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Silvia Naef beschreibt erstmals umfassend die Haltung des Islams zu Bildern. Sie stellt im Zusammenhang damit die wichtigsten Epochen der islamischen Kunstgeschichte vor und erläutert, was die Bilderflut der Moderne für den Islam bedeutet. Ein "Muß" für alle, die den Islam und die islamische Kultur besser verstehen wollen. Die Sprengung der Buddha-Statuen in Afghanistan durch die Taliban und der weltweite erbitterte Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen haben gezeigt, daß die Frage der Bilder im Islam "Sprengkraft" im wahrsten Sinne des Wortes enthält. Die Verbreitung von Ornamenten und…mehr

Produktbeschreibung
Silvia Naef beschreibt erstmals umfassend die Haltung des Islams zu Bildern. Sie stellt im Zusammenhang damit die wichtigsten Epochen der islamischen Kunstgeschichte vor und erläutert, was die Bilderflut der Moderne für den Islam bedeutet. Ein "Muß" für alle, die den Islam und die islamische Kultur besser verstehen wollen.
Die Sprengung der Buddha-Statuen in Afghanistan durch die Taliban und der weltweite erbitterte Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen haben gezeigt, daß die Frage der Bilder im Islam "Sprengkraft" im wahrsten Sinne des Wortes enthält. Die Verbreitung von Ornamenten und Kalligraphien in Moscheen oder Koran-Ausgaben zeugen von einer bilderlosen Religion. Aber gibt es ein islamisches Bilderverbot? Silvia Naef faßt zusammen, was der Koran und andere islamische Quellen über Bilder sagen und welchen Stellenwert Bilder, Ornamente und Kalligraphien in unterschiedlichen Zeiten und Räumen im Islam hatten. Darüber hinaus zeigt sie, wie die moderne Kunst in islamischen Ländern und die Theologie auf die Bilderflut durch Werbung, politische Propaganda und Filme reagieren. Das Ergebnis des eindrucksvollen Überblicks ist überraschend: Es gibt kein generelles islamisches Bilderverbot. Kunst und populäre Kultur im Islam sind vielmehr reich an bildlichen Darstellungen - und selbst Mohammed-Portraits sind verbreitet.
Autorenporträt
Silvia Naef , Islamwissenschaftlerin und Kunsthistorikerin, lehrt als Professorin für Kulturgeschichte der arabischen Welt an der Universität Genf. Sie ist eine herausragende Kennerin moderner Kunst islamischer Länder und Expertin für Kalligraphie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.09.2007

Kein Engel geht zum Hund ins Haus
Unerlässlich für jeden Karikaturenstreit: Silvia Naefs Buch über die islamische Haltung zum Bild
Die Gretchenfrage lautet im Islam derzeit: Wie hast du’s mit der Bildlichkeit? Wenn man die Sachlagen gegeneinander hält, schwirrt einem der Kopf: Auf der einen Seite ein bilderstürmender, von fanatischen Demagogen aufgewiegelter und vor allen Kameras posierender Mob; auf der anderen: der Louvre demnächst in Abu Dhabi. Auf der einen Seite die Zerstörung der Buddhas von Bamian, auf der anderen: die Tatsache, dass sich tausend Jahre lang in dieser Kernregion des Islam offenbar niemand daran gestört hat. Auf der einen Seite die feste Überzeugung vieler Muslime, Mohammed dürfe nicht gezeichnet werden und sei auch nie von Muslimen gezeichnet worden. Auf der anderen: der Gegenbeweis in den berauschenden Ausstellungen islamischer Miniaturmalerei in den letzten Jahren, etwa „Hunt for Paradise – Court Arts of Safavid Iran” am Asia Society Museum in New York oder „The Legacy of Genghis Khan” am Metropolitan Museum.
Dass ein Gläubiger die zeichnerische Verunglimpfung seiner Religion nicht schätzen wird, ja darauf mit Wut reagieren kann, sollte auch ohne Hintergrundkenntnisse nachvollziehbar sein. Problematisch wird die Sache erst dadurch, dass die Unklarheit der Regelungen im Islam eine rationale Diskussion über Fragen der Bildlichkeit verhindert und zur Folge hat, dass jeder behauptet, was ihm gerade gefällt. Dass das neue, gerade jetzt so wichtige Buch der Genfer Islamwissenschaftlerin Silvia Naef an dieser Sachlage etwas ändert, wagen wir nicht zu hoffen; aber für jeden, ob Muslim oder nicht, der sich mit der Problematik ernsthaft und sachgemäß auseinandersetzen will, ist es ab sofort unerlässlich.
