kämpfen, und danach erst jene, die sie behandeln.“
Das ist schön gesagt. Dennoch dominieren in Siddhartha Mukherjees Buch die (in dieser Reihenfolge) Misserfolge und Erfolge der Ärzte und Forscher. Hier können Ärzte wie Patienten spüren, dass es in der Krebsmedizin selten schnelle Siege und häufig ein zähes Ringen und ernüchternde Rückschritte gibt, und dass die barmherzige Betreuung und Begleitung der Kranken daher umso wichtiger ist. Dabei kann man allerdings nicht nur über Leid und Not und Zuversicht, sondern manchmal auch über das Wetter reden.
WERNER BARTENS
SIDDHARTHA MUKHERJEE: Der König aller Krankheiten. Krebs – eine Biografie. Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Mit einem Vorwort von Fritz Pleitgen. DuMont Buchverlag, Köln 2012. 674 Seiten, 26 Euro.
Dies ist keine schlichte Geschichte
vom Fortschritt, keine Feier der
„Helden“ der Krebsmedizin
Ein Durchbruch in der
Behandlung von Krebs
steht immer noch aus
Das große Krebsbuch des indischstämmigen US-Mediziners Siddhartha Mukherjee hat den Titel „Der König aller Krankheiten“. Der Respekt vor den bösartigen Tumoren – hier das farbige Rasterelektronenmikroskop-Bild eines kleinen Krebstumors (blau) in einem Lungenbläschen der menschlichen Lunge – ist dem Buch durchweg anzumerken. Foto: sciencephoto/doc-stock
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"Eine grandiose Kulturgeschichte des Krebses." SPIEGEL "Ein faszinierendes Buch und ein gewichtiges [...] Es ist meisterlich zu nennen, wie Siddhartha Mukherjee nach und nach das Phantombild des Krebses zeichnet, indem er die einzelnen Puzzleteile der Forschung [...] in ihrer jeweiligen Komplexität aufzeigt und sie dann stringent zu einem Noch-nicht-Ganzen zusammenfügt. [...] Das Buch [ist ...] eindrücklich und für ein Laienpublikum sehr gut verständlich [...]." NZZ "So muss Medizingeschichte geschrieben werden: Siddhartha Mukherjees Buch über die Geschichte des Kampfes gegen Krebs zeigt Sinn für Details und verliert doch nicht das große Ganze aus dem Blick. [...] Weder Laien noch Fachleute werden dieses Buch ohne Gewinn aus der Hand legen." FAZ "Ein ganz wunderbares Buch. Nicht nur, weil es so spannend, so elegant, so ungeheuer reich an Wissen ist. Sondern vor allem, weil es auch von der Hoffnung erzählt." WAMS "Siddharta Mukherjee ist ein Wunder gelungen. Kein medizinisches, aber ein literarisches." Dieter Moor in ARD ttt "Seine Berichte sind lebendige Reportagen, die man nicht aus der Hand legen mag. (...) So umfassend, so facettenreich hat man den grausamen König aller Krankheiten, den Krebs, noch nie wahrgenommen." NDR 1 »Das Buch ist eine faszinierende Geschichte des Jahrhundertelangen Kampfes der Medizin gegen den Krebs.« Jules Hoffmann (Medizinnobelpreis 2011) in der ZEIT WISSEN "Siddhartha Mukherjee versteht es, aus einem Wust an Material die wichtigsten Fakten herauszufischen und spannend aufzuschreiben. Der Forscher hat dem Krebs Leben eingehaucht und eine Biografie über über die Krankheit geschrieben." FRANKFURTER RUNDSCHAU "Mukherjee ist kein Journalist, er kommt vom Fach. Doch für sein Buch wendet er Tugenden des Journalismus an: ausführliche, vorurteilsfreie Recherche, Beobachtung und eine Sprache, die dem Gegenstand gerecht wird und zugleich dem Uninformierten verständlich ist." BERLINER ZEITUNG "Dieses Buch