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"Nackt" war erst der Anfang - jetzt kommt die Fortsetzung!
David Sedaris schreibt hier seinen mit dem Erfolgstitel "Nackt" begonnenen "Roman in autobiographischen Geschichten" fort. Noch einmal wirft der Autor einen Blick zurück in die Kindheit. Wir erleben Davids Vater und dessen Jazz-Leidenschaft, gehen mit Klein David zur Logopädin, begleiten den Kunststudenten David zum ersten Mal in den Aktsaal und beobachten, wie aus David "Mr. Sedaris" wird.

Produktbeschreibung
"Nackt" war erst der Anfang - jetzt kommt die Fortsetzung!

David Sedaris schreibt hier seinen mit dem Erfolgstitel "Nackt" begonnenen "Roman in autobiographischen Geschichten" fort. Noch einmal wirft der Autor einen Blick zurück in die Kindheit. Wir erleben Davids Vater und dessen Jazz-Leidenschaft, gehen mit Klein David zur Logopädin, begleiten den Kunststudenten David zum ersten Mal in den Aktsaal und beobachten, wie aus David "Mr. Sedaris" wird.
Autorenporträt
Sedaris, DavidDavid Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird's nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011) und Sprechen wir über Eulen - und Diabetes (2013) sowie 2017 seine vielbeachteten Tagebücher Wer's findet, dem gehört's.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.07.2001

Lektüre für Barfußzähler
Auch für schwere Fälle: David Sedaris erteilt Nachhilfeunterricht · Von Ingeborg Harms

An den Sound von David Sedaris muß man sich erst gewöhnen. Es ist, als ob jemand die Musikbox zu weit aufgedreht hat. Und plötzlich wird man mit dem amoklaufenden Narzißmus eines Rock-Stars überflutet. Vom ersten Satz seiner komischen Autobiographie an schwelgt der Erzähler in Hyperbeln, schlägt wollüstig Schaum und überorchestriert noch die kleinste Episode. Dabei schneidet er nicht etwa mit seinem Können auf, sondern badet in diversen Niederlagen, deren Ursache immer die gleiche ist: seine unverbesserliche Faulheit. Weil er lispelt, wird der Schüler aus dem Unterricht zu einer Sprechtherapeutin abgeführt, die ihm bescheinigt: "Deine Zunge ist einfach bloß faul." Die Hoffnung des Vaters, aus dem Sohn einen Jazz-Gitarristen zu machen, scheitert an derselben Klippe.

Witzig wird diese Veranlagung nur, weil der Protagonist fieberhaft nach Auswegen sucht, um die lästigen Erziehungsversuche seiner Mitwelt zu umschiffen. Er legt ein Wörterbuch an und beginnt mit Hilfe der gewähltesten Ausdrücke jeden Zischlaut zu vermeiden. Den Gitarrenlehrer versucht er durch das Absingen von Werbeslogans zur Umverteilung der Pflichten zu bewegen: Er habe ein ganzes Programm guter Jingles zusammengestellt und sei auf der Suche nach einem Begleitmusikanten.

Im Laufe seines Lebens, das ihn von Chicago über New York nach Paris führt, schlägt der Erzähler aus allen erdenklichen Mankos Funken. Seine Dummheit kommt spätestens bei einem IQ-Test und dem Lösen des "New York Times"-Kreuzworträtsels ans Licht. Seine prekäre Finanzlage gibt ihm Gelegenheit, von einer theaterreifen Umzugskolonne zu berichten, bei der er im wahrsten Sinne des Wortes sein Konto aufmöbelt. Zusammen mit einem Marxisten, einem Knastbruder und einem geistig Gestörten lernt er die Welt der New Yorker Wohnungsbesitzer im Augenblick der Krise kennen und zieht entsprechend respektlose Schlüsse: "Innerhalb von Brooklyn oder Staten Island umzuziehen war okay, doch solange keine Kinder mit im Spiel waren, bedeutete es selbst für die Obdachlosen einen Abstieg, aus Manhattan wegzugehen."

Ein Intermezzo an einer Kunsthochschule nimmt die Happening-Szene aufs Korn, in der so ziemlich alles, was mit Abfall und körpereigenem Dreck zu tun hat, in den Rang der Kunst erhoben wird. Und der Frankreich-Aufenthalt führt den amerikanischen Touristen als rettungslose Hinterwäldler-Spezies vor: Die "brandneuen, von beiden im Partnerlook getragenen Turnschuhe deuteten darauf hin, daß sie sich für den Abend schick gemacht hatten. Nichts gegen bequeme Kleidung, aber es scheint ziemlich ungehobelt, sich beim Besuch eines fremden Landes so zu kleiden, als wolle man irgendwo dort den Rasen mähen."

Sedaris' sit-com-Talent macht nicht nur aus der eigenen Familie einen grotesken Talentschuppen der Freaks und komischen Vögel, auch so einer zähflüssigen Institution wie der Pariser Sprachenschule kann er morbide Pointen entlocken. Der Versuch, einer multikulturellen Klasse das Osterfest nahezubringen, endet in einem slapstickhaften Sprachsalat-Marathon: "Ein Tag er ist gestorben, und dann geht er über meinen Kopf zu leben bei dein Vater." Oder: "Er hat gehabt lange Haare, und wenn ein Tag tot, er zurückkommen und hallo gesagt zu die Leute."

