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Reality Hunger questions every assumption we ever made about art, the novel, journalism, poetry, film, TV, rap, stand-up, graffiti, sampling, plagiarism, writing, and reading. In seeking to tear up the old culture in search of something new and more authentic, it is the most vital book of the new century.

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Produktbeschreibung
Reality Hunger questions every assumption we ever made about art, the novel, journalism, poetry, film, TV, rap, stand-up, graffiti, sampling, plagiarism, writing, and reading. In seeking to tear up the old culture in search of something new and more authentic, it is the most vital book of the new century.
Autorenporträt
David Shields is the author of nine previous books, including the New York Times bestseller The Thing About Life Is That One Day You'll Be Dead and Black Planet, a finalist for the National Book Critics Circle Award. His work has been translated into a dozen languages. www.davidshields.com
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.03.2011

Der schmale Grat
Erzählen als literarisches Kidnapping: David Shields’
Plädoyer für eine Zeitdiagnostik mit dem Teppichmesser
Es dauert nie lange bis Plagiatsdiskussionen um einen Roman zu grundsätzlichen Diskussionen um einen zeitgemäßen Literaturbegriff werden. Zum Glück. Denn die Grundsatzdiskussionen sind nicht selten interessanter als die Bücher, die sie zum Anlass haben. Sie bringen zwar nicht immer neue sachliche Erkenntnisse, aber sie zwingen Leser, Kritiker und Autoren zu Bekenntnissen. Und bestenfalls auch zu ein wenig Krawall, wie zuletzt im Fall von Helene Hegemanns teilweise einfach abgeschriebenen, teilweise aber eben auch clever gesampelten und geremixten Roman „Axolotl Roadkill“. Standpunkte, Überzeugungen und Vorlieben sind danach klarer. Und vielleicht hilft’s dem einen oder anderen schlappen Autor ja doch auch auf die Beine.
Im Mittelpunkt der schlaueren Reflexionen steht nämlich meist sehr schnell nicht mehr die Frage, was Roman-Autoren nun urheberrechtlich dürfen und was nicht, sondern inwieweit sich Literatur der Gegenwart, die relevant sein will, inhaltlich und formal eben dieser Gegenwart stellen muss. Zu Recht fragt etwa der deutsche Literaturkritiker Richard Kämmerlings in seinem soeben erschienenen Buch über die zeitgenössische Literatur „Das kurze Glück der Gegenwart“, warum sich ein Leser Neuerscheinungen zuwenden solle, wenn er „mit ihnen nicht ein Versprechen auf Gegenwartserkenntnis verbinden“ könne. Zeitlosen Fragen und Problemen könne man sich schließlich mit bewährten Klassikern besser stellen als mit aktuellen Büchern, von denen doch die größte Zahl eher nicht zur Weltliteratur aufsteigen werde.
In Amerika hat vor ziemlich genau einem Jahr der Schriftsteller und Dozent für Kreatives Schreiben an der University of Washington David Shields Alarm geschlagen. Jetzt erscheint sein Buch „Reality Hunger. A Manifesto“ auf Deutsch und ist sogar die noch etwas spektakulärere, also anmaßendere, prätentiösere, weiterreichende, kurzweiligere Version herausfordernder zeitgenössischer Literaturkritik. Und zwar nicht nur im Ton, sondern schon rein formal. Das Buch ist nicht klassisch in längere Kapitel aufgeteilt, sondern eine inhaltlich eher lose nach Reiz- und Stichwörtern geordnete, dafür aber streng durchnummerierte Sammlung von exakt 618 Absätzen, die allenfalls zur Hälfte Shields’ eigene Gedanken sind. Alles Übrige sind an Ort und Stelle nicht ausgewiesene, manchmal ergänzte, komprimierte oder stimmiger gemachte Stellungnahmen zum Thema von Montaigne, Barthes und Benjamin bis Bob Dylan, Charlie Parker, Geoff Dyer, Jonathan Lethem, Kurt Cobain, Robbe-Grillet, Virginia Woolf, Zadie Smith und Wikipedia. Zum aufklärenden Anhang hat sich Shields von der Rechtsabteilung seines amerikanischen Herausgebers eher widerwillig überreden lassen: „Wenn Sie das Buch in der Form haben möchten, in der es gelesen werden sollte, dann nehmen Sie einfach eine Schere oder ein Teppichmesser und entfernen die Seiten 213 bis 224, indem Sie sie entlang der gepunkteten Linie heraustrennen.“ Die gepunktete Linie, die man von Schnittmusterbögen kennt, gibt es wirklich. Samt dem typischen kleinen Scherensymbol.
Das kann man albern finden, oder gut abgehangen postmodern – es zeigt aber eben auch mit was für einem heiligen Ernst die Diskussion um Glanz und Elend der Gegenwartsliteratur in den USA geführt wird. Und mit was für einem Anspruch. Auch die New Yorker Zeitschrift n+1 beharrt in ihrer aktuellen Ausgabe darauf, dass aus geschäftlichem Kalkül selbst die besten New Yorker Verlage der Gegenwartsliteratur allen Wagemut ausgetrieben hätten. Niemand kümmere mehr, ob sein Buch auch in 20 Jahren noch bestehen könne. Sogar die weithin für ihre zeitdiagnostische Wucht gefeierten Romane Jonathan Franzens sind hier noch Teil des Problems. Womit man wieder bei David Shields wäre.
Wie so viele erfolgreiche Romane unserer Zeit sind Franzens Bücher für Shields nostalgisches Entertainment. In keiner Weise vermittelten ihm klassisch ausgedachte, große, verregelte Erzählungen dieser Art einen Eindruck davon, was es bedeute, im 21. Jahrhundert zu leben. Das Prinzip von Shields ars poetica ist vielmehr das dreiste Kidnapping realen Materials. Geschichtenerzähler sollen sich auf den schmalen Grat zwischen Fakten und Fiktion wagen, dort dann aber nicht trittsicher voranschreiten, sondern eher wanken, stolpern, gleichzeitig nach Authentizität lechzen und das Künstliche lieben. Die Helden dieser Literatur sind Figuren wie der amerikanische Entertainer Johnny Carson, der einmal auf die Frage, was der Unterschied zwischen ihm und Robert Redford sei, antwortete: „Ich spiele mich.“ Und das beste, was passieren kann, ist, dass über sie geschrieben wird, was einst im New York Globe über Moby Dick stand: „Der Verfasser hat leider nicht dafür gesorgt, dass man weiß, ob es sich bei seinen Bemühungen um Geschichtsschreibung, Autobiografie, Geografie oder Fantasie handelt.“
JENS-CHRISTIAN RABE
David Shields
Reality Hunger
Ein Manifest. Aus dem Englischen
von Andreas Wirthensohn.
Verlag C. H. Beck, München 2011.
224 Seiten, 18,95 Euro.
Geschichtenerzähler sollen
nach Echtheit lechzen
und das Künstliche lieben
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Highly persuasive. I can't stop recommending it The Times