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Im November 2011 ging eine Empörungswelle durch die Medien, ausgelöst durch eine Mordserie, die auf der Opferseite etwa zehn ausländische Gewerbetreibende betraf und auf der mutmaßlichen Täterseite zwei jüngere Männer und eine junge Frau, die in der Folge als Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) durch die Medien geistern. Zu Beginn der Aktivitäten dieser drei damals sehr jungen Leute war der Autor Verfassungsschutzchef in Thüringen (1994-2000). Er beschreibt anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen, aufgrund welcher Vorgänge es ihn nach Thüringen verschlug und wie er diese Jahre im…mehr

Produktbeschreibung
Im November 2011 ging eine Empörungswelle durch die Medien, ausgelöst durch eine Mordserie, die auf der Opferseite etwa zehn ausländische Gewerbetreibende betraf und auf der mutmaßlichen Täterseite zwei jüngere Männer und eine junge Frau, die in der Folge als Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) durch die Medien geistern. Zu Beginn der Aktivitäten dieser drei damals sehr jungen Leute war der Autor Verfassungsschutzchef in Thüringen (1994-2000). Er beschreibt anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen, aufgrund welcher Vorgänge es ihn nach Thüringen verschlug und wie er diese Jahre im wiedervereinigten Deutschland erlebt hat. Es handelt sich bei diesen Aufzeichnungen also auch um eine Binnensicht über das Zustandekommen und die Schwierigkeiten der Deutschen Einheit.
Drastisch schildert Helmut Roewer Verhältnisse, die man sich heute im Jahre 22 der Deutschen Einheit kaum noch vorzustellen vermag. Nicht zum Wenigsten war es eine labile Polizeistruktur, die einen Gutteil seiner Arbeitskraft in Anspruch nahm: Altlasten und unfähige Westimporte lieferten sich erbitterte Auseinandersetzungen, anstatt ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen. Ähnliches spielte sich in den politischen Parteien ab. Als Drittes kam zügellose Gewalt unter anpolitisierten Jugendlichen hinzu. In diesem brisanten Gemisch entwickelten sich jene Taten, denen wir heute empört gegenüberstehen.
Autorenporträt
Helmut Roewer studierte Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Geschichte. Arbeit als Anwalt, später Beamter im Bundesinnenministerium in Bonn und Berlin, zuletzt Ministerialrat. 1994 - 2000 Präsident einer Verfassungsschutzbehörde. Zahlreiche Veröffentlichungen, z. T. gemeinsam mit Stefan Schäfer und Matthias Uhl.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2012

NullNullRoewer
Skurriles aus der Spionagewelt
Mit einer Mischung aus Renitenz und Selbstlob ist Helmut Roewer schon im NSU-Untersuchungsausschuss in Erfurt unangenehm aufgefallen. Mit einem tagebuchähnlichen Buch setzt Thüringens früherer Verfassungsschutz-Präsident seine nachrichtendienstliche Clownerie nun fort. Während das Land erschüttert ist von der so lange unentdeckten Existenz einer rechten Terrorgruppe, ergeht sich Roewer in selbstverliebten Schilderungen seiner wilden Thüringer Jahre. Er schreibt über Intrigen und Inkompetenzen in Polizei, Politik und Geheimdienst, aber natürlich gibt es einen, der großartig wegkommt: Roewer selbst.
  „Nur für den Dienstgebrauch“, heißt das Buch, bei dem es kein Schaden wäre, wenn es eine Verschlusssache geblieben wäre. Es ist im Ares-Verlag erschienen, den man stramm konservativ nennen könnte, manche halten sein Umfeld für rechtsradikal. Ein Freund der „Antifa“ ist Roewer nicht, er empört sich auch über angebliche Tugendwächter und über die bösen Medien. Das alles macht ihn nicht selbst zum Neonazi, aber Takt und Sensibilität in ideologischen Fragen kann man bei ihm lange suchen.
  Frühere Mitarbeiter haben im Ausschuss Skurriles über ihren Ex-Chef berichtet: dass er ohne Schuhwerk über den Gang gelaufen sei und er auch sonst seine Amtsgeschäfte in ungewöhnlicher Weise erledigt habe. Roewer dementierte und kündigte juristische Schritte gegen die Urheber der Behauptungen an. In seinem Buch erzählt er in ungebotener Länge, wie verkorkst damals – Roewer war von 1994 bis 2000 Behördenleiter – die Untergebenen gewesen sein sollen. Wie ihm im Ministerium eine Wolke aus altem Fett, Urin und Desinfektionsmitteln entgegenschlug. Wie man ihn nicht ins Schwimmbad ließ. Wie er einmal in Weimar als preußischer Offizier Max Hoffmann auftrat (und nicht etwa als General Ludendorff, wie man ihm attestierte).
  Über die Bombenbauer aus Jena, die 1998 der Polizei entwischten und Terroristen wurden, steht in dem Buch nicht viel. Roewer stellt es so dar, als habe er alles Mögliche versucht, um die Neonazis zu finden. Unfähig sei die Polizei gewesen. Roewer flog Anfang 2000 aus dem Amt. Seitdem hat er reichlich Zeit zum Schreiben, leider.
TANJEV SCHULTZ
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