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Dieses Kochbuch stellt zahlreiche legendäre Menüs von damals und Gerichte von heute vor, die im Berliner Luxushotel Adlon serviert werden. Die Rezepte werden von Anekdoten und Bildern begleitet. Außerdem finden sich alte Speisekarten, Briefe und Fotografien aus Privatsammlungen. Ein kulinarischer Streifzug und ein Einblick in die Esskultur unseres Jahrhunderts.

Produktbeschreibung
Dieses Kochbuch stellt zahlreiche legendäre Menüs von damals und Gerichte von heute vor, die im Berliner Luxushotel Adlon serviert werden. Die Rezepte werden von Anekdoten und Bildern begleitet. Außerdem finden sich alte Speisekarten, Briefe und Fotografien aus Privatsammlungen. Ein kulinarischer Streifzug und ein Einblick in die Esskultur unseres Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.1999

Die Tafel als Gegenwelt
Die Kochkunst des Adlon aus Sicht der Künstler · Von Erwin Seitz

Eine große Stadt braucht Küchen, die es sich zum Ziel setzen, aus den besten Waren das Feinste zu machen. Wie beim Theater oder in der Architektur, so strahlt auch in der Kochkunst die Spitzenleistung auf die übrige Entwicklung aus. Ein Hotel wie das "Adlon" kann freilich gar nicht anders, sofern es seinen Mythos pflegen will, als strengste Maßstäbe an sich selbst zu legen. Küchendirektor Karlheinz Hauser möchte in dem Buch "Kochkunst im Adlon" seine Meisterschaft unter Beweis stellen, unterstützt vom Hotelkonditor Stephan Franz und von Diethelm Kaiser, der die Geschichte des Hauses vorstellt. Gregor M. Schmid hat die Speisen und die Einrichtung in farbigen Bildern festgehalten, ergänzt durch historische Schwarzweißaufnahmen.

Die Texte von Küchenchef Hauser strotzen vor Selbstbewusstsein, und zweimal sieht man den jungen Maître, der seine Lehr- und Wanderjahre bei Eckart Witzigmann und Gerd Käfer in München verbracht hat, in entschieden männlicher Pose: Ein Drei-Tage-Piratenbart, betont gestülpte Hemdsärmel und markant verschränkte Arme sollen zur Schau stellen, dass er auf der Höhe unserer Zeit steht und zugleich zupacken kann. Er ist so frei, seiner eigenen Küche "Vielfalt und Kreativität" zu bescheinigen. Er gibt seine "wichtigsten Grundsätze" preis: "Nur beste Produkte und immer absolut frische Ware" werden "in Top-Qualität gekocht". Was Wunder, dass seine "Salatkompositionen" "knackig frisch", "lecker" und "raffiniert" sind und sein Dressing gar "fantastisch" schmeckt. Ein vornehmes Hotel sollte eine solche Kraftmeierei nicht nötig haben.

Die Hotelleitung gibt Hauser freie Hand, um für seine Gerichte die edelsten Zutaten aus aller Herren Ländern zu bestellen, und die Rezepte verraten den Drang zu handwerklicher Perfektion. Der Küchenchef tüftelt an Garmethoden, scheut weder Zeit noch Umstände und zeigt beim Anrichten Fantasie. Der Hobbykoch freilich, der ein Menü mit drei Gängen nachkochen möchte, muss für Einkauf und Arbeitszeit ein Wochenende einplanen und nach Möglichkeit einen Helfer zur Hand haben. Vornehmlich soll das Buch also staunen machen.

