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Ein Roman über eine Frau, ihre Welt, ihre Ängste, Hoffnungen und ungestillten Sehnsüchte. Athina arbeitet als Übersetzerin in einer Zeitungsredaktion in Athen. Und obwohl sie erst Mitte 30 ist, hat sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Vom Leben hat sie sich praktisch zurückgezogen, weil sie Angst vor Verletzungen der Seele hat. Erst als ihr Vater überraschend stirbt und Athina auf einer Party die rätselhafte Natascha Sella kennenlernt, bricht ihre Isolierung auf: Sie fliegt nach London, wo ihr geliebter Bruder Ilias lebt. Der wiederum hat einen Familienroman geschrieben, den Athina…mehr

Produktbeschreibung
Ein Roman über eine Frau, ihre Welt, ihre Ängste, Hoffnungen und ungestillten Sehnsüchte.
Athina arbeitet als Übersetzerin in einer Zeitungsredaktion in Athen. Und obwohl sie erst Mitte 30 ist, hat sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Vom Leben hat sie sich praktisch zurückgezogen, weil sie Angst vor Verletzungen der Seele hat. Erst als ihr Vater überraschend stirbt und Athina auf einer Party die rätselhafte Natascha Sella kennenlernt, bricht ihre Isolierung auf: Sie fliegt nach London, wo ihr geliebter Bruder Ilias lebt. Der wiederum hat einen Familienroman geschrieben, den Athina übersetzt - ein Roman im Roman. Stück für Stück öffnet sich Athina nun dem Leben und entdeckt dabei nicht nur an sich selbst neue Facetten, sondern auch an ihren Eltern und ihrem Bruder, dessen Homosexualität sie erst jetzt erkennt. Zu guter Letzt entdeckt Athina auch, welch schreckliches Geheimnis hinter dem Tod des Vaters in Wirklichkeit steckt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2000

Süßer Oktopus
Amanda Michalopoulous
Roman vom heilsamen Erinnern
„In unserem Zeitalter sind die Tomaten geschmacklos. Die Romane ebenfalls. ” Die eine behauptet es; die andere widerlegt es. In Fragen des Geschmacks sind Autorin und Erzählerin überkreuz. Das beginnt bei der griechischen Literatur, die von der Einen demonstrativ produziert und von der Anderen ostentativ ignoriert wird. Das Gegeneinander hat Methode. So organisiert die 34-jährige Amanda Michalopoulou ein ebenso barockes wie von des Gedankens Blässe gezeichnetes Erzählen, voll farbiger Milieus, anheimelnder Familiarität, der dinglichen Poesie von Idyllen und zugleich gerechnet, synthetisch, ein Artefakt, das von entfremdetem Leben und der substantiellen Leere der Wirklichkeit handelt, vom Übersetzungscharakter unserer Wirklichkeitswahrnehmung und vom Erzählen als längerem Gedankenspiel.
Die Autorin, die Kunst- und Literaturkritikerin ist und in Athen und Paris lebt, sieht die Welt mit den Augen und dem Gedächtnis. Den Proustschen Doppelblick verteilt sie auf ein Geschwisterpaar, das seine Entfremdung im Namen trägt. Ilias Xenos, Student in London, erzählt den Familienroman, indem er die stummen Zeugen der Vergangenheit zu Wort kommen lässt, die verspeist wurden: Petersilienmus, Fischsuppe, süßer Oktopus, verkehrte Tomaten, Geleeherzen, Nussfinger in Sirup.
Seine Schwester Athina übersetzt aus dem Englischen, was sie über das Leben in der Küche der Großmutter Kalí, die Eat art im Atelier der Mutter, die Sprachwelt des gelehrten Vaters erzählen. Übersetzend entdeckt sie, was die formlose Vielfalt und Unbestimmtheit des Lebens ihr vorenthielt: ein Sinngeschehen.
Wie das gemeinsame Erinnern sich in einen Heilungsprozess verwandelt, wie die Geschichte vom Zerfall einer Familie, von Entfremdung, Einsamkeit und Tod aufgesprengt wird, das erzählt die Autorin ironisch, komisch und mit sachkundigem Blick auf die europäischen Literaturen, die griechische eingeschlossen.
SIBYLLE CRAMER
AMANDA MICHALOPOULOU: Oktopusgarten. Roman. Aus dem Griechischen von Birgit Hildebrand. Rotbuch, Hamburg 1999. 430 S. , 48 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2000

Die Leidenschaften eines Toten
Familienbande: Amanda Michalopoulou im "Oktopusgarten"

Periklis Xenos ist ein emeritierter Professor für Sprachwissenschaft. Er stirbt standesgemäß am 7. Dezember, dem Geburtstag Noam Chomskys, dessen Werk er fortzuführen und zu überwinden trachtete. Seine Frau hat ihn schon vor Jahren verlassen, um ihre eigene Karriere als griechische Meisterin der Food-Art zu machen und vornehmlich "Krautwickel und Sirupfrüchte, eingelegt in Formalin" auszustellen. Der schwule Sohn Ilias ist nach London übersiedelt und arbeitet, heftig begehrt und gefördert von seinem Professor, an einer Dissertation über "Die Stereotypien der Männlichkeit". Und Athina, die Tochter, ist Übersetzerin bei einer Zeitung in Athen, verkriecht sich in der Wohnung des Vaters, entdeckt dort ihre Familie neu und schreibt über sie und ihre vielen Scheiternden einen bitterkomischen Roman. Mit diesem Roman, in den eine Novelle des literarisch gleichfalls ambitionierten Bruders aus London eingebaut ist, geht Athina am Ende zu einer Verlegerin: "Ich übergab ihr den Umschlag mit den Manuskriptseiten. Zu dick, war ihr Kommentar. Wir befanden uns wieder in diesem eigentümlichen Schönheitsinstitut, wo die Bücher abnehmen oder Fett ansetzen."

