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25 Kundenbewertungen

Der hoch sensible Anti-Star des Rock´n´Roll füllte 23 Notizbücher mit insgesamt 800 eng beschriebenen Seiten. Unter den Schriftstücken befinden sich auch zahlreiche Briefe an Cobains verschiedene Geliebte, beeindruckende Illustrationen von Cobain und Privatfotos. "Die Tagebücher" versammeln eine Auswahl aus dem bislang unveröffentlichten Material.

Produktbeschreibung
Der hoch sensible Anti-Star des Rock´n´Roll füllte 23 Notizbücher mit insgesamt 800 eng beschriebenen Seiten. Unter den Schriftstücken befinden sich auch zahlreiche Briefe an Cobains verschiedene Geliebte, beeindruckende Illustrationen von Cobain und Privatfotos. "Die Tagebücher" versammeln eine Auswahl aus dem bislang unveröffentlichten Material.
Autorenporträt
Cobain, Kurt
Kurt Cobain, geboren 1967 in der Nähe von Seattle, Songwriter und Sänger der mit zahlreichen Platinplatten ausgezeichneten Band "Nirvana", erschoss sich am 8. April 1994 in seinem Haus in Seattle, wo er mit seiner Frau Courtney Love und der gemeinsamen Tochter Frances Bean lebte.
Rezensionen
Protest, Verzweiflung, Drogen - das Leben des Kurt Cobain
Lesen oder lieber nicht lesen? Wird Kurt Cobain, der Anti-Held und Kritiker des Pop- & Rock-Business, jetzt selbst kommerzialisiert, wie viele Fans befürchten? Wer die Tagebücher aufschlägt, findet auf der ersten Seite Kurts - eindeutig zweideutige - Antwort auf die Eingangsfrage: "Lies nicht in meinem Tagebuch, wenn ich weg bin. OK, ich geh jetzt zur Arbeit. Wenn du heut morgen aufwachst, lies bitte in meinem Tagebuch. Durchwühl meine Sachen und mach dir ein Bild von mir."
Persönliche Notizen, Briefe, Zeichnungen, Song-Texte, Film-Konzepte
Seit 1988 hat Kurt Cobain Tagebuch geführt. Mehr als zwanzig dieser Notizbücher haben seine Umzüge überstanden und wurden nach seinem Tod in einem Safe verwahrt. Nach der amerikanischen Edition ist im Herbst 2002 eine deutschsprachige Ausgabe erschienen, in der neben der deutschen Übersetzung fast alle Texte als Faksimile abgedruckt sind. So kann der Leser das amerikanische Original, das sehr gut lesbar ist, parallel mitverfolgen.
punk rock means freedom (Kurt Cobain)
In seiner ganzen Widersprüchlichkeit bleibt Kurt Cobain alias Kurdt Kobain, wie er sich als Musiker auch nennt, seinen Idealen treu. Kurt meint es ernst und ehrlich, er ist ein Freiheitsfanatiker, (selbst-)kritisch bis zur Verzweiflung. Immer wieder denkt er über seine Herkunft und Familie nach, die er dem "white trash" zurechnet, und plant seine Karriere als Musiker und Bandleader von NIRVANA. Er kritisiert den typisch amerikanischen Lifestyle, die Auswüchse des Pop-Business und schreibt über seine Drogensucht und seine Magenschmerzen, die er mit Heroin zu kurieren versucht.
Ein ehrgeiziges Projekt
Die Herausgeber und Übersetzer haben es sich nicht leicht gemacht, soviel wird an der Übersetzung deutlich, die inhaltlich und auch im Zeilenfall dem Originalmanuskript genau folgt. Dennoch sollten Fans ihre Erwartungen nicht zu hoch ansetzen: Beide Ausgaben, die amerikanische und die deutsche Ausgabe, enthalten nur das Textmaterial, das Courtney Love als Nachlassverwalterin und die Riverhead-Verlegerin Julie Grau freigegeben haben. Gegenüber der amerikanischen Ausgabe ist dieses Material noch ein wenig gekürzt worden: Die deutsche Ausgabe ist ein kommentierter Auszug aus dem Material der amerikanischen Ausgabe, wobei - so die Angabe des Verlages - alle Texte enthalten sind, die aufschlussreiche Selbstzeugnisse enthalten.
Ein Einblick in die Seele Kurt Cobains
Die Tagebücher sind keine wissenschaftliche Edition - was fehlt, sind ausführliche Kommentare, eine Zeittafel und Hinweise, wann welche Einträge entstanden sind. Trotz dieser Einschränkungen - Die Tagebücher sind - neben seiner Musik - über viele Jahre ein ganz wesentliches Ausdrucksmittel für Kurt Cobain gewesen. Ergänzend dazu ist vor allem die Cobain-Biografie Der Himmel über Nirvana von Charles R. Cross zu empfehlen, die jede Menge Hintergrund-Informationen bietet. (Birgit Kuhn)

