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Ehe, Hetärentum und Konkubinat - im Stadtstaat Athen gab es unterschiedliche Formen der Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die alle sozialen Normen und gesetzlichen Regelungen unterlagen. Anhand literarischer und bildlicher Quellen beleuchtet Hartmann das Spannungsfeld von idealem Anspruch und gelebter Wirklichkeit der Paarbeziehungen und gewährt Einblicke in das Alltagsleben der Antike.

Produktbeschreibung
Ehe, Hetärentum und Konkubinat - im Stadtstaat Athen gab es unterschiedliche Formen der Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die alle sozialen Normen und gesetzlichen Regelungen unterlagen. Anhand literarischer und bildlicher Quellen beleuchtet Hartmann das Spannungsfeld von idealem Anspruch und gelebter Wirklichkeit der Paarbeziehungen und gewährt Einblicke in das Alltagsleben der Antike.
Autorenporträt
Elke Hartmann, Dr. phil., studierte Geschichte und Klassische Archäologie in Berlin. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2003

Die Scheidungsforschung sollte sich ruhig einmal im klassischen Athen umsehen
Wenn die Pflicht gegenüber der Polis erfüllt war, wandte man sich der Hetäre zu: Elke Hartmann berichtet, wo Blickkontakt auf griechisch anfing und wo er aufhörte

Das in ruhig-nüchternem Ton geschriebene Buch stellt sich die glänzend gelöste Aufgabe, drei Formen des dauerhaften Zusammenlebens von Mann und Frau im Athen des fünften und vierten Jahrhunderts zu bestimmen und voneinander abzugrenzen: die Ehe, die Beziehung zu einer Hetäre und das Konkubinat. Von allen drei Formen ist in den Quellen ständig die Rede, so daß gesagt werden muß, daß sie alle drei sowohl allgegenwärtig als auch, in unterschiedlicher Weise, gesellschaftlich akzeptiert waren. Die meisten bisherigen Untersuchungen litten daran, daß sie diese Beziehungen isoliert voneinander betrachteten und sich oft von vorgefaßten Meinungen oder von radikalfeministischem Eifer hinreißen ließen. Ein jüngeres Beispiel der letzten Art stellte das Hetären-Dasein als eine von den Männern erfundene Erniedrigung von Frauen hin, geizte aber andererseits nicht mit ausgiebig wiedergegebenen Vasenbildern, welche Hetären in phantasievollen Posen beim Liebesspiel zeigen.

Hinsichtlich der Ehe, die sich im Gegensatz zu den anderen Beziehungen durch die Hochzeitszeremonie definierte, bekräftigt Elke Hartmann die bisherige Meinung, daß sie vom sozialen Standpunkt aus dem Erhalt der Familie, der Erzeugung von Kindern und damit dem Weiterbestand der Polis zu dienen hatte. Die Autorin verzichtet auf jedes anklägerische Pathos, das sonst gerne bei dieser Feststellung zumindest mitschwingt, ja, sie scheint dieser Auffassung durchaus auch Legitimität zuzubilligen. Mit Recht stellt sie fest, daß persönliche Zuneigung durchaus ebenfalls von der ehelichen Beziehung erwartet wurde und auch vorhanden war. Plausibel, wenn auch im Detail diskussionswürdig, erklärt sie die Nachrichten, die früher als Eingesperrtsein der Frau gedeutet wurden, damit, daß sie wegen des Bedürfnisses der Legitimität der Kinder als "Ideal der sittsamen Zurückhaltung" beziehungsweise als "Hervorhebung des Hauses als idealer Aufenthaltsort der Frau" zu verstehen seien. Leider fehlt eine nähere Begründung bei ihrer Deutung des Scheidungsvorgangs. In Athen konnte sich jeder Ehepartner vom anderen scheiden, und der Unterschied zwischen Mann und Frau bestand nur darin, daß der Mann die Scheidung ohne jegliche Formalität vornehmen konnte, die Frau sie aber behördlich anmelden mußte. Die Autorin erklärt das damit, "daß der Ehefrau von seiten der Polis eine gewisse Fürsorge zur Wahrung ihrer Rechte entgegengebracht wurde". Das hätte man gerne genauer erklärt bekommen.

Das Konkubinat handelt die Autorin kurz ab. Seine Funktion bestand in der Hauptsache darin, daß Bürger und Bürgerinnen informell zusammenlebten, die vor allem als Witwer oder Witwe mit Kindern ihre Pflicht gegenüber der Polis erfüllt hatten. Ausführlicher wird das gesellschaftlich wichtigere Hetären-Dasein abgehandelt. Der Autorin gelingt es in schon fast bewundernswerter Weise, sich von allen bisherigen Schilderungen der Hetären frei zu machen, die von dem einen Extrem der schlichten Prostituierten zum anderen der hochanständigen intellektuellen Gesprächspartnerin schwankten. Natürlich bestand zwischen der Hetäre und ihrem jeweiligen Partner auch ein geschlechtliches Verhältnis, sie war aber nicht einfach käuflich, sondern hatte oft quasimonogame Dauerverhältnisse, um sie mußte geworben werden, und das Entgelt war weniger Bargeld, sondern waren Geschenke - wenn auf Vasenbildern neben anderen Geschenken auch Beutel mit Geld überreicht werden, so waren eben auch sie nach der richtigen Deutung der Autorin als Geschenk und nicht als eine Art Bezahlung zu verstehen.

