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Produktdetails
  • Verlag: BOD
  • ISBN-13: 9783839192030
  • Artikelnr.: 28137010
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2010

Die Quellen des Propheten

Das Mittelalter als Erfindung oder ein Jesus, der nicht am Kreuz starb, sondern nach Indien auswanderte: Alle paar Jahre erscheint ein Buch mit dem Anspruch, mit bisherigen Weltdeutungen aufzuräumen. In jüngerer Zeit wurde auch der Islam zum Gegenstand revisionistischer Fragestellungen. Norbert Pressburg vertritt die These, dass es den Propheten Muhammad nie gegeben hat (Norbert G. Pressburg: "Good Bye Mohammed". Wie der Islam wirklich entstand. Books on Demand, Norderstedt 2009, 167 S., br., 14, 80 [Euro]).

Die konventionelle Geschichtsschreibung geht davon aus, dass der Prophet Muhammad ab dem Jahr 610 unserer Zeitrechnung göttliche Offenbarungen empfing und daraufhin den Islam begründete. Mit Münzfunden aus der Anfangszeit der Umayyadendynastie versucht Pressburg zu zeigen, dass es den Islam zu jener Zeit noch gar nicht gab. Auf Münzen, die unter Muawiya geprägt wurden, ist vom islamischen Titel des Kalifen keine Rede, außerdem weisen sie christliche Symbole auf. Beim Ausdruck "muhamad" auf Münzen aus jener Ära handelt es sich Pressburg zufolge nicht um den Namen des Propheten, sondern um ein Adjektiv mit der Bedeutung "gepriesen" - womit man allerdings Jesus gemeint habe.

Im Wesentlichen spitzt Pressburg damit die Argumentation zweier Wissenschaftler zu, die die These vertreten, dass die Anfänge des Islams im syrischen Christentum zu finden seien. Die historischen Forschungen des Religionswissenschaftlers Karl-Heinz Ohlig legen nahe, dass nach Ostpersien verschleppte frühe syrische Christen ihre Religion dort weiterentwickelten. Von der Zwei-Naturen-Lehre des Konzils von Nizäa unbeeinflusst, hielt dieses syrische Christentum daran fest, dass es sich bei Jesus um einen menschlichen Gesandten Gottes handelte. Später sei daraus der Prophet Muhammad geworden, der wie die früheren Propheten im Islam keine Göttlichkeit für sich beanspruchen kann. Der Semitist Christoph Luxenberg vertritt die Ansicht, dass dem Koran eine syrisch-christliche Liturgieschrift zugrunde gelegen habe, die - entgegen dem islamischen Dogma - erst später ins Arabische übertragen worden sei. Daraus sei der Koran entstanden.

Pressburg greift auf beachtenswerte, aber auch umstrittene Forschungen zu diesem Thema zurück, denen er jedoch wenig eigene Erkenntnisse hinzuzufügen hat. Er stellt richtig fest, dass das Leben Muhammads und der frühe Islam vorrangig aus später entstandenen literarischen Quellen rekonstruiert werden: dem Koran, der Geschichte nicht chronologisch beschreibt, und der Biographie Muhammads von Ibn Ishaq, die aber nur in der bearbeiteten Fassung von Ibn Hisham vorliegt, der um 833 starb. Pressburgs fragwürdiger Gebrauch arabischer Termini, eine bizarre Argumentationsstruktur und höhnische Äußerungen über Muslime lassen Zweifel an seiner Expertise und Intention aufkommen. Mit seinem Buch erinnert er aber an den Rückstand der historisch-kritischen Erforschung des Korans gegenüber der des Alten und Neuen Testaments. Im Januar 2007 hat die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften zu diesem Zweck ein Langzeitprojekt ins Leben gerufen. Man darf gespannt sein, ob es neues Licht auf die "dunkle Frühzeit des Islams" werfen wird.

JULIA LAUER

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