"Das Buch gibt einen unschätzbaren Einblick in die Seele des wohl wichtigsten Rock-Künstlers der 90er, eines brillianten, aber auch selbstzerstörerischen Songwriters, dessen beste Arbeiten vielleicht sogar noch vor ihm lagen."
(Entertainment Weekly)

"Cobain auf Papier ist eine Ansammlung von Widersprüchen: in einem Moment auf berührende Weise verletzlich, im nächsten ungeheuer sarkastisch."
(Observer)

"Kaum ein Künstler hat die moderne Rockmusik der Post-Punk-Ära derartig nachhaltig beeinflusst wie Kurt Cobain. Mit seiner Band Nirvana gelang Cobain Anfang der 90er Jahre ein Geniestreich. In einer Garage im tristen, regenverhangenen Seattle schuf er einen völlig neuen Sound, der ohne die Strukturen des mächtigen Big-Business schnell die USA eroberte. Die vorliegenden Tagebücher liefern ein intimes, ungeschöntes Porträt eines Künstlers mit enormem Einfluss ..." (Buchreport)

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.11.2002

Oh, der Erfolg! Die Schuldgefühle!
Sollen sie doch Vinyl essen: In seinen Tagebüchern rechnet Kurt Cobain mit allen und mit sich selbst ab
„Irgendwas stimmt nicht mit dem Typen”, soll William Burroughs gesagt haben, nachdem ihn Kurt Cobain 1993 in Lawrence, Kansas, besucht hatte: „Er runzelt andauernd ganz ohne Grund die Stirn”. Burroughs hatte Recht damit, dass etwas nicht stimmte mit dem Jungen. Aber er lag falsch, was das Stirnrunzeln betraf: Cobain hat zu dem Zeitpunkt schwere Magenprobleme, ist chronisch drogenkrank und beschreibt sich selbst als „magersüchtigen Borderline-Auschwitz-Grunge-Boy.” Vielleicht runzelte Cobain an jenem Nachmittag, auf den er so stolz war, dass er ihn in seinem Tagebuch mehrfach erwähnte, auch nur deshalb die Stirn, weil er darüber nachdachte, wie es dazu kam, dass er plötzlich zum „Produkt einer griffig verpackten Industrierebellion” geworden war.
So schreibt er es in seinem Tagebuch, irgendwann 1992. Cobain hat die sporadischen Aufzeichnungen in seinen Notizbüchern nie datiert, aber die Industriemaschine war zur Zeit dieses Eintrags schon über ihn und seine beiden Freunde hinweggefegt: „Nevermind” war herausgekommen, dieses wohl wichtigste Album der Neunziger, in dem das an Industrielärm erinnernde Gitarrengetöse mit den tranig-traurigen Melodien und der kehligen Stimme von Kurt Cobain, die immer klang, als hätte er statt der Stimmbänder abgearbeitetes Schmirgelpapier im Hals, zum Soundtrack der GenerationX verschmolzen und zu etwas, was die Magazine zur „Grunge-Revolution” hochjazzten.
Und er selbst, Kurt Cobain, der aus einem Kaff 70 Meilen hinter Seattle stammte und noch drei Jahre zuvor auf einem seiner Spiralblöcke Anzeigen entwarf für das Zweimann-Putzunternehmen „Pinetree”, bestehend aus ihm und dem Bassisten Krist Novoselic („freundlich, sauber, pünktlich”), er war plötzlich die lebende Anti-These zur allgemeinen speckgenährten Zufriedenheit des Spätkapitalismus. Der New Musical Express erklärte ihn zu einem Heiligen, „weil er wirklich leidet für seine Kunst”. Oh Mann, schreibt Cobain entnervt, „ich habe so viele lächerliche Freud-für-Arme- Einschätzungen meiner Persönlichkeit gelesen, und dass ich ein selbstzerstörerischer, dabei jedoch übersensibler, zerbrechlicher, narkoleptischer, neurotischer kleiner Wichtigtuer bin, der sich irgendwann eine Überdosis verpassen, vom Dach springen und überschnappen und den Kopf wegschießen wird, oder alles drei zusammen, weil ich mit dem Erfolg nicht klarkomme! Oh, der Erfolg! Die Schuldgefühle! Ich fühle mich ja so schrecklich schuldig! Schuldig, weil ich unsere wahren Weggenossen im Stich gelassen habe. Die Getreuen, die in zehn Jahren immer noch in Freizeitparks pilgern werden, wo Nirvana-Reunion-Gigs stattfinden, gesponsort von Inkontinenz-Windeln, kahl, fett und immer noch krampfhaft am Rocken, samstags Puppentheater, Achterbahn & Nirvana.”
Zehn Jahre später ist Kurt Cobain schon acht Jahre tot. Aber der Herbst 2002 hat wirklich etwas von einem Reunion-Devotionalien-Festival: Im September wurde bei Ebay Kurt Cobains Jugendzimmer versteigert. Im Oktober kam ein Best-Of-Album von Nirvana heraus, und jetzt erscheinen die Tagebücher, ediert – und damit wohl oder übel zensiert – von seiner Frau Courtney Love. „Lies nicht in meinem Tagebuch, wenn ich weg bin”, steht ganz am Anfang. Aber Courtney Love ist nicht mehr jung und braucht wahrscheinlich das Geld. So lesen wir, obwohl er längst weg ist.