Die Rezepte werden durch die Tageszeiten "morgens", "mittags", "nachmittags" und "abends" gegliedert. Dabei wird vorweg jeweils skizziert, wie früher im "Adlon" zu diesen Stunden getafelt wurde, um anschließend das heutige Konzept und eine Reihe von Speisen vorzustellen. Ein leichtes Frühstück spielte im "Adlon" einst kaum eine Rolle; meistens wurde erst verhältnismäßig spät, kurz vor Mittag, ein so genanntes "Gabelfrühstück" eingenommen, das "Krebsschwänze", aber auch mächtige Sachen wie "Gänseleberpastete" oder "Ochsenstück" beinhalten konnte. Mittlerweile heißt das Motto zwar "Vital, schmackhaft und leicht bekömmlich", aber man kann nach wie vor auch ein "Champagnerfrühstück" zusammenstellen, das unter anderem mit Kaviar, Gänsestopfleber, Hummer und Trüffel-Quiche bestückt ist. Fast möchte man meinen, die Küche verschieße ihr Pulver schon beim Frühstück. Diese exklusiven, teuren Waren kehren jedenfalls zu allen anderen Tageszeiten wieder, so als ob nur durch sie höchster Genuss erzeugt werden könne.

Seit vielen Jahren verkünden Spitzenköche, dass sie den Eigengeschmack der Waren zur Geltung bringen möchten, nur hält sich kaum jemand daran. Fisch und Fleisch werden durch den Wolf gedreht, gemixt, durch Siebe gestrichen und mit einer Vielzahl von Sachen kombiniert. Hauser entwirft eine "Variation von Foie gras", indem er auf einem Teller fünf verschiedene Zubereitungen der Gänsestopfleber auftischt: "Foie gras gegrillt, als Kirsche mit Trüffelkern, als Torte mit schwarzem Trüffel, als Gelee, gebraten mit Kirschen und roh mariniert". Reiz über Reiz flutet über den Esser herein, während er den urtümlichen Duft und die eigenartige Struktur des einzelnen Produkts kaum mehr wahrnehmen kann. Liebedienerisch gegenüber der Hektik unserer Zeit erfindet Hauser "Stakkato-Gerichte", die bei Stehempfängen in kleinen Portionen gereicht werden.

Die Kochkunst dürfte sich jedoch in eine andere Richtung entwickeln. Je häufiger immer mehr Menschen den halben Tag lang in die virtuelle Welt der Computerbildschirme blicken, desto stärker wächst die Sehnsucht, beim Essen etwas Unverfälschtes und Ganzes zu bekommen. Die Tafelwelt soll zur Gegenwelt werden. Man möchte das einprägsame Aroma eines bestimmten Tieres oder einer bestimmten Pflanze riechen und schmecken. Wenn Hauser einen "Salat von der Etouffes-Taube und Gänsestopfleber mit Pfifferlingen" vorstellt, so möchte man in einem Kochbuch erfahren, welche Vorzüge die Etouffes-Taube gegenüber anderen Tauben hat und warum dieses Tier nicht nur mit Pfifferlingen, sondern partout mit der Gänsestopfleber kombiniert werden sollte.

Dass Hauser die Erzeuger und Händler angibt, von denen er seine Waren bezieht, ist eine erfreuliche Neuerung. Denn wenn nicht bald auch die besten Landwirte und Händler hervorgehoben werden, können die Köche über kurz oder lang nur noch industriell gefertigtes, wässriges Zeug verarbeiten. Spät, auf Seite 134, ringt sich Hauser zu einem verhältnismäßig schlichten Gericht durch: "Französische Milchkalbskrone mit Aromaten gebraten und flambiert à la Adlon". Da er vorher zeigt, dass er auch Fleisch von ausgewachsenen Tieren schätzt, welches über mehr mineralische Salze und aromatisches Fett verfügt, so wird das Kalb, welches mit "temperierter Flaschenmilch großgezogen" wird, zur angenehmen Abwechslung. Der Rücken wird gesalzen, gepfeffert, mit Rosmarin und Thymian eingerieben und im Backofen bei nur 110 Grad Celsius gegart, während zwischenzeitlich Schalotten, Petersilie und ungeschälte Knoblauchzehen in die Bratreine kommen. Am Ende wird die Kalbskrone mit Cognac flambiert, und fertig ist ein köstliches Mahl.

Kochkunst im Adlon. Raffinierte Rezepte, exklusive Menüs, besondere Geschichten. Von Karlheinz Hauser, Stephan Franz, Diethelm Kaiser und Gregor M. Schmid. Nicolai Verlag, Berlin 1999, 216 Seiten, 98 Mark.

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