Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 49,00 €
  • Gebundenes Buch

Als Teufelsmaler war Hieronymus Bosch (1450/55-1516) bereits zu Lebzeiten verschrien, doch auch religiöser Fanatismus oder zwanghafter Moralismus wurden ihm schon früh nachgesagt. Bis heute werden seine Werke aufgrund ihrer außergewöhnlichen Ikonographie kontrovers diskutiert und vielfach mit fragwürdigen Deutungen überfrachtet. In diesem Band wird eine neue, adäquate Bewertung seines Lebens und Werkes versucht. So zeigt sich, dass Bosch kein sozialer und religiöser Außenseiter war, sondern fernab der großen Kunstzentren in 's-Hertogenbosch geistlich geprägt wurde: Selbst Kleriker niederen…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Als Teufelsmaler war Hieronymus Bosch (1450/55-1516) bereits zu
Lebzeiten verschrien, doch auch religiöser Fanatismus oder zwanghafter
Moralismus wurden ihm schon früh nachgesagt. Bis heute werden seine
Werke aufgrund ihrer außergewöhnlichen Ikonographie kontrovers
diskutiert und vielfach mit fragwürdigen Deutungen überfrachtet. In
diesem Band wird eine neue, adäquate Bewertung seines Lebens und Werkes
versucht. So zeigt sich, dass Bosch kein sozialer und religiöser
Außenseiter war, sondern fernab der großen Kunstzentren in
's-Hertogenbosch geistlich geprägt wurde: Selbst Kleriker niederen
Ranges, verkehrte er als Geschworener der Liebfrauenbruderschaft
inmitten der gesellschaftlichen Elite und der religiösen Orden seiner
Stadt. In detaillierten Analysen seiner zentralen Werke werden die
produktions- und wirkungsästhetischen Aspekte seiner Kunst, das
Verhältnis von Tradition und Innovation in seinen Bildern, aber auch die
Bedingtheit künstlerischer Freiheit dargestellt. Denn seine
künstlerischen Konzepte waren abhängig von der städtischen und höfischen
Auftraggeberschicht.
Autorenporträt
Stefan Fischer wurde mit dieser Arbeit an der Universität Bonn promoviert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.02.2014

Schaulust der Angst
Hieronymus Bosch in einem wunderbaren Bildband
Man ist ja inzwischen einiges gewohnt von monumentalen Bildbänden. Aber wenn man dieses Buch aus seiner luxuriösen Kassette herausschält wie ein kostbar verpacktes Geschenk, die großen gotischen Buchstaben auf dem Einband prangen sieht: „Jheronimus Bosch“ und darunter, etwas kleiner, aber immer noch in geprägtem Gold: „Das vollständige Werk“ – dann ahnt man, dass hier etwas Besonderes vorliegt.
Auch für den, der eine ganze Reihe der Bilder dieses Malers im Original gesehen hat, eröffnet sich hier ein neuer Zugang. Der überaus großzügige Zuschnitt der Bildtafeln, die ein einzelnes Werk in zum Teil mehr als zwei Dutzend ganz- und doppelseitige Ausschnitte zerlegen, bringt die Gestalten in ungefähr tatsächlicher Größe vor die Augen – aber viel näher, als es dem Besucher im Museum je erlaubt wäre. Eigentlich tritt einem der Maler hier überhaupt erst als Maler gegenüber und nicht nur als Erfinder grotesk wimmelnder Szenerien. Man sieht, wie die glitzernd-derbe Beschaffenheit eines Kruges sich gegen das Craquelé durchsetzt, von dem die ganze Malfläche fein zersprengt wird, und wie ein einziger zarter weißer Pinselstrich genügt, um die leichte Spiegelung eines Glases täuschend glaubhaft zu machen.
