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Moscheen in Deutschland sind meist in Hinterhöfen oder Gewerbegebieten versteckt. Seit einigen Jahren werden aber auch repräsentative Moscheen gebaut. Heftige Konflikte sind die Folge. Was für die einen religiöse Heimat und Ausdruck eines neuen Selbstbewußtseins ist, macht den anderen Angst. Dieses Buch will zur Versachlichung der Debatte beitragen und Lösungswege aufzeigen. Bärbel Beinhauer-Köhler blickt auf die mehr als 200jährige Geschichte von Moscheen in Deutschland zurück. Sie erläutert die Funktion von Bauelementen und beschreibt das Alltagsleben in Moscheen. Der muslimische Architekt…mehr

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Produktbeschreibung
Moscheen in Deutschland sind meist in Hinterhöfen oder Gewerbegebieten versteckt. Seit einigen Jahren werden aber auch repräsentative Moscheen gebaut. Heftige Konflikte sind die Folge. Was für die einen religiöse Heimat und Ausdruck eines neuen Selbstbewußtseins ist, macht den anderen Angst. Dieses Buch will zur Versachlichung der Debatte beitragen und Lösungswege aufzeigen. Bärbel Beinhauer-Köhler blickt auf die mehr als 200jährige Geschichte von Moscheen in Deutschland zurück. Sie erläutert die Funktion von Bauelementen und beschreibt das Alltagsleben in Moscheen. Der muslimische Architekt Alen Jasarevic erzählt von seinen Erfahrungen mit einem Moscheebau in Bayern. Claus Leggewie schließlich betrachtet die jüngsten Konflikte genauer: Worum geht es den Beteiligten wirklich? Was sollte bei Moscheebauten beachtet werden, um einen Kampf der Kulturen in unseren Städten zu vermeiden? Moscheen sind zur Nagelprobe für die Integration von Muslimen geworden. Wer sich für den Islam in Deutschland interessiert, sollte zu diesem Buch greifen.
Autorenporträt
Claus Leggewie (Dr. disc. pol.) ist Professor für Politikwissenschaft und Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.12.2009

Transparenz und Ehrlichkeit
Moscheen und Moscheeplanungen in Deutschland

Rund 4,3 Millionen Muslime in Deutschland stellen keine Randgruppe mehr dar, wenn auch die Mehrheitsverhältnisse angesichts von 52 Millionen Christen eindeutig bleiben. Die Präsenz des Islams in der öffentlichen Debatte hat sich wegen des 11. September 2001, anderer Terroranschläge und des Irak-Krieges deutlich verstärkt. Dabei zeigen sich interessante Diskurskoalitionen - etwa von Feministinnen und Konservativen oder linken Sozialwissenschaftlern, die bei der Beschäftigung mit den Themen Islam und Zuwanderung tatkräftige Unterstützung des "Kapitals" in Anspruch nehmen. So hat sich der Politikwissenschaftler Claus Leggewie im Rahmen eines Projekts der "Herbert-Quandt-Stiftung" mit dem Islam in Deutschland und den Möglichkeiten von Moscheebauten befasst.

In dem Band "Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderung" schildert Leggewie die Auseinandersetzungen um Moscheebauten als "hochbrisante symbolische Anerkennungskonflikte". Nach der Darstellung öffentlicher Debatten um Bauvorhaben in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Berlin analysiert er die Rolle der Akteure: Moscheevereine, Dachverbände sowie "Patronage-Staaten" (wie die Türkei oder arabische Emirate). Sie bringen unterschiedliche Ressourcen und Kompetenzen in den Prozess ein und tragen zur "Professionalisierung des Moscheebaus" bei. Sie haben aber nicht zwangsläufig gleichgerichtete Interessen (wie etwa der türkische Staat das vorrangige Interesse hat, die türkischstämmige Gruppe in Deutschland dauerhaft im Sinne eine Lobby an sich zu binden). Auf der Seite der Aufnahmegesellschaft stehen Kommunalverwaltungen, Bürgermeister und Gerichte, Parteien, lokale Medien, Kirchen und zivilgesellschaftliche Gruppen - von Moscheegegnern bis zu Moscheeanhängern. Sie alle haben erhebliche Spielräume, die dazu genutzt werden können, zu Blockade und Eskalation oder zum gesellschaftlichen Interessenausgleich beizutragen.

