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Dieses Buch untersucht die Ausspähung der sowjetischen Truppen in Ostdeutschland durch die Organisation Gehlen und den Bundesnachrichtendienst vom Ende der vierziger Jahre bis zum Fall der Mauer. Band 14 der Reihe Militärgeschichte der DDR.
Anhand von erstmals freigegebenen Akten des Bundesnachrichtendienstes und Dokumenten der Spionageabwehr des Ministeriums für Staatssicherheit beschreiben die Autoren Strukturen, Methoden und Alltag westdeutscher Geheimdienstaktionen an der Frontlinie des Kalten Krieges. Detailliert behandelt wird die Ausspähung der sowjetischen Truppen in Ostdeutschland…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch untersucht die Ausspähung der sowjetischen Truppen in Ostdeutschland durch die Organisation Gehlen und den Bundesnachrichtendienst vom Ende der vierziger Jahre bis zum Fall der Mauer. Band 14 der Reihe Militärgeschichte der DDR.
Anhand von erstmals freigegebenen Akten des Bundesnachrichtendienstes und Dokumenten der Spionageabwehr des Ministeriums für Staatssicherheit beschreiben die Autoren Strukturen, Methoden und Alltag westdeutscher Geheimdienstaktionen an der Frontlinie des Kalten Krieges. Detailliert behandelt wird die Ausspähung der sowjetischen Truppen in Ostdeutschland vom Ende der vierziger Jahre bus zum Fall der Mauer. Dabei zeigt sich, dass Tausende Geschäftsreisende, Kraftfahrer, Studenten, Hausfrauen und Rentner im Einsatz waren, die im Laufe von vierzig Jahren in Pullachs Diensten spionierten und nicht selten ihren Agenteneinsatz mit langjähriger Haft oder dem Leben bezahlten.
Autorenporträt
Jahrgang 1968, Eintritt in die Bundeswehr 1987, Ausbildung zum Offizier, 1990-1994 Studium der Geschichtswissenschaft und Pädagogik in Hamburg. 1994- 2003 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam, 2003-2006 als Dozent für Militärgeschichte an der Offizierschule des Heeres in Dresden. Seit 2006 ist er als wiss. Mitarbeiter am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg tätig.

Matthias Uhl, Jahrgang 1970, Dr. phil.. Von 1996-2000 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, von 2000-2005 als wiss. Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte München, Abteilung Berlin. Seit 2005 ist er wiss. Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Moskau.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2007

Pullach zögert noch
Der BND und die Militärspionage in der DDR

Auf diesen Gegner waren sie vorbereitet. Als sich Reinhold Gehlen, seit Anfang April 1942 Chef der Abteilung "Fremde Heere Ost" und damit für die Feindaufklärung an der Ostfront zuständig, gegen Ende des Krieges zu den Amerikanern absetzte, kam er nicht mit leeren Händen: Das in Jahren gesammelte Material über die Rote Armee, das er ihnen kistenweise übergab, war für diese im aufziehenden Kalten Krieg Gold wert. Kein Wunder, dass sie den vormaligen Wehrmachtsgeneral in ihre Dienste stellten und seit Sommer 1949 auch die "Betreuung" der "Organisation Gehlen" übernahmen, bis diese im April 1956 als Bundesnachrichtendienst (BND) in die Bundesverwaltung übergeführt wurde.

Hauptaufgabe schon von Gehlens Organisation, dann auch des bis Frühjahr 1968 von ihm geleiteten BND war die Erkundung und Schwächung des Gegners, also der Sowjetunion und ihrer Verbündeten. Ihr Haupttätigkeitsfeld war die DDR. Das besondere Interesse galt den dort stationierten Einheiten der Sowjetarmee. Glaubt man Gehlen, der 1971 mit seinen Erinnerungen an die Öffentlichkeit ging, dann war der BND auf diesem Terrain ausgesprochen erfolgreich. Das wird jetzt, aufs Ganze gesehen, von Armin Wagner und Matthias Uhl bestätigt: "Im historischen Längsschnitt kann von einer in den fünfziger und frühen sechziger Jahren sehr erfolgreichen Militäraufklärung des BND gegen sowjetische Truppen in Ostdeutschland gesprochen werden." Aber der BND besaß nicht nur "eine umfangreiche und detaillierte Kenntnis über die sowjetischen Streitkräfte in der DDR", er machte auch "frühzeitig auf die Entwicklungen in der DDR aufmerksam . . ., die zum 17. Juni führten". Der Bau der Mauer und die Enttarnung des KGB-Agenten Heinz Felfe 1961 bedeuteten dann zwar einen schweren Rückschlag, doch behielt die Militärspionage einen "gewichtigen Anteil an den Aufklärungsinteressen des BND in Ostdeutschland".

