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Mit Kultautor Michael Chabon unterwegs im Kaukasus Ein seltsames Paar zieht um 950 durch die kaukasische Bergregion: der blasse, spinnenbeinige Zelikman, ein wortkarger Franke auf Wanderschaft, und Amram, der muskulöse Riese, dessen scharfe Zunge ähnlich verletzend sein kann wie seine Streitaxt. Die liebenswerten, lebensklugen Schurken schrecken vor keiner Herausforderung zurück, bis ein Auftrag sie an ihre Grenzen führt: Sie sollen einem Prinzen, dessen Vater vom Thron gestoßen wurde, zu seinem Recht verhelfen ...
"Für eine Überraschung war er immer gut, der Pulitzer-Preisträger Michael
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Produktbeschreibung
Mit Kultautor Michael Chabon unterwegs im Kaukasus
Ein seltsames Paar zieht um 950 durch die kaukasische Bergregion: der blasse, spinnenbeinige Zelikman, ein wortkarger Franke auf Wanderschaft, und Amram, der muskulöse Riese, dessen scharfe Zunge ähnlich verletzend sein kann wie seine Streitaxt. Die liebenswerten, lebensklugen Schurken schrecken vor keiner Herausforderung zurück, bis ein Auftrag sie an ihre Grenzen führt: Sie sollen einem Prinzen, dessen Vater vom Thron gestoßen wurde, zu seinem Recht verhelfen ...

"Für eine Überraschung war er immer gut, der Pulitzer-Preisträger Michael Chabon. Diesmal hat er sich selbst übertroffen. Fein sind die Ironien, fein ist die Konstruktion, und wie es nur bei echten Kunstwerken der Fall ist, ist der Bedeutung kein Ende." Wieland Freund in 'Die Welt'
Autorenporträt
Chabon, Michael
Michael Chabon, 1963 geboren in Washington D.C., wuchs in Columbia, Maryland auf. Sein erster Roman ('Die Geheimnisse von Pittsburgh') wurde über Nacht zu einem Sensationserfolg und stand monatelang auf den Bestsellerlisten. Für seinen Roman 'Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay' erhielt er 2001 den Pulitzer Preis. Er lebt mit seiner Frau, der Schriftstellerin Ayelet Waldman, und den vier Kindern in Berkeley, Kalifornien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.09.2010

Juden mit Schwertern
Michael Chabon reitet mit den „Schurken der Landstraße“ durch die Weiten des sagenumwobenen Landes der Chasaren
Cool, trocken und mit abgebrühtem Witz unterhalten sich die Helden des Buches. Fast glaubt man hie und da Dialogen schnoddriger Intellektueller der amerikanischen Ostküste zu lauschen. Aber dort sind wir nicht. Wir sind im 10. Jahrhundert, in der Region zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer und dem Wolgadelta, zwischen Karawansereien, pulsierenden orientalischen Städten und Marktplätzen, wir sind ununterbrochen unterwegs mit dem Pferd, der Streitaxt und erbeutetem Gold, zwischen bösen Niederlagen und rettenden Siegen in letzter Not. Kurz, wir sind an einem Sehnsuchtsort der historischen Imagination gelandet. Dort begleiten wir nicht nur zu allem bereite Abenteurer der Landstraße, wir erkennen in ihnen vielmehr ihr Leben lang wandernde Juden auf der Suche nach einem phantastischen jüdischen Reich auf Erden.
Das heißt, so ganz ohne Realitätsgehalt ist die Geschichte eben doch nicht. Das jüdische Reich, in dessen blutigem Kampf um die Krone die beiden fiktiven Helden des Buches schließlich die seltsam-pikareske Hauptrolle spielen, gab es wirklich, auch wenn es wenig bekannt ist, dafür aber sagenumwoben wie kaum ein zweites: das Land der Chasaren. Zwei-, dreihundert Jahre lang bis weit in das zehnte Jahrhundert hinein beherrschte ihr „Khaganat“ jenes große Gebiet östlich des Schwarzen Meers und nördlich des Kaukasus bis tief in das heutige Russland hinein, ein Territorium, in dem sich so ziemlich alle Völker, Sprachen und Handelswege dieses Weltteils kreuzten – die typische nomadenhafte Multikulturalität des Mittelalters. Einzigartig aber ist das Reich aus religiösen Gründen. Denn irgendwann um die Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert trat die gesamte Oberschicht des Landes zum jüdischen Glauben über.
Möglicherweise schloss sich sogar ein Großteil der übrigen Bevölkerung diesem Akt an, man weiß es nicht. Jedenfalls bildete im Laufe der zweitausendjährigen jüdischen Diaspora dieses Reich mit jüdischer Staatsreligion die einzige sensationelle Ausnahme, auch wenn es die jüdische Orthodoxie – bis heute – vor das Problem stellt, dass sein kollektives Konvertitentum nicht ihrer zwingenden matrilinearen Abstammungsregel entspricht. Wer erinnert sich nicht an Arthur Koestlers Versuch in seinem Buch „Der dreizehnte Stamm“, die aschkenasischen Juden auf die Chasaren zurückzuführen, was ihm in orthodoxen Kreisen Israels viel Ärger einbrachte, im Übrigen aber mit der historischen Wahrheit wohl auch wenig zu tun hat?
