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`Und niemand soll wagen zu behaupten, ich hätte das alles nicht gesehen, gehört und gespürt. Denn ich habe es am eigenen Leib erlebt.´ Anna Politkovskaja
Vladimir Putin hat seit seinem Amtsantritt im März 2000 Russland radikal verändert. Ob Pressefreiheit oder Unabhängigkeit der Justiz - ein autoritäres, "neo-sowjetisches" Russland ist entstanden: Putins Russland.Die russische Bevölkerung folgt mehrheitlich der präsidialen Propaganda, die westlichen Staatsmänner praktizieren Männerfreundschaft. Alle Kritik an Putins Kurs, vor allem gegenüber der tschetschenischen Bevölkerung, die…mehr

Produktbeschreibung
`Und niemand soll wagen zu behaupten, ich hätte das alles nicht gesehen, gehört und gespürt. Denn ich habe es am eigenen Leib erlebt.´ Anna Politkovskaja

Vladimir Putin hat seit seinem Amtsantritt im März 2000 Russland radikal verändert. Ob Pressefreiheit oder Unabhängigkeit der Justiz - ein autoritäres, "neo-sowjetisches" Russland ist entstanden: Putins Russland.Die russische Bevölkerung folgt mehrheitlich der präsidialen Propaganda, die westlichen Staatsmänner praktizieren Männerfreundschaft. Alle Kritik an Putins Kurs, vor allem gegenüber der tschetschenischen Bevölkerung, die mittlerweile um ein Viertel dezimiert ist, verhallt ungehört.

Anna Politkovskaja, Russlands bekannteste Journalistin, die bei der versuchten Berichterstattung über die Geiselnahme im kaukasischen Beslan zum Ziel eines Anschlags wurde, erhebt ihre kritische Stimme: eindringlich und warnend. Ein Appell.

Nach ihrem Aufsehen erregenden und international ausgezeichneten Buch Tschetschenien. Die Wahrheit über den Krieg (2003) dokumentiert Anna Politkovskaja die Wahrheit über Putins neues autoritäres Reich.
Anna Politkovskaja beschreibt, faktengesättigt und auf der Grundlage eines nicht zu überbietenden Zugangs zu ihren Informanten, den mächtigen Apparat des Geheimdienstes, dem Putin entstammt; die unerträglich brutalen und korrupten Verhältnisse in der Armee und in einer käuflichen Justiz; die Oligarchen-Mafia in der Industrie; das bestechliche Geflecht aus Nomenklatura und Zentralverwaltung; die zunehmende Rechtlosigkeit von ganzen Bevölkerungsgruppen und den neuen russischen Rassismus.
In Russland ist Stabilität eingekehrt, in beängstigender Form, mit einem zynischen Vladimir Putin, der über Leichen geht, an der Staatsspitze. Schärfer kann die Diagnose nicht ausfallen, die Anna Politkovskaja in ihrer Reportage In Putins Russland stellt.
Anna Politkovskaja ist die bekannteste russische Journalistin, die mit ihren Berichten und Reportagen über Tschetschenien Berühmtheit erlangt hat. Sie arbeitet für die Moskauer Zeitung Novaja Gazeta und hat als Korrespondentin seit dem Anfang des zweiten Tschetschenien-Krieges im September 1999 viele Monate in der vom Krieg verwüsteten Kaukasus-Republik verbracht.
Von Putins Russland wird ihre Berichterstattung mit Argwohn betrachtet, von der Armee wurde sie inhaftiert, und wegen Morddrohungen musste sie sich eine Zeit lang in den USA aufhalten.
Während des Dramas um die Geiseln im Moskauer Musical-Theater verhandelte sie über Stunden mit den Rebellen und übermittelte deren Forderungen. Beim Versuch, im September 2004 über die Geiselnahme im kaukasischen Beslan zu berichten, wurde sie zum Ziel eines Anschlags.