Wenn man Boschs Gemälde, besonders die großen Triptychen, sonst insgesamt sieht, hat das Auge immer zu kämpfen zwischen Totale und Einzelnem. Der Band mit seiner besonderen Strategie der Bildzerlegung jedoch gestattet es, zum Ganzen dieser Kunst zu gelangen. Man erstaunt, wie vertrackt bei den merkwürdigen Türmen im Hintergrund des „Gartens der Lüste“ sich das kraftvoll pflanzenhafte Wachstum und die artifizielle Willkür zur kühnen Konstruktion durchdringen; und der Blick geht den feinen und doch deutlichen Details der Erotik bei diesen vielen nackten Paaren nach, die sich auf poetische und ironische Weise immer diesseits des Obszönen halten, selbst bei der damals äußerst heiklen Frage der Homosexualität: Da bieten, was einem bisher nie auffiel, zwei Männer einander Blumen an, der eine trägt sie in der Hand, dem anderen, der seine Rückseite zukehrt, wachsen sie aus dem Anus – das ist mit Verwegenheit, Witz und Anmut ausgedacht und durchgeführt. Und die Höllen dieses Malers, die grauenvolle Dumpfheit der Monsterteufel oder der Kontrast des blitzblank polierten und doch schartigen Metalls zur zarten Haut der Verdammten, gewinnen eine neue, buchstäblich schneidende Sinnlichkeit.
  Zusammengehalten wird das alles durch den Text von Stefan Fischer, der auf vergleichsweise knappem Raum eine Einführung und einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung gibt. Er nimmt durch Auswahl und Arrangement der Abbildungen eine klare Wertung vor und platziert die „Versuchungen des Heiligen Antonius“, das „Jüngste Gericht“ und vor allem den „Garten der Lüste“ im Zentrum, wobei er zu verstehen gibt, dass er das Spätwerk (einschließlich des „Heuwagen-Triptychons“)für etwas weniger originell und faszinierend hält.
  Fischer räumt nüchtern mit den alten Legenden auf, die sich von der Phantastik der Bilder zu zügelloser Interpretation anspornen ließen, und verortet Bosch solide im Kontext seiner Zeit und seines Standes, in der prosperierenden brabantischen Stadt s’Hertogenbosch an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Doch auch wo Fischer Boschs schriftliche und bildliche Quellen nachweist, widersteht er der Versuchung, alles bis ins Letzte erklären zu wollen; er gibt dem Leser und Betrachter wertvolle Hinweise, entmündigt aber dessen Blick nicht und wahrt damit die Wucht und Frische der Bilder.
  Bosch wurzelt zweifellos in der allegorischen Tradition des Mittelalters, dessen möglicherweise letzter großer Repräsentant er ist; doch er befreit die Allegorie aus ihrer etwas faden Eindeutigkeit und macht sie zum schillernden Sinnbild. Als Kapitel-Motto setzt Fischer ein Zitat von Ernst Gombrich: „Es war das erste und vielleicht das einzige Mal, dass es einem Künstler gelang, die Ausgeburten einer gequälten Fantasie, die die Menschen im Mittelalter ängstigten, konkret und anschaulich darzustellen. Mag sein, dass das nur zu diesem Zeitpunkt möglich war, da die alten Vorstellungen noch lebendig waren, während zugleich der neue Geist den Künstlern die Mittel in die Hand gab darzustellen, was sie sahen.“ Ein epochaler Glücksfall also: Das Alte kommt in der neuen Form noch einmal ganz zu sich selbst.
  Der einzige Einwand, dem man dieser herrlichen Edition machen könnte, ist von ihren Vorzügen wahrscheinlich nicht abzutrennen. Die ganz- und doppelseitigen Abbildungen lassen keinen Raum für den Text, sodass dieser weit weg von ihnen zu stehen kommt. Man muss also ständig blättern, was bei diesem Format einigermaßen lästig fällt; und speziell die ausklappbare Riesen-Mitteltafel sieht bald leider aus wie eine Straßenkarte nach einer langen Urlaubsfahrt.
BURKHARD MÜLLER
Stefan Fischer: Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk. Taschen Verlag, Köln 2013. 300 Seiten, 99,99 Euro.
Die großen Bildtafeln lassen
erstmals der Malerei den Vortritt
gegenüber dem Wimmelbild
Erst der neue Geist setzte den Künstler in die Lage, die alten
Phantasien anschaulich darzustellen: Detail aus dem „Der Garten der Lüste“, um 1503.
Rechter Innenflügel „Die Hölle“.
Abb.: aus dem besprochenen Band
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr