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In der alten Bundesrepublik war es wenig opportun, sich mit der Besatzungspolitik der Westalliierten zu befassen. Die Auseinandersetzung mit diesem Aspekt deutscher Nachkriegsgeschichte war auf die Sowjetische Besatzungszone fixiert. Richtung Westen betonte man die Freundschaft zu den neuen Bündnispartnern. Volker Koop entwirft erstmals ein differenziertes Bild alliierter Besatzungspolitik, beginnend mit der französischen Zone im Südwesten sowie in Berlin. Er schildert den Einmarsch ihrer Truppen, den Umgang mit Kriegsgefangenen, die Demontagen, aber auch den Sonderweg dauerhaft dem eigenen Staatsgebiet zuzuschlagen.…mehr

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Produktbeschreibung
In der alten Bundesrepublik war es wenig opportun, sich mit der Besatzungspolitik der Westalliierten zu befassen. Die Auseinandersetzung mit diesem Aspekt deutscher Nachkriegsgeschichte war auf die Sowjetische Besatzungszone fixiert. Richtung Westen betonte man die Freundschaft zu den neuen Bündnispartnern. Volker Koop entwirft erstmals ein differenziertes Bild alliierter Besatzungspolitik, beginnend mit der französischen Zone im Südwesten sowie in Berlin. Er schildert den Einmarsch ihrer Truppen, den Umgang mit Kriegsgefangenen, die Demontagen, aber auch den Sonderweg dauerhaft dem eigenen Staatsgebiet zuzuschlagen.
Autorenporträt
Volker Koop, geb. 1945, aufgewachsen in Nienburg/Weser, schlug eine journalistische Laufbahn ein, u.a. bei den Bremer Nachrichten und dem NDR. Seit 1972 Sprecher des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg, 1987 Wechsel in den Infromations- und Pressestab des Bundesministeriums für Verteidigung. Seit 1994 arbetet Volker Koop als Freier Autor und Journalist.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2005

Rabiates Auftreten
Frankreichs Besatzungspolitik in Deutschland 1945 bis 1949

Ein Autor, der gleich an mehreren Stellen seines Buches prophylaktisch um Verständnis wirbt, muß Unangenehmes über die Anfänge der französischen Okkupation in Deutschland zu berichten haben. Tatsächlich befaßt sich Volker Koop eingehend damit, was in der künstlich zusammengeflickten französischen Besatzungszone in Deutschland geschah: Heimatchroniken künden von Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und ausgiebigen Plünderungen durch französische Truppen in Baden und Württemberg Mitte 1945. Zu Recht erinnert Koop an die zuvor von Deutschen begangenen Schandtaten in Frankreich, meint aber, das eine zuzugestehen bedeute nicht, über das andere den Mantel des Schweigens breiten zu müssen. Die Brandschatzung von Freudenstadt gehört ebenfalls zu diesen dunklen Kapiteln.

Die in französischem Gewahrsam befindlichen deutschen Kriegsgefangenen wurden unter miserablen Bedingungen in Lagerhaft gehalten und mußten bis 1948 Zwangsarbeit in Bergwerken oder in der Landwirtschaft leisten. Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten durften die französische Zone nicht betreten. Die Bewohner von Kehl wurden ausgewiesen, weil das benachbarte Straßburg nicht genügend Wohnraum zur Verfügung hatte. Die letzten kehrten erst 1953 zurück. Heerscharen französischer Zivilisten lebten in den Nachkriegsjahren auf Kosten der darbenden Deutschen, die den Zustrom von Angehörigen des französischen Militärs entsprechend zornig beobachteten. In der amerikanischen und in der britischen Besatzungszone war die Ernährungslage weitaus besser als in der französischen. Requisitionen, Demontagen und Holzeinschlag wurden hier mit aller Härte durchgeführt, was die Überlebensperspektiven der Menschen empfindlich beeinträchtigte. Gewiß, Frankreich lag seinerseits darnieder und konnte nicht viel verteilen - aber General de Gaulle wollte unbedingt einen Anteil an der Macht in Deutschland, der die Ebenbürtigkeit der "Grande Nation" mit Sowjets und Angelsachsen widerspiegelte.

