18,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
payback
0 °P sammeln
  • Broschiertes Buch

Nicht willkommen. Die Vertriebenen nach 1945 in Deutschland
Mit diesem Buch erschüttert Andreas Kossert den Mythos von der rundum geglückten Integration der Vertriebenen nach 1945. Erstmals erhalten wir ein wirklichkeitsgetreues Bild von ihrer Ankunft in der Bundesrepublik - dem Land, das ihnen zur neuen, kalten Heimat wurde. Wir erfahren von ihrem Kampf um den schwierigen Neuanfang und von den Lebensumständen der Menschen im »Wirtschaftswunderland«.
Aktualisierte Ausgabe
Ausstattung: mit Abbildungen

Produktbeschreibung
Nicht willkommen. Die Vertriebenen nach 1945 in Deutschland

Mit diesem Buch erschüttert Andreas Kossert den Mythos von der rundum geglückten Integration der Vertriebenen nach 1945. Erstmals erhalten wir ein wirklichkeitsgetreues Bild von ihrer Ankunft in der Bundesrepublik - dem Land, das ihnen zur neuen, kalten Heimat wurde. Wir erfahren von ihrem Kampf um den schwierigen Neuanfang und von den Lebensumständen der Menschen im »Wirtschaftswunderland«.

Aktualisierte Ausgabe

Ausstattung: mit Abbildungen
Autorenporträt
Andreas Kossert, geboren 1970, studierte Geschichte, Slawistik und Politik. Der promovierte Historiker arbeitete am Deutschen Historischen Institut in Warschau und lebt seit 2010 als Historiker und Autor in Berlin. Auf seine historischen Darstellungen Masurens (2001) und Ostpreußens (2005) erhielt er begeisterte Reaktionen. Zuletzt erschienen von ihm der Bestseller »Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945« (2008), »Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft« (2014) sowie »Flucht - Eine Menschheitsgeschichte« (2020). Für seine Arbeit wurden ihm der Georg Dehio-Buchpreis 2008, der NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 und der Preis für »Das politische Buch« 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung verliehen.
Rezensionen
»Ein wichtiges, ja wegweisendes Buch. So einfühlsam und verständnisvoll sind die bedrückenden Erfahrungen, welche die Vertriebenen im Nachkriegsdeutschland machen mussten, noch nie erzählt worden.« Die Zeit
"Frei von den Ideologisierungen der Nachkriegszeit zeigt der Antitotalitarismus dieses Buches die Ankunft einer viel versprechenden neuen Historikergeneration." Süddeutsche Zeitung über "Ostpreußen"

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Andreas Kosserts Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945 hat bei Harry Nutt großen Eindruck hinterlassen. Er sieht diese "umfassende Darstellung der Eingliederungsgeschichte nach 1945" durchaus im Widerspruch zur Tendenz der jüngeren Geschichtsschreibung, die Integration der deutschen Vertriebenen als großartige bundesrepublikanische Erfolgsgeschichte darzustellen. Kosserts "Kalte Heimat" scheint ihm dagegen in vielerlei Hinsicht eine "soziologische Schauergeschichte", die die Mühen der angebliche Erfolgsgeschichte sichtbar macht und diese als harten Kampf um Teilhabe und Ausgrenzung beschreibt. Nutt hebt hervor, dass sich Kossert zwar auf den schwierigen Eingliederungsprozess der Deutschen in Deutschland konzentriert, die Vorgeschichtge aber keineswegs ausspart. Er attestiert dem Autor, den historischen Überblick überzeugend mit "alltagsorientierten Naheinstellungen" zu verbinden. Mit hohem Lob bedenkt er den "souveränen Ton" des Autors, dem es in seinen Augen gelungen ist, ein schwieriges Kapitel deutscher Geschichte neu zu erzählen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.2008

Aufstiegsorientierte Arbeitskräfte
Wie Flucht und Vertreibung die deutsche Gesellschaft nach 1945 radikal veränderten

