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Der neue Glossenband des beliebten ZEIT-Journalisten jetzt im Taschenbuch!
Wenn am Donnerstag die »Zeit« erscheint oder am Sonntag der Berliner »Tagesspiegel«, dann gibt es viele, die diese Blätter nur wegen eines einzigen Textes kaufen: der Kolumne von Harald Martenstein! Martensteins Texte sind witzig, nachdenklich, sarkastisch, skurril, manchmal auch wütend. Sie stellen die Regeln der politischen Korrektheit auf den Kopf, oft balancieren sie auf dem schmalen Grat zwischen Literatur und Nonsens. Ihr Thema ist der deutsche Alltag. Dieses Buch enthält Martensteins beste Glossen aus den vergangenen Jahren.…mehr

Produktbeschreibung
Der neue Glossenband des beliebten ZEIT-Journalisten jetzt im Taschenbuch!

Wenn am Donnerstag die »Zeit« erscheint oder am Sonntag der Berliner »Tagesspiegel«, dann gibt es viele, die diese Blätter nur wegen eines einzigen Textes kaufen: der Kolumne von Harald Martenstein! Martensteins Texte sind witzig, nachdenklich, sarkastisch, skurril, manchmal auch wütend. Sie stellen die Regeln der politischen Korrektheit auf den Kopf, oft balancieren sie auf dem schmalen Grat zwischen Literatur und Nonsens. Ihr Thema ist der deutsche Alltag. Dieses Buch enthält Martensteins beste Glossen aus den vergangenen Jahren.
Autorenporträt
Harald Martenstein, geb. 1953, ist Autor der Kolumne 'Martenstein' im 'ZEITmagazin' und Redakteur beim Berliner 'Tagesspiegel'. 2004 erhielt er den Egon-Erwin-Kisch-Preis. 2010 bekam er den Curt-Goetz-Ring verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.12.2011

Mehr Kölsch für Nazis, mehr Zitronen nach Wolfsburg
Von Fragen der Altersvorsorge über Margot Käßmann bis hin zum Antifaschismus: Eine Auswahl der Kolumnen von Harald Martenstein

Der Philosoph Ralf Konersmann hat vor ein paar Jahren einen aufschlussreichen Essay über "Kulturkritik" (2008) veröffentlicht. Die bis heute verbreitete Rede von einer Krise der Kritik, der im Laufe der Jahre ihre letztverbindlichen Überzeugungen abhandengekommen seien, bietet dem Philosophen die Vorlage für seine These: In die Krise geraten sei nur jene Kritik, die sich "als Inhaberin des überlegenen Standpunkts" wähnte und sich dabei auf die Wahrheit, die Vernunft oder die Geschichte berufen habe.

Damit aber sei es nun vorbei. "Statt klare und starke Orientierungen vorzugeben", erhebe die moderne Gesellschaft "die durchaus beträchtlichen Anforderungen einer spielerischen, einer informellen und zutiefst demokratischen Urteils- und Kritikkultur". Dies erklärt nicht nur, warum das nationalschriftstellerische Mahnen und Warnen eines Günter Grass heutzutage kaum noch anschlussfähig ist, sondern liefert zugleich eine präzise Lektüreanleitung für die "Zeit"- und "Tagesspiegel"-Kolumnen von Harald Martenstein, die nun in umfangreicher Auswahl als Buch erschienen sind.

Über "positive Entwürfe", über ein "Programm" gar, das Konersmann der gegenwärtigen Kulturkritik abspricht, verfügt auch Martenstein nicht - stattdessen aber vollzieht er einschlägige Abgrenzungsbewegungen. Maxim Biller etwa, der in jedem seiner Zeitungsartikel darauf hinweise, "wie schrecklich Deutschland ist, wie furchtbar die Deutschen sind und wie sehr er unter seinem Leben in Deutschland leidet", sein "Einschlagen auf alles und jeden, Münte oder Merkel, alles eine Soße", lehnt Martenstein rundheraus ab. Ich bin keiner von euch: In dieser Haltung bestehe die Arroganz von Leuten wie Biller, die sich aufgrund ihrer eingebildeten Außenseiterposition "nicht wirklich mit diesem Land auseinandersetzen", sondern lediglich ihr Ressentiment pflegen.

Ähnlich abwehrend äußert sich der Kolumnist über das politische Kabarett. Der Kabarettist bilde sich ein, einen erhöhten Standpunkt zu beziehen, von dem aus er "das zu seinen Füßen stattfindende Gewimmel des politischen Geschäfts" beurteilen zu können meint - gerade so, als würde er das Regieren besser beherrschen als Merkel und Co. Der Kabarettist ist für Martenstein der "klassische Besserwisser", dessen flache Pointen "früher, als die Gesellschaft noch autoritär war und Politiker ferne Lichtgestalten", eine befreiende Wirkung erzielt haben möge. Aber heute?

Dreh- und Angelpunkt der Kolumnen von Martenstein ist dagegen das eigene Ich mit seiner beschränkten Optik, wodurch die Anmaßung vermeintlicher Allgemeinverbindlichkeit immer schon hintergangen wird. Ganz entschieden vertritt Martenstein eine Haltung der "Nichtarroganz" (Konersmann), und dazu gehört es, dass der Schreiber immer wieder die Vorläufigkeit, ja Fehlbarkeit seiner Ausführungen betont. "Es war nicht gerade der tiefgründigste Text meines Lebens", so gesteht Martenstein an einer Stelle unumwunden ein, und erläutert, das wöchentliche Produzieren der Kolumnen sei nun einmal ein wechselvolles Geschäft, das sich in zumindest einem Punkt vom, sagen wir, Wurstverkaufen nicht unterscheide: "In manchen Wochen macht es Spaß, in anderen keinen. Das war immer so, von Anfang an. It's a job, ya know."

