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Die Welt besteht, ökonomisch gesehen, aus einem Kuchen mit sechs Stücken. Das erste Sechstel lebt im Wohlstand und - ganz überwiegend - im Westen. Das zweite bis fünfte Sechstel sind jene Entwicklungsländer, mit denen es bei allen Unterschieden langsam, aber stetig aufwärts geht. Das letzte Sechstel sind jene fünfzig Länder, die in der Falle sitzen. Hier leben die ärmsten Menschen der Erde - die unterste Milliarde. Ihre Lebenserwartung ist auf 50 Jahre gesunken, jedes siebte Kind stirbt vor dem 5. Lebensjahr. Die Ökonomien dieser Länder befinden sich seit den 90er Jahren im freien Fall. Auf…mehr

Produktbeschreibung
Die Welt besteht, ökonomisch gesehen, aus einem Kuchen mit sechs Stücken. Das erste Sechstel lebt im Wohlstand und - ganz überwiegend - im Westen. Das zweite bis fünfte Sechstel sind jene Entwicklungsländer, mit denen es bei allen Unterschieden langsam, aber stetig aufwärts geht. Das letzte Sechstel sind jene fünfzig Länder, die in der Falle sitzen. Hier leben die ärmsten Menschen der Erde - die unterste Milliarde. Ihre Lebenserwartung ist auf 50 Jahre gesunken, jedes siebte Kind stirbt vor dem 5. Lebensjahr. Die Ökonomien dieser Länder befinden sich seit den 90er Jahren im freien Fall. Auf nur 250 Seiten erklärt Paul Collier in seinem atemberaubenden Buch, wie es zu dieser krassen Armut gekommen ist und was man gegen sie tun kann. Seine ebenso präzise wie dicht belegte Analyse ist gleichermaßen unbequem für radikale Globalisierungsgegner wie für neoliberale Freihandelsoptimisten. Aber sie bietet realistische Lösungen für eine der größten Krisen unserer Welt. Paul Colliers Buch ist eine schlichtweg brillante Einführung in das Funktionieren der globalen Ökonomie und ein messerscharfer Appell, die ärmste Milliarde Menschen nicht zu vergessen.

"Die Globalisierung wird es regeln versus Sie brauchen mehr Protektion, Sie brauchen mehr Geld versus Entwicklungshilfe fördert Korruption, Sie brauchen Demokratie versus Sie sind gefangen in ethnischen Konflikten, Zurück ins Empire versus Respektiert ihre Souveränität: Wenn Sie sich jemals auf der einen oder anderen Seite dieser Argumente befunden haben - und wer nicht? - dann müssen Sie dieses Buch unbedingt lesen."
Niall Ferguson, New York Times
Autorenporträt
Rita Seuß arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Bernhard Jendricke zusammen. Gemeinsam haben sie neben Romanen von Clare Clark Werke von Gore Vidal, Peter Heather und Jeremy Scahill ins Deutsche übertragen.

Paul Collier ist Professor für Ökonomie und Direktor des Centre for the Study of African Economies an der Universität Oxford. Seit vielen Jahren forscht er über die ärmsten Länder der Erde und untersucht den zusammenhang zwischen Armut, Kriegen und Migration. 2013 erhielt Collier für seine Arbeit den A.SK Social Science Award.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.05.2009

