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"Ein Thriller im Dämmerlicht des Fin-de-siecle", so schrieb ein französischer Kritiker über diesen kleinen Roman. Ein vermögender Sammler antiker Münzen, und geradezu besessen von der Einmaligkeit seiner Schätze, gelangt in den Besitz einer nur in einem Exemplar erhaltenen goldenen Münze der Königin Kleopatra. Der Ehrgeiz sticht ihn, sie seinem einzigen ernsthaften Rivalen unter den Numismatikern, einem italienischen Grafen, vorzuführen. In der Nacht ihrer Begegnung aber kommt es zu einem banalen Zwischenfall mit dramatischen Folgen.

Produktbeschreibung
"Ein Thriller im Dämmerlicht des Fin-de-siecle", so schrieb ein französischer Kritiker über diesen kleinen Roman. Ein vermögender Sammler antiker Münzen, und geradezu besessen von der Einmaligkeit seiner Schätze, gelangt in den Besitz einer nur in einem Exemplar erhaltenen goldenen Münze der Königin Kleopatra. Der Ehrgeiz sticht ihn, sie seinem einzigen ernsthaften Rivalen unter den Numismatikern, einem italienischen Grafen, vorzuführen. In der Nacht ihrer Begegnung aber kommt es zu einem banalen Zwischenfall mit dramatischen Folgen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.1999

Mörderische Geschäfte in einem speziellen Revier
Schöne Ferien mit Ganoven der besonderen Art: Die Kriminalromane entdecken den Kunstmarkt

"Sie griff zum Auktionskatalog. Er lag schwer in der Hand und öffnete sich wie von selbst an einer ganz bestimmten Stelle: Knut Kollund, Sturmböen Sechzehn. Öl auf Leinwand, 73 mal 88 Zentimeter. Aus Privatbesitz." Das Bild, das als verschollen galt und unerwartet auf dem Kunstmarkt auftaucht, zeigt "eine orgiastische Darstellung des Meeres, heranbrandende Sturzwellen, in denen sich ein feuriger Himmel spiegelt", und wird bei der Auktion für 980000 Franken versteigert. Die Identität des Verkäufers bleibt zunächst ebenso im dunkeln wie diejenige des Käufers; die Motive des einen zu verkaufen scheinen ebensowenig mit Kunst und Sammelleidenschaft zu tun zu haben wie die Gründe des anderen zu kaufen. Die Umstände, unter denen das expressionistische Bild zur Versteigerung gelangt, gehören zu einer kriminalistischen Handlung, die in Zürich spielt und drei grausame Morde, mehrere Mordversuche, konspirative Zusammenkünfte und nächtliche Verfolgungen einschließt.

Hinter der soliden Fassade

Denn in seinem jüngsten Roman greift der Schweizer Krimiautor Peter Zeindler das heikle Thema der "nachrichtenlosen Bilder" auf: jener Bilder, die meist jüdische Sammler auf ihrer Flucht zu symbolischen Preisen verkaufen mußten oder die von den Nationalsozialisten konfisziert und später von Händlern in den Kunstmarkt geschleust wurden. "Sturmböen Sechzehn", das stellt Zeindlers Hobbydetektivin Lucy Brendan bald fest, ist ein solches nachrichtenloses Bild, das aus der jetzigen Sammlung eines Zürcher Privatgelehrten stammt, dessen Eigentum aber eine Emigrantin beansprucht, und das von einem Zürcher Politiker ersteigert wird. "Dieser Mann wird dafür sorgen", begreift Lucy Brendan, "daß all die Bilder aus jüdischem Besitz, die von den Nazis konfisziert wurden und später von den erwähnten Kunsthändlern an private Sammler weitervermittelt wurden, nicht mehr auftauchen. Ein Akt der Entsorgung. Sie verschwinden irgendwo im fernen Ausland, in Südamerika, Südafrika, in Rußland, Asien. Eine Deportation größten Ausmaßes ist im Gange. Nur sind es diesmal Bilder und nicht Menschen." Die "Deportation" der "Sturmböen" und anderer Bilder kann Brendan durch die Aufklärung der Morde nicht verhindern. Sie entdeckt nicht nur, daß der Kunstmarkt als Fassade für politische Machenschaften benutzt wurde und immer noch wird, sondern auch, daß das ein hartes Geschäft ist.

Daß solche Usancen keine Zürcher Spezialität sind, suggeriert der britische Krimiautor Ian Pears, der seine Romane immer wieder in der italienischen Kunstszene ansiedelt. In "Das Tizian-Komitee" ist Venedig die Kulisse zweier Morde und eines vorgetäuschten Kunstdiebstahls; zu ermitteln hat die Detektivin des Kunstraubdezernats. Sie muß sich nicht nur durch die Akte des Tizian-Komitees durcharbeiten - was dem Autor die Gelegenheit zu kunsthistorischen Exkursen gibt -, sondern auch die Gepflogenheiten des Kunstmarktes durchleuchten - was der Autor zu Erläuterungen über Sammlerverhalten, Galeriebetrieb und Versteigerungsregeln benutzt. So deckt die Detektivin, die mehr durch ihre Ausdauer als durch ihr Kombinationsvermögen besticht, üble Verstrickungen zwischen der akademischen Kunstszene und dem Kunstmarkt auf. Sie erkennt, daß Galeristen Gemälde außer Landes schmuggeln, um die Ausfuhrgenehmigungen zu umgehen und Gebühren zu sparen; daß angesehene Wissenschaftler - wie der Professor, der das Tizian-Komitee leitete - Gutachten erstellen oder manipulieren, um den Schätzwert eines Gemäldes hochzutreiben und sich dann den Verkaufserlös mit dem Verkäufer zu teilen.

