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Der Imam der bayerischen Gemeinde Penzberg ist eine Symbolfigur für die geglückte Integration einer muslimischen Gemeinschaft in ein ausgeprägt selbstbewusst-traditionelles Milieu. Er repräsentiert einen weltoffenen, loyalen und transparenten Islam und widerlegt mit seiner Reform-Moschee den Verdacht von der Unvereinbarkeit von Islam und Rechtsstaat. Idriz beschreibt das "Penzberger Modell" und entwickelt daraus eine realistische und vielversprechende Roadmap für ganz Deutschland.
Muslimisches Leben in Deutschland Wegweiser für eine gelungene Integration Debattentitel

Produktbeschreibung
Der Imam der bayerischen Gemeinde Penzberg ist eine Symbolfigur für die geglückte Integration einer muslimischen Gemeinschaft in ein ausgeprägt selbstbewusst-traditionelles Milieu. Er repräsentiert einen weltoffenen, loyalen und transparenten Islam und widerlegt mit seiner Reform-Moschee den Verdacht von der Unvereinbarkeit von Islam und Rechtsstaat. Idriz beschreibt das "Penzberger Modell" und entwickelt daraus eine realistische und vielversprechende Roadmap für ganz Deutschland.

Muslimisches Leben in Deutschland
Wegweiser für eine gelungene Integration
Debattentitel
Autorenporträt
Benjamin Idriz, 38, geboren in Mazedonien ist Imam der muslimischen Gemeinde in Penzberg und Initiator des "Zentrum für Islam in Europa- München" (ZIEM)
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.02.2011