Wirtschaftsbuch
Die Ärmsten fallen weiter zurück
Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Oxford besuchte der Brite Paul Collier in den 70ern Malawi in Afrika, damals das ärmste Land des Kontinents. Seitdem beschäftigt er sich mit Afrika, zuerst als Professor in Harvard, dann als Direktor der Forschungsabteilung der Weltbank. Heute ist er Direktor des „Centre for the Study of African Economies” an der Universität Oxford und ein gefragter Experte.
Der gängigen Auffassung der Entwicklungspolitik – dass einer reichen Welt mit einer Milliarde Menschen eine arme Welt mit fünf Milliarden gegenübersteht – widerspricht Collier gern. In seinem Buch Die unterste Milliarde beschreibt er, wie 80 Prozent dieser fünf Milliarden Armen in Ländern leben, die sich oft überraschend schnell entwickeln. Diese Menschen „leben heute bereits im Wohlstand oder sind auf dem Weg dorthin”. Die restlichen 20 Prozent, die „unterste Milliarde”, leben auf dem Stand des 14. Jahrhunderts, meist in Afrika und Zentralasien. Ihr Alltag ist geprägt von Bürgerkrieg, Seuchen und Analphabetismus, die Lebenserwartung liegt bei 50 Jahren, jedes siebte Kind stirbt vor dem fünften Lebensjahr. Die Ärmsten in etwa 58 Länder fallen immer weiter zurück, so Collier. Diesen Prozess aufzuhalten sieht er als die eigentliche Herausforderung.
Warum aber prosperieren einige Länder und andere scheitern kläglich? Collier zeigt vier „Entwicklungsfallen” auf.
Länder in der „Konfliktfalle” haben ein erhöhtes Risiko für Bürgerkriege. Das liege aber nicht in ethnischen Auseinandersetzungen oder im Streben nach mehr Demokratie. Laut Collier machen fehlendes Wachstum, niedriges Einkommen und die Abhängigkeit von Primärgütern ein Land anfällig dafür.
Die „Ressourcenfalle” schnappt zu, wenn Rohstofferträge nicht zur Wachstumsförderung genutzt werden. Ferner gibt es noch die „Binnenfalle”, bei der „schlechte Nachbarn” es einem Land unmöglich machen, die Exporte in den Weltmarkt zu bringen, sowie die „Falle schlechter Regierungsführung”, in der die meisten dieser Länder zusätzlich stecken. Was also muss geschehen? Collier führt vier Instrumente auf: Entwicklungshilfe, militärische Interventionen, Gesetze und internationale Chartas sowie den Handel.
Entwicklungshilfe sei gut, meint er, sie werde aber häufig falsch gegeben. So bekämen Länder, die sich bereits gut entwickeln, die meiste Hilfe. Hier müsse umgedacht werden. Hilfe „allein kann die Probleme der untersten Milliarde nicht lösen”. Deshalb schlägt er vor, mittels militärischer Intervention die Ordnung wiederherzustellen und Bürgerkriege zu verhindern. Ob das angesichts des Irak-Krieges international auf Zustimmung stößt, darf bezweifelt werden.
Kostengünstiger dürfte es sein, internationale Normen zu schaffen, die die Entwicklung dieser Länder fördern. Kein westlicher Bankier muss etwa das dem Volk gestohlene Geld afrikanischer Diktatoren akzeptieren. Hart ins Gericht geht Collier mit Nichtregierungsorganisationen. Er bezeichnet sie als „nützliche Idioten”, die von „Handelspolitik am wenigsten verstanden haben”. Sie plädierten für die Beibehaltung von Handelsschranken und würden verkennen, dass diese „eine Hauptquelle von Korruption sind”.
Collier ist kein glühender Befürworter der Globalisierung, denn diese bringe den Armen auch zusätzliche Probleme. Wie etwa den Weggang der wenigen fähigen Fachkräfte ins reiche Ausland. Doch ohne Globalisierung gebe es kein Wirtschaftswachstum, und das sei das „zentrale Problem der untersten Milliarde”. Daher ruft er dazu auf, mehr Druck auf unsere Regierungen auszuüben, damit die Entwicklungspolitik endlich den Fokus anders setzt. Tom Knauer
Paul Collier: Die unterste Milliarde. Warum die ärmsten Länder scheitern und was man dagegen tun kann. C. H. Beck Verlag, München 2008, 255 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.05.2008

Die Milliarde der Armen
Vor der Entwicklungshilfe muss die Selbsthilfe stehen

Wenn es um die Ärmsten der Armen geht, ist Paul Collier ein gerngesehener Gesprächspartner. Seit über 30 Jahren widmet er sich den Problemen der Entwicklungsländer. Er stand der Forschungsabteilung der Weltbank vor, hatte eine Professur in Harvard und ist heute Direktor des "Centre for the Study of African Economies" an der Universität Oxford. Seine Expertisen werden weltweit beachtet.

Der Autor weist die weitverbreitete Annahme zurück, wonach der reichen Welt mit einer Milliarde Menschen die arme Welt mit fünf Milliarden Menschen gegenüberstehe. 80 Prozent dieser fünf Milliarden leben inzwischen in Ländern, die sich oft mit erstaunlicher Geschwindigkeit entwickeln. Ja, der Kapitalismus funktioniert auch hier. Tatsächlich befindet sich die globale Armut erstmals in der Geschichte auf dem Rückzug. Heute leben bereits fünf Milliarden Menschen "im Wohlstand oder sind auf dem Weg dorthin".

Der Rest, die unterste Milliarde, bildet nach Collier die eigentliche Herausforderung der Entwicklungspolitik. Damit macht sich der Professor für Ökonomie nicht beliebt bei den zahlreichen Entwicklungsagenturen, die ihre Existenzberechtigung gerade aus der Zahl von fünf Milliarden Hilfsbedürftigen ziehen, um "überall zu sein - überall, nur nicht bei der untersten Milliarde". Dabei ist hier Gefahr im Verzuge: Diese Menschen (meist aus Afrika oder Zentralasien) haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 50 Jahren; sie leiden unter Seuchen, Bürgerkriegen und Analphabetismus; ihre Länder haben keinerlei Wirtschaftswachstum - und längst den Anschluss verpasst.