Die Große Politik ist nicht der zentrale Gegenstand dieser Studie. Dennoch widmet sich der Verfasser auch den hartnäckigen Bemühungen der französischen Regierung, die deutsche Einheit zu durchkreuzen. Er beschäftigt sich mit dem Kampf um einen Rheinstaat und eine Internationalisierung der Ruhr sowie mit der Vorgeschichte des Südweststaates, den Paris gerne zugunsten einer Wiederherstellung der traditionellen Länder Baden und Württemberg verhindert hätte. An der Saar sorgte die französische Regierung für eine Dominanz frankophiler Kräfte, die einen an Paris angelehnten Saarstaat aus der Taufe hoben. Erst im Referendum vom 23. Oktober 1955 schüttelte die Saarbevölkerung die zum "Europäischen Statut" umdekorierte französische Besatzungsherrschaft mit ihrem "Nein" ab. Einige deutsche Historiker werden dies alles ungern hören. Sie vertreten die Auffassung, schon der de Gaulle des Jahres 1945 habe insgeheim die deutsch-französische Versöhnung anbahnen wollen und nur deshalb Vergeltungsrhetorik betrieben, weil die Bevölkerung im Hexagon so rachedurstig gewesen sei. Was sonst unerfreulich verlief, war angeblich dem Chaos der "Stunde Null" anzulasten.

Der versöhnungsgeneigte de Gaulle des Jahres 1958 ist indessen nicht mit dem zerstückelungsorientierten de Gaulle des Jahres 1945 gleichzusetzen, wie etwa der Sorbonne-Historiker Georges-Henri Soutou gezeigt hat. Erst 1948 gewann die Idee einer Kontrolle Deutschlands durch Integration allmählich die Oberhand, was aber noch für lange Jahre keineswegs echte Partnerschaft oder gar Gleichberechtigung implizierte. Seit der Öffnung der französischen Archive in den frühen achtziger Jahren werden oft Demokratisierung und Entnazifizierung, vor allem aber die kulturellen Leistungen der Franzosen in ihrer Besatzungszone gerühmt. Wer wollte zudem leugnen, welch edle Gesinnung Pioniere der Verständigung wie Jean du Rivau, Emmanuel Mounier, Joseph Rovan oder Alfred Grosser beseelte. Darüber sollte man nicht so gleichgültig hinweggehen, wie Koop es in seinem recht schonungslosen Buch tut. Nichtsdestoweniger ist angemessen zu gewichten, daß Paris die lieblichen Gefilde des Mittel- und Oberrheins als künftiges frankophones Einflußgebiet in einem zerborstenen Deutschland betrachtete, bedroht von bärbeißiger Machtlüsternheit in der sinistren Osthälfte. Dies beruhte auf dem literarischen "Mythos vom zweierlei Deutschland" (so der Romanist Wolfgang Leiner), dessen "brauchbare" westliche Teile als separate Staatsgebilde prädestiniert schienen. Alles, was "preußisch" infiltriert war, sollte unbedingt ferngehalten werden, wie es in der sich völlig abschottenden französischen Besatzungszone bis 1948 konsequent praktiziert wurde. Eine "pénétration culturelle" konnte dennoch nicht aufwiegen, was bisweilen rabiates Auftreten keineswegs nur mental verwüstet hatte.

Der Autor will die Empfindungen der von der Okkupation betroffenen deutschen Bevölkerung anschaulich darstellen, ohne den vorangegangenen nationalsozialistischen Terror in Frankreich zu leugnen. Allerdings fehlt die Souveränität, die nur aus breiter Kenntnis der veröffentlichten Quellen und der umfangreichen Literatur zu gewinnen ist. Dennoch beschreibt diese Monographie unverblümt, was sonst artig verbrämt wird: Die Stunde der deutsch-französischen Freundschaft war 1945 noch nicht gekommen.