Theologische Baustelle
Auf dem Fundament des Islam errichtet der Imam
Benjamin Idriz das Gebäude der Demokratie
Benjamin Idriz ist eine umtriebige Persönlichkeit. Den meisten ist er als Imam der oberbayerischen Kleinstadt Penzberg bekannt, deren Moschee als Vorzeigemodell für das anspruchsvolle Zusammenwirken von Islam und moderner Architektur gilt. Der gebürtige Mazedonier steht auf der einen Seite unter Beschuss, weil ihm der bayerische Verfassungsschutz vorwirft, mit Islamisten in Kontakt zu stehen. Auf der anderen Seite stellt der 39-Jährige den Prototyp des integeren und gebildeten Theologen dar. Er vertritt einen Islam, der im besten Sinne zeitgemäß ist. Nun hat er ein Buch geschrieben: „Grüß Gott, Herr Imam“. Schon der Titel lässt anklingen: Im Grunde soll es sich um eine Manifestation des berühmten Satzes von Bundespräsident Christian Wulff handeln: „Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“
Eine unserer ersten Begegnungen hatten Benjamin Idriz und ich vor einiger Zeit am Bosporus. Ein heißer Sommertag neigte sich dem Ende. Wir standen im Garten der prachtvollen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Tarabya, dem noblen Vorort Istanbuls. Bei uns war ein ranghohes Mitglied der türkischen Religionsbehörde. Wir unterhielten uns auf Arabisch. Das Gespräch drehte sich um die Ausbildung von Imamen. Ich fragte den Mann mittleren Alters, ob in der Türkei auch Imaminnen arbeiteten. Er entgegnete, eine nennenswerte Zahl gebe es nicht, und schob hinterher: „Wozu auch? Gibt es nichts Wichtigeres als Frauen im Islam?“ Ich blickte Idriz an, dem ob der geschnalzten Antwort ebenfalls der Mund offen stand. Als er sich gefangen hatte, erhob er Einspruch. Und ich dachte: „Ein Imam, der offen Stellung bezieht. Respekt.“
Entsprechend gespannt war ich also auf sein Buch und speziell auf das Kapitel „Frauen im Islam“. Am theoretischen und praktischen Umgang mit diesem Thema scheiden sich die Geister unter muslimischen Theologen immer noch am deutlichsten. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Idriz knüpft nahtlos an seine Worte in Tarabya an.
Er postuliert nicht nur die Gleichwertigkeit von Mann und Frau, sondern die Gleichberechtigung und führt diesen Gedanken konsequent fort. Zwangsverheiratung brandmarkt der studierte Theologe als unislamisch – „es ist ein Rückfall in die heidnische Zeit“. Die umstrittene Stelle in Sure 4, Vers 34, die manche als Plazet für das Schlagen der Ehefrau nehmen, will er philologisch als „trennt euch von ihnen“ verstanden wissen. Die klassisch islamische Erbverteilung, die Söhnen mehr zugesteht als Frauen, verwirft Idriz als überholt. Und in der innerislamisch heiklen Kopftuchfrage konstatiert er mutig, dass es aus heutiger Sicht einen zeitgemäßen Schutz von Reizen zu gewährleisten gelte. Das heißt, die Frau hat sowohl die Freiheit, ihr Haar als Reiz zu verstehen und zu bedecken, als auch die Freiheit, ebendies nicht zu tun und ein Kopftuch abzulehnen.
Mit all dem spricht der Korankenner freilich nichts an, was islamische Theologinnen nicht schon längst gesagt hätten. Bemerkenswert ist seine Darlegung, weil er als einer der wenigen männlichen Islamgelehrten in Deutschland in dieser Frage unmissverständlich Stellung bezieht. Zudem sind seine Aussagen theologisch geerdet: Er bezieht sich auf den Koran, blickt auf die Hadithe und arbeitet sich an den Argumentationslinien der klassischen Gelehrten entlang. Mag er gelegentlich Belege schuldig bleiben, so unterscheidet ihn das doch deutlich von anderen modernen Ausdeutern des Islam.
Das Frauen-Kapitel ist eines der letzten und bildet so etwas wie den Höhepunkt. Es zeigt am eindrücklichsten, wie Idriz als praktischer Theologe vorgeht und wie er seine Hauptthese begründet: dass Islam und Demokratie vereinbar seien. Nach einigen grundlegenden Ausführungen zu Theologie, Scharia, Politik und die aktuelle Situation des Islam in Deutschland kommt der Penzberger zu dem Schluss, dass diese Kompatibilität geradezu eine Selbstverständlichkeit sei – was vor allem daran liegt, dass die Scharia eben ein Ergebnis von Interpretationen ist.
So wie die Rolle der Frau vor dem gesellschaftlichen Hintergrund der jeweiligen Epoche zu betrachten ist, seien es auch die anderen „Baustellen der islamischen Theologie“. Die Sprache des Islam „hat vernunftbetont, menschenzentriert und zeitgemäß zu sein“, verlangt der deutsche Imam. Festgefahrene Dogmen müssten sich ändern, wolle man nicht in einer „Sackgasse“ landen. Dazu gehört seiner Meinung nach auch die Umwandlung der zumeist vertikalen Verhältnisse – Gott-Mensch, Text-Vernunft, Jenseits-Diesseits, Religion-Staat – in horizontale. Auf dem Weg zu seinem Ziel durchschreitet er das Tor des Idschtihad, um jene Metapher zu benutzen, mit der das aus Sicht orthodoxer Sunniten vor Jahrhunderten eingeführte Verbot eigenständiger Auslegung islamischer Quellen beschrieben wird. Seine Vorgehensweise ist weitgehend schlüssig und wirkt authentisch.
Selbstverständlich muss man Idriz’ Buch auch als Antwort auf seine Kritiker verstehen. Aber was auch immer über ihn und seine Vergangenheit kolportiert wird – das Buch ist ein Bekenntnis, auf das man ihn festnageln kann.   Benjamin Idriz hat dem immer stärker werdenden Bemühen um eine Weiterentwicklung des Islam einen großen Dienst erwiesen. Von einigen Seiten wird ihm vorgehalten, „seine“ Religionsauffassung stelle bloß eine exotische Minderheitenmeinung dar. Für das Spektrum der zeitgenössischen Theologen mag das zutreffen. Im gelebten Glauben der meisten Muslime hingegen ist seine Vorstellung von Religion zu großen Teilen längst Realität. Und auch die jüngsten Versuche, ihm aus Bezügen zu Theologen wie dem Bosnier Husein Djozo, der in der Handschar-Division der Waffen-SS gedient hat, einen Strick zu drehen, scheinen konstruiert. So hat denn auch das Magazin Focus, das den Eindruck einer geistigen Verbundenheit erweckt hatte, sich mittlerweile öffentlich bei ihm entschuldigt. Vielleicht sollte man künftig statt nach Benjamin Idriz eher danach fragen, warum manche so ein großes Interesse daran haben, einem modernen Vertreter des Islam Steine in den Weg zu legen. LAMYA KADDOR
BENJAMIN IDRIZ: Grüß Gott, Herr Imam! Eine Religion ist angekommen. Diederichs Verlag, München 2010. 222 Seiten, 16.99 Euro.
Die Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin Lamya Kaddor ist Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes.
Das Wesen der Scharia liegt
in ihrer Auslegung
Idriz’ Buch ist ein Bekenntnis,
auf das man ihn festnageln kann
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2011