Cobain hat über die Jahre etwa zwanzig Spiralblöcke voll geschrieben, mit Liedtexten, angefangenen und nie abgeschickten Briefen an seine Freunde – eine furiose Attacke auch auf „EmpTyV” –, mit immer neuen Listen von Lieblingsbands und -songs und Hasstiraden auf die Industrie und die ignorante Musikjournaille. Wer hofft, hier Tourerlebnisse oder Rock-Trivia aus dem Alltag eines Idols zu erfahren, wird enttäuscht: Das banale Leben kommt kaum vor, Courtney hat ganz beiläufig, auf Seite 229 erst, ihren ersten Auftritt: „Also entgifteten Courtney und ich in einem Hotelzimmer.” Sie kommt nur noch einmal vor, kurz darauf, in einem Liebesgedicht, das heute, selbst in der etwas holprigen Übersetzung , unheimlich wirkt: „Ich trage dich auf der Zunge. Ich breite dich weit aus, mit der Flügelspanne eines Pfaus, wenn auch viel zu oft mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Kopfschusses.”
Die Tagebücher sind eine Art Baustelle, nicht nur wegen der Brief- und Songskizzen. Sie sind auch Baustelle einer Persönlichkeit: Cobain ist in seinen Notizen widersprüchlich, mal verletzlich, dann wieder grobklotzig, mal reflektiert er die Mechanismen des Ruhms exakt, dann geht er darüber hinweg. Vor allem aber sucht er immer aufs Neue nach Möglichkeiten, den Punk-Rock voranzubringen, wissend, dass Ende der Sechziger eigentlich Schluss warmit dem Traum vom anderen Leben. In einem Brief an seinen Vater wirft er dessen Generation vor, dass sie einer Veränderung der Verhältnisse so nahe gekommen sei, aber sich träge mit Konsum und Vorabendfernsehen eingerichtet habe. Cobain hat einen grimmigen Humor, wenn er die Horrorvision vom gealterten Star im Establishment singt und seine Lieblingsfeinde angreift: „Ich würde nur dann ein Batikhemd anziehen, wenn es mit dem Blut von Gerry Garcia und dem Urin von Phil Collins hergestellt wurde.” Mit dem sarkastischsten Tonfall aber knöpft er sich den Superstar Kurt Cobain vor. In einem Brief an Simon Timony von den Stinky Puffs bittet er diesen, einige Zeichnungen für das Cover der neuen Platte zu zeichnen, für das Album von 1993, das schließlich „In Utero” hieß, dem er damals aber noch den „ziemlich negativen, aber auch irgendwie lustigen” Titel „I Hate Myself And I Want To Die” geben wollte.
„I like sincerity. I lack sincerity. Dies sind keine Standpunkte. ” Immer wieder fragt er sich, wie die Kraft der Rockmusik neu belebt werden kann. Um dann mit zynischem oder dionysischem Lachen zu konstatieren, dass das doch alles vergebliche Liebesmüh sei: „Sollen sie doch Vinyl essen. Ich werde dank meines Kultstatus noch jahrelang meinen untalentierten, sehr ungenialen Arsch zu Markte tragen.” Neun Seiten später, in einem Hotel in Rom, hat er einen Selbstmordversuch unternommen.
„Hey, hey, my, my”, singt Neil Young am Anfang von „Out of the Blue and Into the Black”, dem Song, den Cobain in seinem Abschiedsbrief zitiert, „rock and roll will never die.” In seinem Tagebuch wirkt es, als habe er sich auch deshalb umgebracht, weil er wusste, dass das kompromisslose Leben und der Mythos vom Rock etwas lächerlich Anachronistisches hatten angesichts des zähflüssig-indifferenten Breis der Mainstreamkultur.
Das Tagebuch bricht ab mit dem Selbstmordversuch an jenem 3. März in Rom. Zuvor hatte er eine Sendung gesehen, in der Jean-Claude van Damme über einen seiner Filme sprach: „Ja, das nenn’ ich Entertainment”, kommentierte Cobain, „zusehen, wie Sylvester Stallone sich mit diesem Oh-Ähm- Fred-Feuerstein-Akzent durch ein Interview mogelt”.
ALEX RÜHLE
KURT COBAIN: Tagebücher. Herausgegeben und übersetzt von Clara Drechsler und Harald Hellmann. Kiepenheuer und Witsch, Köln, 2002, 338 Seiten, 19,90Euro.
„Mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Kopfschusses”: Am 8. April 1994 erschoss sich Kurt Cobain in seinem Haus in Seattle.
Foto:
AP / Seattle Times / Tom Reese
„Unser endgültiger Name ist Nirvana!” tönt es von einer der ersten Seiten und daneben, klein, wie die Stimme eines sarkastischen Fans im dunklen Konzertsaal: „Uh, uuunheimlich, was’n mystisches Verhängnis!” Abb.: Kiepenheuer und Witsch
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