Wichtigste Quelle waren Tausende Bürger aus beiden Teilen Deutschlands, die "trotz zahlloser Gefahren", durchaus "nicht immer nur gegen Geld" und keineswegs nur für den BND Aufklärung betrieben. Welche Risiken sie dabei eingingen und wie viele vergebliche Versuche unternommen wurden, um die Zentrale in Pullach mit Informationen zu versorgen, zeigt zum Beispiel die Nachricht des Agentenführers von Quelle V-4335,8. In der heißt es unter anderem: "Da die Hauptverladungen der Truppe in Tremplin in der Zeit des Ausnahmezustandes stattfanden, konnte Quelle nicht alle Verladungen erfassen. Quelle hat sich trotz ihrer Beinbehinderung - sie kann nur noch mit Krücken laufen - zweimal vergeblich nach Berlin begeben . . ."

Erstaunlich ist, dass wir immerhin das wissen. Denn nach wie vor gilt: "archivalisch gesicherte Informationen zum Innenleben des BND" sind Mangelware. Dass Wagner und Uhlig gleichwohl eine informative, quellengesättigte und mit guten Ergebnissen ausgestattete Untersuchung vorlegen konnten, liegt zum einen daran, dass die Akten jedenfalls eines der damaligen Gegner, nämlich des Ministeriums für Staatssicherheit, zugänglich sind.

Zum anderen haben sie sich auf ebenjene Akten des BND konzentriert, die inzwischen an das Bundesarchiv abgegeben wurden und dort für jedermann einsehbar sind. Dazu gehören unter anderem rund 26 000 Karteikarten aus der Abteilung Fremde Heere Ost, die bis 1965 fortgeführt wurde, und etwa 10 000 dichtbeschriebene Karten der sogenannten Standortkartei DDR. So aufschlussreich dieses Material für die Erforschung der westdeutschen Militärspionage in der DDR, also für ein Spezialthema, auch ist, so wenig lassen die "bisher nur marginal vorhandenen Kenntnisse aus erster Hand" einen substantiellen Beitrag zur "politischen Steuerung des BND, seiner inneren Organisation und Struktur, schließlich seines Binnengefüges" zu.

Es gehört zu den besonderen Vorzügen des verdienstvollen Buches, dass seine Autoren nicht nur auf dieses Desiderat hinweisen, sondern aus intimer Kenntnis der Aktenlage heraus auch einsichtig machen, warum es beseitigt werden muss und wie man es beseitigen kann, ohne dabei berechtigte Sicherheitsinteressen zu tangieren oder gar in Frage zu stellen. Mit Wagner und Uhl sind sich ja die meisten Beobachter längst darin einig, dass nicht zuletzt die zögernden Pullacher selbst von einer Gesamtdarstellung profitieren dürften, die "selbstbewusst ihre Stärken belegen und mutig ihre Schwächen eingestehen sollte".

GREGOR SCHÖLLGEN.

Armin Wagner/Matthias Uhl: BND contra Sowjetarmee. Westdeutsche Militärspionage in der DDR. Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Ch. Links Verlag, Berlin 2007. VIII und 294 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.11.2008

