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Der Stoff, aus dem die Thriller sind.
Konter- oder Gegenspionage verfolgt zwei Ziele. Erstens sollen möglichst früh Spionageangriffe erkannt, zweitens Bürger und Einrichtungen eines Staates im Ausland vor Ausspähattacken geschützt werden. In der DDR war dafür die Abt. IX der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) des MfS zuständig. Diese war, als Folge der internationalen Anerkennung der DDR, im Jahr 1973 gebildet worden. Die Autoren berichten über die (erfolgreichen) Bemühungen, in westlichen Geheimdienstzentralen Informationen über die dortigen Vorhaben zu erlangen.

Produktbeschreibung
Der Stoff, aus dem die Thriller sind.
Konter- oder Gegenspionage verfolgt zwei Ziele. Erstens sollen möglichst früh Spionageangriffe erkannt, zweitens Bürger und Einrichtungen eines Staates im Ausland vor Ausspähattacken geschützt werden. In der DDR war dafür die Abt. IX der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) des MfS zuständig. Diese war, als Folge der internationalen Anerkennung der DDR, im Jahr 1973 gebildet worden. Die Autoren berichten über die (erfolgreichen) Bemühungen, in westlichen Geheimdienstzentralen Informationen über die dortigen Vorhaben zu erlangen.
Autorenporträt
Gotthold Schramm, geboren 1932, Mitarbeiter des MfS von 1952 bis 1990. Letzter Dienstgrad Oberst. Ab 1954 in der Hauptverwaltung Aufklärung, zuständig für Geheimdienstbearbeitung und Spionageabwehr.

Dipl.-Jurist Klaus Eichner, geb. 1939, von 1957-90 Mitarbeiter des MfS, zuerst in der Spionageabwehr, seit 1974 in der Aufklärung (Hauptverwaltung A) tätig. Spezialisierung als leitender Analytiker auf dem Fachgebiet amerikanische Geheimdienste. Von 1987 bis zur Auflösung der HVA Leiter des Bereiches Auswertung/Analyse der Abteilung IX (Gegenspionage) der HVA, letzter Dienstgrad Oberst. 1994/95 Mitarbeit an dem Forschungsprojekt 'Nachrichtendienste in Nordamerika, Europa und Japan - Länderporträts und Analysen' des Forschungsinstituts für Friedenspolitik Weilheim/Obb; Regelmäßige publizistische Beiträge.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2010

Die Königsliga
Über die brillanten Erfolge und das schmachvolle Ende
der DDR-Gegenspionage: Zwei Stasi-Offiziere berichten
Wenn ein Mann sein ganzes langes Leben in einem Geheimdienst verbringt, dann bedroht ihn unabwendbar die déformation professionelle. Er hält dann falsche Namen und falsche Bärte, auch Sonnenbrillen und Regenmäntel nicht mehr für Kintopp, sondern für das Fundament von Sicherheit, Wohlstand und Glück des ihm anvertrauten Staatsvolkes. Wenn da nur nicht „das Leben und die Liebe“ wären: ein „oft unkalkulierbares Risiko in der Geheimdienstbranche“, das die Autoren Gotthold Schramm und Klaus Eichner aus eigener leidvoller Erfahrung beklagen.
Schramm, 78, ist schon 1952 in das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eingetreten, Eichner, 71, als 18-Jähriger im Jahre 1957. Als die kleine DDR 1989 implodierte, hatten es beide bis zum Oberst gebracht. Oberst der MfS, das war schon was. Aber man durfte es niemandem sagen („Konspiration“). Ihre Firma, offiziell „Schwert und Schild der Partei“, legte Wert auf absolute Diskretion.
Das ist anstrengend und ein bisschen viel verlangt. Man möchte auch einmal etwas Tolles von sich selbst erzählen. So gesehen hat der Untergang der DDR die beiden Obristen nicht nur um Titel, Uniform, Pistole, das Büro und alle Untergebenen gebracht, sondern ihnen auch die Freiheit geschenkt: Jetzt wird ausgepackt. Wie war das im MfS? Wer war ein Talent und wer eine Pfeife? Schlimmer noch: Wer war vor 20 Jahren Verräter?
