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Marina stammt aus Petersburg und ist zu Besuch in Deutschland, wo sie bei einem Kongress über Daniil Charms und seinen Freundeskreis spricht. Außerdem ist da ein Mann, der in Leningrad Russisch studierte und mit dem sie damals, vor 20 Jahren, eine Liebesgeschichte lebte. Die Vergangenheit ist nicht vergangen - und das gilt nicht nur für diese private Geschichte: 'Ich habe Angst vor den Geheimnissen der Zeit.' Ein ganzes Jahrhundert (und manchmal auch mehr als das) passiert in den Assoziationen Marinas Revue, und nirgendwo sonst ist dieses letzte Jahrhundert vielfältiger, durch gewaltige Brüche…mehr

Produktbeschreibung
Marina stammt aus Petersburg und ist zu Besuch in Deutschland, wo sie bei einem Kongress über Daniil Charms und seinen Freundeskreis spricht. Außerdem ist da ein Mann, der in Leningrad Russisch studierte und mit dem sie damals, vor 20 Jahren, eine Liebesgeschichte lebte. Die Vergangenheit ist nicht vergangen - und das gilt nicht nur für diese private Geschichte: 'Ich habe Angst vor den Geheimnissen der Zeit.' Ein ganzes Jahrhundert (und manchmal auch mehr als das) passiert in den Assoziationen Marinas Revue, und nirgendwo sonst ist dieses letzte Jahrhundert vielfältiger, durch gewaltige Brüche im Sozialsystem fragmentierter gewesen als in Russland: vom Zarenreich über die Revolution, die Sowjetunion, die Weltkriege, die Belagerung Leningrads durch die Deutschen, die Perestrojka ...Olga Martynova, Lyrikerin und Essayistin, fächert in ihrem ersten (und auf Deutsch geschriebenen) Roman mit bezaubernder Leichtigkeit das Schwierigste vor uns auf: die vielen Seiten der Vergangenheit, den 'Grünspan der Zeit', dieses Gleiten von Positionen und Ansichten, das nur die Literatur vermitteln kann. Wir lesen nicht nur von den literarischen Avantgardisten rund um Charms und Vvedenskij, von der Gegenwart des Jüdischen in vielen Bereichen der Alltagskultur, wir erfahren auch von Hippies und Landkommunen in Innerasien, von Autostopp-Reisen nach Sibirien und vom buddhistischen Kloster mit dem unverweslichen Lama. Martynovas genauer Blick fördert aber auch überraschende Beobachtungen an ihrer deutschen Umgebung zutage, an diesem an deutsch-russischen Kulturverbindungen interessierten Publikum."Sogar Papageien überleben uns" ist ein berührender und überraschender Roman, der auf paradoxe Art ignoriert, was seine Protagonistin einmal fordert, 'dass man in den Büchern besser nicht von den komplizierten Sachen schreibt'. Und was wäre komplizierter als das Wandern in die Vergangenheit, als das assoziative Gewebe der Erinnerung, als die Arbeit der Dichter an unserem Gedächtnis?
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2011

Grenzen des Wunsches

Das Exemplarische und Mimetische hat Olga Martynova immer fasziniert. Die 1962 in Sibirien geborene Autorin, die seit 1991 in Frankfurt lebt, arbeitet als Lyrikerin, Essayistin und Kritikerin. In ihrem Debütroman erzählt sie von Marina, einer Germanistin, die 1986 in St. Petersburg Andreas kennenlernt, einen deutschen Slawistikstudenten. Obwohl die beiden ein Paar werden, wird Andreas zurück in Deutschland eine andere heiraten. Viel später erst besinnt er sich seiner Zuneigung zu Marina und wirbt um sie - doch nun ist viel Zeit vergangen. Die schwierige Liebe der beiden spiegelt sich an der Geschichte zweier Länder, die von unterschiedlichen politischen Systemen geprägt sind. Olga Martynova zeichnet die sich daraus ergebenden Kontraste scharf, Annähern und Befremden stehen im Verhältnis der Figuren aus Ost und West gegeneinander. Das Erzählgefüge, in dem die Denk- und Wahrnehmungssplitter durch prismatisch geformte Sätze vervielfacht scheinen, zeigt, dass es Martynova neben dem Rätsel der Zeit um die Nuancen der Sprache geht. Die Autorin setzt jedes Wort überlegt - und findet poetische Ausdrucksformen, um Gegenwart, Vergangenheit, Erinnerungen und Träume ihrer Protagonistin einzukreisen. (Olga Martynova: "Sogar Papageien überleben uns". Roman. Droschl Verlag, Graz 2010. 208 S., geb., 19, - [Euro].) btro

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Wer angesichts des an Joseph Roth angelehnten Titels Sorge hat, es mit einem ganz auf endzeitliche Reflexionen konzentrierten Roman zu tun zu bekommen, den kann Jörg Plath beruhigen. Die in Sibirien geborene und mittlerweile in Frankfurt am Main lebende Autorin Olga Martynova erzählt von einem deutsch-russischen Paar, das sich 1986/87 in Leningrad kennen lernt und das 20 Jahre später nach der zeitgeschichtlich erzwungenen Trennung und anderweitigen Ehen über eine Heirat nachdenkt, fasst der Rezensent zusammen. Schlechterdings großartig findet es der Rezensent, wie frei und souverän sich die Autorin durch Raum und Zeit bewegt und mal durch die "Leningrader Intellektuellenboheme", mal zu toten Dichtern und Literaten wie Joseph Brodsky oder Daniil Charms oder gar ins 5. vorchristliche Jahrhundert mäandert. Martynovas Roman kann man an jeder beliebigen Stelle aufschlagen und zu lesen beginnen wie einen Gedichtband, versichert der begeisterte Plath, der an dieser Stelle darauf hinweist, dass die Autorin tatsächlich auch als Lyrikerin hervorgetreten ist. Nebenbei würden anstrengungslos Themen der Moderne eingeflochten, und so ist für Plath dieser Roman ein wunderbar "schwebendes Buch", in dem die "Zeit zum (Erzähl-)Raum" wird, wie er schwärmt.

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