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7 Kundenbewertungen

Hannah ist 15 Jahre alt und Zeugin Jehovas. Früher fühlte sie sich geborgen in ihrer Religionsgemeinschaft. Doch jetzt verspürt sie den Wunsch auszubrechen, normal zu sein wie die anderen auch. Hannah fordert ihre Freiheit ein. Und plötzlich werden die Grenzen ihrer einst so behüteten Welt zu unüberwindbaren Mauern. Erst die Liebe zu Paul gibt ihr Mut für den Schritt in eine andere Welt ...

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Produktbeschreibung
Hannah ist 15 Jahre alt und Zeugin Jehovas. Früher fühlte sie sich geborgen in ihrer Religionsgemeinschaft. Doch jetzt verspürt sie den Wunsch auszubrechen, normal zu sein wie die anderen auch. Hannah fordert ihre Freiheit ein. Und plötzlich werden die Grenzen ihrer einst so behüteten Welt zu unüberwindbaren Mauern. Erst die Liebe zu Paul gibt ihr Mut für den Schritt in eine andere Welt ...
Autorenporträt
Frey, Jana§Jana Frey, in Düsseldorf geboren, fing schon in ihrer Kindheit an zu schreiben. Mit 18 Jahren zog sie zu Hause aus und war danach lange in Amerika und Neuseeland, bevor sie wieder nach Deutschland zog. Aber egal auf welcher Seite der Weltkugel - das Schreiben hat sie immer begleitet. Sie studierte Literatur und wurde freischaffende Autorin. Inzwischen hat sie über 40 Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Rezensionen
"Ein bewegendes und fesselndes Buch!" lizzynet.de