Der Bauer, so lautet eine Volksweisheit, bekomme die Krise als Erster zu spüren und gehe als Letzter an ihr zugrunde. Wer ihn aber um Hof und Scholle bringt, bringt ihn um alles. Den Bauern von Mödritz, einer kleinen Ortschaft im vom Krieg verschonten Südmähren, geschah dies in den Morgenstunden des 31. Mai 1945. Um sechs Uhr früh hatten tschechische "Partisanen" mit Gewehrkolben gegen die Türen getrommelt, zwei Stunden später mussten die Mödritzer die Hausschlüssel abgeben und sich mit ihrem Handgepäck in den langen Zug einreihen, der als "Brünner Todesmarsch" in die Geschichte eingehen sollte. Vier Mödritzer entzogen sich ihm durch Selbstmord.

Für 14 Millionen Deutsche bedeutete die Niederlage Hitler-Deutschlands Verlust der Heimat, Entwurzelung, Verarmung und soziale Deklassierung, alle mussten nach 1945 einen neuen Anfang wagen. Für die Millionen deutscher Bauern in Ost-, Mittel- und Südosteuropa aber bedeuteten Flucht und Vertreibung das Ende ihrer bäuerlichen Existenz als solcher, es entzog ihnen unwiederbringlich ihre Lebensgrundlagen. Boden lässt sich nicht vermehren, sondern lediglich neu aufteilen. In den Vertreiberstaaten verschaffte die Übertragung des geraubten Bodens an die landlosen Massen den kommunistischen Parteien sozialen Konsens und bereitete den logisch nächsten Schritt vor, nämlich die Enteignung und Kollektivierung der nichtdeutschen Bauern. Gleichwohl ging Stalins Plan nicht auf, durch den "Export" hungernder ländlicher Massen die westlichen Besatzungszonen zu destabilisieren und auch dort einen Verteilungskampf um Haus und Hof zu initiieren, der mit der Umwälzung der Eigentumsordnung und der Installierung eines prosowjetischen Regimes enden sollte.

1953 klagte Heinrich Albertz, damals sozialdemokratischer Sozialminister in Niedersachsen, im "Neuen Vorwärts", der Lastenausgleich berühre "auch nicht im entferntesten eine Revision der Besitzverhältnisse zugunsten der besitzlos Gewordenen und Entwurzelten und tastete nicht einmal die Gewinne, die nach der Währungsreform . . . von einigen wenigen erzielt worden sind, in irgendeiner spürbaren Weise an." Zum Wohle der neuen Bundesrepublik hatte Ludwig Erhards Marktwirtschaft die ökonomischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass - wie es der Historiker Andreas Kossert formuliert - "die Lastenausgleichsabgabe nicht aus der Substanz, sondern aus den Erträgen erwirtschaft" werden konnte.

"Dass die Aufnahme der 14 Millionen nicht zur politischen Dauermalaise wurde und die befürchtete Radikalisierung ausblieb", so Kosserts zentrale These, "dafür zahlten die Vertriebenen mit Verleugnung ihres Schmerzes und kultureller Selbstaufgabe. Schlesier, Ostpreußen, Pommern, Deutschböhmen und Banater Schwaben, die über Jahrhunderte beigetragen haben zur Vielfalt der deutschen Identität, hatten fern der Heimat nichts mehr zu melden. Sie mussten sich anpassen im Westen ihres Vaterlandes, das ihnen zur kalten Heimat werden sollte." Es gibt mittlerweile zahlreiche neuere Arbeiten zur Vorgeschichte, zum Verlauf und den Folgen der Vertreibung von 14 Millionen Deutschen und zu deren Aufnahme in Deutschland. Kosserts Buch unterscheidet sich von ihnen durch den Versuch, das Schlusskapitel der deutschen Katastrophe aus der Perspektive der Vertriebenen von der ersten bis zur dritten Generation zu erzählen und zugleich deutlich zu machen, wie radikal Flucht und Vertreibung die deutsche Gesellschaft veränderten.