Dass das Volk der Chasaren die religionsgeschichtliche Neugier weckt (die bisher aber mangels exakter Überlieferung kaum befriedigt wird), erst recht aber die literarische Phantasie erblühen lassen kann, zumal eines jüdischen Autors, versteht sich. Man missverstünde allerdings Michael Chabons sehr kurz und lakonisch erzählte Abenteuergeschichte „Schurken der Landstraße“, läse man sie als Allegorie auf das heutige Israel oder überhaupt als Traum eines machtvollen jüdischen Reichs.
Der ursprüngliche Titel seines Romans, in Einzelkapiteln im New Yorker vorabgedruckt, lautete zwar „Juden mit Schwertern“. Trotzdem verbindet sich für Michael Chabon damit nicht die Idee einer endlich nicht mehr wehrlosen jüdischen Nation. Seine beiden jüdischen Protagonisten bleiben bis zum Ende heimatlos. Doch sie streifen auf ihrer ewigen Wanderschaft nicht als gottergebene Pazifisten und auch nicht als Händler durch die Lande, sondern als Gauner und Trickbetrüger, zu Zeiten aber auch, bewaffnet mit Axt und heimtückischem Stechinstrument, als schlagkräftige und todbringende Söldner.
Sie sind also durchaus auf der Höhe ihrer amoralischen und gewalttätigen Umwelt. Aber natürlich sind sie, dem Genre gehorchend, trotz allem auch eine Spur liebenswürdiger als die meisten ihrer rohen Zeitgenossen. Und viel gebildeter sowieso. Nicht verwunderlich ist es darum, dass sie ihre Schritte schließlich zu den Chasaren lenken, als ziehe sie die geheime Kraft der „heiligen Sprache“ und der hinter aller ihrer noch so ausgeprägten Lebensverachtung nie ganz verlorene Glaube in dieses jüdische Reich. Zunächst durch bloßen abenteuerlichen Zufall in das Unglück eines jungen chasarischen Prinzen verwickelt – eines Prinzen, der sich später als verkleidete Prinzessin entpuppt –, helfen die beiden Schurkenhelden ihm/ihr dann immer entschlossener zurück auf den Thron, um den ein ruchloser Putschist seine/ihre Familie gebracht hat.
Dabei schleicht sich in die Seelen der beiden jüdischen Zyniker, der eine aus „Franken“, der andere aus Äthiopien stammend, bei aller Rastlosigkeit der zarte Silberstreif einer nicht mehr erwarteten Lebensruhe ein. Ihre abgrundtiefe Melancholie wird anhalten („ich rette keine Leben“, bescheidet der Franke einmal einen Krieger, den er vor dem Tod bewahrt hat, „ich verlängere nur ihre Sinnlosigkeit“), aber die innere Einsamkeit könnte wenigstens ahnungsweise auf eine tröstlich gefühlte Zugehörigkeit stoßen. ANDREAS ZIELCKE
MICHAEL CHABON: Schurken der Landstraße – Eine Abenteuergeschichte. Aus dem Englischen von Andrea Fischer. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 184 Seiten, 17,95 Euro.
Das Reich der Chasaren bildete
eine sensationelle Ausnahme
in der Geschichte der Diaspora
So sahen sie aus, die Versammlungen der Chasaren, die bis ins zehnte Jahrhundert ein riesiges Gebiet beherrschten. Foto: ullstein bild, Granger Collection
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Andreas Zielcke hat das Schicksal der zwei jüdischen Söldner in Michael Chabons Abenteuergeschichte "Schurken der Landstraße" mit großer Spannung verfolgt. Ein Äthiopier und ein Franke - beide schlagkräftig, dabei äußerst cool und eloquent, merkt der Rezensent amüsiert an - sind im sagenumwobenen Land der Chasaren unterwegs, zwischen Schwarzem Meer und Kaukasus, wo sich im frühen Mittelalter durch die Handelswege unterschiedlichste Völker und Sprachen trafen und vermischten. Für Zielcke ist es klar, dass dieses Land, dessen Oberschicht im 8. Jahrhundert geschlossen zum Judentum übertrat und damit eine bemerkenswerte Ausnahme in der jüdischen Diasporageschichte gewesen sei, die Phantasie des ebenfalls jüdischen Autors beflügelt. Chabon wirbt hier aber keinesfalls für ein "machtvolles jüdisches Reich", lässt der Rezensent wissen, er erzähle vielmehr ein kurzweiliges, historisches Abenteuer über einen "Sehnsuchtsort der Imagination", dem multikulturellen Land der Chasaren.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Meisterhaft setzt Chabon feine melancholische Tupfer auf das feste Gewebe seiner martialischen Geschichte, die ihre Spannung auch [...] aus der ungemein bildkräftigen Sprache zieht« WDR 5