Der Titel des Buches "Ich ein Tag sprechen hübsch" persifliert die kommunikative Situation des Underdogs, der Rolle, die Sedaris' Ich-Erzähler eisern spielt. Er stilisiert sich zum Mister Everybody und beutet nach Art professioneller Entertainer die Peinlichkeiten, Fallstricke und Pannen der persönlichen Existenz aus. Zur Dramaturgie des kleinen Mannes gehört auch der bombastische Tagtraum, dem der Protagonist sich exzessiv und mit dem unvermeidlichen Ernüchterungskater überläßt. Seine Fallkurve macht ihn zu einer Kreuzung zwischen HB-Männchen, Donald Duck und Mister Bean. Die Lacher sind ihm sicher, denn in diesem Buch herrscht königlich der Treppenwitz. Sedaris' funkelnde Ironien sind die Rache für alle erlittenen Kränkungen, vom gelispelten "s" über die Tyrannei der Französischdozentin bis zum Schiffbruch als Lehrer für kreatives Schreiben. Kokett identifiziert sich der Erzähler mit der Hefe des Volkes: "Es gibt einen Grund, warum das einfache Volk nicht im Fernsehen zu sehen ist", bemerkt er wider die Manie des Reality-TV: "Wir sind stinklangweilig."

Genau das ist David Sedaris aber nicht, und dies erklärt vielleicht den großen Erfolg, den er in Amerika genießt. Er adelt die ewigen Verlierer, macht die Sensationslust salonfähig, verbündet sich mit den Verächtern der Nobelrestaurants, stärkt die Technophoben durch seine erheiternde Wut auf den Computer, wappnet die Ungeschickten mit seinen Bravourstücken zur Tücke des Objekts und tröstet die immer um ein Wort Verlegenen mit seiner Schlagfertigkeit post factum. "Ich ein Tag sprechen hübsch" ist eine Comic-strip-Welt mit ins Gigantische aufgeblasenen Ticks und einer speed-getriebenen Stilartistik, in der alle Katastrophen folgenlos bleiben. Wenn dem Vater der Hund stirbt, so verbringt er halbe Nächte "auf einer Matte neben dem Käfig" und hält ihm im Sterben die Pfote. Verkleidet sich die Schwester, so muß es ein "Fettwanstkostüm" sein, "über das sie am liebsten eine schmutzige Trainingshose zieht, so eng und abstoßend wie eine Wurstpelle". Ist ein Restaurant überkandidelt, so wird in ihm gleich "erstickter Pfirsich" und "Aspirinsauce" serviert.

In all dem Klamauk überrascht der Autor immer wieder durch unwiderstehliche Einsichten des gesunden Menschenverstandes, profiliert sich als scharfsinniger Philosoph der Alltagsphänomene und gewinnt Sympathien, indem er die Perspektive umdreht und das Bekannte mit den Augen des erleuchteten Narren beäugt. Nebenbei erfährt der Leser von der Homosexualität des Erzählers. Doch der Außenseiterstatus wird von der urkomischen Wucht des Allzumenschlichen hinweggeschwemmt. Dennoch scheint hier das energetische Zentrum des aufgekratzten Nonstop-Witzes zu liegen. Ausführlich macht Sedaris sich über die französischen Artikel lustig: "Weil es ein Weibchen ist und Eier legt, ist ein Huhn männlich. Vagina, le vagin, ist ebenfalls männlich, wohingegen das Wort Männlichkeit weiblich ist. Von der Grammatik dazu gezwungen, sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen, ist Hermaphrodit männlich und Unentschiedenheit weiblich." In dieser Hinsicht lobt Sedaris sein Heimatland: "Man kann über das soziale Klima der Südstaaten sagen, was man will, zumindest kann ein Hot dog in North Carolina sich ungehindert in beide Richtungen umtun." Der Roman gibt zu verstehen, daß die sexuelle Orientierung, welcher Art sie auch sei, noch das Normalste am Menschen ist. Wirklich komisch wird es erst, wenn er seine Schuhe auszieht, um über die Zahl zehn hinauszuzählen.

David Sedaris: "Ich ein Tag sprechen hübsch". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Georg Deggerich und Harry Rowohlt. Haffmans Verlag, Zürich 2001. 352 S., geb., 39,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Neue Stories von David Sedaris, heißt es lapidar in Thomas Kösters Besprechung. Köster schert sich wenig um den Stil oder das Genre, mit dem wir es hier zu tun haben. Ihn interessiert vor allem der autobiografische Hintergrund der Erzählungen, wie aus dem lispelnden 10-Jährigen "durch die harten Schulen des skurrilen Lebens" erst ein zugekokster Performance-Künstler und endlich ein passabler Schriftsteller wird ("denn um ein guter Autor zu werden, muss man wie Sedaris durch die harten Schulen ..."). Was immer Köster da beweisen will, den Graben zwischen Story und Autorenvita schließt er nicht.

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