Die Alliierten achteten darauf, die rund zehn Millionen in die Westzonen Vertriebenen nicht in geschlossenen Gruppen anzusiedeln, sondern sie möglichst weit zu verstreuen, um ihre kulturelle, soziale und politische Kohäsion zu erschweren und ihre möglichst rasche Assimilation zu erreichen. Mehr als siebzig Prozent der Vertriebenen wurden in ländlichen Gemeinden untergebracht, zum Teil durch Zwangsrequirierung bäuerlichen Wohnraums - noch vier Jahre nach Kriegsende waren mehr als 200 000 bayerische Höfe mit mehr als 850 000 Vertriebenen belegt. Den "hartherzigen Bauern" gab es zwar - Kossert belegt dies mit einer Reihe von erschreckenden Beispielen -, aber man müsste ihn gar nicht erst bemühen, um die Konflikte zu verstehen, die sich aus der gegensätzlichen Interessenlage der Alteingesessenen und der Neuankömmlinge ergaben. Dabei kam es auch "zu tätlichen Übergriffen mit Verletzten und Toten, etwa wenn die hungernden Vertriebenen Früchte vom Feld stahlen und die Bauern sie dafür bestraften oder wenn die Einquartierung als unerträgliche Zumutung empfunden wurde und der Zorn darüber ausartete".

Besonders dramatisch waren die Zustände in Schleswig-Holstein, das im Oktober 1946 um 67 Prozent mehr Einwohner hatte als im Mai 1939. Der Flensburger Landrat Johannes Tiedje bediente sich unverhüllt rassistischer Klischees, indem er darlegte, "dass wir Niederdeutschen und Schleswig-Holsteiner ein eigenes Leben führen, das in keiner Weise sich von der Mulattenzucht ergreifen lassen will, die der Ostpreuße nun einmal im Völkergemisch getrieben hat." Im Jargon der Volksverhetzer nahmen nun vertriebene Deutsche den Platz ein, den Juden und Slawen unter den Nationalsozialisten gehabt hatten - die Stereotype von "Umvolkung" und "Überfremdung", von "volksfremden Parasiten" und "Mischrassigen" überdauerten die Zeitenwende. Zugleich aber war man auf die Arbeitskraft der Vertriebenen angewiesen: "Wie ihnen während der Zeit des Nationalsozialismus Zwangsarbeiter zugeteilt worden waren, erwarteten die Bauern nun die Zuteilung von Vertriebenen." Solidarischer hätten sich die dörflichen Randgruppen verhalten. "Geholfen, das hört man immer wieder, haben nur die kleinen Leute."

Der Zuzug der Fremden unterminierte die traditionellen Sozialstrukturen auf dem Lande, durchlöcherte die konfessionellen Mauern und stellte der Reindustrialisierung Deutschlands disziplinierte, hochangepasste, leistungs- und aufstiegsorientierte Arbeitskräfte zur Verfügung, die mit ihrem Fleiß und Einsatz das Wirtschaftswunder überhaupt erst möglich machten. Ausgerechnet die sooft als "rückständig" verleumdeten Vertriebenen "leisteten einen substantiellen Beitrag zur Entprovinzialisierung, Säkularisierung und Urbanisierung Deutschlands und stellten damit einen gewichtigen Modernisierungsfaktor dar."

Ausführlich beschäftigt sich Kossert mit der Bodenreform in der SBZ, die unter anderem als "sozial gerechte" Maßnahme zugunsten der "Umsiedler-Neubauern" propagiert wurde. Tatsächlich erhielten die Vertriebenen zwar 35 Prozent des an Privatpersonen verteilten Bodens, aber nur 91 000 Vertriebene kamen in den Genuss dieser Umverteilung, das waren gerade zwei Prozent der in der Sowjetischen Besatzungszone registrierten "Umsiedler". Die Zwangskollektivierung der fünfziger Jahre empfanden viele "wie eine zweite Vertreibung".

