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12 Kundenbewertungen

Reither, bis vor kurzem Kleinverleger in einer Großstadt, nun in einem idyllischen Tal am Alpenrand, hat in der dortigen Bibliothek ein Buch ohne Titel entdeckt, auf dem Umschlag nur der Name der Autorin, und als ihn das noch beschäftigt, klingelt es abends bei ihm. Und bereits in derselben Nacht beginnt sein Widerfahrnis und führt ihn binnen drei Tagen bis nach Sizilien. Die, die ihn an die Hand nimmt, ist Leonie Palm, zuletzt Besitzerin eines Hutgeschäfts; sie hat ihren Laden geschlossen, weil es der Zeit an Hutgesichtern fehlt, und er seinen Verlag dichtgemacht, weil es zunehmend mehr…mehr

Produktbeschreibung
Reither, bis vor kurzem Kleinverleger in einer Großstadt, nun in einem idyllischen Tal am Alpenrand, hat in der dortigen Bibliothek ein Buch ohne Titel entdeckt, auf dem Umschlag nur der Name der Autorin, und als ihn das noch beschäftigt, klingelt es abends bei ihm. Und bereits in derselben Nacht beginnt sein Widerfahrnis und führt ihn binnen drei Tagen bis nach Sizilien. Die, die ihn an die Hand nimmt, ist Leonie Palm, zuletzt Besitzerin eines Hutgeschäfts; sie hat ihren Laden geschlossen, weil es der Zeit an Hutgesichtern fehlt, und er seinen Verlag dichtgemacht, weil es zunehmend mehr Schreibende als Lesende gibt. Aber noch stärker verbindet die beiden, dass sie nicht mehr auf die große Liebe vorbereitet zu sein scheinen. Als dann nach drei Tagen im Auto am Mittelmeer das Glück über sie hereinbricht, schließt sich ihnen ein Mädchen an, das kein Wort redet, nur da ist... Kirchhoff erzählt in seiner großartigen Novelle von der Möglichkeit einer Liebe sowie die Parabel von einemdoppelten Sturz: in die Liebe, ohne ausreichend lieben zu können, und in das Mitmenschliche, ohne ausreichend gut zu sein. »Aber wo wären wir ohne etwas Selbstüberschätzung«, sagt der Protagonist Reither, um sich Mut zu machen für den ersten Kuss mit Leonie Palm, »jeder wäre nur in seinem Gehäuse, ein Flüchtling vor dem Leben.«Ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis 2016
Autorenporträt
Bodo Kirchhoff, geboren 1948, lebt in Frankfurt am Main und am Gardasee. Zuletzt erschienen in der Frankfurter Verlagsanstalt seine von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeierten Romane »Verlangen und Melancholie« (2014) sowie »Die Liebe in groben Zügen« (2012).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ulrich Rüdenauer mag die Emphase, mit der Bodo Kirchhoff über die Liebe und die Freundschaft schreibt. Mitunter gerate Kirchhoff das Pathos zwar etwas zu selbstverliebt, aber das verzeiht Rüdenauer ihm gern. In "Widerfahrnis" wird die Liebe im Schnelldurchlauf verhandelt, freut sich Rüdenauer, zudem strotze diese Novelle vor unerhörten Begebenheiten: Ein Mann trifft eine Frau, sie fahren in den Süden, sie lesen ihre eigene Liebesgeschichte, und schließlich steht ein kleines verwahrlostes und stummes Kind in ihrem Leben. In der Beschwörung großer Momente erinnert das Buch den Rezensenten an die Vorgängerromane "Die Liebe in groben Zügen" und "Verlangen und Melancholie", doch findet Rüdenauer es zugleich konzentrierter und verspielter.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2016

Vier Tage eines neuen Lebens
Bodo Kirchhoffs meisterhafte Novelle "Widerfahrnis"

Dieses Buch ist die Essenz des literarischen Schaffens von Bodo Kirchhoff. Und dabei ist es "nur" eine Novelle. So abschätzig wird heute oft von dieser Form gesprochen, nachdem die von den Verlagen postulierte Gier des Lesepublikums nach Romanen sie fast ausgerottet hätte. Und mit dem Deutschen Buchpreis, der Jahr für Jahr ausschließlich unter den deutschen Romanen verliehen werden soll, vermuteten wir gar den sicheren Todesstoß. Aber von Zeit zu Zeit setzt sich eine Jury über die Formfrage hinweg und mogelt eine Novelle in ihre Auswahlliste hinein. In diesem Jahr ist das wieder einmal geschehen: mit Bodo Kirchhoffs "Widerfahrnis".