Deshalb fragt der Verfasser, warum manche Staaten auf ihrem Stand verharren oder gar zurückfallen, während andere reüssieren. Seine Antwort offenbart Entwicklungsfallen, die Länder wie den Tschad oder die Demokratische Republik Kongo gefangen halten. Dazu gehört die Anfälligkeit für Bürgerkriege, die Collier interessanterweise weder auf ethnische Auseinandersetzungen (mit Ausnahme ethnischer Dominanz wie im Falle Ruandas) noch auf eine Mission zugunsten sozialer Gerechtigkeit zurückführt. Vielmehr betont er zum Leidwesen "westlicher Romantiker), dass geringes Wachstum, niedriges Einkommen und die Abhängigkeit von Primärgütern ein Land für Bürgerkriege empfänglich machen. Auch die Entdeckung wertvoller Rohstoffe (Ressourcenfalle) wirkt sich negativ aus, weil die Einnahmen meist nicht zur Wachstumsförderung genutzt werden.

Collier erweist sich als Befürworter der Globalisierung. Zu Recht betont er, "dass die Globalisierung . . . der Mehrheit der Entwicklungsländer den Weg zum Wohlstand geebnet hat". Folgerichtig hält er Rückschritte im Globalisierungsprozess nicht für wünschenswert. Aber er erklärt auch, dass die Globalisierung den Ärmsten der Armen Probleme bereitet. So wird deren Exportdiversifizierung durch das Wachstum von Agglomerationen in Asien erschwert. Ihnen wird Kapital entzogen, und sie erleiden einen Aderlass an Fachkräften. Um den Entwicklungsfallen zu entkommen, betont der Autor, muss sich die unterste Milliarde zunächst selbst helfen. Gleichwohl bedürfen die Länder - in einem zweiten Schritt - unserer Unterstützung.

Als ein wichtiges Instrument erachtet Collier nach wie vor die Entwicklungshilfe, aber sie muss zum richtigen Zeitpunkt und mit Bedacht eingesetzt werden. Sie unterliegt dem abnehmenden Ertragszuwachs; eine weitere Steigerung bewirkt also immer weniger. In der Frühphase einer Reform kann sie notwendige Einschnitte verhindern und kontraproduktiv wirken. Allerdings macht sie auch private Investitionen attraktiver und hilft, Kapital im Lande zu halten. In jedem Fall bedarf sie der Ergänzung, etwa durch militärische Intervention, wie der Autor meint. Damit dürfte sich Collier wenige Freunde machen. Wer plädiert schon für Entwicklungshilfe und zugleich für militärische Interventionen?

Ob internationale Chartas tatsächlich einen Beitrag leisten können, die Lage der unteren Milliarde zu verbessern, steht dahin. Der Befürchtung, dass China zum lachenden Dritten würde, ist nicht von der Hand zu weisen. Überzeugender argumentiert Collier auf dem Feld der Handelspolitik, das von den "Nichtregierungsorganisationen am wenigsten verstanden wird". Diese treten für die Beibehaltung von Handelsschranken der ärmsten Länder ein und verkennen, dass sie dadurch Kriminellen erst Gelegenheiten zur Korruption eröffnen. Dem Verfasser ist auch zuzustimmen in dem Ziel, "der untersten Milliarde neue Exportmärkte zu erschließen", indem ihnen niedrigere Zölle gewährt werden. Inwiefern hier aber ein "Schutz vor den asiatischen Riesen" zum Tragen kommen sollte, bleibt offen.

Statt in den Chor der Kritiker des Wirtschaftswachstums einzustimmen, zeigt Collier, wie wichtig es für die Entwicklung ist. Nicht zuletzt die Armen profitieren davon, denn "das zentrale Problem der untersten Milliarde ist ja gerade ihr fehlendes Wachstum. Ihm muss unsere Aufmerksamkeit gelten, und diesen Mangel zu beheben muss die wichtigste Herausforderung künftiger Entwicklungspolitik sein". Man könnte es einfacher haben, als sich ausgerechnet mit der untersten Milliarde zu beschäftigen. Aber Collier geht - im Fußball-Jargon gesprochen - gerade dorthin, "wo es weh tut".

RALF ALTENHOF

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»Collier bringt statt Fußnoten lieber zugespitzt formulierte Provokationen. Und Ironie anstelle des erhobenen Zeigefingers. Das macht die Lektüre zu einem kurzweiligen Lesevergnügen voller Impulse.« Deutschlandfunk