Verwaltungen müssten daran gemessen werden, durch rechtsförmige Entscheidungen "eine rationale und friedenssichernde Regelung von Konflikten" zu ermöglichen. Dazu seien "kommunikative Kompetenzen" und interkulturelles Training der Mitarbeiter vonnöten. Bürgermeister seien gehalten "unpopulären Universalrechten" (wie der Religionsfreiheit konkretisiert durch den Moscheebau) Geltung zu verschaffen - auch gegen den Widerstand von Teilen der jeweiligen Stadtgesellschaft. Dabei verlaufe die Spaltung in erster Linie zwischen "menschenrechtsgestütztem Kosmopolitismus und nationalistischem Populismus". Von der Sozialstruktur her betrachtet handelt es sich um Auseinandersetzungen zwischen lokalen Eliten und den "kleinen Leuten", die sich in ihrem Stadtteil durch den Zuzug von Muslimen zunehmend fremd fühlen, aber es sich nicht leisten können, den Stadtteil zu verlassen. Leggewie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Hinwendung der Linken zum "kulturellen Pluralismus" dazu beigetragen habe, ihr die Arbeiterschaft zu entfremden.

Leggewie empfiehlt den "freiwilligen Verzicht auf Triumphgebärde und Imponiergehabe" bei der Namensgebung ("Eroberer-Moschee") sowie auf die verbreitete Neigung, sich "als Opfer zu stilisieren". Reizthemen wie der Ruf des Muezzins, die Höhe des Minaretts und die Zahl von Parkplätzen müssten mit Verhandlungsgeschick und Kompromissbereitschaft bearbeitet werden. Das setzt allerdings voraus, dass die Nicht-Muslime den Muslimen das Grundrecht auf einen Moscheebau nicht bestreiten und dass die Moscheevereine mit der nötigen Transparenz und Ehrlichkeit den Prozess begleiten.

Weitere informative Beiträge in dem Band geben einen Überblick über Architektur und Religionsgeschichte des Islams in Deutschland (Bärbel Beinhauer-Köhler) sowie über den Bau der Moschee im oberbayerischen Penzberg (des Architekten Alen Jasarevic). Kein Autor meidet kritische Fragen - wie die Behandlung von muslimischen Frauen. Dennoch bleiben Fragen offen: Sind "fromm" und "islamistisch" tatsächlich synonym zu gebrauchen, wie Leggewie es tut? Wie ist etwa mit Moscheen und Moscheeplanungen umzugehen, die von finanzstarken islamistischen Organisationen getragen werden, vor denen der Verfassungsschutz und kritische Geister seit vielen Jahren warnen? Wie ist mit Abschottung und Repression umzugehen, die nicht grundsätzlich "dem" Islam und jeder Moschee zu unterstellen sind, aber zweifellos vorhanden sind und bei den randständigen Jugendlichen in den Großstädten, denen positive Perspektiven fehlen, auf besonders fruchtbaren Boden fallen? Ein "Kampf der Kulturen" muss vermieden, die kritische Debatte fortgeführt werden.

STEFAN LUFT

Bärbel Beinhauer-Köhler/Claus Leggewie: Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderung. Verlag C.H. Beck, München 2009. 240 S., 12,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2009