Aber nicht die Machenschaften des Tizian-Komitees und auch nicht die Spur des Geldes helfen ihr bei der Aufklärung des Falles, sondern erst die minutiöse ikonographische Aufschlüsselung einiger Tizian-Gemälde: Denn die Morde in der Lagune simulieren eine Episode aus Tizians Leben. "Das Bild des Mannes mit der Hakennase war das Selbstporträt eines Malers. Der Padua-Zyklus, den Tizian hatte malen wollen, sollte zeigen, daß dieser Mann a) Violante de Modena der Untreue beschuldigt, b) sie ermordet und c) selbst vergiftet wird. Es ist schon ein bißchen komisch, daß ein Auftrag für ein religiöses Gemälde für so etwas zweckentfremdet wird, aber Tizian war damals noch ein junger Mann und sehr unter Druck. Vielleicht war es eine Art Kreativtherapie." Ob das Selbstporträt des Malers mit der Hakennase, das am Ende von der Flut weggeschwemmt wird, von Giorgione oder von Pietro Luzzi stammte, bleibt offen. Das Gemälde jedenfalls, das im Verlauf der Ermittlungen bei einem Sammler in Mailand entdeckt wird, ist tatsächlich von Tizian und wird, wie es sich gehört, mit offiziellen Ausfuhrpapieren zur Auktion nach England geschafft.

Während in Zeindlers Roman eine durchaus moralische Wertung des Kunsthandels mitschwingt und politische - vergangene wie gegenwärtige - Haltungen zur Sprache kommen, schöpft Pears' Roman ganz aus den kriminalistischen Potentialen des Kunstmarktes: Mit seinem weltumspannenden Netz von Sammlern, Galeristen, Gutachtern und Auktionatoren und der märchenhaften Mischung aus Geld und Eleganz stellt er eine undurchdringliche Parallelwelt von mafiösen Ausmaßen dar - Kunstmarkt als mörderisches Geschäft.

Die Verweigerung hingegen, am Geschäft mit der Kunst teilzunehmen, beschreibt Ludwig Laher in einer biographischen Erzählung über den vergessenen Maler Victor Emil Janssen. Mit großem Einfühlungsvermögen rekonstruiert Laher das nur schemenhaft bekannte Leben seiner Figur und zeichnet ihre künstlerischen - nur selten erfolgreichen - Versuche nach, ästhetischen Anspruch und technische Ausführung miteinander in Einklang zu bringen. Das Zerstören und wahllose Wegschenken der eigenen Bilder wird als Symptom für das Zweifeln und das Verzweifeln an sich selbst, an der Kunst und am Handel mit der Kunst gedeutet.

Besessenheit als Motor

Während Laher eine zerrissene Künstlerpersönlichkeit in den Mittelpunkt seiner biographischen Skizze stellt, macht Christine Orban eine Sammlerpersönlichkeit zu ihrer Figur. In ihrem Roman "Der Sammler" führt sie vor, daß schon das Sammeln als solches, wenn es zu einer Besessenheit wird, den Rahmen für eine intrigenreiche Handlung bieten kann. Als Orbans Sammler eine seltene Münze zum Kauf angeboten wird, zögert er keinen Augenblick: Eine Geschichte, die bis zu Kleopatra zurückreicht, und die Glaubwürdigkeit des Verkäufers überzeugen ihn. Aber schon bald verschwindet das neuerworbene Stück, gerade als er es seinem schärfsten Konkurrenten vorführen will. Der geschädigte Sammler glaubt an einen vorsätzlichen Diebstahl, dem er mit Rufmord entgegentritt. Die psychologische Spannung, unter der Sammler agieren, die innere Unruhe, die sie treibt, und die äußere Geschäftigkeit, die sie zur Befriedigung ihrer Lust entwickeln, bringt Orban in einen einfachen Handlungszusammenhang. Dabei werden die Gefühle der Figur direkt wiedergegeben, ihre Beweggründe restlos offengelegt. Daß die verlorene Münze am Ende wiedergefunden wird und daß sie eine Fälschung ist, ist weniger ein Coup de théâtre als eine durch die Erzählstimme angekündigte Auflösung.

Die psychologische Charakterdarstellung und die erzähltechnischen Verwicklungen werden in den Kunstmarktkrimis den kunstgeschichtlichen Spekulationen untergeordnet. Erst die scheinbare Legitimation von Betrug und gar Mord durch die herausragende Bedeutung eines Kunstwerks verleiht diesen Büchern ihre spezifische Spannung: Ob ein Kunstgegenstand, für den gemordet wurde, echt ist oder falsch, ist meistens der narrative Kern, um den das fiktive Handlungsgewebe gewirkt wird. Und weil Krimis eine realistische Gattung sind, greifen sie reale Episoden der Kunstgeschichte auf, die sie mit fiktiven anreichern, und vermitteln dadurch auch einen Eindruck von dem komplizierten Geschäft mit der Kunst.

STEFANA SABIN

Peter Zeindler: "Aus Privatbesitz". Roman. Arche, Zürich/Hamburg 1998. 304 Seiten, 38 Mark.

Ian Pears: "Das Tizian-Komitee". Roman. Serie Piper, München 1999. 215 Seiten, 14,90 Mark.

Ludwig Laher: "Selbstakt vor der Staffelei". Erzählung. Haymon Verlag, Innsbruck 1998. 109 Seiten, 29,80 Mark.

Christine Orban: "Der Sammler". Roman. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1998. 125 Seiten, 12,90 Mark.

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