Allerdings hat sich dieses Buch nicht in die Longlist eingeschlichen - es kommt im Triumphzug daher. Präziser wird in diesem Herbst in Deutschland nicht erzählt, und wenn Kirchhoff sich entschieden hätte, seine immerhin 210 Seiten zählende Prosa als Roman zu bezeichnen, hätte das nicht verwundert. Doch die Konzentration, die er sich selbst abverlangt hat, legt die scheinbar kleine Form nahe, die hier - die Wortfeldverschiebung sei gestattet - zu ganz großer Form aufläuft.

Die beiden Themen, die sich Kirchhoff für "Widerfahrnis" ausgesucht hat, sind ohnehin schon groß genug: die Liebe und die gegenwärtige Flüchtlingskrise. Das Erste ist das größte literarische Thema überhaupt, zeitlos seit dem Gilgamesch-Epos als der ersten Literatur überhaupt. Das Zweite ist dagegen tagesaktuell, also für den Ewigkeitsanspruch von Kunst viel riskanter. Aber es wird von Kirchhoff auch nur am Rande eingeführt - buchstäblich, denn einmal huschen bei einer nächtlichen Fahrt über die Alpen jenseits des Brennerpasses am Autobahnrand campierende Flüchtlinge in die Wahrnehmung, und dann erlebt Julius Reither, Kirchhoffs männlicher Protagonist, ganz zum Schluss eine Katharsis, als er auf der Rückfahrt mit der Fähre von Sizilien nach Kalabrien einer afrikanischen Flüchtlingsfamilie Zuflucht in seinem Auto gewährt. Das geschieht in einem Moment, der für ihn der krisenhafteste des Ausflugs aus dem bayerischen Voralpenland ins sizilianische Catania ist, weil eigentlich auch auf der Rückfahrt Leonie Palm neben ihm hätte sitzen sollen.

Diese Dame in den besten Jahren steht eines Abends vor der Wohnungstür des ehemaligen Verlegers Reither, der sich nach der Abwicklung seines großstädtischen Klein-aber-fein-Verlags einen idyllischen Altersruhesitz gesucht hat. Mit schönen Frauen hatte er weniger Geschick als mit schöner Buchgestaltung, doch in Gegenwart der literaturbegeisterten Leonie Palm wird aus dem einsamen Ruheständler ein verliebter Spontanreisender, der eine nächtliche Spritztour über die österreichische Grenze zum Achensee zur Fahrt durch ganz Italien erweitert. In der Nacht auf Dienstag, den 21. April 2015, geht es los, am Donnerstag ist man schon wieder auf der Rückfahrt. Diese Novelle misst einen großen Raum aus, aber eine sehr begrenzte Zeit.

Die Bewegung in der ganzen Vieldeutigkeit dieses Begriffs ist ihr zentrales Motiv, bis hin zur letzten Seite, auf der eine winzige Bemerkung von Leonie Palm alles vorher Gelesene noch einmal in neues Licht rückt. Überhaupt: Licht - "Widerfahrnis" ist ein Fest der Licht- und Dunkelphänomene, Lektion in Beschreibungskunst von kalten Nächten und warmen Abenden und entsprechenden Gefühlen. Der traditionsreichste geographische Gegensatz unserer Literatur - Italien und Deutschland - wird zur Skalierung der schwankenden Temperamentstemperaturen beider Protagonisten nutzbar gemacht. So klassisch hat Bodo Kirchhoff nie erzählt.