Auszug aus dem Hinterhof
Die umstrittenen Moscheenbauten in Deutschland
Zuffenhausen hatte die Porsche-Diskussion. Und dann auch noch eine Moschee-Debatte. In nichtöffentlicher Sitzung diskutierte der Stuttgarter Stadtbezirk eine Bauvoranfrage der lokalen Ahmadiyya-Gemeinde für eine kleine Moschee. Schnell sickerte der Beschluss durch: Die Beiräte forderten den Stuttgarter Gemeinderat auf, ein Mischgebiet an der Porschestraße in ein reines Wohngebiet umzuwandeln. Damit wäre hier kein Sakralbau mehr möglich. Die Zuffenhausener Beiräte wären aus dem Schneider, ohne sich an einer Entscheidung über den Moscheebau an sich die Finger verbrannt zu haben. Inzwischen zog auch noch der Grundstückseigentümer seine Verkaufsabsichten zurück.
Wie in Zuffenhausen planen derzeit bundesweit etwa 200 Moscheevereine ihren Auszug aus den Hinterhöfen. An fast jedem Standort fühlen sich die Anwohner bedroht und die potentiellen Bauherren von den Behörden ausgebremst. Ein Buch, das sich methodisch und verständlich der steigenden Nervosität – die durch die Schweizer Abstimmung sicher noch wächst – annimmt, ist deshalb bitter nötig. Das fand auch die Herbert Quandt-Stiftung und gewann die Religions- und Islamwissenschaftlerin Bärbel Beinhauer-Köhler sowie den Politologen Claus Leggewie für dieses Projekt. Es klärt auf, betreibt Analyse und Supervision. Mit im Boot: Alen Jasarevic, Architekt der 2005 in Penzberg eröffneten Vorzeigemoschee „Islamisches Forum”, mit einem persönlichen Essay über seine Erfahrungen.
Zum Warmlaufen öffnet Beinhauer-Köhler den europäischen Tunnelblick. Sie holt die Orientbegeisterung der Oberschichten ans Licht, die im 18. und 19. Jahrhundert eine unbefangene Lust am Kopieren islamischer Formen entfachte. So Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz, der sich 1782 in seinem Schwetzinger Lustgarten eine Moschee mit Kuppel und zwei Minaretten errichten ließ. Oder in Dresden, wo vor 100 Jahren eine ganze Zigarettenfabrik als Moschee mit qualmendem Schornstein-Minarett entstand. Die erste wirkliche Moschee in Deutschland gibt es seit 1925 in Berlin-Wilmersdorf. Die Moschee dient bis heute als Gebetsstätte. Beinhauer-Köhler macht klar: Moscheen in Deutschland sind an sich nichts Neues. Ihr flüssiger, fast journalistischer Stil informiert wie nebenbei und kann sehr zum Abbau diffuser Ängste beitragen.
Der Abschnitt „Moscheen im Orient” hingegen verlangt mehr Konzentration. Hier bricht die herkömmliche islamwissenschaftliche, also historische und philologische Methodik durch. So zentral die vielen Termini technici in arabischer Umschrift für geschulte Insider sind – dem Laien könnte hier schnell die Lust vergehen. Mehrfach gelingt der Autorin auf diesen 36 Seiten nur mit Mühe die Kurve zurück zur Leserschaft. Die einfühlsamen Beschreibungen im folgenden Kapitel „Wo der Imam wohnt” jedoch versöhnen den Leser und machen den Beitrag rund.
Leggewie nennt die Prozesse rund um die aktuellen Moschee-Debatten „Politisierung von Nachbarschaftskonflikten”. Sein Beitrag spürt die Entstehungsgeschichten heftig diskutierter Vorhaben der letzten Jahre auf. Schnörkellos und klar formuliert, ist der Aufsatz mehr politischer Essay als wissenschaftliche Abhandlung. Das Kölner Moscheeprojekt vor Augen, stellt er gleich zu Beginn klar: „Hier haben die deutschen Ängste vor Überfremdung, Parallelgesellschaft und Terror eine Projektionsfläche gefunden.” Leggewie geht es darum, die Gemeinsamkeiten der Moscheekonflikte herauszuarbeiten. Unter den Gegnern ortet er nicht nur „Modernisierungsverlierer”, die ihre Felle auf dem Arbeitsmarkt davonschwimmen sehen, sondern auch das gebildete Bürgertum, das bisweilen „in kollektive Aufregung verfällt und seine Integrationsaufgabe verfehlt”.
Die geplanten und die bereits realisierten Gotteshäuser demonstrieren Präsenz und Selbstbewusstsein der Muslime in Deutschland: Sie bauen, weil sie bleiben wollen. Weil der Boom auch weiterhin anhalten wird, hängt Leggewie ein – zumal für einen Politologen – ungewöhnliches Kapitel an: Auf 17 Seiten gibt er allen Beteiligten detaillierte praktische „Handlungsempfehlungen” für den „Besseren Weg zur Moschee” an die Hand.
Im Fall der Moschee an der Porschestraße in Zuffenhausen kommen diese Empfehlungen leider zu spät. „Wir bedauern die Beirats-Entscheidung”, sagt Ijaz Ahmad, Sprecher der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, enttäuscht. „Die Moschee für unsere 190 Gläubigen dort hätte ein Treffpunkt für das ganze Viertel werden und ein seit vier Jahren brachliegendes Gelände wieder beleben können. Wir sehen uns jetzt nach etwas Neuem um.” STEFANIE SCHOENE
BÄRBEL BEINHAUER-KÖHLER / CLAUS LEGGEWIE: Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderung. C. H. Beck, München 2009. 240 S. 12,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Interessiert stellt Matthias Arning das Buch "Moscheen in Deutschland" vor, das der Politikwissenschaftler Claus Leggewie im Auftrage der bei diesem Thema offenbar sehr engagierten Herbert-Quandt-Stiftung herausgegeben hat. Die Autoren rekapitulieren darin einerseits die Geschichte des Moscheenbaus in Deutschland, von den Gebetshäusern im Hinterhof bis zu den inzwischen recht repräsentativen Bauten an Rhein und Ruhr, geben andererseits aber auch Handlungsweisen, wie die verschiedenen Beteiligten in die Diskussionen um die Bauten angemessen und sinnvoll einbezogen werden können.

© Perlentaucher Medien GmbH