In diesem nüchternen Blick auf das eigene Denken und Schreiben hat die emphatische Idee der Berufung keinen Platz, und an ihre Stelle tritt ein aufrichtiger Zweifel: "Wollte ich wirklich, ich meine: wirklich, also wirklich, wirklich, wirklich Autor werden? Oder war ich nur zu feige oder zu faul für etwas anderes? Rede ich es mir nur ein, dass ich es wollte?" Aber auch mit dieser Nabelschau hält sich der Kolumnist nicht lange auf, es hilft ja alles nichts: "Die Zitronen müssen nach Wolfsburg." In dieser uneitlen Lässigkeit ähnelt Martenstein Hans Magnus Enzensberger, der ebenso seit Jahrzehnten in beeindruckend hoher Schlagzahl produziert und jüngst seine gesammelten "Lieblings-Flops" (2011) in Buchform herausgegeben hat.

Die nie mehr als drei Buchseiten umfassenden Artikel nähern sich unterschiedlichsten Themen der deutschen Lebenswirklichkeit - von Fragen der Altervorsorge über Margot Käßmann bis hin zu Orgasmusproblemen - mit einer Unvoreingenommenheit, die vor allem eines will: sich der "Allerweltsmeinung", dem "Mainstream" entziehen. Als unabhängiger Beobachter hinterfragt Martenstein die gemeinschaftlichen Sprachregelungen, politischen Gemeinplätze und gesellschaftlichen Rituale in ihrer zumeist unausgesprochenen Selbstverständlichkeit.

Dass seine Kritik dabei erfreulicherweise nicht der von Adorno und Horkheimer verordneten Verdrießlichkeit folgt, die "Fun" als ein "Stahlbad" begreift, zeigt sich beispielhaft in einem Artikel über Antifaschismus. Zwar wolle er die gutgemeinte Aktion rheinischer Gastronomen "Kein Kölsch für Nazis!" keineswegs herabwürdigen, wohl aber stelle sich ihm die Frage nach der Nützlichkeit: "Ich denke mal, dass man den Nationalsozialismus wirksamer und, im Sinne von Bert Brecht, listiger bekämpfen könnte, indem man den Nazis das Kölsch gratis anbietet. Diese Bevölkerungsgruppe gilt zwar als trinkfest, aber spätestens nach dem zwanzigsten Kölsch, da bin ich mir sicher, würde von dem jeweiligen Nazi für längere Zeit keinerlei Bedrohung mehr ausgehen. Vor allem wenn man noch ein Glas Schnaps dazustellt und ihm dieses Quantum täglich verabreicht, mit den Worten: ,Der Zapfhahn ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch.' Naziführer bekommen das Doppelte. Damit wären sämtliche Naziorganisationen mit einem einzigen Schlag nicht mehr handlungsfähig." Angesichts dieser schlagenden Idee fragt sich Martenstein wohl zu Recht, ob er denn der einzige "kreative Antifaschist" in Deutschland sei.

Doch darf diese in Frage stellende Komik, die zuweilen nonsenshafte Züge trägt, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kolumnen ein engagiertes, ja aufklärerisches Ziel verfolgen. Zwar sei die "Meinungsgleichheit" in Deutschland voll verwirklicht, so Martenstein, gleichwohl stelle er bei sich "eine wachsende Sehnsucht nach Meinungsvielfalt fest". Die versammelten Kolumnen, die ebenso amüsante wie erhellende Blickfeld-Erweiterungen bieten, lesen sich vor diesem Hintergrund zwar nicht als Instrumente der politischen Meinungsbildung, wohl aber als Übungen im Pluralismus, der jede ideologische Verbissenheit hinter sich gelassen hat: "Ohne ein bisschen Wischiwaschi, ein paar innere Widersprüche und eine Prise Laisser-faire ist diese Welt ein langweiliges Kerkerloch." Dabei vollziehen die Artikel selbst, was sie von der Allgemeinheit einfordern: Kritiker wie Martenstein "siedeln" mit ihren Betrachtungen "in der Ebene der Freien und Gleichen", wie es bei Konersmann heißt, und Gegenrede ist unbedingt erwünscht. Immer wieder gehen die Kolumnen daher auf Leserkommentare ein, wodurch sie den Charakter eines vielstimmigen Gesprächs gewinnen. Es ist nun an den Lesern, ihre Freiheit zu nutzen - und dieses Gespräch nicht enden zu lassen.

KAI SINA

Harald Martenstein: "Ansichten eines Hausschweins". Neue Geschichten über alte Probleme.

C. Bertelsmann Verlag, München 2011. 171 S., geb., 16,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Kai Sina ist zufrieden: Diese Kolumnen von Harald Martenstein entsprechen geradezu schulmäßig den Anforderungen, die der Philosoph Ralf Konersmann in einem Essay über "Kulturkritik" gestellt hat. Martenstein spricht nicht von oben herab und stellt sich nicht als Alleswisser hin, vielmehr stellt er sich gern selbst in Frage und bezieht die Leser mit ein. Das findet bei Sina große Anerkennung. Themenmäßig scheint es in den Kolumnen um praktisch alles zu gehen: von der Altersvorsorge bis zu Neonazis. Immer "hinterfragt" Martenstein die herrschende Meinung und Sprachregelungen, so der Kritiker, der das bei Gelegenheit vielleicht auch mal probieren sollte.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Kolumnen, die zurecht noch einmal in Buchform erscheinen - pointiert, intelligent und witzig. Die Texte sind eine Klasse für sich." dpa, Andreas Heimann