Zwingt unsere Kinder zum Schulbesuch!

Der bayerische Imam Benjamin Idriz setzt auf die Aufklärung der Muslime im Bündnis mit dem Staat. Trotzdem misstraut ihm der Verfassungsschutz.

Von Patrick Bahners

Nach der Fusion von Amazon und Google wird ja bestimmt ein Programm Amagoogle Bookcase View aufgelegt werden, das die Lokalisierung jedes auf der Welt gedruckten Buches erlaubt. Auch ohne die entsprechenden Algorithmen kann man heute schon mit Gewissheit behaupten, dass sich ein Exemplar des Buches "Grüß Gott, Herr Imam!" von Benjamin Idriz in der Knorrstraße 139 im Münchner Stadtteil Milbertshofen befindet. Dort sitzt nämlich das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, das Idriz, dem Imam der Islamischen Gemeinde Penzberg (IGP), seit Jahren besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Vor einigen Tagen stellte Innenminister Joachim Herrmann den Bericht für das Jahr 2010 vor. Dort heißt es mit implizitem Bezug auf das vorliegende Buch: "Der Imam der IGP hat im Berichtsjahr verschiedene Veröffentlichungen herausgegeben, in denen er für einen mit dem Grundgesetz vereinbaren Islam eintritt." Idriz behält seinen für Bürger im Staat des Grundgesetzes höchst gefährlichen Status: Er wird in Verfassungsschutzberichten "erwähnt".

Das Kultusministerium rät Lehrern deshalb davon ab, mit ihren Klassen die Moschee zu besuchen. Vergeblich hat die Gemeinde versucht, dem Geheimdienst die Erwähnung gerichtlich untersagen zu lassen. Ihre Niederlage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat ihr die Erwähnung im jüngsten Bericht gesichert. Zwar lautet dort der letzte Satz: "Neue Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergaben sich im Berichtsjahr jedenfalls nicht." Aber davor steht, es bleibe "abzuwarten", ob in der in diesem Buch zum Ausdruck gebrachten "Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen ist".

Das Buch ist ein radikales theologisches Manifest, das durch Freilegung des ursprünglichen Universalismus der koranischen Offenbarung den Nachweis führen will, dass der Glaube der Muslime nicht nur nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats steht, sondern eigene Gründe für diese Prinzipien liefert. Idriz geht sogar so weit, die "Sicherheit der Menschen und des Landes" als "islamischen Wert" auszuweisen, also den Verfassungsschutz buchstäblich aus dem Koran herzuleiten. "Wenn eine offenkundige Gefahr vorhanden ist, so ist es ein Gebot unserer Religion, mit den staatlichen Institutionen zu kooperieren."

Erklärt sich die Vorsicht, mit der die Behörde diese Lehren aufgenommen wissen möchte, daraus, dass sich im Schriftenverzeichnis des Imams ältere Publikationen finden, in denen er das Gegenteil vertrat und Doktrinen extremistischer Organisationen propagierte? Oder ist dokumentiert, dass die Praxis der islamischen Unterweisung in seiner Moschee im Widerspruch zu den staatsfrommen Bekundungen steht? Nichts davon ist der Fall. Die Ortspolitiker und Pfarrer in Penzberg verbürgen sich für den Imam, dessen Plan, in München ein Zentrum für Imamausbildung zu gründen, auch in der Münchner CSU entschiedene Fürsprecher hat.