Subtiler auch nicht, denn der ehemalige Verleger, von dem Kirchhoff in der dritten Person berichtet (aber mit dem Wissen eines Reither gegenüber auktorialen Erzählers, während der erzählerische Blick auf Leonie Palm ganz äußerlich bleibt), legt sich selbst immer wieder Rechenschaft über die Angemessenheit der Schilderung des Geschehens ab - und über die Frage, ob das Erleben den eigenen literarischen Ansprüchen standgehalten hätte. "Auf dem Platz schon reges Leben, Frauen mit Tüten und Körben, Männer unterwegs mit Ersatzteilen, einem Auspuff, einer Felge, mit Karren voll Waren, Töpfe, Matratzen, Obst - schön fürs Auge, nichts fürs Buch", heißt es etwa über Catania, und es ist wunderbar, wie Reithers permanentes Ringen mit sich selbst in solchen Überlegungen vom Autor parallel geführt wird mit der Schwierigkeit, eine "unerhörte Begebenheit" (so Goethes inhaltliches Kriterium für die Novelle) zu erzählen und gleichzeitig dadurch das Unerhörte nicht sofort zu Verschwinden zu bringen.

Bodo Kirchhoff ist es geglückt - bis hin zur rätselhaft anmutenden Titelwahl seiner Novelle, die erst aus einem Gespräch zwischen seinen beiden Reisenden erklärt wird - "ein Titel, den er wohl hätte gelten lassen", wie Reither sich sagt. Kirchhoffs Buch darf in der Tat Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen, weit über Aktualitäten wie Buchpreislisten und Flüchtlingsfragen hinaus.

ANDREAS PLATTHAUS

Bodo Kirchhoff: "Widerfahrnis". Eine Novelle.

Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2016. 224 S., geb., 21,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.08.2016