In der breit angelegten Übersicht behandelt Kossert die Politik der Vertriebenenverbände zwischen Anpassung und Identitätswahrung, die Kontroversen um die Ostverträge, die Haltung der Parteien und der Kirchen, die Darstellung von Flucht und Vertreibung in Film und Literatur, schließlich Strategien der Schmerzbewältigung und der Bewahrung der Erinnerung. Gegen große Erzählungen dieser Art lässt sich wie immer einwenden, dass sie den einen oder anderen Faktor über- oder unterbelichten, Wichtiges auslassen oder weniger Wichtiges zu stark hervorstreichen. Vor gar nicht allzu langer Zeit herrschte noch Konsens darüber, dass die Geschichte der Vertreibung und der Vertriebenen, wenn überhaupt, dann bitte nur ohne die Betroffenen erzählt werden dürfe. Es wäre ein deutsches Wunder, wenn nicht auch gegen dieses wichtige Buch der Vorwurf der "Volkstümelei", des "Revisionismus" und "Revanchismus" erhoben werden sollte.

KARL-PETER SCHWARZ

Andreas Kossert: Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945. Siedler Verlag, München 2008. 431 S., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2008

Sachbücher des Monats Juli
Empfohlen werden nach einer monatlich erstellten Rangliste Bücher der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie angrenzender Gebiete.
1. HANS BELTING: Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks. C. H. Beck Verlag, 318 Seiten, 29,90 Euro.
2. WINSTON CHURCHILL: Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi. Aus dem Englischen von Georg Brunold. Eichborn Verlag (Die Andere Bibliothek), 447 Seiten, 34 Euro.
3. PARAQ KHANNA: Der Kampf um die zweite Welt. Imperien und Einfluss in der neuen Weltordnung. Aus dem Englischen von Torsten Schmidt, Berlin Verlag, 624 Seiten, 26 Euro.
4. ANDREAS KOSSERT: Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945. Siedler Verlag, 432 Seiten, 24,95 Euro.
5.-6. SERGE PAUGAM: Die elementaren Formen der Armut. Aus dem Französischen von Andreas Pfeuffer. Hamburger Edition, 336 Seiten, 30 Euro.
TOM SEGEV: Die ersten Israelis. Die Anfänge des jüdischen Staates. Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Hans Freundl. Siedler Verlag, 414 Seiten, 24,95 Euro.
7.-8. AMNESTY INTERNATIONAL: Report 2008. Zur weltweiten Lage der Menschenrechte. Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2007. S. Fischer Verlag, 493 Seiten, 14,90 Euro.
BRUNO PREISENDÖRFER: Das Bildungsprivileg. Warum Chancengleichheit unerwünscht ist. Eichborn Verlag, 192 Seiten, 16,95 Euro.
9. FRIEDRICH ROTHE: Harry Graf Kessler. Biographie. Siedler Verlag, 352 Seiten, 22,95 Euro.
10. PAUL VEYNE: Als unsere Welt christlich wurde. Aufstieg einer Sekte zur Weltmacht. Aus dem Französischen von Matthias Grässlin, C. H. Beck Verlag, 223 Seiten, 19,90 Euro.
Besondere Empfehlung des Monats Juli 2008 von Wolfgang Hagen: JULIANE BRAND (Hrsg.): Arnold Schönberg – Alban Berg. Briefwechsel. Verlag Schott Music, 2 Teile, zusammen 1380 Seiten, 69,95 Euro.
Die Jury: Rainer Blasius, Eike Gebhardt, Fritz Göttler, Wolfgang Hagen, Daniel Haufler, Otto Kallscheuer, Matthias Kamann, Petra Kammann, Guido Kalberer, Elisabeth Kiderlen, Jörg-Dieter Kogel, Hans Martin Lohmann, Ludger Lütkehaus, Herfried Münkler, Wolfgang Ritschl, Florian Rötzer, Johannes Saltzwedel, Albert von Schirnding, Norbert Seitz, Eberhard Sens, Hilal Sezgin, Volker Ullrich, Andreas Wang, Uwe Justus Wenzel.
Redaktion: Andreas Wang (NDR Kultur)
Die nächste SZ/NDR/BuchJournal-
Liste der Sachbücher des Monats erscheint am 31. Juli.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr
"Andreas Kossert legt eine überfällige Geschichte der deutschen Vertriebenen vor. Brillante Darstellung." General-Anzeiger