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Die dunklen Seiten des Unternehmens, das hinter der Fassade von Frömmigkeit und ethischen Prinzipien mit skrupellosen Geschäftsmethoden den Grundstein zum Weltkonzern legte.Ob Musik, Bücher oder Privatfernsehen: Der Medienmacht von Bertelsmann kann man sich kaum entziehen. 1835 als Buchverlag gegründet, ist Bertelsmann heute einer der größten Medienkonzerne der Welt. Frank Böckelmann und Hersch Fischler beschreiben, mit welchen Methoden aus dem christlichen Provinzverlag aus Ostwestfalen ein Weltkonzern wurde, wie Bertelsmann im Dritten Reich zum erfolgreichsten Lieferanten von Feldausgaben…mehr

Produktbeschreibung
Die dunklen Seiten des Unternehmens, das hinter der Fassade von Frömmigkeit und ethischen Prinzipien mit skrupellosen Geschäftsmethoden den Grundstein zum Weltkonzern legte.Ob Musik, Bücher oder Privatfernsehen: Der Medienmacht von Bertelsmann kann man sich kaum entziehen. 1835 als Buchverlag gegründet, ist Bertelsmann heute einer der größten Medienkonzerne der Welt. Frank Böckelmann und Hersch Fischler beschreiben, mit welchen Methoden aus dem christlichen Provinzverlag aus Ostwestfalen ein Weltkonzern wurde, wie Bertelsmann im Dritten Reich zum erfolgreichsten Lieferanten von Feldausgaben für die Wehrmacht wurde, wie das Unternehmen seit den Fünfzigerjahren mit Brachialmethoden seinen Buchclub als Deutschlands größter Buchgemeinschaft etablierte, und warum die Fassade des ethischen Bildungsanspruchs durch Küblböck, Bohlen oder Big Brother & Co. ad absurdum geführt wird.Dabei wird deutlich: die von den hauseigenen Medien lancierte Behauptung, dass zwischen der Eigennützigkeit vontelsmann und dem Gemeininteresse kein Widerspruch besteht, ist bloße Legende. Die ethische Überhöhung selbst skrupelloser Geschäftsmethoden hat System. Dafür sorgen nicht zuletzt Reinhard und Liz Mohn, deren unangefochtene Machtposition garantiert, dass der Weltkonzern ein gut steuerbarer Familienbetrieb bleibt.
Autorenporträt
Hersch Fischler, geboren 1947, studierte Soziologie, Philosophie, Wirtschafts- und Politikwissenschaften. Er lebt in Düsseldorf. Seit 1993 tritt Hersch Fischler mit Aufsehen erregenden Publikationen zur Zeit- und Mediengeschichte hervor. Das Bekanntwerden seiner Recherchen über die Tätigkeit von Bertelsmann im dritten Reich zwang den Konzern 1998 zur Einsetzung einer Historischen Kommision und entlarvte die bis dahin geltende Legende vom "guten" Widerstandsverlag.

Frank Böckelmann, geboren 1941, studierte Philosophie und Kommunikationswissenschaft. Im Eichborn Verlag in der ANDEREN BIBLIOTHEK bislang erschienen: Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen (1998). Er lebt als Publizist und Projektleiter eines Instituts für Kommunikationsforschung in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.10.2004

Im toten Winkel von Gütersloh
Viel Ideologie und altbekannte Fakten über den Erfolg der Bertelsmänner

VON RAINER HANK

Ein Blick hinter die Fassade lockt. Gerade beim Familienunternehmen Bertelsmann, dessen Aufstieg vom frommen ostwestfälischen Kleinverlag zum größten Medienkonzern der Welt die Nachkriegsgeschichte prägte. Dieser Erfolg ist das Werk des Verlegers Reinhard Mohn, der den Wirtschaftswunderdeutschen das Lesen (Buchclub) und uns Gegenwärtigen das Fernsehen (RTL) lehrte. Mohn selbst begleitet diese Geschichte geradezu aufdringlich mit Traktaten über partnerschaftliches und dezentrales Führen und die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmens.

