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'Die Musik, mein Leben durchschreitet fünf Jahrzehnte der außergewöhnlichen und erfüllten musikalischen Karriere eines der größten Musiker unserer Zeit. Als brillanter Virtuose, Pianist, Kammermusiker und Dirigent weltbekannter symphonischer Orchester hat Daniel Barenboim mit den berühmtesten Künstlern des 20. Jahrhunderts zusammengearbeitet. ' 'Ich habe versucht zu beschreiben, wie es ist, von der Musik besessen zu sein, und war neugierig darauf, diese Besessenheit auszuloten." Daniel Barenboim'

Produktbeschreibung
'Die Musik, mein Leben durchschreitet fünf Jahrzehnte der außergewöhnlichen und erfüllten musikalischen Karriere eines der größten Musiker unserer Zeit. Als brillanter Virtuose, Pianist, Kammermusiker und Dirigent weltbekannter symphonischer Orchester hat Daniel Barenboim mit den berühmtesten Künstlern des 20. Jahrhunderts zusammengearbeitet. ' 'Ich habe versucht zu beschreiben, wie es ist, von der Musik besessen zu sein, und war neugierig darauf, diese Besessenheit auszuloten." Daniel Barenboim'

Autorenporträt
Barenboim, Daniel"Daniel Barenboim 1942 in Buenos Aires geboren, übersiedelte 1952 mit seiner Familie nach Israel. Ab Mitte der 50er Jahre konzertierte der geniale Pianist in der ganzen Welt: ab 1962 verlegte er sich zunehmend aufs Dirigieren; seitdem ist er aus den großen Konzertsälen, Opernhäusern und Festspielen nicht mehr wegzudenken. Heute ist er Music Director des Chicago Symphony Orchestra und künstlerischer Leiter der Deutschen Staatsoper Berlin. "
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.11.2002