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.07.2000

Glaube als Bedrohung für eine starke Seele
Der authentische Bericht einer jungen Frau über ihre Leidenszeit als Jugendliche bei den „Zeugen Jehovas”
JANA FREY: Das eiskalte Paradies; Ein Mädchen bei den Zeugen Jehovas. Loewe Verlag, Bindlach 2000. 129 Seiten, 16,80 Mark.
„Ich freue mich auf den Tag, wenn Jesus mit seinem Schwert auf die Erde kommt und sie alle tötet. Denn ich, ich kann dann in seinem tausendjährigen Paradies leben und habe endlich meine Ruhe vor ihnen. Ich hasse die Schule. ” Mit 13 Jahren steht Hannah fest in ihrem Glauben als Zeugin Jehovas, fühlt sich sicher und geborgen in dieser Gemeinschaft, in die sie mit ihrem Vater von der Stiefmutter eingeführt wurde. So kann sie auch ihre Außenseiterrolle in der Schule ertragen, denn schließlich wird sie einmal zu den Auserwählten gehören, während ihre Klassenkameraden, die sich über sie lustig machen und sie verspotten, als Weltkinder und Ungläubige von Gott ihre gerechte Strafe erfahren werden.
Die Isolation durchbrechen
Später, als es Hannah nach schweren Kämpfen gelungen ist, der Sekte zu entkommen, erinnert sie sich in den Gesprächen mit der Autorin Jana Frey an ihre Kindheit und an einige zaghafte Versuche, die Isolation in der Schulzeit zu durchbrechen. „Du weißt, was passiert, wenn du dich mit Weltkindern anfreundest? ”, wird sie von ihrer Stiefmutter Roswitha gefragt, als sie darum bittet, auch zu einem Kindergeburtstag gehen zu dürfen. „Ich nickte, ,Jehova könnte mich verstoßen’. ,Ganz richtig, meine Kleine. Und Jehova sieht alles, was du tust. Er sieht sogar deine Gedanken. Ist das nicht wunderbar? So ist er immer bei dir und kann auf dich aufpassen. ’ Roswitha lächelte mir zu. ,Er behütet dich davor, dich mit Satan und seinen Dämonen einzulassen. ’ Ich zitterte. ”
Erst als sie in die Pubertät kommt, als sich eine neue Lehrerin um sie kümmert und Klassenkameraden versuchen, sich mit ihr anzufreunden, bekommt ihr absoluter Glaube Risse. Sie will nicht mehr akzeptieren, dass ihr alle Aktivitäten in der Schule verboten werden und wird für diesen vermeintlichen Ungehorsam mit Schlägen und öffentlichen Demütigungen vor allen Gemeindemitgliedern bestraft. Doch es gelingt ihrer Stiefmutter, den Großeltern und Ältesten der Sekte nicht, ihren Willen zu brechen; ihr Widerspruchsgeist wird stattdessen noch mehr angestachelt. Ein Schlüsselerlebnis ist es, als sie erkennt, dass dieser Glaube aus Lügen und Repressalien besteht. Sie muss ihre Stiefmutter bei einer Missionierung begleiten und erlebt, wie diese ganz bewusst die Verzweiflung einer jungen Frau ausnutzt, um sie als neue Zeugin Jehovas zu gewinnen.
Das eiskalte Paradies, verfasst nach den Protokollen und Tagebuchaufzeichnung einer Betroffenen, gibt einen Einblick in die totalitären Mechanismen der Sekte der Zeugen Jehovas. Durch rigide soziale Kontrolle, durch die Isolation gegenüber der bewusst dämonisierten Außenwelt wird ein Gruppendruck erzeugt, der dem Einzelnen kaum eine Möglichkeit gibt, zu entkommen. Besonders ausgeprägt ist die Unterdrückung der Sexualität als Mittel zur Kontrolle der Individualität. So wird Hannah, als sie in die Pubertät kommt, von ihrer Stiefmutter mit einer Mischung aus Abschreckung und Drohungen aufgeklärt, die sie zutiefst verunsichert und in eine selbstzerstörerische Krise stürzt. Sie fühlt sich wertlos und abstoßend und versteckt sich in den Pausen hinter den Abfalltonnen auf dem Schulhof.
Hilfe von Freunden
Aber auch ein Selbstmordversuch und zwei Fluchtversuche mit der Hilfe von Freunden können sie nicht aus den Fängen der Sekte befreien, zu groß ist Hannahs innere Abhängigkeit noch immer. Außerdem agieren die Zeugen Jehovas in der Öffentlichkeit sehr geschickt, schüchtern die Helfer ein, denn schließlich ist das Mädchen noch unmündig. Erst als sie von Sektenmitgliedern halb tot geschlagen wird, greift ihr Vater endlich ein, der sich bis dahin als labiler Mensch ganz dem Gruppendruck der Gemeinde unterworfen hatte.
Dieser authentische Bericht einer Betroffenen gibt Einblicke in die innere Struktur der Zeugen Jehovas, und will „sensibel machen für die Mechanismen der Sekte, für die Gefahr, die sich hinter einer scheinbar ,harmlosen‘ Gruppierung verbergen kann. ” Im Anhang findet sich ein Adressenverzeichnis der kirchlichen und öffentlichen Beratungsstellen, die Hilfe leisten. (Ab 12 Jahren)
ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2000

Zwischen Schuldbewußtsein und Einsamkeit
Biographischer Roman über eine Aussteigerin bei den Zeugen Jehovas

Jana Frey: Das eiskalte Paradies. Ein Mädchen bei den Zeugen Jehovas. Loewe 2000, Bindlach. 192 Seiten, 16,80 Mark.

"Wir sind Zeugen Jehovas und darum auserwählte Menschen", schreibt Hannah als junges Mädchen in ihr Tagebuch. Lange teilt sie das elitäre Bewußtsein der Zeugen, hält sich an die strengen Bestimmungen der Glaubensgemeinschaft. Als Kind hat sie sich aufgehoben und behütet gefühlt, je älter sie wird, desto bedrohlicher erscheinen die Fesseln, die ihr angelegt sind, mit 15 Jahren fordert sie ihre Freiheit ein. Hannah ist keine ganz erfundene Gestalt, Jana Frey, die Autorin des fesselnden halbdokumentarischen Jugend- und Erwachsenenromans "Das eiskalte Paradies", hat mit ihr lange Gespräche geführt.

