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»Emilie, Aix 1976. Komm so schnell wie möglich zu mir nach Genua. Dario.« Als Emilie diese Suchanzeige auf einem Stück Zeitungspapier entdeckt, in das der Wein eingewickelt war, bereitet sie gerade das Abendessen zu ihrem 25. Hochzeitstag vor. Sie schaltet den Herd aus, nimmt die Autoschlüssel und macht sich auf den Weg nach Genua.Allein am Steuer, ist ihr, als ob ein Korsett aus Liebe, Gewohnheit und Langeweile von ihr abfällt. Wie war das damals, als das Leben noch offen schien? Wünsche, Träume werden wach, Erinnerungen steigen auf. An die Flucht aus dem engen, rigiden Elternhaus, die…mehr

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Produktbeschreibung
»Emilie, Aix 1976. Komm so schnell wie möglich zu mir nach Genua. Dario.« Als Emilie diese Suchanzeige auf einem Stück Zeitungspapier entdeckt, in das der Wein eingewickelt war, bereitet sie gerade das Abendessen zu ihrem 25. Hochzeitstag vor. Sie schaltet den Herd aus, nimmt die Autoschlüssel und macht sich auf den Weg nach Genua.Allein am Steuer, ist ihr, als ob ein Korsett aus Liebe, Gewohnheit und Langeweile von ihr abfällt. Wie war das damals, als das Leben noch offen schien? Wünsche, Träume werden wach, Erinnerungen steigen auf. An die Flucht aus dem engen, rigiden Elternhaus, die symbiotische Nähe zu ihrer Schwester, die »ein Chromosom zuviel hat« und doch mit ihr mehr als nur ein Körnchen Verrücktheit und rebellische Fantasie teilt. An die Liebe zu Dario, die plötzlich ein Fenster aufstieß.Wen hofft sie wiederzufinden, nach all den Jahren? Warum rührt die Erinnerung an die erste Jugendliebe so tief, dass man dafür sein bisheriges Leben hinter sich lässt? Véronique Olmi, »Meisterin der Erkundung von Gefühlen und von Frauenporträts in der Nachfolge einer Jane Austen oder eines Henry James« (Le Figaro littéraire), nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit - ein »Road-Movie der Gefühle« (Paris Match).
Autorenporträt
Olmi, VéroniqueVéronique Olmi wurde 1962 in Nizza geboren und lebt in Paris. In Frankreich wurde sie, als eine der bekanntesten Dramatikerinnen des Landes, für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Theaterstücke wurden in viele Sprachen übersetzt und werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt. Ihre Romane stehen seit Jahren auf den Bestsellerlisten. In Deutschland erschien von ihr zuletzt "Nacht der Wahrheit" (Kunstmann 2015).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2011

