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Wie kaum ein anderes Buch feiert dieses Meisterwerk der literarischen Naturbeobachtung die unerschöpfliche Vitalität der Natur. In den 1960 er Jahren war der Wanderfalke im Aussterben begriffen. In diesem Wissen beobachtete Baker über viele Jahre diese faszinierenden Vögel. Mit naturwissenschaftlicher Genauigkeit beschreibt er in seinem als Tagebuch angelegten Bericht das Leben eines Wanderfalkenpaares in Ostengland. Tag für Tag folgt er den beiden, beschreibt die Gewohnheiten und Ängste der Raubvögel mit einer beispiellosen Mischung aus Poesie und Präzision - wie besessen davon, dem Geheimnis…mehr

Produktbeschreibung
Wie kaum ein anderes Buch feiert dieses Meisterwerk der literarischen Naturbeobachtung die unerschöpfliche Vitalität der Natur. In den 1960 er Jahren war der Wanderfalke im Aussterben begriffen. In diesem Wissen beobachtete Baker über viele Jahre diese faszinierenden Vögel. Mit naturwissenschaftlicher Genauigkeit beschreibt er in seinem als Tagebuch angelegten Bericht das Leben eines Wanderfalkenpaares in Ostengland. Tag für Tag folgt er den beiden, beschreibt die Gewohnheiten und Ängste der Raubvögel mit einer beispiellosen Mischung aus Poesie und Präzision - wie besessen davon, dem Geheimnis ihrer Anmut auf die Spur zu kommen. Dabei scheinen im Laufe der Beobachtung Mensch und Vogel zu verschmelzen. Baker wird nach und nach selbst zum falkengleichen Jäger, der die Zeichen in der Landschaft zu deuten weiß. Dieses erstmals 1967 veröffentlichte, in einer dichten, poetischen und zugleich lakonischen Sprache verfasste Buch besitzt die unvergleichliche existenzielle Wucht der Einsamkeit, aus der eine beglückende Beziehung zur Natur, einer Region, zu einem Raubvogel erwächst.
Autorenporträt
Über John Alec Baker, geboren 1926 in Chelmsford, Ostengland, wo er 1986 starb, ist wenig bekannt. Er arbeitete als Bibliothekar, widmete sein Leben aber weitgehend der Vogelbeobachtung. Neben 'The Peregrine' veröffentlichte er nur ein weiteres Werk, The Hill of Summer.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Jürgen Brôcan freut sich über zwei Neuerscheinungen, mit denen der Verlag Matthes und Seitz dem Nature Writing zu größerer Präsenz verhilft. J.A. Bakers "Wanderfalken" nennt er einen Klassiker dieses Genres und beschreibt den Autor als einen typischen Vertreter des britischen "Birdings", das im Gegensatz zum amerikanischen "Birdwatching" offenbar eher eine Lebensweise als eine Technik meint. Hoch konzentriert, minuzös und empathisch sei Bakers Prosa, erklärt Brôcan, der das Werk ganz von der Bewunderung für den Wanderfalken getragen sieht, der "die perfekte Verbindung von zielendem Auge und greifender Klaue" darstelle.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.11.2014

Ein Dreieck aus blankem Kupfer
Einübung in die Kunst des Sehens: das Buch „Der Wanderfalke“ des englischen Bibliothekars J. A. Baker
Ach, die eisgraue See! Zu den wuchtigsten Stücken der englischen Literatur gehört das Gedicht „The Seafarer“, eine Sammlung angelsächsischer Gesänge, weit über tausend Jahre alt, in denen ein reifer Seemann das Meer, die Kälte und die Tiere beschwört. Seine große Kunst besteht darin, die Seevögel und ihre Rufe noch im eisigsten Sturm zu entdecken, ja, bisweilen fast mit ihnen zu verschmelzen. In der Übersetzung des Dichters Thomas Kling hört sich das so an: „wollt spaß ich haben: / brandgans-lieder, / strandläufer pfiff. / mich bracht das zum lachen, / die möwe schrie / und wir beim met. / stürme, die auf felsen krachten / antwort, im eiskleid, / die seeschwalbe gab; / oftmals und gellend der seeadler rief“.
  Ein später Nachfahre dieses Wind- und Vogelschamanen ist der Engländer J. A. Baker. Nur dass seine Liebe nicht allein dem Wasser gilt, sondern ebenso dem festen Land. Genauer: der lehmdurchsetzten Landschaft von Essex, die er, ohne sie je beim Namen zu nennen, mit Stiefeln und Fernglas durchstreift. Und sein Wappenvogel ist nicht der Seeadler, sondern – der Wanderfalke. Zunächst ist es nur die „Leidenschaft und Wucht“, die den Erzähler an den Falken bindet. Wanderfalken gehören zu den besten Jägern unter den Vögeln.
  Alles scheint darauf ausgerichtet: der stromlinienförmige Körper, die Augen, der abgerundete Kopf. Meist fängt und tötet der Falke andere Vögel im Flug. Wie ein Stein lässt er sich aus dem Himmel fallen oder holt sich die Beute mit einem plötzlichen Angriff von unten. Der Falke mit seiner blauschwarzen Färbung und der weißlichen Kräuselung am Bauch lässt den Erzähler nicht mehr los. Und er setzt sich auf seine Spur.