Sie sagt: »Gegen mich sind etliche Strafverfahren angestrengt worden, Morddrohungen sind an der Tagesordnung. Aber ich scheue das Risiko nicht, das gehört zum Beruf.«

Autorenporträt
Anna Politkowskaja wurde 1958 geboren. Sie war die bekannteste russische Journalistin, mit ihren Berichten und Reportagen über Tschetschenien erlangte sie Berühmtheit und wurde dafür mit zahlreichen Preisen geehrt: 2001 erhielt sie den Preis der russischen Journalistenunion und 2005 den Olof-Palme-Preis sowie den Leipziger Medienpreis.
Sie arbeitete für die Moskauer Zeitung 'Nowaja Gaseta' und verbrachte seit dem Anfang des zweiten Tschetschenien-Krieges im September 1999 viele Monate als Korrespondentin in der Kaukasus-Republik. Am 7. Oktober 2006 wurde Anna Politkowskaja in Moskau erschossen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.06.2005

Kremlherrscher und Kanzlerfreund
Der russische Präsident Putin wird im "Schröder-Deutschland" oft zu positiv beurteilt

Anna Politkovskaja: In Putins Rußland. Aus dem Russischen übersetzt von Hannelore Umbreit und Ulrike Zemme. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2005. 314 Seiten, 19,90 [Euro].

Gernot Erler: Rußland kommt. Putins Staat - der Kampf um Macht und Modernisierung. Herder Verlag, Freiburg 2005. 190 Seiten, 8,90 [Euro].

Zwei Bücher, ein Thema, null Gleichklang. Es geht um Putin, um Putins Rußland: zum einen aus russischer, hochgradig gefühlsbetonter Sicht, zum anderen aus deutscher, zwar keineswegs kritikloser, aber doch verständnisvoller Betrachtungsweise. Zu den Schwerpunkten zählen in beiden Fällen der - im Gegensatz zu den Behauptungen der Kreml-Führung immer noch andauernde - Tschetschenienkrieg mit seinen terroristischen Auswüchsen, dann die Zerschlagung des einst selbst von Putin als privatwirtschaftliche Erfolgsgeschichte beschriebenen Jukos-Konzerns mit dem nun von Staats wegen zum oligarchischen Unhold erklärten Michail Chodorkowskij an der Spitze.

Anna Politkovskaja, seit längerem schon als ebenso scharfe wie mutige Anklägerin der russischen Kriegführung in Tschetschenien und damit als Kritikerin jenes Mannes bekannt, dem nicht zuletzt dieser Krieg im Jahre 2000 zum Amt des Staatspräsidenten verhalf, stellt gleich zu Anfang klar, welche Absicht sie mit ihrem Buch verfolgt: dem "gegenwärtigen Schröder-Deutschland" ins Gewissen zu reden, es mit der Freundschaft zu Putin nicht zu weit zu treiben. Warum letzterer das nicht verdient habe, sucht die Autorin nach eigenem Eingeständnis indes nicht analytisch zu begründen, sondern anhand "emotionaler Randnotizen". Allerdings ist das insofern eine Untertreibung, als sie ihre zum Teil vernichtende Beschreibung der Zustände in ihrem Land mit Zahlen und Fakten belegt, die weder von der geheimdienstlich durchwirkten Staatsmacht noch von den zumindest in Tschetschenien zur Soldateska verkommenen Militärs ernsthaft zu widerlegen sind. Besonders ausführlich und mit dokumentarischer Akribie zeichnet sie den Prozeß gegen den ehemaligen Oberst Jurj Budanow nach, der, im ersten wie im zweiten Tschetschenienkrieg mit Tapferkeitsorden ausgezeichnet, wegen Entführung und Ermordung einer Tschetschenin zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde, nachdem er zunächst freigesprochen worden war. An diesem Fallbeispiel wird nicht nur die Willkür und Willfährigkeit der russischen Justiz verdeutlicht. Schlimmer noch ist, daß diese Justiz sich nach wie vor sowjetischer Methoden aus der Zeit der Dissidentenverfolgung bedient. So sagte im Fall Budanow zu dessen Gunsten als psychiatrische Gutachterin jene Tamara Petschernikowa aus, die als Professorin am berüchtigten Serbskij-Institut in Moskau 25 Jahre zuvor zur Verurteilung des Menschenrechtlers Alexander Ginsburg beigetragen hatte.