Der allzu dicke Roman erscheint natürlich trotzdem, und - erraten! - wenn wir nach 430 Seiten den "Oktopusgarten" der 1966 geborenen griechischen Erfolgsautorin Amanda Michalopoulou zuklappen, dann haben wir ihn eben gelesen. So neu ist das Konzept einer Novelle im Roman eines Romans zwar nicht; aber der Autorin ist zugute zu halten, dass sie keine selbstzufriedene Kompositionsübung vorlegt, sondern bei ihrem postmodernen Spiel die verschiedenen Ebenen durchaus sinnvoll aufeinander bezieht. "Oktopusgarten" ist ein Familienroman aus der intellektuellen Mittelschicht Griechenlands, die Erweckungsgeschichte einer nicht mehr ganz jungen Frau von fünfunddreißig Jahren und eine Gesellschaftssatire, die auf das akademische Leben im Süden und Norden der Europäischen Union, in Griechenland und Großbritannien einen befremdeten Blick wirft.

Paradoxerweise ist es ein Tod, der Bewegung ins Leben bringt. Alles schleppt sich schon seit Jahren in träger Gewohnheit nur mehr so dahin, dann aber stirbt der Vater, der doch längst mit allem abgeschlossen hatte: "Unser Vater war unsichtbar. Er war viele Jahre vor seinem natürlichen Tod gestorben, wobei er seinem Geist gestattete, geräuschlos unter uns zu weilen und dicke sprachwissenschaftliche Wälzer zu lesen. Als ihn die Mutter verließ, hörte er auf, sich zu rasieren. Als Ilias zum Studium nach London ging, hörte er auf, am Tisch zu essen. Er lebte vor dem Fernseher und betrachtete mich mit dem verblödeten Gesichtsausdruck, mit dem man Fernsehserien verfolgt. Ich war der letzte Mensch, der noch zu Hause übrig geblieben war. Der Vater belohnte mich dafür mit tiefer Verachtung." Jetzt ist er tot, und die verachtete Tochter stößt in seiner Hinterlassenschaft auf einen ganz anderen Menschen als jenen Unbekannten, mit dem sie Tür an Tür gewohnt hatte: "Mein Vater war tatsächlich ein Möbelstück . . . In den Schubladen dieses Möbelstücks fand ich unversehens Ratschläge fürs Leben. Esprit und Emotionalität. Ich erkannte meinen eigenen, bitteren Humor wieder."

Ein Besuch beim Bruder in London lässt Athina weitere unbekannte Facetten der Familie bemerken: etwa die Homosexualität des Bruders, der eine Novelle geschrieben hat, die kapitelweise von der "Gepfefferten Fischsuppe" bis zum "Kaffee mit Brandy" die Familiengeschichte als Speisenfolge präsentiert. Schließlich kommt Athina auch noch einem wissenschaftlichen Kriminalfall auf die Spur, hat ihr im Alter scheinbar autistischer Vater doch ein epochales Werk der Linguistik verfasst, das ihm seine letzte Geliebte stahl, um es unter eigenem Namen zu publizieren. Sein Traktat "Chomfield", in dem er die Theorien Bloomfields und Chomskys zu vereinen wusste, bringt nicht ihm, sondern seiner ungetreuen Schülerin akademischen Weltruhm ein.

Indem Athina von der Einsicht überrascht wird, dass in ihrem griesgrämigen, gleichgültigen Vater ein leidenschaftlicher Mann steckte, beginnt sie sich endlich auch für sich selbst zu interessieren. Fast hatte sie sich schon damit abgefunden, keine Ansprüche ans eigene Leben mehr zu stellen und "meine Unbedeutendheit zu einem Wert zu machen, zu einer Art Festung". Von ihrem Ausbruch aus der Festung zeugt ein Roman, der vielleicht wirklich ein wenig "zu dick" geraten ist, im Übrigen aber Melancholie, lakonischen Humor und eine Vorliebe fürs familiär Kauzige auf ebenso merkwürdige wie unterhaltsame Weise verbindet.

KARL-MARKUS GAUSS

Amanda Michalopoulou: "Oktopusgarten". Roman. Aus dem Griechischen übersetzt von Birgit Hildebrand. Rotbuch-Verlag, Hamburg 1999. 429 S., geb., 48,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwar stellt Karl-Markus Gauss zunächst einmal fest, dass die Idee, eine Novelle in einen Roman zu integrieren, nicht gerade neu ist. Aber dann findet er die Art und Weise, wie die Autorin dies tut, durchaus plausibel und durch den Kontext gerechtfertigt. Er lobt ihren "befremdeten Blick", mit dem sie die akademische Welt in Griechenland und Großbritannien betrachtet und der nicht frei von Satire sei. Zwar hätte der Roman seiner Ansicht nach durchaus eine Spur dünner sein können. Dennoch gelinge der Autorin hier eine unterhaltsame Mischung aus melancholischen und humorvollen Elementen, in der sich eine "Vorliebe fürs familiär Kauzige" zeige.

© Perlentaucher Medien GmbH