Naef wartet, Gott sei Dank, nicht mit einer eigenen Großtheorie auf, sondern geht ad fontes, zu den islamischen Quellen. Das erste wichtige Resultat besteht darin, mit der von der älteren Orientalistik aufgebrachten, mittlerweile unser aller (auch der Muslime) Blick auf den Islam beherrschenden Meinung aufzuräumen, es gebe so etwas wie eine „semitische Abneigung” gegen das Bild. Es gibt sie nicht. Was den Islam in ikonologischer Hinsicht vom Christentum unterscheidet, ist die Ablehnung der Verwendung von Bildern als Kultgegenstände. Wer dem Islam Bildfeindlichkeit vorwirft, setzt daher nur den aus der eigenen religiösen Praxis vertrauten Umgang mit Bildern unhinterfragt als selbstverständlich voraus.
So stellt Naef klar: Der von der dänischen Zeitung Jyllands-Posten losgetretene Karikaturenstreit – ebenso wie der aktuelle Streit um die Karikaturen aus Schweden – hat nichts mit der angeblichen Bilderfeindlichkeit von Muslimen zu tun, sondern liegt in dem eindeutig beleidigenden Charakter der Karikaturen begründet. Bilder des Propheten und anderer islamischer Heiliger gab und gibt es im Islam zu vielen Zeiten und in vielen Regionen. Jedem, der den Iran bereist, werden die unserem Pop-Jesus ähnelnden, von fliegenden Händlern angebotenen Bilder von Ali und Hussain, den von den iranischen Schiiten besonders verehrten Verwandten des Propheten, auffallen.
In der klassischen Miniaturmalerei gibt es zahlreiche Bilder, die den Propheten während seiner Himmelsreise auf dem Buraq zeigen, seinem fliegenden Reittier – meist, aber eben nicht immer, ohne Gesicht oder mit Schleier gemalt. Sogar ein Gelehrter der konservativen ägyptischen Religionshochschule Azhar kann, wenn ein entsprechender Kontext gegeben ist, für die bildliche, ja plastische Darstellung des Propheten plädieren. So geschah es, als amerikanischen Muslimen 1997 auffiel, dass unter den achtzehn Gesetzgebern, die seit 1935 den Fries des Höchsten Gerichts in Washington zieren, auch Muhammad figuriert. Hatte der Council on American-Islamic Relations zunächst Anstoß genommen, plädierte der Azhar-Gelehrte Dschabir al-Alwani in einer Fatwa für den Erhalt; schließlich gereiche die Darstellung Muhammads in diesem Fall dem Islam zur Ehre. Sie blieb folglich erhalten.
Betrachtet man wie Naef die islamischen Quellen, fällt vor allem auf, dass Bilder, geschweige denn das Bilderverbot, überhaupt nicht eigens thematisiert werden. Im Koran ebenso wie in den prophetischen Überlieferungen, den Hadithen, ist nur am Rande davon die Rede. So gelten etwa die heidnisch-arabischen „Opfersteine” als verpönt, und es wird gesagt, dass Engel kein Haus beträten, in dem sich ein Hund oder eine bildliche Darstellung befände. Als Aischa, die Lieblingsfrau des Propheten, laut einem Hadith Vorhänge mit Darstellungen von Lebewesen aufgehängt habe, forderte der Prophet sie auf, diese abzuhängen. Sie könne aus dem Stoff aber Kissenbezüge machen. Die Rechtsgelehrten deuteten dies so, dass alles, worauf man sitze oder trete, figürliche Darstellungen enthalten dürfe.
In der Malerei ist gemäß den alten Rechtsgelehrten die Darstellung von Lebewesen verpönt, weil darin die Anmaßung liegt, den Schöpfungsakt nachzuahmen. Man kann eine solche Darstellung unwirksam machen, indem man etwa den Kopf ausradiert oder zerschlägt. In Kappadokien zum Beispiel sind deshalb oft die Gesichter der christlichen Heiligenfiguren in den Kirchen verstümmelt. Dennoch wird die Bildproblematik in den alten islamischen Quellen immer nur nebenbei behandelt, eigene Traktakte dazu existieren nicht.