Zukunft? Führen wir nicht
In der Novelle „Widerfahrnis“ schließt Bodo Kirchhoff ein Hutgeschäft und einen Buchverlag
und setzt seine Erkundungen der Lebenskonfusion reiferer Männer fort
VON ULRICH RÜDENAUER
Eine Begegnung, wie aus dem Märchen: Eine Frau klingelt am Abend an der Tür der Wohnung eines Mannes, beide, die Frau und der Mann sind leidgeprüft und ein bisschen ermüdet vom Leben, beide sind sie aufs Engste mit ihrer Vergangenheit liiert, mehr als mit dem Jetzt, sie erkennen sich in ihrer Verlorenheit und beschließen, obwohl sie sich gerade erst kennengelernt haben, zu zweit eine Reise mit dem Auto zu machen – zunächst nur ins nächste Tal, dann über die Alpen hinweg geht diese Fahrt, nach Italien und immer tiefer hinein in den Süden, wo alle Deutschen und ihre Romanhelden immer schon Trost gesucht haben, weil das Licht ein anderes ist und das Klima, der Wein und das Essen sowieso.
  Bodo Kirchhoff ist ein Spezialist für solche Fluchten und unwahrscheinlichen Zusammentreffen. „Die Liebe in groben Zügen“, „Verlangen und Melancholie“ oder „Eros und Asche“ heißen seine zuletzt veröffentlichten Werke, reich instrumentierte, emphatische Bücher über Liebe und Freundschaft. „Widerfahrnis“ nennt er sein neuestes, das es auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis geschafft hat, eine Novelle, eine Road Novella, wenn man so will, die fast traumhaft beginnt und aus der Welt des Banalen und Bedrohlichen hinauszuführen scheint, um unverhofft mitten in der Gegenwart zu landen.
  Mann und Frau also: Er heißt Reither und hat einen kleinen Verlag samt angeschlossener Buchhandlung in Frankfurt geführt. Mit dessen Liquidation und Verkauf hat er Schulden getilgt und sich aufs Land zurückgezogen – weit weg von früheren Idealen, Sorgen, Kämpfen. Sie, Leonie Palm, vielleicht ein bisschen jünger als der nicht mehr junge Reither, hat Schiffbruch erlitten mit einem Hutladen. Für ihre Hüte, sagt die abendliche Besucherin, habe es immer weniger Gesichter gegeben. Leonie Palm – so steht zu vermuten – ist die sich hinter einem Pseudonym versteckende Autorin eines Büchleins, das Reither in die Hände gefallen ist, noch bevor die beiden sich trafen.
  Dieser Text aber wird nicht gelesen, er entsteht auf gewisse Weise erst durch ihre Begegnung. Es ist ein feines, irritierendes Spiel: Die Literatur geht hier dem Leben voraus, aber eher wie ein Omen, eine Beschwörung. Der Zauber entfaltet sich, weil die Worte sich erst noch am Leben entzünden müssen. „Reither wollte das Buch aufschlagen, aber die Palm trat auf die Bremse, sie zog den Wagen nach rechts und fuhr auf den Standstreifen, bremste noch weiter ab und stoppte so ruckartig, dass er mit der Stirn an die Sonnenblende kam; sie machte den Motor aus und die Warnlichter an. Das Ganze kann auch schon hier enden, sagte sie. Was glauben Sie, warum wir in diesem Auto sitzen, Sie und ich, wegen eines Buchs? Glauben Sie das wirklich? Sie nahm sich eine Zigarette, sie nahm auch das Feuerzeug und wandte sich etwas ab. Wir sitzen hier wegen Menschen, die es in unserem Leben nicht mehr gibt oder nie gab, sagte sie, und Reither wollte widersprechen, auch wenn er gar nicht wusste, was sich dagegenhalten ließ, und nur mit rudernden Händen ihre Worte in Zweifel zog, bis sie ihm die Hände in den Schoß drückte. Was glauben Sie, wer wir beide sind? Fast ohne die Stimme zu heben, sagte sie das, die Zigarette dicht am Mund.“    Wer man zu sein glaubt, das ist eine der Fragen, die dieses tatsächlich anmutig geschriebene, manchmal fast zu erlesene Buch stellt. Das Ich setzt sich zusammen aus Erfahrungen, und das Älterwerden bringt es mit sich, dass diese Erfahrungen häufiger mit Versäumnissen und Verlusten als mit euphorischen Aufbrüchen zu tun haben.
  Beide, Reither und Leonie Palm, können ein Lied davon singen, beide tragen an ihren Geschichten. Erinnerungen seien Einflüsterungen, „die einen betören oder mit Schmerz erfüllen oder beides“, heißt es einmal. Die Reise, die sie bis nach Catania auf Sizilien führt, ist der Versuch, den schweren Erinnerungen eine leichtere Gegenwart gegenüberzustellen, die Erfahrungsbilanz ein wenig auszugleichen und noch einmal etwas zu wagen.
