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Selten ist das Urteil der Deutschen über ein anderes Land so voreilig und so pauschal wie das über die USA. Selten hält es der Nachfrage so wenig stand. Amerika und die Deutschen – eines der großen Themen der Vergangenheit, der Gegenwart und gewiss auch der Zukunft: Sie waren Feinde und sie wurden zu Freunden. Sie waren Konkurrenten auf einem hart umkämpften Weltmarkt und Partner in einer globalen Konfrontation. Die einen führten Regie, die anderen hatten sich zu fügen. Die einen bekamen ihren Brückenkopf in Europa, für die anderen gab es Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. So zogen sie,…mehr

Produktbeschreibung
Selten ist das Urteil der Deutschen über ein anderes Land so voreilig und so pauschal wie das über die USA. Selten hält es der Nachfrage so wenig stand.
Amerika und die Deutschen – eines der großen Themen der Vergangenheit, der Gegenwart und gewiss auch der Zukunft: Sie waren Feinde und sie wurden zu Freunden. Sie waren Konkurrenten auf einem hart umkämpften Weltmarkt und Partner in einer globalen Konfrontation. Die einen führten Regie, die anderen hatten sich zu fügen. Die einen bekamen ihren Brückenkopf in Europa, für die anderen gab es Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. So zogen sie, aufeinander angewiesen, durch die Eiszeiten und Tauwetterperioden des Kalten Krieges, bis der Zusammenbruch der alten Weltordnung auch das Fundament ihrer Partnerschaft untergrub. Seither sind beide auf der Suche – nach sich selbst und nach dem anderen.
Die beiden Amerikakenner Peter Kloeppel und Gregor Schöllgen beleuchten eindrucksvoll und lebendig die historische Entwicklung, Gegenwart und Zukunft der Beziehung.
Autorenporträt
Gregor Schöllgen, geboren 1952 in Düsseldorf, Professor für Neuere Geschichte in Erlangen und Gastprofessor in New York, Oxford und London. Autor zahlreicher zeitgeschichtlicher Bücher und Mitarbeiter von Presse, Rundfunk und Fernsehen. Seine 2001 im Propyläen Verlag erschienene Biographie Willy Brandts wurde zum vielbeachteten Bestseller.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2004

Tief Luft holen
Die Präsidenten der Vereinigten Staaten und die Deutschen seit 1945

Peter Kloeppel/Gregor Schöllgen: Luft-Brücken. Amerika und die Deutschen. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2004. 299 Seiten, 22,- [Euro].

Das Jahr 1948 brachte die Wende: Am 16. Juni verließ der sowjetische Vertreter die Alliierte Kommandantur für Berlin und legte damit die Viermächtekontrolle über die ehemalige Reichshauptstadt lahm. Eine Woche später begann die fast ein Jahr andauernde sowjetische Blockade aller Land- und Wasserwege nach Berlin. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten reagierten unverzüglich, indem sie die zwei Millionen Bewohner in den drei westlichen Sektoren durch eine Luftbrücke versorgten. Bis zu achttausend Tonnen täglich transportierten die "Rosinenbomber" auf insgesamt rund 275 000 Flügen in die abgeriegelte Stadt: "Mit jedem Flug wuchs die Zustimmung der Westdeutschen und der West-Berliner zu den Besatzungsmächten, die jetzt zu Schutzmächten wurden. Aus Gegnern wurden Partner." Partner, nicht etwa Freunde - und damit ist eine Hauptthese des zeithistorischen Bogens über fast sechzig Jahre bilateraler Beziehungen formuliert, den beide Autoren für ein breites Publikum anhand der "Lebensläufe und Schicksale" der elf Präsidenten von Harry S. Truman bis George W. Bush kurz und gekonnt nachzeichnen.

Weil der 1949 gegründeten Bundesrepublik in den strategischen und politischen Planungen Washingtons eine herausragende Rolle zukam, neigte Bonn gelegentlich dazu, die hohe amerikanische Kooperationsbereitschaft "als Freundschaft oder gar Zuneigung zu verstehen. Das war, soweit es um die Politik ging, ein gewaltiger Irrtum . . . Die Deutschen brauchten die Amerikaner, und die Amerikaner brauchten die Deutschen. Das war alles", betonen Peter Kloeppel und Gregor Schöllgen. Die Vereinigten Staaten hätten ihre Schutzbefohlenen immer wieder spüren lassen, wer am längeren Hebel sitze: "Die Deutschen hatten derweil keine Chance, ihrem Unmut, insbesondere über die hemdsärmelige Art des Umgangs, Luft zu verschaffen."

