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Gewiß hat man den Satiriker Böll, den Meister der kleinen Form, über dem Romancier Böll zu Unrecht übersehen. Der vorliegende Band, der die besten satirischen Erzählungen des Autors sammelt, liefert den Beweis. Bölls Humor ist Vereinfachung ins Phantastische, die Verlogenheit und Talmiglanz unbarmherzig entlarvt. Die Attacken, die er reitet, bewahren den Humor - sie belehren, ohne zu verletzen. Ihre groteske Komik trifft ins Schwarze: sie bewirkt Lachen und Schmunzeln und treibt zur Einsicht. Über dieses Buch, das 1958 zum ersten Mal erschien, fanden immer wieder neue Generationen gerade von…mehr

Produktbeschreibung
Gewiß hat man den Satiriker Böll, den Meister der kleinen Form, über dem Romancier Böll zu Unrecht übersehen. Der vorliegende Band, der die besten satirischen Erzählungen des Autors sammelt, liefert den Beweis. Bölls Humor ist Vereinfachung ins Phantastische, die Verlogenheit und Talmiglanz unbarmherzig entlarvt. Die Attacken, die er reitet, bewahren den Humor - sie belehren, ohne zu verletzen. Ihre groteske Komik trifft ins Schwarze: sie bewirkt Lachen und Schmunzeln und treibt zur Einsicht. Über dieses Buch, das 1958 zum ersten Mal erschien, fanden immer wieder neue Generationen gerade von jungen Lesern zum Werk von Heinrich Böll.
Der Band enthält neben der Titelerzählung die Satiren "Nicht nur zur Weihnachtszeit", "Es wird etwas geschehen", "Hauptstädtisches Journal" und "Der Wegwerfer". Der Text folgt dem 1994 erschienenen Band von Heinrich Bölls Erzählungen, den Viktor Böll und Karl Heiner Busse herausgegeben haben.

Ohne Übertreibung kann man sagen, daß Heinrich Bölls Buch Doktor Murkes gesammeltes Schweigen, das die schönsten Satiren des Autors enthält, ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur ist. Immer wieder fanden neue Generationen gerade von jungen Lesern über dieses Buch zum Werk von Heinrich Böll. Der Band enthält neben der Titelerzählung die Satiren "Nicht nur zur Weihnachtszeit", "Es wird etwas geschehen", "Haupt- städtisches Journal" und "Der Wegwerfer".

Autorenporträt
Heinrich Böll, geb. am 21. Dezember 1917 in Köln, gest. am 16. Juli 1985 in Langenbroich, war Sohn eines Tischlers und Holzbildhauers, in dessen Hause in Köln ab 1933 Zusammenkünfte verbotener katholischer Jugendverbände stattfanden. Nach einem gerade begonnenen Studium der Germanistik und klassischen Philosophie wurde Böll 1939 zur Wehrmacht eingezogen. Er desertierte 1944 und kehrte 1945 aus der Kriegsgefangenschaft nach Köln zurück, wo er sein Studium wieder aufnahm und in der Schreinerei seines Bruders arbeitete. Ab 1947 publizierte er in Zeitschriften und wurde 1951 für die Satire 'Die schwarzen Schafe' mit dem Preis der Gruppe 47 ausgezeichnet. Fortan war er als freier Schriftsteller tätig. Außerdem übersetzte er, gemeinsam mit seiner Frau Annemarie, englische und amerikanische Literatur (u.a. George Bernard Shaw und Jerome D. Salinger). Als Publizist und Autor führte Heinrich Böll Klage gegen das Grauen des Krieges und seiner Folgen, polemisierte er gegen die Restauration der Nachkriegszeit und wandte er sich gegen den Klerikalismus der katholischen Kirche, aus der er 1976 austrat. In den 60er und 70er Jahren unterstützte er die Außerparlamentarische Opposition. 1983 protestierte er gegen die atomare 'Nachrüstung'. Insbesondere engagierte sich Böll für verfolgte Schriftsteller im Ostblock (Reisen in die UdSSR und CSSR). Der 1974 aus der UdSSR deportierte Alexander Solschenizyn war zunächst Bölls Gast. Ab 1976 gab er, gemeinsam mit Günter Grass und Carola Stern, die Zeitschrift 'L 76. Demokratie und Sozialismus' heraus. Der Verband deutscher Schriftsteller wurde 1969 von ihm mitbegründet, und er war Präsident des Internationalen PEN-Clubs (1971-74). Böll erhielt zahlreiche Auszeichnungen, so den Georg-Büchner-Preis (1967), den Literatur-Nobelpreis (1972) und die Carl-von-Ossietzky-Medaille (1974).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.11.2011

Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Bibliothek des Humors 5

Schere
im Kopf
Heinrich Böll: „Doktor Murkes
gesammeltes Schweigen“
Gott passt in eine leere Zigarettenschachtel, und zwar genau 27 Mal. Das hat Heinrich Böll (1917-1985) in der erstmals 1955 erschienenen Titelerzählung seines Satirenbandes „Doktor Murkes gesammeltes Schweigen“ bewiesen. So oft nämlich wurde das Wort Gott aus einem Radio-Vortrag des Großintellektuellen Bur-Malottke herausgeschnitten.
Dieser Bur-Malottkewill in seinen gesamten Rundfunkbeiträgen aus der frühen Nachkriegszeit das Wort Gott durch die in der Nazi-Zeit opportune antikirchliche Formulierung „jenes höhere Wesen, das wir verehren“ ersetzt wissen. Ausführendes Organ der nachträglichen Selbstzensur ist der junge Kulturredakteur Doktor Murke, der den Auftrag widerstrebend erfüllt. Murke fürchtet das, was man heute Karriereknick nennt, und Böll findet ein wunderbares Bild, wie er diesen Dämon bannt: Jeden Morgen vor Dienstbeginn dreht Murke mit dem Paternoster im Funkhaus eine Ehrenrunde. Voller Angstlust passiert er den oberen Kipp-Punkt, und diese kleine Schrecksekunde ist sein profanes Morgengebet, sein tägliches Vaterunser. „Angstfrühstück“ nennt er das.
Bölls Satire ist eine Parabel auf die Kontinuität zwischen der NS-Ideologie und dem restaurativen Geist der Adenauer-Jahre, ein Stück Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik, ihres Konformismus und Materialismus. Und auch eine geradezu prophetische Medienschelte. Die Schere im Kopf wird zum wichtigsten Hilfsmittel, um dem Quoten- und politischen Anpassungsdruck nachzugeben. Und der Protest bleibt so stumm wie das aus den Abfallbändern herausgeschnittene gesammelte Schweigen, das sich Murke abends vorspielt, um sich vom Verblendungsgeschwätz zu erholen, das er tagsüber versendet.
„Doktor Murkes gesammeltes Schweigen“ wurde 1963/64 mit Dieter Hildebrandt verfilmt, ebenso zwei weitere Satiren aus diesem Band. „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ ist bis heute ein Fernsehklassiker – auch dies eine Geschichte über Verdrängung und verweigerte Aufarbeitung der Nazizeit. Eine Mutter tyrannisiert ihre Familie, indem sie diese dazu zwingt, jeden Abend mit ihr Weih-nachten zu feiern. Sie betrachtet das als Wiedergutmachung für die Kriegswinter, die ihr keine größeren Opfer abverlangten als den Verzicht auf den reich geschmückten Baum. Bölls Kunstgriff be-steht darin, dass er eine affirmative Erzählperspektive wählt, so treibt er die Absurdität auf die Christbaumspitze.
Ähnlich verfährt Böll in „Hauptstädtisches Journal“, der Charakterstudie eines Ewiggestrigen, dem – „Opposition, was ist das?“ – der Systemwechsel zur Demokratie völlig entgangen ist. „Der Wegwerfer“ ist eine Parodie auf die neue Überflussgesellschaft, und in „Es muss etwas geschehen“ nimmt er den blinden Aktionismus der Wirtschaftswunderjahre aufs Korn. Für Heinrich Böll war das Schreiben von Satiren eine literarische Lockerungsübung. Hier löste sich manche stilistische Verkrampfung seiner Hauptwerke. Doch was er sozusagen nur mit links geschaffen hat, ist um Klassen besser als der Konsenshumor heutiger Berufssatiriker, die mit beiden Händen in die buntgemischte Früchteschale greifen, so die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs Satire. Bei Böll war Satire der Apfel vom Baum der Erkenntnis, bei seinen Nachfahren ist sie meist einfach nur Banane.
CHRISTOPHER SCHMIDT
Heinrich Böll
Foto: SZ Photo/Brigitte Friedrich
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"[...] werden Sie neugierig auf Heinrich Böll - einen Schriftsteller, der auch heute noch zu den wichtigsten und interessantesten deutschen Autoren des 20. Jahrhundert zählt.", kulturthemen.de, 03.11.2013