Auch sonst interpretiert sie Vasenbilder ohne jede Aufregung und wohlabgewogen: Natürlich kommen überdeutliche Darstellungen vor, aber nur in einem bestimmten Zeitrahmen und womöglich wirklich nur Prostituierte darstellend. Weitaus überwiegen aber die Bilder, in denen Hetäre und Geliebter durch Blickkontakt als gleichberechtigte und einander zugeneigte Partner dargestellt werden, und die Namensbeischriften betreffen auch Frauen, die also als eigene Individuen aufgefaßt werden. Dazu paßt es, daß es eine nicht geringe Anzahl Hetären betreffende Liebeslyrik gibt. Hetären waren oft Ausländerinnen, auch ehemalige Sklavinnen, deren sozialer Status in Athen prekär war und die darauf sehen mußten, ihre Stellung auch materiell zu festigen. Sie taten das, indem sie ihre Schönheit, ihre Anmut und ihre Fähigkeit zu geistreichem Gespräch einsetzten.

Gibt es an der Arbeit nichts auszusetzen? Doch, etwas. Insbesondere in der reichlich schwerfälligen Einleitung, in der Forschungsstand und Fragestellung behandelt werden, verwendet die Autorin Begriffe und Ausdrücke, die dem Arsenal der gängigen Akademie-Prosa entnommen sind, ohne daß ein Lektor eingeschritten wäre. Ein Teil dieser Prosa soll bei dem abschließenden abermaligen Lob zum Tragen kommen, etwa so: Das zentrale Anliegen der Arbeit ist, mit ihrem Untersuchungsraster in den Blick zu nehmen und zu thematisieren, was die Quellen über den Status der drei verschiedenen Lebensgemeinschaften im klassischen Athen beinhalten, wobei die Autorin davon ausgeht, daß der Polis-Gemeinschaft ein hoher Stellenwert zukam, indem sie aufzeigt, daß alle drei in der athenischen Wirklichkeit eingebunden und angesiedelt waren, offen benannt und nicht weiter hinterfragt wurden; dabei intendierte die Studie erfolgreich, heutige moralische Kategorien und Urteile, kämen sie nun sozusagen von rechts oder von links, auszublenden. Nein, ganz im Ernst: Die Arbeit erscheint mir richtungweisend.

WOLFGANG SCHULLER

Elke Hartmann: "Heirat, Hetärentum und Konkubinat im klassischen Athen". Campus Verlag, Frankfurt am Main 2002. 279 S., 10 Abb., br., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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30.11.2002, Neue Zürcher Zeitung, Mann und Frauen im antiken Athen: "Ein besonderes Augenmerk legt die Studie auf die politische Relevanz der verschiedenen Beziehungen. Hartmanns Befunde kommen einem, mit Blick auf die Gegenwart, nicht unbekannt vor."

01.12.2002, Damals Gattin, Konkubine, Hetäre: "Eine nicht überladene und gut lesbare Dissertation."

03.02.2003, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Scheidungsforschung sollte sich ruhig einmal im klassischen Athen umsehen: "Das in ruhig-nüchternem Ton geschriebene Buch stellt sich die glänzend gelöste Aufgabe, drei Formen des dauerhaften Zusammenlebens von Mann und Frau im Athen des fünften und vierten Jahrhunderts zu bestimmen [...] Eine richtungsweisende Arbeit."

13.02.2003, Tages-Anzeiger, Schminke macht Frauen verdächtig: "Eine gründliche, gut lesbare Dissertation."

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Drei Formen des "dauerhaften Zusammenlebens von Mann und Frau" im klassischen Athen untersucht diese Dissertation. Den bisherigen Darstellungen, betont der Rezensent Wolfgang Schuler, hat sie zunächst einmal den "ruhig-nüchternen Ton" voraus. In diesem Kontext ist das nicht wenig, meint Schuler, denn kaum je zuvor wurden sowohl das vor allem auf Absicherung der Polis ausgerichtete Institut der Ehe wie die gleichfalls "allgegenwärtige" Beziehung zwischen Mann und Hetäre ohne - vor allem - feministische Vorurteile ins Auge gefasst. Es zeigt sich, so der Rezensent, dass Hetären zwar oft prekären sozialen Positionen entstammen (etwa als freigelassene Sklavinnen), dass aber im Verhältnis zum Mann durchaus eine Art Gleichberechtigung die Regel eher als die Ausnahme war. Einen Einwand hat Schuler allerdings gegen die ihn im Grunde restlos überzeugende Studie: stellenweise beeinträchtigt der akademische Jargon das Lesevergnügen erheblich. Dennoch findet er die Untersuchung "richtungweisend".

© Perlentaucher Medien GmbH
Mann und Frauen im antiken Athen
"Ein besonderes Augenmerk legt die Studie auf die politische Relevanz der verschiedenen Beziehungen. Hartmanns Befunde kommen einem, mit Blick auf die Gegenwart, nicht unbekannt vor." (Neue Zürcher Zeitung, 30.11.2002)

Gattin, Konkubine, Hetäre
"Eine nicht überladene und gut lesbare Dissertation." (Damals, 01.12.2002)

Die Scheidungsforschung sollte sich ruhig einmal im klassischen Athen umsehen
"Das in ruhig-nüchternem Ton geschriebene Buch stellt sich die glänzend gelöste Aufgabe, drei Formen des dauerhaften Zusammenlebens von Mann und Frau im Athen des fünften und vierten Jahrhunderts zu bestimmen [...] Eine richtungsweisende Arbeit." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.02.2003)

Schminke macht Frauen verdächtig
"Eine gründliche, gut lesbare Dissertation." (Tages-Anzeiger, 13.02.2003)