  Nur wenig weiß man über diesen John Alec Baker. Geboren wurde er 1926, und er verbrachte einen großen Teil seines Lebens in der Stadt Chelmsford im Nordosten von London. Eine romantisch gefärbte Leserschaft wollte ihn lange Zeit als schrulligen Bibliothekar sehen, der zu seinen Naturgängen aufbrach, wenn er nicht gerade über den Büchern saß. Doch seit der Veröffentlichung eines kleinen Sammelbandes, der neben dem „Wanderfalken“ und Bakers einzigem anderen Buch „The Hill of Summer“ auch einige Tagebuchauszüge enthält, fällt das Bild durchaus nüchterner aus. Von bibliophiler Verträumtheit keine Spur. Vielmehr scheint Baker viele Jahre Manager bei der „Automobile Association“ gewesen zu sein (obwohl er selbst nur mit dem Fahrrad fuhr), später arbeitete er wohl für Britvic, einen der größten Hersteller von Soft Drinks in England. Eine arthritische Erkrankung zwang ihn immer wieder ins Bett. Er starb 1986 an den Spätfolgen der vielen Medikamente.
  Einige Anmerkungen in seinem Buch lassen darauf schließen, dass er sich mehr als zehn Jahre mit dem Wanderfalken beschäftigt hat. Doch seine Notizen beschränken sich auf die Zeit vom 1. Oktober bis zum 4. April des folgenden Jahres. Die Datierung ist nicht genau. Das Buch erschien erstmals 1967. In den Jahren davor wurden die Vogelbestände in England, allen voran die Greifvögel, durch den massiven Einsatz des Insektizids DDT in der Landwirtschaft regelrecht dezimiert. Obwohl Baker keine Details über den Zeitraum preisgibt, lässt sich an einige Tiraden über die „Agrarchemie“ und an seinen Tonfall, der bisweilen an einen Abgesang erinnert, die Vermutung knüpfen, das Buch skizziere die Zeit um 1963.
  Für Bakers eigentlichen Bericht indes ist die Frage nach der Datierung nicht die wichtigste. In der Form eines Journals hält er die Beobachtungen fest. Es gehört zu den dramaturgischen Kunstgriffen, dass er seinen eigenen Hintergrund ganz im Dunklen lässt. Entscheidend ist einzig die Faszination für die Tiere. „Hagelsturm flog“, heißt es einmal im „Seafarer“.
  Und auch Baker folgt bei jedem Wetter den Vögeln, die sich dem genaueren Blick als zwei Wanderfalkenpaare offenbaren. Er beobachtet sie bei der Jagd, erforscht ihre Schlafplätze und stellt erstaunt fest, dass er die Falken selbst zunächst nur selten zu Gesicht bekommt. Erkennbar sind sie vielmehr an der Panik ihrer möglichen Beute: „Der Zug des Falken durch den Himmel spiegelte sich am Boden im ruhelosen Aufsteigen der Regenpfeifer, dem weißen Strudel der Möwen, den klackernden grauen Wolken der Ringeltauben.“
  In zwei unterschiedliche Richtungen lenkt Baker den Blick seiner Leser. „Die Jagd nach dem Falken schärft das Sehen“, schreibt er und schmiegt sich eng an die Wahrnehmungswelt des Tieres an, imaginiert Perspektiven aus der Luft, in denen es nichts gibt als Wellen und Kanten und versinkende Flächen: „Der Wanderfalke sieht und merkt sich Muster, von denen wir nicht einmal wissen, dass sie existieren.“ Baker verwandelt die Welt aber auch durch seinen eigenen Blick und seine Sprache. Sein Gespür für Nuancen ist immer auch ein Gespür für Bilder. Andreas Jandl und Frank Sievers haben dafür in der Übersetzung wortstarke Entsprechungen gefunden. Hier lassen sich Farbschattierungen entdecken wie „hellcremefarben“ oder „tintenfischschwarz“. Der Falke erscheint wahlweise als „geflügelter Ahornsame im Wind“ oder als „Dreieck aus blankem Kupfer“. Und einmal kauern ein paar Schnepfen am Ufer wie „kleine braune Mönche beim Angeln“.
  Es gibt aber noch eine andere Vorstellungsschicht. Über die funkelnden Beschreibungen schiebt sich die Idee einer elementaren Welt, in der das Tier wie der Inbegriff des Anderen erscheint. Der Erzähler träumt davon, dem Falken immer näher zu kommen, mit ihm zu fliegen und zu fressen, um am Ende mit dem Vogel zu verschmelzen. Zugleich zeigt sich der Falke als unnahbare Instanz, die den Tod bringt wie ein strafender Gott. Diese gleichsam archaische Sicht sorgt für so manche Vereinfachung. Da können die Menschen schon einmal nichts sein als „schwer und ernst wie das Land“. Auch verwendet Baker die eine oder andere kitschnahe Blutmetapher.
  Aber solche kleinen Momente schmälern nicht die Intensität dieses Buches. In seinen stärksten Szenen erinnert es an die großen englischsprachigen Langgedichte, Robinson Jeffers’ Bilder von der kalifornischen Küste etwa oder Michael Hamburgers Wanderungen durch Suffolk. Und es zeigt uns, wie nah sich naturwissenschaftliche Betrachtung und die Fragen nach dem tieferen Sinn kommen können. Der „Seafarer“ wusste davon: „kaltklammer. / traurig, angstvolle klage / herrscht da im herz. / im bauch biss der hunger, / der kopf hat die see satt.“
NICO BLEUTGE
J.A. Baker: Der Wanderfalke. Mit einem Vorwort von Robert Macfarlane. Aus dem Englischen von Andreas Jandl und Frank Sievers. Matthes & Seitz, Berlin 2014. 220 Seiten, 30 Euro.
Auch am Stadthimmel zu Hause: der Wanderfalke.
Foto: dpa
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