Musik, Toleranz und eine Lektion in Demokratie
Der Weltbürger aus Argentinien, Israel und Deutschland: Daniel Barenboim zeigt uns in seinem autobiografischen Buch „Die Musik – mein Leben”, was ihn bewegt
Trockenes Papier, ein Buch kann das Leben und die Musik eines Künstlers wie Daniel Barenboim schwerlich fassen. Und ein Buch, das den Titel trägt „Die Musik – mein Leben”, muss schon veraltet sein in dem Moment, wo es in der Öffentlichkeit erscheint. Auf Barenboims Lebensbühne nämlich pflegen Ereignisse, Handlungen und Menschen sich dicht zu drängen, dieser Musiker hat einen schwer stillbaren Hunger nach künstlerischer Herausforderung, nach ästhetischer Reflexion und auch politischem Handeln, wie es in letzter Zeit immer häufiger vorkommt. Das wurde ihm, dem jüdischen Weltbürger, der heute vor sechzig Jahren in Buenos Aires geboren wurde und seit zehn Jahren seine künstlerische Heimat in Berlin gefunden hat, sozusagen in die Wiege gelegt.
Die Autobiografie, die schon 1991 erschien und jetzt in erweiterter Fassung vorliegt, kann noch nicht wissen: Daniel Barenboim ist vor knapp zwei Wochen der „Toleranzpreis” der Evangelischen Akademie Tutzing überreicht worden, für sein Bemühen um Aussöhnung von Israelis und Arabern mit Hilfe des vor drei Jahren von ihm gegründeten „West-Eastern-Divan-Orchestra”, wo junge israelische und arabische Musiker einträchtig miteinander musizieren. Die Laudatio hielt ein Berufener in politischer Fantasie und Tat: der deutsche Außenminister.
„Wie kommt ein großer Pianist und Dirigent dazu, sich im Nahen Osten zu engagieren? Was bewegt ihn, das Minenfeld dieses hochexplosiven Konflikts zu betreten?” fragte Joschka Fischer. Um die Antwort selbst zu geben: „Mut, Entschlossenheit, Unvoreingenommenheit, seine Liebe zu Israel und seine Trauer über das unerträgliche Maß an Feindseligkeit und täglicher Gewalt im Nahen Osten” seien die Beweggründe für Barenboims ungewöhnliches Engagement. „Keine Verhandlungsrunden, keine Gespräche, keine Telephonate”, wird Fischer fast neidisch: „Sein Werkzeug ist die Musik”.
Der israelische Staatsbürger Daniel Barenboim hat in den letzten Jahren immer stärker auf die menschliche Katastrophe des Nahostkonflikts zwischen Juden und Palästinensern aufmerksam gemacht. Sein Vorschlag ist Zukunftsmusik: die konsequente Zweistaatenlösung. Idee und Praxis des israelisch-palästinensischen Gemeinschaftsorchesters beschreibt Barenboim in dem neu hinzugefügten Buchkapitel „Weimar”, denn dort hatte er vor drei Jahren die jungen Musiker um sich versammelt zu Begegnungen, Workshops und Konzerten.
Ausführlich legt er dar, was ihn dazu brachte, in Israel selbst ein Tabu zu brechen, nämlich das inoffizielle Wagner-Verbot im öffentlichen Raum – für Barenboim ein Symptom für die geistige Verhärtung in seinem Land. So hat er sich für die bis heute in Israel verpönte Musik Richard Wagners eingesetzt, weil er sie liebt, und ist demnach, ähnlich wie sein erklärter Freund Zubin Mehta (dem er ein kleines feines Porträt widmet), vor öffentlichen Eklats in Sachen Wagner nicht zurückgeschreckt. Immer erneut versuchten die beiden, die israelische Diskussion darüber in Gang zu bringen. Neulich durfte Barenboim sogar – Künstler eines utopischen Verlangens wie Wagner – seinen riskanten Plan in die Tat umsetzen, im palästinensischen Ramallah ein öffentliches Konzert zu geben. Auch davon kann in dem Buch noch nicht die Rede sein, wo der Blick stattdessen zurückreicht bis in die Kindheit.
„Der elfjährige Barenboim ist ein Phänomen...” So schrieb in einem Brief der Dirigent Wilhelm Furtwängler im Sommer 1954 in Salzburg. „Dieser Brief wurde für die nächsten zwanzig Jahre mein Empfehlungsschreiben”, bekennt Daniel Barenboim gern. Furtwängler lud den Knaben aus Argentinien, der am Salzburger Mozarteum studierte, sogar zu Konzerten ein mit seinen Berliner Philharmonikern (und starb aber schon bald darauf). Barenboim erinnert sich ziemlich gut daran, was ihm in ästhetischer und handwerklicher Hinsicht in Furtwänglers Salzburger „Don Giovanni”-Proben vermittelt wurde und wohl erst später an Einsichten alles aufging. Dennoch greift er, um die Erkenntnisse und Erlebnisse zusammenzufassen, zu einer betont poetischen Erklärung: „Ich glaube, Furtwängler war sich der Parallelen zwischen Musik und Natur sehr bewusst – zu strömenden Flüssen und Stürmen... Am Abend des Konzerts hatte es eine Art explosiven Charakter, der bis heute unvergleichlich geblieben ist. ”
Solche Passagen machen deutlich, was Daniel Barenboim, so darf man ruhig behaupten, zum Musiker eines im Grunde deutschen Empfindens werden ließ, sowohl am Flügel wie auf dem Dirigentenpodium. Dazu haben von Anfang an die musikalischen Sprachen von „Lieblingskomponisten” beigetragen: Bach, Mozart und Beethoven, Brahms, Bruckner und Wagner, Liszt, später auch Gustav Mahler samt dessen Leiden an der Bruchlinie zwischen zwei schlimmen Jahrhunderten. Es wird in dem Buch auch deutlich, wieso sich Daniel Barenboim zu einem viel älteren Künstler wie Sergiu Celibidache hingezogen fühlte, mit dem er viele Jahre lang gemeinsam musizierte, in München fast jedes Jahr von 1979 an. Das Fazit intensiver Begegnungen sagt viel über Barenboims Fähigkeit, mit seinen Erinnerungen ehrlich umzugehen: „Ich glaube nicht, dass ich nach Proben und Konzerten mit ihm jemals aus München weggefahren bin, ohne neuen Stoff zum Nachdenken gehabt zu haben.” Ein später Schüler über seinen Mentor?
Unter den angeschwemmten Biografien und Autobiografien ist Daniel Barenboims Buch eines der intelligentesten und subtilsten Zeugnisse künstlerischer Selbstreflexion. Der Musiker erzählt auf geistreiche, fast mühelose Weise, wie sein Leben mit der Musik begann und verlaufen ist. Wie er als Kind russisch-jüdischer Eltern von Argentinien nach Israel kam, später nach England, Frankreich. Er spricht vom Klavierspiel, der Kammermusik, der Liedbegleitung, von Interpretation. Dirigieren und Orchesterkunst, Opernbühne und Regie; von Berlin (Staatskapelle) und von Chicago (Symphony Orchestra), wo Barenboim seit zehn Jahren Chefdirigent ist. Bayreuth spielt eine Rolle, überhaupt wird das vergangene Halbjahrhundert der Musik und des Musiklebens lebendig, genauso aber auch, was es mit der Musik selbst auf sich hat. Da erweist sich der Künstler als Philosoph, der die Tonkunst mit dem Leben der Menschen, Tiere und Pflanzen vergleicht: „Musik entsteht aus dem Nichts und endet im Nichts”. Dieses Nichts ist die Stille. „Ich glaube, dass alle Künste eine Art organische Beschaffenheit haben, aber was mich bei der Musik anspricht... ist ein Element der Zeit, das in den anderen Künsten nicht in derselben Form existiert.” Das Buch ist gesättigt von der Erfahrung mit Musik.
In seiner Dankesrede in Tutzing vor ein paar Tagen hat Barenboim nachdrücklich auf das politische Phänomen Musik aufmerksam gemacht. Musik hilft den Menschen, zu sich selbst und zu den Mitmenschen zu finden. Und das Zusammenspiel der Instrumente sieht Daniel Barenboim als eine „Lektion in Demokratie”.
WOLFGANG SCHREIBER
DANIEL BARENBOIM: Die Musik – mein Leben. Herausgegeben von Michael Lewin, überarbeitet von Phillip Huscher. Aus dem Englischen von Michael Lewin und Matthias Arzberger. Ullstein Verlag, München 2002, 344 Seiten, 24 Euro.
Daniel Barenboim, Berlin 1999.
Foto: Petra
Goldmann
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