Mit der zunehmenden Verbreitung des Papiers kam um die Jahrtausendwende vor allem im ostislamischen Raum die Buchmalerei auf, die zwischen dem 13. und dem 17. Jahrhundert zu ihrer Blüte gelangte. Vor allem die persischen Heldenepen wie das „Schahname” waren Gegenstand der Miniaturmalerei. Naefs überblickshafte Darstellung wird der Großartigkeit dieser Kunst freilich nicht gerecht; man muss im mit eigenen Augen sehen, was die muslimischen Maler vermocht haben, und besorge sich am besten zur Ergänzung einen Katalog der erwähnten Ausstellungen. Das Wunder dieser Kunst – das den Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk zu seiner Miniaturmalerei-Hommage in „Mein Name ist Rot” inspirierte – erklärt Naef nicht. Man vermisst ferner eine Erläuterung, warum das Phänomen der vornehmlich in Iran praktizierten Miniaturmalerei kaum in das kulturelle Gedächtnis der Muslime insgesamt eingegangen ist. Es könnte darin begründet liegen, dass höfische Buchmalerei eben – anders als im Abendland die künstlerische Ausgestaltung von der breiten Öffentlichkeit zugänglichen Kirchen – immer nur von einer kleinen, elitären Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.
Gralshüter und Provokateure
Diese Bilderknappheit in den islamischen Gebieten endete spätestens mit dem Aufkommen der Fotografie. Sie war es, die das Porträt, übrigens gerade auch das gemalte, in der islamischen Welt durchsetzte. Keine religiöse Vorschrift konnte im 20. Jahrhundert dem Siegeszug von Foto und Film einen Riegel vorschieben. Tabu bleibt jedoch nach wie vor die Darstellung von Mohammad im Bild wie im Film. Es scheint, als sei dieses Tabu der kleinste und damit auch letzte gemeinsame Nenner der in den verschiedensten Rechtsschulen und Glaubensrichtungen zersplitterten islamischen Gelehrten. Die ansonsten in weiten Teilen fiktive Einigkeit des Islams kann hier und wahrscheinlich nur hier noch einmal in Szene gesetzt werden. Dass sich die Gralshüter dieses imaginären Einheitsislams eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen, versteht sich. Warum vereinzelte Provokateure in westlichen Zeitungen ihnen diese Gelegenheit unbedingt bieten müssen, versteht sich nicht.
Das Bilderstreit, so darf man Naefs kurzes, aber gewichtiges Buch vor dem Hintergrund der aktuellen Vorgänge zusammenfassen, wird unter Missachtung der Quellenlage und der guten Sitten auf beiden Seiten für einen Kampf instrumentalisiert, in dem es um Deutungshoheit, Diskursmacht und letztlich um die Polarisierung großer Menschenmassen für die Durchsetzung von Interessen geht, die mit der ursprünglichen Frage nach dem Bild nichts mehr zu tun haben. STEFAN WEIDNER
SILVIA NAEF: Bilder und Bilderverbot im Islam. Vom Koran bis zum Karikaturenstreit. Aus dem Französischen von Christiane Seiler. Verlag C.H. Beck, München 2007. 160 Seiten, 19,90 Euro.
Bilderfeindlich? Sulaikha lauscht Joseph, der ihr religiöse Fragen erklärt. Iranische Miniatur, um 1575. Die Abbildung entnehmen wir dem Ausstellungskatalog „Hunt for Paradise. Court Arts of Safavid Iran, 1501-1576”, Turin 2003.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Stefan Weidner schätzt dieses Buch der Islamwissenschaftlerin Silvia Naefs als wichtige Arbeit über die Haltung des Islam zum Bild. Ja, das Buch scheint ihm geradezu "unerlässlich" für jeden, der sich mit dieser Problematik "ernsthaft und sachgemäß" befassen wolle. Wohltuend findet er, dass sich die Autorin nicht mit einer neuen Großtheorie hervortun wolle, sondern die islamischen Quellen genau untersuche. Demnach könne von einem generellem Bilderverbot im Islam nicht die Rede sein, Bilder des Propheten und anderen Heiligen seien in vielen Religionen und zu vielen Zeiten weit verbreitet gewesen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hierfür sieht der Rezensent in der islamischen Miniaturmalerei. Zu seinem Bedauern wird Naefs überblickshafte Darstellung der "Großartigkeit dieser Kunst" nicht wirklich gerecht. Deutlich wird Weidner aber, dass im gegenwärtigen Bilderstreit die Quellenlage und guten Sitten von beiden Seiten missachtet und für die eigenen Interessen instrumentalisiert würden.

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