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Anhand von Tagebüchern und Tonbandaufnahmen hat der australische Autor Chr. J. Koch das abenteuerliche Leben seines Landsmanns, des Fotoreporters Michael Langford, rekonstruiert. Langford arbeitete als Kriegsberichterstatter u.a. in Kambodscha und gilt seit dem Fall von Pnomh Penh, 1976, als vermißt. Sein Idealismus, seine Liebe zu dem Land Kambodscha und seinen Menschen, vor allem aber zu der Journalistin Ly Keang hatten ihn schließlich die Kamera mit der Waffe vertauschen lassen.

Produktbeschreibung
Anhand von Tagebüchern und Tonbandaufnahmen hat der australische Autor Chr. J. Koch das abenteuerliche Leben seines Landsmanns, des Fotoreporters Michael Langford, rekonstruiert. Langford arbeitete als Kriegsberichterstatter u.a. in Kambodscha und gilt seit dem Fall von Pnomh Penh, 1976, als vermißt. Sein Idealismus, seine Liebe zu dem Land Kambodscha und seinen Menschen, vor allem aber zu der Journalistin Ly Keang hatten ihn schließlich die Kamera mit der Waffe vertauschen lassen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.1997

Sind so große Helme
Grob, aber liebenswert: Christopher J. Koch verliert sein Herz in Kambodscha · Von Walter Klier

In diesem Buch finden wir alles, was der Gott der Moderne verboten hat und was es sonst nur noch im Kino geben darf: schöne Frauen und tapfere Männer, Schurkerei, Leidenschaften, Liebe und Tod und vor allem - den Krieg. Es ist jener, der bis 1975 in den Sümpfen und Urwäldern Südostasiens, aber wie kaum ein anderer zugleich unter den Augen der Weltöffentlichkeit geführt wurde. Diese "Augen" sind auch die Helden des Romans "Das Verschwinden des Michael Langford", mit dem der australische Autor Christopher J. Koch, 1932 in Hobart (Tasmanien) geboren, bei der englischsprachigen Literaturkritik schon jede Menge Lob eingeheimst hat.

Die Kriegsberichterstatter, die Filmleute und Fotografen haben im Gefolge der amerikanischen, der südvietnamesischen und später kambodschanischen Truppen das Problem zu bewältigen, "das Chaos einer Schlacht denjenigen zu schildern, die nie eine erlebt haben". Wenn sie heil davonkommen, und das ist nicht immer der Fall, fahren sie zurück nach Saigon oder Phnom Penh und versacken in einer der Bars oder in einer Opiumhöhle, allein oder zusammen mit den Kollegen, eine zusammengewürfelte Schar von Leuten, die, wie es im Roman sinngemäß heißt, eine Möglichkeit gefunden haben, sich dafür bezahlen zu lassen, daß sie das Leben von Irren führen.

Einer von ihnen ist Michael Langford, Sohn tasmanischer Hopfenbauern, der den heimatlichen Hof verlassen hat, weil ihm der Vater die Heirat mit einer Tagelöhnertochter verbot. Über Singapur kommt er nach Saigon und wird wegen seiner Anteilnahme erzwingenden und häufig unter tollkühnem Einsatz des Lebens geschossenen Fotos bald bekannt, gut bezahlt und, nach Veröffentlichung eines Bildbandes, berühmt. Das scheint ihn nicht sonderlich zu kümmern und bringt ihn auch nicht dazu, seine Arbeitsweise zu ändern, die unter anderem darin besteht, den Kopf oben zu halten, wenn alle anderen sich ducken. Und vor allem ändert es nicht seine grundlegende und für alle Beteiligten irritierende Eigenschaft: Langford ist nämlich ein guter Mensch. Er kann nicht mitansehen, wenn die Flüchtlingskinder betteln und sich prostituieren müssen, er kann den von Anfang an verlorenen Kampf der südvietnamesischen Armee nicht mitansehen, die zwischen ihrer korrupten Führung, dem fanatischen Gegner und der Verachtung der Amerikaner aufgerieben wird, "die kleinen ARVN-Soldaten mit ihren viel zu großen Helmen".

Noch schlimmer wird es in Kambodscha, wo bald absehbar ist, daß der Gegner, der hier von allen Seiten über die "Highways" des Originaltitels auf die Hauptstadt zumarschiert, zu ganz anderen Scheußlichkeiten entschlossen ist als die das Kriegsrecht mehr oder weniger einhaltenden Nordvietnamesen. Langford verliert sein Herz an Kambodscha, das im Begriff ist unterzugehen und das sich für ihn in der jungen Journalistin Ly Keang personifiziert. Er vergißt "die Pflicht des Journalisten, unparteiisch zu sein", und als er 1975 kurz nach Saigon fliegt, um bei dessen Eroberung durch die nordvietnamesische Armee dabeizusein, fällt währenddessen Phnom Penh. Ein Jahr später versucht er, heimlich nach Kambodscha zurückzukehren, wo inzwischen der systematische Massenmord unter der Leitung jener Sorbonne-Absolventen begonnen hat, deren historische Aufgabe es zu sein schien, "die Revolution, Europas giftigstes Abschiedsgeschenk", an das Volk der Khmer weiterzugeben.

Die Meldung von Langfords Verschwinden erreicht seine alten Freunde in Tasmanien, und damit beginnt die Rahmenhandlung des Romans. Sein Schulfreund Ray, jetzt Rechtsanwalt in Launceston, einer kleinen Stadt im Norden der Insel, soll nach Langfords letztem Willen seinen Nachlaß verwalten. Er macht sich auf nach Thailand, nicht nur, um die Fotos und Tonbänder in Empfang zu nehmen, aus denen vielleicht ein Buch werden wird, sondern auch in der vagen Hoffnung, Mike könnte doch noch am Leben sein.

Offensichtlich schöpft Koch aus eigener Anschauung ebenso wie aus peniblem Quellenstudium und (wie er selber anmerkt) zahlreichen Gesprächen mit Zeugen jener Zeit. An alles, was nicht der fiktiven Handlung im Vordergrund angehört, wird der Maßstab der größtmöglichen historischen Genauigkeit angelegt, schon für sich genommen eine beeindruckende Leistung. So baut er ein breites und festes Fundament, auf dem die eigentliche Qualität des Textes sich entwickeln kann.

Die Qualität dieses Romans, dessen deutsche Übersetzung sich manchmal etwas mühevoll durch das Unterholz des Originals schlägt, entsteht, sozusagen ohne doppelten Boden, ganz allmählich vor den Augen des staunenden Lesers, der mit einer höchst konventionellen Rahmenhandlung konfrontiert ist, darin mit einem konventionellen Entwicklungsroman, manchmal recht schlichten Einsichten, mit Physiognomik der B-Movie-Machart ("drückte das Gesicht messerscharfe Bereitschaft zum Handeln aus"), mit einer Romankonstruktion, deren Kunstgriffe eher wie Notbehelfe wirken, um sich des Stoffes und seiner Fülle und Widersprüchlichkeit einigermaßen erwehren zu können. Doch es scheint, daß gerade diese unverstellte und seelenruhige Anverwandlung an das Erzählen vor der Moderne den Leser rührt, mitreißt und schließlich im schönsten aller Lese-Gefühle landen läßt, nämlich dem, nicht mehr aufhören zu können, bis man die letzte Zeile der letzten Seite erreicht hat.

Christopher J. Koch: "Das Verschwinden des Michael Langford". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Reinhild Böhnke. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 1997. 525 S., geb., 45,- DM.

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