Frank Böckelmann und Hersch Fischler versprechen den Blick hinter die Kulissen: Was "im toten Winkel" der öffentlichen Wahrnehmung liegt, soll zum Licht der Wahrheit geführt werden, tönt Böckelmann. Das Versprechen wird nicht eingelöst. Schlimmer noch: Der Leser blickt leider nur in den "toten Winkel" der Weltanschauung der Autoren. Dort findet sich ziemlich viel Antikapitalismus und Kulturkritik der 70er Jahre. Danach wollen Medienunternehmen die Betreuung "des gesamten Kulturkonsums möglichst vieler Menschen" übernehmen und ihnen "ihre Sicht der Dinge" aufzwingen. Daß Unternehmen Gewinn machen und unrentable Unternehmensteile verkaufen, ist aus Sicht der Autoren nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch ein Verstoß gegen Mohns gutmenschliche Unternehmensphilosophie. Letzteres ist zwar nicht falsch. Aber Böckelmann und Fischler sind (neben ein paar versprengten Güterslohern) die einzigen, die Mohns Traktate unkritisch glauben - um sie anschließend ideologiekritisch zu sezieren.

Gewiß, viele Fakten und Einschätzungen sind richtig. Doch sie sind nicht neu. Bekannt ist selbst die - unfaßbare - Geschichte, wie es den Mohns gelang, dem Verlag eine Widerstandsgeschichte gegen die Nazis anzudichten (dabei hatte man Feldposthefte für Wehrmacht und Waffen-SS und die Nazi-Autoren Will Vesper und Hans Grimm verlegt), um von den Engländern eine Drucklizenz zu erwerben. Dieser Blick hinter die Kulissen stammt von Hersch Fischler - aus dem Jahr 1998.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.11.2004