Als Indizien für Extremismus führt der Verfassungsschutz die frühere Mitgliedschaft leitender Gemeindeangehöriger in der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs an sowie ein Telefongespräch, in dem Ibrahim El-Zayat, die graue Eminenz des politischen Islam in Deutschland, dem Imam dessen Distanzierung von Milli Görüs zum Vorwurf machte. Die Gemeinde sei ein Beispiel für "formal nach außen hin vollzogene Distanzierungsbemühungen", steht im Verfassungsschutzbericht für 2008. Außer Formalien hat die Behörde aber gar keine Belege für ihre Darstellung vorzuweisen. In der Affäre um Imam Idriz begegnet uns die Hermeneutik des Verdachts, die von der deutschen Auseinandersetzung mit dem Islam Besitz ergriffen hat, in der gefährlichsten Variante: der des amtlichen Handelns.

Der aus Mazedonien stammende Imam beruft sich auf bosnische Theologen, die schon unter österreichischer Herrschaft den Anschluss des Islam an die europäische Zivilisation herstellen wollten und auf die Nachhilfe einer energisch modernisierenden Obrigkeit setzten. Zustimmend zitiert Idriz einen solchen "Reformator", der den k. u. k. Behörden fehlgeleitete Rücksicht auf die Religion vorhielt: "Sie hätten uns zwingen sollen, unsere Kinder in die Schulen zu geben, sie hätten uns zwingen sollen, den Frauen einen anderen Status in der Familie und Gesellschaft zu geben, wie ihn die neue Zeit verlangte."

Die Offenheit für die Forderungen veränderter Zeiten möchte Idriz als den Grundgedanken der Gestaltung innerweltlicher Verhältnisse nach den Maßgaben des Propheten erweisen, als das Wesen der Scharia, des islamischen Rechts. Er unterscheidet "zwei Formen des Islam", den wahren und einen nach dem Tod des Propheten verfälschten. Muslimische Herrscher hätten den Islam politisch instrumentalisiert und auch jenseits der Sphäre der Glaubenswahrheiten dogmatisiert. Der apologetische Zweck dieser Geschichtskonstruktion liegt auf der Hand. Aber wer von den Muslimen eine Reformation verlangt, sollte sich daran erinnern, dass auch die christlichen Reformatoren der Glaube beseelte, die Urkirche wiederherstellen zu können. Entscheidend ist, dass Idriz eine theologische Kritik des Syndroms der politischen und geistigen Starrheit fordert, für die der Anspruch des Korans, die letzte Offenbarung zu sein, als Rechtfertigung herhalten musste.

Dass nach traditioneller Lehre ein Muslim das Glaubensbekenntnis nicht widerrufen darf, ist eine mit den modernen Menschenrechten nicht zu vereinbarende Konsequenz des islamischen Universalismus, des schönen Gedankens, dass jeder Mensch als Muslim geboren wird und durch Sprechen der Bekenntnisformel in die Urgemeinschaft der Menschheit heimkehrt. Im Fall Penzberg agiert der Verfassungsschutz als Inquisition, die sich ihre Ketzer erfindet. Warum soll sich irgendein Muslim zum Grundgesetz bekehren, wenn man Benjamin Idriz sein Bekenntnis nicht abnehmen will?

Benjamin Idriz: "Grüß Gott, Herr Imam!" Eine Religion ist angekommen.

Diederichs Verlag, München 2010. 224 S., br., 16,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die hier rezensierende Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin Lamya Kaddor begrüßt Benjamin Idriz' Buch "Grüß Gott, Herr Iman!". Sie schätzt den Iman und Islamgelehrten für seine Integrität und seinen Mut. Schlüssig führt er ihres Erachtens vor Augen, dass Islam und Demokratie keinen Widerspruch darstellen. Zudem hebt sie hervor, dass Idriz konsequent die Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Mann und Frau postuliert. Auch in theologischer Hinsicht findet Kaddor die Ausführungen des Autors überzeugend. Ihr Fazit: ein verdienstvolles Buch, das die Bemühungen um eine "Weiterentwicklung des Islam" voranbringt.

© Perlentaucher Medien GmbH