Ein Meilenstein in der lateinamerikanischen Literatur
"Sie haben mich eingeladen, am viszeralen Realismus teilzunehmen. Natürlich habe ich ja gesagt... Ich weiß nicht genau, was das eigentlich ist", vertraut Juan Garcia Madero seinem Tagebuch an. Sie: das sind die Köpfe jener literarischen Avantgarde, Ulises Lima und Arturo Belano. Um Definitionen ihrer Bewegung sind die beiden indes wenig bemüht, und auch dem frühreifen Jurastudenten ist das letztlich egal.
Freimütig erzählt er von seiner literarischen und sexuellen Initiation: vom fiebrigen Künstlerleben in verrauchten Cafes, von ersten Liebesabenteuern, erbitterten literarischen Feindschaften, von den Auswüchsen eines beginnenden Wahnsinns.
Was als Farce begann, wird zu einem irren Unternehmen: Denn als sich Lima und Belano auf die Suche nach einer geheimnisumwobenen Dichterin, der Urmutter des Real-viszeralismus, machen, gehen die beiden zwielichtigen Gestalten dem Leser verloren. Das Detektivische doppelt sich: In Lissabon, Barcelona, Paris, Wien, Tel Aviv wurden sie gesehen.
Unzählige Literaten, Dealer, Huren, Psychopathen und Lebenskünstler wissen immer wieder eine neue Geschichte zu berichten, um das abenteuerliche Leben der wilden Detektive zu rekonstruieren. Sind sie zu greifen?
"Sie haben mich eingeladen, am viszeralen Realismus teilzunehmen. Natürlich habe ich ja gesagt... Ich weiß nicht genau, was das eigentlich ist", vertraut Juan Garcia Madero seinem Tagebuch an. Sie: das sind die Köpfe jener literarischen Avantgarde, Ulises Lima und Arturo Belano. Um Definitionen ihrer Bewegung sind die beiden indes wenig bemüht, und auch dem frühreifen Jurastudenten ist das letztlich egal.
Freimütig erzählt er von seiner literarischen und sexuellen Initiation: vom fiebrigen Künstlerleben in verrauchten Cafes, von ersten Liebesabenteuern, erbitterten literarischen Feindschaften, von den Auswüchsen eines beginnenden Wahnsinns.
Was als Farce begann, wird zu einem irren Unternehmen: Denn als sich Lima und Belano auf die Suche nach einer geheimnisumwobenen Dichterin, der Urmutter des Real-viszeralismus, machen, gehen die beiden zwielichtigen Gestalten dem Leser verloren. Das Detektivische doppelt sich: In Lissabon, Barcelona, Paris, Wien, Tel Aviv wurden sie gesehen.
Unzählige Literaten, Dealer, Huren, Psychopathen und Lebenskünstler wissen immer wieder eine neue Geschichte zu berichten, um das abenteuerliche Leben der wilden Detektive zu rekonstruieren. Sind sie zu greifen?
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.05.2018Neue Taschenbücher
Die vergessenen
Dichter
Zwei Themen ziehen sich durch die vielen großen und kleinen Romane Roberto Bolaños: die Verheerungen des Faschismus, insbesondere in seiner lateinamerikanischen Form, und die Literatur. Bolaño kokettierte stets damit, nie richtig studiert zu haben, trotzdem zeugen seine Geschichten fast beiläufig von einem enzyklopädischen Wissen und literaturwissenschaftlichen Ideen, die sich, als könne es gar nicht anders sein, durch die Texte ziehen. Mit „Die wilden Detektive“ gelang dem aus Chile nach Spanien geflohenen Autor 1998, wenige Jahre vor seinem Tod, ein später internationaler Durchbruch. Der junge Student Juan schließt sich darin in Mexiko Stadt der surrealistischen Literaturbewegung der Realviszeralisten an, mit Dichtern und Prostituierten zieht er durch Bars und Buchläden, er lernt leben, lieben und lesen, was bei Bolaño nicht immer einfach voneinander zu trennen ist. In diesem Vagabundenleben scheint die Biografie Bolaños auf, der selbst in den Siebzigerjahren in Mexiko die Bewegung der Infrarealisten mitgründete und gegen etablierte Schriftsteller agitierte. Auch diesem wilden Leben hat er in seinem Roman Jahrzehnte später ein Denkmal gesetzt. NICOLAS FREUND
Roberto Bolaño: Die wilden Detektive. Roman. Aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 684 Seiten, 16 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Die vergessenen
Dichter
Zwei Themen ziehen sich durch die vielen großen und kleinen Romane Roberto Bolaños: die Verheerungen des Faschismus, insbesondere in seiner lateinamerikanischen Form, und die Literatur. Bolaño kokettierte stets damit, nie richtig studiert zu haben, trotzdem zeugen seine Geschichten fast beiläufig von einem enzyklopädischen Wissen und literaturwissenschaftlichen Ideen, die sich, als könne es gar nicht anders sein, durch die Texte ziehen. Mit „Die wilden Detektive“ gelang dem aus Chile nach Spanien geflohenen Autor 1998, wenige Jahre vor seinem Tod, ein später internationaler Durchbruch. Der junge Student Juan schließt sich darin in Mexiko Stadt der surrealistischen Literaturbewegung der Realviszeralisten an, mit Dichtern und Prostituierten zieht er durch Bars und Buchläden, er lernt leben, lieben und lesen, was bei Bolaño nicht immer einfach voneinander zu trennen ist. In diesem Vagabundenleben scheint die Biografie Bolaños auf, der selbst in den Siebzigerjahren in Mexiko die Bewegung der Infrarealisten mitgründete und gegen etablierte Schriftsteller agitierte. Auch diesem wilden Leben hat er in seinem Roman Jahrzehnte später ein Denkmal gesetzt. NICOLAS FREUND
Roberto Bolaño: Die wilden Detektive. Roman. Aus dem Spanischen von Heinrich von Berenberg. Fischer, Frankfurt am Main 2018. 684 Seiten, 16 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Eine virtuose Mischung aus den beiden rivalisierenden Impulsen der lateinamerikanischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts, für die Jorge Luis Borges und Gabriel García Márquez stehen."
Hans-Peter Kunisch, Süddeutsche Zeitung
Hans-Peter Kunisch, Süddeutsche Zeitung