Es ist diese Art von "Kontinuität", die Anna Politkovskaja dem KGB-geschulten Putin im wesentlichen zum Vorwurf macht. Dabei läßt sie sich freilich zu Vergleichen hinreißen, die ihrem ansonsten so faktenreichen Buch nicht eben zuträglich sind. So stellt sie den russischen Präsidenten einerseits in die Reihe allmächtiger früherer Sowjetführer, unterstellt ihm aber zugleich eine bestenfalls "provinzielle Weltanschauung" und mißt ihm schließlich nicht mehr als die Rolle des kleinen Beamten Akaki Akakijewitsch in Gogols Novelle "Der Mantel" zu.

Dazu gewissermaßen als Kontrapunkt: "Wladimir Putins Sehnsucht richtet sich auf die Macht und den Einfluß der Sowjetunion im nationalen Sinne. Gegen den Charme des Kommunismus als ihrer ideologischen Grundlage ist der Kreml-Chef immun. Aber diese aus Sowjetnostalgie gespeiste Nationalideologie der raumgreifenden Stärke Rußlands behindert tatsächlich eine Abgrenzung des Gestern vom Heute und legt der Modernisierung des Landes Steine in den Weg." Gernot Erler, vor allem mit Blick auf Rußland und Südosteuropa wohl einer der kenntnisreichsten SPD-Außenpolitiker, geht das Thema mit mehr Tiefgang an. Das gilt für die Durchleuchtung des komplexen Geflechts von Unterdrückung, Terror und Gegengewalt am Beispiel Tschetscheniens ebenso wie für die Beschreibung des Jukos-Dramas, in dem Erler einen gleichsam exemplarischen Konflikt erblickt. Zwar geht es im letzteren Fall auch um Geld und Steuern, mehr aber um Macht, nach Meinung des Autors gar um eine nationale, ja um eine Frage der Zivilgesellschaft schlechthin. In Sachen Jukos hat sich der Kreml durchgesetzt, um welchen Preis auch immer. Zugleich aber gab es für Putin ein "verlorenes Spiel". So jedenfalls ordnet Erler nicht ohne Grund den Ausgang der von ihm tagebuchartig nachgezeichneten "Orangenen Revolution" in der Ukraine ein. Vorerst weniger begründet mutet hingegen seine Erwartung an, daß Rußland nun gar nicht mehr anders könne, "als seine gesamte Politik und seine Interessen im postsowjetischen Raum gründlich zu überprüfen".

Ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den beiden Autoren gibt es insofern, als auch der SPD-Außenpolitiker den Tschetschenienkrieg als einen Konflikt beschreibt, der die russische Gesellschaft verrohe und einen gegen alles Kaukasische gerichteten Rassismus schüre. Daß das "Schröder-Deutschland" an der Politik Putins nicht den geringsten Anstoß nehme, wie Anna Politkovskaja meint, wird von Erler indes durch einen ganzen Katalog von Forderungen an die Adresse Moskaus widerlegt: Teilautonomie für Tschetschenien; Aufgabe des Anspruchs, russische Interessen im "nahen Ausland" mit Drohungen und Druckmitteln durchzusetzen; kritische Aufarbeitung der gesamten Sowjetzeit; das westliche Muster der Demokratie zur Richtschnur für die politische und gesellschaftliche Entwicklung Rußlands zu nehmen.

Von Putin freilich erwartet sich Erler in dieser Hinsicht offenbar nicht mehr allzuviel. Er setzt vielmehr - und da schlägt seine bedenkenswerte Analyse eben doch in Wunschdenken um - auf "eine neue Generation". Sie ist es, auf die sich auch der Titel des Buches bezieht. Dabei ist es gerade die Vorstellung, daß "Rußland kommt", die nach wie vor mehr Zweifel als Zuversicht, weniger Hoffnung als Unbehagen aufkommen läßt.