Das änderte sich, als die Kriegführung der Vereinigten Staaten in Vietnam entscheidend zur Protestwelle der Achtundsechziger in der Bundesrepublik beitrug, die sich gleichzeitig gegen die Notstandsgesetze richtete, obwohl diese durchaus auch auf eine größere Bewegungsfreiheit der bundesdeutschen Politik gegenüber den Alliierten abzielten. Erstmals habe sich ein tiefsitzendes Ressentiment gegen die Vereinigten Staaten "Luft" verschaffen können: "Seit 1945 verdichtete sich der Antiamerikanismus zu einem wachsenden Unbehagen an der dominanten, hegemonialen Stellung der USA in Europa und insbesondere in Westdeutschland. Die Anti-Vietnam-Demonstrationen waren die erste Eruption dieser Art, die erste Welle einer Protestflut, die fortan in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die Republik erfaßte: So 1981 im Massenprotest gegen die Umsetzung des sogenannten Nato-Doppelbeschlusses, 1991 gegen den zweiten und 2003 gegen den dritten Golfkrieg."

1981 zogen die Grünen als Teil der deutschen Friedensbewegung gegen SPD-Bundeskanzler Schmidt und den republikanischen Präsidenten Reagan zu Felde. Dabei ging der Protest allerdings an der eigentlichen Problemlage vorbei, weil die Demonstranten - so Schmidt im Januar 1982 treffend - den Eindruck vermittelten, als ob bereits vorhandene und auf Ziele in Deutschland gerichtete sowjetische SS-20-Raketen "weniger gefährlich seien als amerikanische Raketen", die es dort noch gar nicht gab. An dem Mißverhältnis von Protestanlaß und tiefer liegendem Protestgrund änderte sich nach Meinung der Verfasser in den kommenden Jahrzehnten wenig. Besonders offenkundig wäre dies während des zweiten Golfkrieges von 1991 gewesen, als sich "ein tief sitzendes Unbehagen an der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik in Massenprotesten gegen einen Krieg Luft verschaffte", den eine alliierte Koalition während der Präsidentschaft von Bush senior im Auftrag der Vereinten Nationen führte, um das vom Irak besetzte Kuweit zu befreien. Bonn zahlte damals 17 Milliarden Mark in die alliierte Kriegskasse ein, was in amerikanischen Medien zu der ungerechtfertigten Etikettierung "Scheckbuchdiplomatie" führte. Jedoch stellte das gerade wiedervereinigte Deutschland zusätzlich sein Territorium als Drehscheibe für den Nachschub von Waffen und Gerät zur Verfügung, und Bundeswehreinheiten beteiligten sich an vorsorglichen Maßnahmen der Nato, um einen irakischen Angriff auf die Türkei zu verhindern. Kritik üben der Fernsehmoderator und der Geschichtsprofessor weniger an der reservierten Haltung Bonns, sondern daran, daß die Regierung Kohl/Genscher "die Außendarstellung der Republik zeitweilig einer sich lautstark gegen die Alliierten, allen voran die Amerikaner, artikulierenden Minderheit überließ".

Erst im Vorfeld des dritten Golfkrieges, als Bush junior und Gerhard Schröder sich über einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten "in einem von Amerika provozierten Krieg" entzweit hätten, sei schließlich "der Anlaß und der Grund für den Massenprotest zur Deckung" gekommen. Der über Jahrzehnte angestaute "Unmut über die amerikanische Vormundschaftspolitik" habe im jüngeren Bush den Adressaten gefunden. Dessen "Brachialdiplomatie" gegenüber treuen Partnern in der Alten Welt habe einen Schulterschluß in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bewirkt. Die "bedingungslose, die einseitige Abhängigkeit der Europäer, allen voran der Deutschen" von den Vereinigten Staaten gehöre nun der Vergangenheit an: "Wenn sich Europäer und Amerikaner an den Wiederaufbau oder auch den Neuaufbau der transatlantischen Brücke machen, werden die Deutschen eine entscheidende Rolle spielen." Da wird mehr "Luft" - ein von den Autoren etwas überstrapaziertes Wort - sicherlich allein nicht helfen, sondern ein langer Atem vonnöten sein.

RAINER BLASIUS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Kurz und gekonnt findet Rezensent Rainer Blasius fast sechzig Jahre deutsch-amerikanischer Beziehungen anhand der Lebensläufe und Schicksale von elf US-Präsidenten für ein breites Publikum nachgezeichnet. Von Harry S. Truman bis George W. Bush werden die bilateralen Beziehungen unter der Leitthese "Aus Gegnern wurden Partner - nicht etwas Freunde" geschildert, so Blasius. Gelegentlich registriert der Rezensent einen gewissen Unmut der Autoren über den hemdsärmeligen Umgang der Amerikaner mit den Deutschen.

© Perlentaucher Medien GmbH"