Geheimes aus Ost und West
Neue Erkenntnisse über den „deutsch-deutschen Bruderkrieg”
Ein zentrales Thema der deutschen Geschichtswissenschaft ist die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, insbesondere der Rolle des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Dass aber nicht nur die BRD flächendeckend ausspioniert wurde, sondern umgekehrt auch westdeutsche Geheimdienste ganze Arbeit im Osten verrichteten, versuchen die Militärhistoriker Matthias Uhl und Armin Wagner mit ihrer Studie zu belegen. Sie gehören sie zu den ersten Historikern, die sich dem Thema der deutsch-deutschen Spionage von westlicher Seite nähern. Auch wenn der BND gerade erst seine Archive zu öffnen beginnt, sieht sich die Geschichtswissenschaft angesichts der uneingeschränkt zugänglichen MfS-Archive weiterhin mit einer zutiefst unausgewogenen Quellenlage konfrontiert. Die Autoren der Studie ziehen erstmals auch BND-Unterlagen heran, um die westliche Spionagetätigkeit gegenüber sowjetischen Militärstützpunkten in der DDR im Kalten Krieg zu untersuchen.
Tatsächlich können neue Erkenntnisse über den „Bruderkrieg” gewonnen und somit das Bild eines nur schleppend arbeitenden westdeutschen Geheimdienstes neu untersucht werden. Die „Organisation Gehlen”, Vorgänger des BND, konnte sich aufgrund der Vergangenheit als NS-Geheimdienstorganisation („Fremde Heere Ost”) nur langsam Akzeptanz und Vertrauen sowohl bei der deutschen wie bei den alliierten Regierungen verschaffen. Trotz „erheblicher Vorbehalte”, was die politische Verlässlichkeit der „Org.” anbelangte, bezog die CIA laut den Autoren 80 Prozent der geheimdienstlichen Erkenntnisse für ihr Nuklearprogramm vom deutschen Dienst. Besonders vor dem Mauerbau 1961, bei der Berlin-Blockade 1948, aber auch beim Volksaufstand 1953 verließen sich die Amerikaner auf die einstige Nazi-Behörde.
Zentrum der Spionagetätigkeit war naturgemäß Berlin und sein Umland. Mitarbeiter der „Organisation Gehlen”, und von 1956 an des BND, spionierten rund um sowjetische Militäreinrichtungen Truppenstärken, Waffen- und Gerätebewegungen, Panzerdivisionen sowie Kampfbereitschaft und Angriffsvorbereitungen aus. Wurde bisher der im Westen weitgehend unerwartete Mauerbau 1961 als Exempel für das Versagen des BND herangezogen, beweist die Auswertung der Archive nun, dass der zum BND-Direktor aufgestiegene Reinhard Gehlen frühzeitig die Bundesregierung vor der „Abriegelung des Ostteils” gewarnt und über die „Lagerung von leichtem Sperrmaterial” unterrichtete hatte. Das Jahr 1961 bleibt dennoch das annus horribilis des BND.
Einerseits bedeutete der Mauerbau auch auf geheimdienstlicher Ebene eine enorme Erschwerung der Agententätigkeit: die „Hobbyreisenden”, die sich darauf beschränken mussten, als Touristen getarnt Aufnahmen von Bahnhöfen, Kasernen oder Häfen anzufertigen, konnten die frühere Spionagetätigkeit nur unzureichend ersetzen. Andererseits entdeckte der BND 1961 in der Person von Heinz Felfe, zeitweise Leiter des Referats „Gegenspionage Sowjetunion”, erst sehr spät den lange gesuchten, ungemein schlagkräftigen Maulwurf des KGB. Felfes Enttarnung führte zu einer schweren internen Vertrauenskrise und Selbstblockade des BND. Selbst nach der Neuausrichtung und Umstrukturierung des BND sprach Gehlen demoralisiert von der „fast undurchdringbaren Engmaschigkeit der Abwehrsysteme im Ostblock”. Zu dem Zeitpunkt hatte sein Dienst schon lange auf Agenten innerhalb der DDR-Administration weitgehend verzichten müssen.
Trotz neuer Quellen wird die Studie dem Anspruch, das nicht immer glänzende Bild des BND zu korrigieren, nicht gerecht. Auch wenn die Autoren mehrfach darauf hinweisen, dass der BND trotz aller Rückschläge „eine sehr erfolgreiche Militärspionage” geleistet habe, wird dies unzureichend belegt. Diese thematisch hochinteressante Arbeit gleicht phasenweise dem bloßen Versuch, der deutsch-deutschen Täter-Opfer-Geschichte Genüge zu tun. Dass hier erst ein kleiner Schritt von einem langen Weg getan wurde, belegt allein die Tatsche, dass die Autoren für die Bezifferung der BND-Mitarbeiter einzig auf die Aufzeichnungen aus dem Archiv des MfS verweisen können.
CORNELIUS WÜLLENKEMPER
ARMIN WAGNER / MATTHIAS UHL: BND contra Sowjetarmee. Westdeutsche Militärspionage in der DDR. Ch. Links Verlag, Berlin. 295 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine "thematisch hochinteressante Arbeit" sieht Cornelius Wüllenkemper in dieser Studie von Matthias Uhl und Armin Wagner über deutsch-deutsche Spionage. Er hebt hervor, dass die beiden Militärhistoriker mit die ersten sind, die sich diesem Thema von westlicher Seite nähern und dazu erstmals BND-Unterlagen heranziehen konnten. Ihre Untersuchung der westlichen Spionagetätigkeit gegenüber sowjetischen Militärstützpunkten in der DDR im Kalten Krieg fördert nach Ansicht von Wüllenkemper dann auch neue Erkenntnisse zu Tage, etwa über die Spionage in und um Berlin oder den Umstand, dass BND-Direktor Reinhard Gehlen die Bundesregierung frühzeitig vor der "Abriegelung des Ostteils" gewarnt hat. Allerdings können die Autoren seines Erachtens ihren Anspruch, das Bild des BND zu korrigieren, "trotz neuer Quellen" nicht wirklich einlösen.

© Perlentaucher Medien GmbH