ist vollkommen neu und ungewöhnlich." Deutschlandradio Kultur "Eine brillante Kombination aus Medizin-Krimi und Kriegsgeschichte. Ein Jahrhundertbuch." STERN "So empathisch, so gelehrt, so instruktiv, mit so viel Beherrschung des Gegenstandes und so viel Menschenliebe wird über Krankheit kaum je geschrieben." WELT AM SONNTAG/ BERLINER MORGENPOST ""Der König aller Krankheiten" ist ein Jahrhundertwerk, es richtet sich an Laien ebenso wie an Fachleute. Beeindruckend ist die Fähigkeit Siddharta Mukherjees, noch die verborgensten historischen Parallelen und Analogien herauszuarbeiten und zugleich ein großes Stück Literatur vorzulegen." FREITAG "Verstehen, womit wir es zu tun haben, ist das Anliegen des Autors, der auch die kulturellen Dimensionen zeichnet. [...] Ein Appell an uns alle, sich der Krankheit zu stellen und zu fordern, was uns zusteht: Geld für die Forschung, aber auch Anerkennung im Leiden und Respekt gegenüber den Leidenden." Literaturbeilage zur Leipziger Buchmesse von NEUES DEUTSCHLAND "Siddharta Mukherjee ist ein besessener Autor: über 670 Seiten lang kreist er um Metastasen, Myome und Mutationen. Über fast fünf Jahrtausende folgt er der Spur des Krebses. [...] Er beschreibt Fortschritte und Fehlschläge auf diesem langen Weg, er reiht Fakten aneinander, erweckt die die Forscherfiguren zum Leben, sie treiben die Handlung voran. Gelegentlich legt man das Buch weg - um es doch wieder zur Hand zu nehmen. Man will wissen, wie es den Betroffenen ergeht." Literaturbeilage der ZEIT "Mukherjee schreibt lebendig, er schreibt spannend und ungeheuer informativ." BADISCHE ZEITUNG "Unter den Tausenden von Büchern, die über Krebs geschrieben worden sind, ist Mukherjees umfangreiches Werk die erste Biografie der Krankheit selber. Es ist die Lebensgeschichte eines Bösewichts, dessen perfide Perfektion, verblüffende Anpassungsfähigkeit und enorme Widerstandskraft abstossen und faszinieren zugleich." DAS MAGAZIN "Siddharta Mukherjee ist mit seinem Erstlingswerk ein Kunststück gelungen: ein spannendes, elegant geschriebenes und kenntnisreiches Buch, das in der Tradition des erzählenden Journalismus steht." DER TAGESSPIEGEL "Spannend bis zur letzten Seite." BÜCHER "Ein großartiges Buch!" ÖKOTEST "Herrlich anschaulich: Siddhartha Mukherjee zeigt, dass es trotz aller Fortschrittsrhetorik noch ein weiter, womöglich nie abgeschlossener Weg bis zur Heilung von Tumorerkrankungen sein wird." SÜDDEUTSCHE ZEITUNG "Mukherjee erzählt die ebenso unheimliche wie faszinierende Geschichte der Krankheit vom Altertum bis zur heutigen Medizin (...)" P.M. "Das Buch vermittelt ein neues Bild vom Krebs." BILD DER WISSENSCHAFT "In der Kombination vieler Maßnahmen aber liegt die Chance, den Feind in die Knie zu zwingen. Das Buch beschreibt diesen lohnenden Kampf in bemerkenswert spannender und optimistischer Weise." PATHO BERUFSVERBAND "Das Epos über die 'Krankheit, vor der wir uns fürchten' ist gleichzeitig Weltgeschichte und Krankenhausdrama, Forschungskrimi und persönliche Reflexion. [...] Es ist weniger eine Beschreibung der Vorgänge im Körper als eine Geschichte der Menschen, die mit Krebs konfrontiert sind: Patienten, Angehörige, Forscher, Geldgeber, Politiker." BILD DER WISSENSCHAFT "Das Buch lässt uns nicht ängstlich, sondern kämpferisch zurück." HESSISCHE ALLGEMEINE…mehr