Mit fünf Jahren verliert Hannah ihre leibliche Mutter, eine lebensfrohe Frau, die Saxophon spielt, bei einem Unfall. An ihrem achten Geburtstag heiratet der Vater Roswitha, eine Zeugin Jehovas. Die Trauung findet im Königreichsaal der Zeugen Jehovas statt. Die Zeugen Jehovas sind streng hierarchisch organisiert, ihre Versammlungen finden in den sogenannten Königreichsälen statt. "Die einzelnen Ältesten in der Versammlung dienen als Fürsten, indem sie irdische Angelegenheiten der himmlischen Regierung Gottes verwalten", heißt es im Schulungskurs des Königreichsdienstes aus dem Jahre 1973.

Feste wie Ostern, Weihnachten und Geburtstage werden übergangen. An ihrem Geburtstag wird Hannah von der neuen Mutter nur der Segen Gottes zugesprochen. Sie ist enttäuscht - war das alles? Jugendliche sollen an Klassenfahrten und Schulaktivitäten möglichst nicht teilnehmen. Freundschaften mit nicht zu der Glaubensgemeinschaft zählenden Jugendlichen werden mißtrauisch beobachtet: "Wenn du als christlicher Jugendlicher noch zur Schule gehst, benötigst du einen starken Glauben, um deine Lauterkeit zu bewahren. Du bist schlechter Gesellschaft ausgesetzt und gerätst in Situationen, durch die dein Glaube geprüft werden kann", heißt es in der Schrift "Unser Königreichsdienst".

Zunächst erträgt Hannah die Spötteleien ihrer Klassenkameraden, die sie als "graue Maus" und "Tante Jehova" titulieren, noch mit Fassung und distanziert sich von den Schulkameraden. Als ihre Schulfreundinnen sie jedoch bei der verpflichtenden Straßenverkündigung oder beim Predigtdienst sehen, gerät sie zunehmend in Schwierigkeiten. In ihrer Pubertät ist sie dem gemeinsamen Terror von Stiefmutter und Großmutter ausgesetzt, die ihre körperlichen Entwicklungen wie einen Sündenfall betrachten.

Hannahs schmerzhafter Ablösungsprozeß beginnt, als die Musiklehrerin mit der Klasse ein Musical aufführen will. Dafür soll einmal in der Woche nachmittags geprobt werden. Predigtdienst, Straßenverkündigung und dann noch Bibelstudium beim Ältesten der Glaubensgemeinschaft, so schießt es Hannah durch den Kopf. Sie hat an keinem Nachmittag frei, soll aber die Hauptrolle spielen. Die Musiklehrerin hat sich eigens bei einer Aussteigerin erkundigt - das treibt Hannah endgültig ins Entsetzen, ist ihr doch der Kontakt mit Abtrünnigen verboten. Die Proben bringen ihr jedoch zum ersten Mal die Anerkennung der Klassenkameraden, Hannah verliebt sich in einen der Mitschüler und wagt es, ihre Zweifel an der Straßenverkündigung zu äußern. Sie rennt von der Straßenverkündigung davon und wird vor der versammelten Gemeinschaft gezwungen, der Teilnahme am Musical abzuschwören. Als sie nicht zum Predigtdienst gehen will, wird sie von der eigenen Familie blutig geschlagen. An ihrem 16. Geburtstag schreibt sie in ihr Tagebuch: "Ich will normal leben, oder ich will tot sein" und zieht die bunten Klamotten ihrer verstorbenen Mutter an. Der psychische Druck wird unerträglich, als die Eltern ihr Tagebuch finden, der Älteste sie inquisitorisch nach "unsittlichen Dingen" befragt. Hannah schreit ihren Haß heraus und flieht zu Klassenkameraden, die von den Zeugen ebenso unter Druck gesetzt werden wie die Musiklehrerin.

Jana Frey stellt Hannahs Leben ohne pauschale Beschuldigungen und ohne Klischees dar. Der Leser erlebt in allen Einzelheiten mit, was ihr den Ausstieg aus der Glaubensgemeinschaft so schwer macht, der erdrückende Teufelskreis aus psychischer Kontrolle, Schuldbewußtsein und tiefer Einsamkeit.

HEIKE SCHMOLL

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