WERNER ADAM

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.05.2005

Verdächtige Sympathiebekundungen für Putins Russland
Eine Streitschrift, in der die Politik der Bundesregierung und das Verhalten der deutschen Wirtschaft scharf attackiert wird
Eines sei das Buch nicht, schreibt Anna Politkovskaja in ihrer Einleitung: eine Analyse der Putin-Herrschaft. Es enthalte lediglich „emotionale Randnotizen” zum Leben im heutigen Russland. Allerdings ist dies falsche Bescheidenheit. Das Buch ist sehr wohl analytisch, wenn auch an Werten ausgerichtet und mit großem persönlichem Engagement geschrieben. Es beschreibt und bewertet anhand von konkreten Fällen und unter Auswertung umfangreicher Prozessakten und Interviews Entwicklungen in Russland, die Anlass zu Besorgnis geben. Dazu gehören die Stärkung der Macht des Geheimdienstes, dem Putin entstammt; die Verfilzung von organisiertem Verbrechen, Polizei und Justiz; das Entstehen mafioser Strukturen, die eng mit bestechlichen Verwaltungsbeamten auf regionaler und zentraler Ebene verflochten sind; die Schaffung einer Atmosphäre der Angst, in der kritischer Journalismus verkümmert; von staatlichen Organen geduldete Aktivität rassistischer und neofaschistischer Organisationen; und schließlich die brutalen und korrupten Verhältnisse in der Armee, die mit katastrophalen Folgen auf den Krieg in Tschetschenien übertragen werden.
Über die „Anti-Terror-Operation” Putins hatte die Autorin in ihrem international ausgezeichneten Buch „Tschetschenien: Die Wahrheit über den Krieg” (DuMont 2003) geschrieben. Auch in ihrem neuesten Buch spielt der Einsatz föderaler Truppen in der Kaukasusrepublik eine Rolle, hier in Form einer sorgfältig recherchierten Untersuchung des Falls Budanow. Der Oberst, Kommandeur des in Tschetschenien eingesetzten 160. Panzerregiments, ließ am 31. März 2000 um ein Uhr nachts im Dorf Tangi eine „Heckenschützin” festnehmen. Die achtzehnjährige Elsa Kungajewa wurde in den Wohncontainer des Obersten geschleppt, der sie misshandelte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch vergewaltigte, erwürgte und Soldaten befahl, den Leichnam in einem Waldstück zu verscharren. Nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer und vier psychiatrischen Gutachten wurde Budanow vom zuständigen Militärgericht in Rostow am Don wegen „zeitweiliger Unzurechnungsfähigkeit” freigesprochen.
Die Autorin zeigt eindrucksvoll, wie eng Militärstaatsanwaltschaft und Militärgericht in Rostow mit dem wegen der Zwangseinweisung von Dissidenten in psychiatrische Kliniken in der Sowjetära berüchtigten Serbskij-Institut in Moskau zusammenarbeiteten, um dieses Ergebnis zu erzielen. Vermutlich nur aufgrund von Protesten russischer und westlicher Menschenrechtsorganisationen, Vorhaltungen ausländischer Politiker - auch des Bundeskanzlers - gegenüber Putin hob das Militärkollegium des Obersten Gerichts in Moskau das Urteil auf. Letzten Endes, am 25. Juli 2003, wurde Budanow zu zehn Jahren Arbeitskolonie verurteilt.
In diesem Fall verschaffte die politische Kontrolle der Justiz dem Recht Geltung. Dies, so das Urteil der Autorin, ist jedoch die Ausnahme -bei den Kriegsverbrechen wie auch bei der Wirtschaftskriminalität. Letzteres macht Politkovskaja anhand einer umfangreichen Fallstudie über die Verhältnisse im Gebiet Swerdlowsk und seiner Hauptstadt Jekaterinburg deutlich. Sie zeigt, wie skrupellose Verbrecher mit Hilfe von Erpressung und Auftragsmorden in Zusammenarbeit mit örtlichen Polizisten, Staatsanwälten und Richtern, geduldet und gedeckt von bestochenen Staatsdienern, eine beherrschende Stellung einnehmen können.