Blaues, blaues
Mittelmeer
In ihrem Roman „Die erste Liebe“
stellt Véronique Olmi den Herd ab
Für theatralische Effekte ist die 1962 in Nizza geborene Véronique Olmi, früher Schauspielerin, dann Regisseurin und Autorin von Theaterstücken sowie einer mittlerweile recht stattlichen Anzahl meist kurzer Romane, immer zu haben. Mit einem solchen Effekt eröffnet sie auch ihren neuen Roman. Der Lockruf des Begehrens kommt dieses Mal aus der fernen Vergangenheit und erreicht Emilie, die noch nicht ganz fünfzigjährige Heldin, ausgerechnet am Abend ihres fünfundzwanzigsten Hochzeitstags. Das Essen ist vorbereitet, der Tisch festlich gedeckt, das Ehebett mit neuer Seidenwäsche bezogen, die Dessous sind angelegt. Alles wäre perfekt, wenn sie sich nicht mit dem Weinhändler gestritten hätte und nun ohne passenden Wein dastünde. Aber da gibt es ja noch die Flasche Pommard, die ihr Mann kürzlich aus Burgund mitgebracht hat. Sie ist eingewickelt in die Anzeigenseiten der Libération. Ihr Blick fällt auf eine Annonce. Und sie weiß sofort, dass sie gemeint ist: „Emilie, Aix 1976. Komm so schnell wie möglich zu mir nach Genua. Dario.“
Gerade noch geistesgegenwärtig genug, den Herd abzustellen, die Kerzen zu löschen und dem Gatten einen Zettel auf den Küchentisch zu legen, er solle sich „BLOSS keine Sorgen“ machen, setzt sie sich ins Auto, um von Paris nach Genua zu fahren. Dario Contadino war einst der Schwarm aller Mädchen von Aix-en-Provence, wo Emilie aufgewachsen ist. Mit ihm erlebte sie ihre erste Liebe, deren Lockruf nun so dringlich ist, dass sie alles stehen und liegen lässt. Der Mann, die drei erwachsenen Töchter, die bereits aus dem Haus sind, spielen keine Rolle mehr. Denn nun ist sie dran, endlich einmal an sich zu denken, ohne Rücksicht auf andere.
Das können wohl nur die Franzosen: das weibliche Begehren als eine Urgewalt feiern, die sich mit der Trägheit der Provinz und dem Licht des Südens auf eine Weise vermischt, dass Laszivität und unendliche Langeweile eins werden. Colette war eine Meisterin darin und auch Marguerite Duras, die das Pathos sublimer Reduktion so virtuos beherrschte, dass die Feier des Begehrens haarscharf unter der Kitschschwelle blieb. Sie ist das erklärte Vorbild Véronique Olmis, die allerdings weit weniger geschickt darin ist, den Kitsch zu vermeiden. Besonders der letzte, in Genua spielende Teil des Romans, gerät auf fremdem Terrain und im Sog Pasolinis, von dem auch das Motto stammt, zur Schmonzette.
Doch über zwei Drittel des Weges bewährt sich der Roman als eine Road-Novel eigener Art. „Die erste Liebe“ ist eine Reise in die Vergangenheit, die sich mit den kleinen Episoden am Wegesrand nur insofern einlässt, als sie den Takt der Erinnerung vorgeben, den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Während sie ihre Heldin auf der A 6 zunächst nach Lyon lenkt, dann über Landstraßen und Dörfer nach Aix-en-Provence und schließlich bis nach Genua, entwirft Véronique Olmi eindrückliche Bilder aus der französischen Provinz der 1960er und 70er Jahre. Sie sind die Stärke des Romans, weit mehr als Emilies Nachsinnen über den Zustand ihrer Ehe und ihre drei Töchter, die, mehr oder weniger unglücklich, in Marseille, Paris und London leben.
Die Nähe zum Mittelmeer und die Lustfeindlichkeit des Katholizismus sind die beiden Pole, zwischen denen der Roman seinen Bilderreigen aufspannt. Emilie ist die jüngere von zwei Schwestern, die allzu früh Verantwortung für die mit dem Down-Syndrom geborene große Schwester übernehmen muss, die von der Mutter als Last und Gottesstrafe empfunden wird. Einst liebte sie einen protestantischen Jungen, bevor sie mit einem zwölf Jahre älteren Katholiken verheiratet wurde, dem Vater der beiden Mädchen, der sich nur für Schmetterlinge interessiert. Die Dumpfheit einer Kindheit und Jugend im „Korsett aus Langeweile und Vorschriften“ lichtet sich erst, als eines Tages der siebzehnjährige Dario auf der Bildfläche erscheint, blond, schön und anmutig, eine Tadzio-Figur, von der man ahnt, dass sie nicht nur die Mädchen entzückt. Emilie sieht ihn zum ersten Mal, als er auf einer Party ein anderes Mädchen küsst und ist sofort gefangen. Bis sie am Strand von Cassis zum ersten Mal miteinander schlafen, dauert es seine Zeit. Kaum ist es geschehen, muss er auch schon wieder nach Genua zurück.
Indem Véronique Olmi die Erinnerungsszenen dieses Erweckungserlebnisses immer wieder hart unterbricht, gelingt es ihr, den Zauber der ersten Liebe einzufangen, ohne sie an den Kitsch zu verraten. Dramaturgisch geschickt, hält sie die Hoffnung einer Wiedererweckung am Leben, bis ihre Heldin in Genua ankommt. Dann jedoch kollabiert die Erinnerung und wird von der Gegenwart eingeholt, auf eine Weise, die zwar überraschend ist, aber ohne jedes Geheimnis.
MEIKE FESSMANN
VÉRONIQUE OLMI: Die erste Liebe. Roman. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. Verlag Antje Kunstmann, München 2011. 284 Seiten, 19,90 Euro.
„Emilie, Aix 1976. Komm
so schnell wie möglich
zu mir nach Genua. Dario“
Es ist nicht gut, wenn Väter
sich nur für
Schmetterlinge interessieren
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Einerseits, andererseits. Einerseits attestiert Rezensentin Meike Fessmann der Autorin zwar durchaus Nähe zu ihren großen Vorbildern in Sachen Literarisierung weiblichen Begehrens als Urgewalt: Colette und Duras lassen schön grüßen. Allerdings verfügt Veronique Olmi nicht ganz über die Größe der beiden, wie Fessmann feststellten muss. So kommt es, dass die Geschichte einer die reife, familiär gebundenen Heldin einholenden Jugendliebe zu einem Drittel purer Kitsch ist. Als Roadnovel mit eingestreuten Bildern aus der französischen Provinz der 60er und 70er Jahre überzeugt der Text die Rezensentin hingegen durchaus. Bis zum Schluss, der erscheint Fessmann wiederum wenig geheimnisvoll.

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