„Unsere Mickymäuse“
Die beiden alten Männer vom „bewaffneten Organ“ (so nannte sich die Stasi) haben schon mindestens zehn Bücher über ihre große Zeit verfasst, doch immer gibt es noch etwas Neues zu berichten. Zum Beispiel: Wem aus der schmachvoll langen Reihe der MfS-„Verräter“, der Überläufer zum Verfassungsschutz, wurden die Decknamen „Knickebein“, „Kardinal“, „Zuckerrübe“ oder „Erdapfel“ verpasst? Die Klarnamen dieser Leute werden jetzt verraten. Diesmal geht es nämlich um Gegenspionage. Dabei handelt es sich, so wird dem Leser schon im allerersten Satz des Buches versichert, um ein „Element der Königsliga von Geheimdienstoperationen“. Die Ziele der Gegenspionage „sind die nachrichtendienstliche Durchdringung und Unterwanderung der Zentren der gegnerischen Geheimdienste, ihrer operativen Außenstellen und ihres Agentennetzes.“
Das heißt zu Recht „Königsliga“, denn nichts interessiert einen Spion so sehr wie der Spion von der anderen Seite. Dem will man das Handwerk legen, ihn „umdrehen“, „überwerben“, auch einsperren oder – was bei einer „nassen Sache“ unvermeidlich ist – vom Leben zum Tode bringen. Von letzterem ist in diesem Buch aber nicht die Rede. Dabei könnte der alte Gotthold Schramm dazu vielleicht auch noch etwa Prinzipielles schreiben. Denn Schramm war ja nicht nur in der Gegenspionage zugange, sondern leitete, als es für die DDR immer brenzliger wurde, die Abteilung A XVIII der „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA). Deren Aufgabe war die „Sabotagevorbereitung“ an wichtigen Objekten (Bundesbahnknotenpunkten, Telegrafenämtern) der Bundesrepublik. Davon schweigt Oberst Schramm.
In „Konterspionage“ lenken die Autoren den Blick auf die unterhaltsamen Aspekte ihres Gewerbes. Wären sie selbstironisch veranlagt, hätten sie das Bonmot des Berliner Juraprofessors Uwe Wesel zitiert: „Die Komik der Geheimdienste liegt in der Arbeit selber.“ Denn ist es etwa nicht komisch, dass der wöchentliche, streng geheime Lagebericht des Bundesnachrichtendienstes für den Bundeskanzler, die „BK-Lage“, in Pullach von einer Dame verfasst wurde, deren Liebhaber ein MfS-Offizier aus Karl-Marx- Stadt und deren bester Freund der Stasi-Generaloberst Markus Wolf war?
Die drei westdeutschen Nachrichtendienste – der BND, der Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) – gelten in der weltweiten Geheimdienstbranche wenig. Amerikanische und englische Nachrichtenoffiziere nennen die deutschen Kollegen heimlich „unsere Mickymäuse“.
Eichner und Schramm offenbaren in ihrem lesenswerten Buch, dass die sogenannte „materielle Interessiertheit“ – vulgo: Geld – den Agenten am verlässlichsten stimuliert. Der wertvollste MfS-Spion im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz war ein „Selbstbewerber“ gewesen. Er verlangte von vornherein ein zweites Gehalt (A 13) vom Ostberliner Ministerium, in Westmark, versteht sich, denn die Kölner A-13-Bezüge reichten vorn und hinten nicht. Dafür brachte er ein ordentliches Brautgeschenk mit: Unser Mann in Köln leitete alle Operationen des Verfassungsschutzes gegen die DDR – und nun praktischerweise gleich auch deren Abwehr durch Ostberlin. Das ist Gegenspionage vom Feinsten.
In ihren letzten Jahren gebot die arme DDR über ihre drei liebsten Gegner: Verfassungsschutz, MAD und BND waren weitgehend Filialen der Stasi geworden. Eichner und Schramm präsentieren diese hübschen Spionagegeschichten wie ein Mosaik. So gehört es sich unter Kennern. Natürlich verzichten sie auch nicht darauf, ihr eigenes Tun zu loben, gern verpackt in Zitate der ehemaligen Gegner.