Ein weiterer Ausschnitt aus dem Leben im Russland Putins sind Interviews mit Überlebenden der Geiselnahme im Moskauer Nord-Ost-Musical im Oktober 2002. Beim Gaseinsatz der Anti-Terror-Einheiten wurden alle tschetschenischen Geiselnehmer und mindestens 129 Geiseln getötet. Die Interviews werfen noch einmal ein grelles Licht auf den menschenverachtenden Umgang des Staates mit seinen Bürgern: Geiseln starben ohne medizinische Hilfe, die Zusammensetzung des Gases wurde sogar vor den Ärzten, die im Rettungseinsatz waren, streng geheim gehalten, Menschen mussten tagelang umherirren, um ihre Angehörigen in Krankenhäusern zu suchen. Wie bei den Bombenanschlägen in Moskau und Wolgodonsk im September 1999 und der Geiselnahme in Beslan fünf Jahre später schien es den Behörden darauf anzukommen, eine Aufklärung aller Zusammenhänge zu verhindern, statt sie zu ermöglichen.
Was aber hat Putin mit all dem zu tun? Mit Tschetschenien sehr viel, weil, so die Autorin, der Krieg dort nur deswegen begonnen wurde, damit Putin Präsident würde. Bei der Korruption, weil deren Bekämpfung nicht zu den politischen Prioritäten des Präsidenten gehört. Und im Zusammenhang mit Dubrowka und Beslan „wegen seines Zynismus”, und „weil er uns verachtet und denkt, wir sind nur ein Mittel zum Zweck für ihn, ein Mittel zur Erfüllung seiner Machtambitionen”. Auch die Chodorkowskij-Affäre bestätigt sie in ihrer Ansicht, dass „Sowjetzeiten wieder einziehen und Revanche genommen wird”. Dieses Urteil verbindet Politkovskaja im Vorwort zur deutschen Ausgabe ihres Buches mit Kritik an der Politik der Bundesregierung. Sie wendet sich gegen die wechselseitigen Sympathiebekundungen des deutschen Bundeskanzlers und des russischen Präsidenten, die Worte des Lobes füreinander, aber auch gegen die deutsche Wirtschaft, „die den russischen Präsidenten nach Kräften hofiert”. Hauptsache für deutsche Politik und Wirtschaft sei, dass Erdöl und Erdgas weiter flössen, egal was in Russland passiere.
Überzogen wie diese Kritik auch sein mag, legt sie doch einen wichtigen Kern bloß: Die innere Entwicklung in Russland entscheidet darüber, ob die viel beschworene „strategische Partnerschaft” eine leere Worthülse bleibt, ob sie mit tragfähigen Inhalten versehen werden kann. Wie aber kann angesichts sich verfestigender Strukturen im „System Putin” auf die russische Innenpolitik Einfluss ausgeübt werden? Auf diese Frage bleibt die Autorin die Antwort schuldig. Ihre primäre Aufgabe, so scheint es, hat sie darin gesehen, erst einmal eine wirklichkeitsgetreue Zustandsbeschreibung zu vermitteln.
HANNES ADOMEIT
ANNA POLITIKOVSKAJA: In Putins Russland. Aus dem Russischen von Hannelore Umbreit und Ulrike Zemme. Dumont, Köln 2005. 314 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Überzeugend findet Rezensent Hannes Adomeit diese Zustandsbeschreibung Russlands unter Putin, die Anna Politkovskaja vorgelegt hat. Dass es sich dabei nur um "emotionale Randnotizen" handeln soll, wertet Adomeit als "falsche Bescheidenheit" der Autorin, hält er das Buch doch "sehr wohl" für "analytisch". Anhand von konkreten Fällen und unter Auswertung zahlreicher Prozessakten beschreibe und bewerte Politkovskaja Entwicklungen Russlands, die nach Adomeit "Anlass zur Besorgnis geben". Er nennt unter anderem die Stärkung der Geheimdienste, die Verfilzung von organisierten Verbrechen, Polizei und Justiz, die staatliche Duldung rassistischer und neofaschistischer Organisationen, die brutalen und korrupten Verhältnisse in der Armee. Angesichtes der zunehmend autoritären Strukturen im "System Putin" kritisiere Politkovskaja auch die wohlwollende Politik der Bundesregierung und das Verhalten der deutschen Wirtschaft gegenüber Putin.

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