Geschichte einer Kränkung
Übertriebener Enthüllungseifer schadet einer instruktiven Darstellung des Bertelsmann-Konzerns
Absicht und Anspruch des Buches mit dem so schlichten wie eindrucksvollen Titel „Bertelsmann” ist es, Macht und Wirkung als politische und gesellschaftliche Realität des Medienkonzerns, der mit pietistischer Erweckungsliteratur im 19. Jahrhundert begann und sich zur internationalen Nummer eins der Branche entwickelt hat, darzustellen. Das geschieht unter bestimmten Prämissen, die im Vorwort dargelegt und immer wieder beschworen werden: Der Konzern sei das Produkt seiner fragwürdigen Geschichte, die Fassade blende und beschwichtige, oder — presserechtlich geschickt einen „erfahrenen Journalisten” als Anonymus mit einem Zitat bemühend — „bei Bertelsmann ist alles gelogen”. Die These, mit dem Anspruch der Entlarvung einer üblen Firmenphilosophie vorgetragen, lautet, Bertelsmann sei als Unternehmen moralisch fragwürdig, das Schlimmste dabei seien nicht die Ereignisse der Firmengeschichte im Dritten Reich und ihre Verarbeitung zur Legende, sondern „die Methode, die hinter all dem steckt: Bertelsmann erhob die Selbstverleugnung zum obersten Geschäftsprinzip, und daran hat sich bis heute nichts geändert”.
Auch die weiteren Kapitel, die den Lesering der 50er und 60er Jahre, die Unternehmenskultur, die Bertelsmann-Stiftung, den Aufstieg zum Global Player, in den Blick nehmen, sind nach dieser Methode gearbeitet. Die Geschichte ist als Schurkenstück angelegt. Das Thema selbst, eine kritische Analyse der gesellschaftlichen und politischen Macht des Medienkonzerns Bertelsmann, kommt bei dem gewählten Verfahren leider zu kurz. Es ist arbeitsteilig: ein „Rechercheur” (Fischler), ein „Analytiker” (Böckelmann) und weitere für die Zubereitung des Ganzen in Lektorat und Redaktion Zuständige, etwa die nur im Vorwort erwähnte „dritte Autorin”.
Das Buch steht auch unter der Raison, die kompilierten Fakten als neu und ungewöhnlich darzustellen und in ein Szenario unter dem Titel „Die fragwürdige Geschichte des Hauses Bertelsmann, die Geschichte seiner Anmaßung” einzuordnen. Dazu müssen auch die Quellen, aus denen die anspruchslos-flüssig geschriebene Darstellung sich speist, ständig desavouiert werden, durch Seitenhiebe und zwanghafte Apostrophierungen der Verfasser älterer Auftragsschriften aus Anlass von Firmenjubiläen, wie Walter Kempowski und, vor allem, die Autoren der Unabhängigen Historikerkommission, die die Geschichte des Verlags im Dritten Reich ausführlich und gründlich dargestellt haben. Auf solche Art wird der Aufstieg des Traktätchen-Druckers zum führenden evangelischen Verlag beschrieben, der mit protestantischer Verzichtsethik und kühnen Geschäftsideen (zum Beispiel durch eigene Lesergemeinden oder durch Kolporteure, sprich: Hausierer) unaufhörlich expandierte.
Ende der Zwanziger Jahre war der Verlag dank der Vertriebsdienste lutherischer Verbände und Pfarrhäuser auch mit Serienbelletristik wie dem „Christlichen Erzähler”, den „Schneeflocken” für die jüngsten Leser oder dem „Evangelischen Sonntagsgruß ins Altersstübchen” mit auflagenstarken Titeln im Geschäft, aber überwiegend außerhalb der normalen Vertriebswege des Buchhandels. Es folgt die Geschichte des Hauses im Dritten Reich, als Produktion und Vertrieb den Zeitläuften angepasst und um die Sparten Nationalismus und Militarismus erweitert, als Bertelsmann Lieferant der Wehrmacht wurde.
Zu den Eigenarten des Buches gehört, dass der Mitautor Fischler auch als handelnde Figur ins (verschwörungstheoretisch angelegte) Spiel kommt, was ungewöhnlich erscheinen mag, aber die Intention des Unternehmens erklärt: Hersch Fischler hat zweifellos das Verdienst, den Konzern zur Berufung renommierter Historiker in die Historikerkommission veranlasst und damit zur Aufklärung der Rolle des Verlags im NS-Staat beigetragen zu haben. Aber augenscheinlich dieses Buches war das Ergebnis unbefriedigend, blieben ehrgeizige Wünsche offen, die nun befriedigt werden durch langweilende Ausführungen, wer seinerzeit auf das Angebot der Resultate von Fischlers Recherchenfleiß ablehnend oder kränkend reagiert hat, nach welchen Gesetzen der Medienwelt und wie die Inhaber der Sessel der Macht die Causa Bertelsmann anfänglich behandelt haben.
Dass die Darstellung mit dem lockenden Untertitel „Hinter der Fassade des Medienimperiums” eben diesen Gesetzen folgt, soll angemerkt werden. Das Buch ist offensichtlich auch die Geschichte einer Kränkung, die der wichtigen Sache, der Aufklärung der Geschichte des Hauses Bertelsmann, keinen Dienst erweist. Der schwitzende Enthüllungseifer desavouiert die gründliche professionelle Arbeit. Und beim moralisierenden Insistieren auf bestimmte Intentionen wird mit Unterstellungen agiert. Ohne diesen sehr persönlichen Zugang und die skizzierte Rahmenhandlung wäre das Buch eine interessante kurze Geschichte des Aufstiegs des Hauses Bertelsmann.
WOLFGANG BENZ
FRANK BÖCKELMANN, HERSCH FISCHLER: Bertelsmann. Hinter der Fassade des Medienimperiums. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2004. 304 Seiten, 19,90 Euro.
Wächter eines Imperiums: Ein Adler auf dem Dach der Neuen Kommandantur, des Berliner Bertelsmann-Sitzes.
Foto: imago
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