  Hier wird auch eine Liebe im Schnelldurchlauf geschildert: ein gedankenverlorener Aufbruch, toll und ohne Zukunftssorge, immer nur den nächsten Schritt gehend; die Frage, was diese Beziehung sein könnte; schließlich das Einbrechen des Draußen – und das Ende, der Abschied. Die Welt begegnet den beiden bedächtig Liebenden in Gestalt eines verwilderten Mädchens. Es ist plötzlich da, verwahrlost und stumm, und es schließt sich ungefragt dem Paar an – die folgenreichste unerhörte Begebenheit dieser Novelle. Plötzlich wird alles anders, die Reise braucht nun ein Ziel oder zumindest eine Richtung. An dem rätselhaften Mädchen erweist sich die Kraft und die Ohnmacht des Zusammenseins; es hat etwas Verzauberndes oder Verhexendes, man wird aus ihm nicht schlau.
  Schon in seinem Roman „Die kleine Garbo“ (2006) hat Kirchhoff ein Mädchen in Engelskostüm in Szene gesetzt, um die Lebenskonfusion eines reiferen Mannes auf den Punkt zu bringen. Und auch jetzt hat die namenlose Streunerin kathartische Funktion. Jedenfalls wird sie dazu beitragen, die Vagheit der Situation aufzulösen. Das ist, wie immer bei Kirchhoff, dick aufgetragen und filigran zugleich, mit Bildern, die sich einbrennen, und Erkenntnissen, die aus der Banalität des Erlebens ein wirkliches Sehen machen.
  „Widerfahrnis“ ist schmaler, konzentrierter, vielleicht auch verspielter als die beiden Vorgängerbände „Die Liebe in groben Zügen“ und „Verlangen und Melancholie“, aber nicht weniger pathetisch in der Evokation großer Momente der Verzweiflung und des Glücks. Die drei Bücher gehören zusammen, weil sie von einem Taumeln handeln, das genauso vom Liebeswunsch wie vom Abschiedsschmerz verursacht wird.
  Nicht zuletzt ist „Widerfahrnis“ ein Verfallsbuch, es beschreibt den Verfall alter Kulturtechniken (der Hutmacherkunst, der Verlegerei), den Verfall des eigenen Lebens, des eigenen Körpers, und das kurze Aufblühen der Liebe. Reither kommt eine Lektion seines Vaters in den Sinn. Auf einer Wanderung wurde ihm einst, da war er noch Kind, Unterricht im Lateinischen erteilt, und was ihm in Erinnerung blieb, ist die Konjugation „amavero“ – ich werde geliebt haben. Das Futurum zwei schwebt über Kirchhoffs Buch; es ist eine schöne, traurige Form.
  Das Wort „Widerfahrnis“ meint etwas, dem der Mensch ausgesetzt ist, „ohne etwas dafür tun zu können“, so hat es der Theologe Wilhelm Kamlah einmal ausgedrückt. Leonie Palms Buch könnte diesen Titel tragen. „Aber Widerfahrnis, das war mehr als die vergessene Heimsuchung – da muss man nur hinhören, muss nur hinsehen, dann ist es die Faust, die einen unvorbereitet trifft, mitten ins Herz, aber auch die Hand, die einen einfach an die Hand nimmt – ein Titel, den er wohl hätte gelten lassen.“
  Zur Widerfahrnis gehört in dieser Novelle auch, dass Reither am Ende Reisende an Bord seines Autos nimmt, denen noch etwas ganz anderes widerfahren ist: Flüchtlinge, gestrandet in Europa. Die drei, eine heilige Familie auf der Suche nach Asyl, sind vielleicht die Zukunft, die Reither und Palm mit ihrem Zuviel an Vergangenheit längst abhandengekommen ist. „Diesen jungen Mann auf der Flucht, den beneidete er um sein Leben ohne Dach und ohne Bett, ohne Konto und ohne Fürsprache, mit nichts in der Hand außer Frau und Tochter und dem eigenen Mut.“
  Hier ist es wieder, das Kirchhoffsche Pathos, das manchmal einen Zug ins Eitle oder Selbstmitleidige bekommen kann. Aber zuweilen eben auch eine Wahrheit in den Figuren berührt. 
„Was glauben Sie, warum wir
in diesem Auto sitzen,
Sie und ich, wegen eines Buchs?“
„Amavero“ – ich werde geliebt
haben. Über diesem Buch
schwebt das Futurum zwei
Für ihre Hüte habe es, sagt Bodo Kirchhoffs Protagonistin Leonie Palm, immer weniger Gesichter gegeben.
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Bodo Kirchhoff: Widerfahrnis. Eine Novelle. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2016. 224 Seiten,
21 Euro. E-Book 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Judith von Sternburg ahnt die Präsenz des Todes in Bodo Kirchhoffs neuem Roman, auch wenn er nicht erwähnt wird. Liebe und Trauer, die Themen Kirchhoffs, sind in diesem Buch absehbar, meint Sternburg. Die Geschichte um einen in Rente gegangenen Verleger, der auf einer Italienreise zu einer neuen Liebe findet, die der Autor laut Sternburg mit Sinn für Tragik und Ironie schildert, überzeugt die Rezensentin letztlich durch den Einbruch der Wirklichkeit ins Idyll in Gestalt eines Flüchtlingsmädchens.

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Eine meisterhaft erzählte Geschichte um das Menschliche und die Mitmenschlichkeit, Begebenheiten des Augenblicks und die Schritte aufeinander zu. Brigitte Hütter Oberösterreichische Nachrichten 20201128