Doch zwei böse, die Königsklasse entscheidenden Spiele müssen sie auf ihre Kappe nehmen: Den massiven Verrat aus den eigenen Reihen und den Sieg der CIA über das MfS.
Jeder Geheimdienst lebt vom Verrat. Die eigenen Verräter mag man aber nicht leiden. Da verstehen auch Eichner und Schramm keinen Spaß. Alle ihre „Spitzenquellen“ im Westen sind 1989/90 hochgegangen, durch Verrat, stimuliert von der „materiellen Interessiertheit“. Der erste Stasi-Oberst, der zum BND überlief, kassierte gleich sechsstellig, sang wie ein Vögelchen, verpfiff die Top-BND-Quelle, fühlte sich in Bayern heimisch. Und als er sich dann wiederfand, da war er auch beim Widerstand.
In Ost-Berlin freuten sich die Dissidenten über die Westdrift der Staatsschützer. Das Trostwort für Bärbel Bohley, die Mutter des DDR-kritischen „Neuen Forum“ hieß: „Liebe Bärbel, hab Vertrauen, einer ist schon abgehauen.“ Solche Sachen stehen nicht im Buch. Es hat auch keinen Sach- und keinen Namensindex. Damit steht es in guter Tradition: Der General Gehlen, erster Präsident des BND, hat in seinen Memoiren „Der Dienst“ auch keinen Index geduldet.
„Wer hat uns das eingebrockt?“
Kommen wir zum traurigen Schluss. Die so erfolgreiche Gegenspionage der DDR ist 1989/90 sang- und klanglos untergegangen. Die letzte dienstliche Frage des Stasi-Ministers Erich Mielke konnte ihm niemand beantworten: „Wer hat uns das alles eingebrockt?“.
Ja, wer? Einer war alt und dick und ein pensionierter amerikanischer Drei-Sterne-General. Sein Name: Vernon Walters, damals 72. Der wurde Anfang 1989 plötzlich US-Botschafter in Bonn. Eichner und seine Gegenspione staunten. Der Mann war doch ein trouble shooter, also einer, der ins Gefecht geschickt wurde, „wenn es heiß zu werden drohte“. Diesmal aber hatte er andere Pflichten. Der CIA-Mann machte daraus öffentlich kein Hehl: „Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Letzte Ölung zu geben, bevor der Patient stirbt.“ Klaus Eichner und seine Gegenspione mochten bis zum bitteren Ende nicht glauben, dass sie an der Reihe waren. Vernon Walters schlug ihnen das Kreuz. Seither schreiben sie Bücher.
HANS HALTER
KLAUS EICHNER und GOTTHOLD SCHRAMM: Konterspionage. Die DDRAufklärung in den Geheimdienstzentren.
Edition ost, Berlin 2010. 288 Seiten, 14.95 Euro.
Hans Halter war Redakteur des
Spiegel. Er schrieb 1993 über Geheimdienste das Buch „Krieg der Gaukler“.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hans Halter scheint durchaus angetan von diesem Buch über die DDR-Auslandspionage, das Gotthold Schramm und Klaus Eichner vorgelegt haben. Auch wenn sein Tonfall bisweilen etwas süffisant anmutet, räumt er ein, das Werk der beiden ehemaligen Stasi-Offiziere "lesenswert" zu finden. Zwar moniert er das Fehlen von Selbstironie auf Seiten der Autoren. Aber das hat er von den Ex-Spionen auch nicht wirklich erwartet. Dass sich Schramm über seine Aktivitäten als Leiter der Abteilung A XVIII der "Hauptverwaltung Aufklärung" (HVA), die für die "Sabotagevorbereitung" an wichtigen Objekten der Bundesrepublik zuständig war, ausschweigt, wundert den Rezensenten nicht. Dafür lenken die Autoren die Aufmerksamkeit auf die "unterhaltsamen Aspekte" ihrer Tätigkeit. Insgesamt hat Halter eine Menge erfahren über die Erfolge der DDR-Gegenspionage, der es gelang, Verfassungsschutz, BND und MAD zu unterwandern, aber auch über ihr sang- und klangloses Ende.

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