HERBERT ELZER

Volker Koop: Besetzt. Französische Besatzungspolitik in Deutschland. be.bra-Verlag, Berlin 2005. 352 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.06.2006

Frankreichs bedrohter Sieg
Das rabiate Vorgehen der Besatzungsmacht in Deutschland
Frankreichs Pläne zur politischen und nationalstaatlichen Zukunft Deutschlands nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lassen sich in ihren Grundzügen am besten an den Überlegungen einer nationalen Symbolfigur
illustrieren: General de Gaulle, der schon den Ersten Weltkrieg mit den
Worten „Endlich ist es soweit!” als Möglichkeit begrüßte, nunmehr Vergeltung für die Schmach von 1870 zu üben, war auch 1945 gewillt, der „deutschen Gefahr” nun endgültig den Riegel vorzuschieben.
Nicht weniger als die Zerstückelung Deutschlands in kleinste Verwaltungseinheiten und den Verzicht auf eine zentrale Regierungsgewalt hatte de Gaulle für den Nachbarn vorgesehen, der Frankreich dreimal in nur 70 Jahren angegriffen hatte. 1944 schätzte er das Schicksal Deutschlands dann als „eine Frage von Leben und Tod für Frankreich” ein, und noch 1948 meinte er, dass „Bonn die Wiederherstellung des Reiches” bedeute.
Dass die Erfahrungen mit dem deutschen Militarismus auch in Frankreichs Deutschlandpolitik im Kreise der Alliierten eine Rolle spielte, illustriert Volker Koops Studie. Er begründet seine Recherchen mit der Feststellung, dass sich die westdeutsche Geschichtsschreibung aufgrund ideologischer Empfindlichkeiten bisher auf die Schrecken der sowjetischen Besatzung beschränkt habe. Nunmehr sei die deutsch-französische Aussöhnung aber so verankert, dass endlich auch das Vorgehen der Franzosen im Nachkriegsdeutschland untersucht werden könne.
Schon diese Feststellung ist ein Hinweis darauf, dass Koop einige unerfreuliche Kapitel der deutsch-französischen Geschichte aufrollen möchte. Gestützt auf Quellen ausschließlich deutscher Archive und Stadtchroniken beschreibt er anhand von gewalttätigen Ausschreitungen gegen deutsche Zivilisten, Massenvergewaltigungen, wahllosen Demontagen von Produktionsmaschinen und maßlosen Reparationsforderungen das rabiate Auftreten der französischen Besatzungsmacht. Verglichen mit den US-Amerikanern und Briten, die schon bald auf eine Wiederherstellung der deutschen Wirtschaft hinarbeiteten, sei das Gebaren der Franzosen vor allem durch deren gekränkten Nationalstolz und die Forderung nach weit reichender wirtschaftlicher und politischer Kontrolle Deutschlands geprägt gewesen.
Das Geltungsbedürfnis der Franzosen, die sich aufgrund ihrer militärischen Niederlage gegen Deutschland stets als „Sieger zweiter Klasse” fühlten, zeigt Koop unter anderem an Charles de Gaulles unbeirrbaren Forderungen nach der Abspaltung der Gebiete an Saar und Rhein von Deutschland sowie nach einer internationalen Verwaltung des Ruhrgebietes. Der Autor bemerkt, dass Frankreichs Stimme unter den Alliierten „nicht gerade großes Gewicht” gehabt habe und die Aufteilung Deutschlands ohnehin ohne Frankreich beschlossen worden sei. Schon damals kursierte die Vermutung, de Gaulles starres Beharren auf der Annektierung deutscher Gebiete sei wohl eher als Ausdruck diplomatischer Unsicherheit zu verbuchen.
Jenseits der politischen Verhandlungen der Alliierten beschäftigt sich Koop eingehend mit der dramatischen Situation der deutschen Zivilbevölkerung unter französischer Verwaltung. Von einer „freien Jagd auf deutsche Frauen” spricht der Autor in Bezug auf das von den Franzosen eingenommene badische Freudenstadt. Koop weist außerdem eine drastische Unterversorgung an Grundnahrungsmitteln in den französischen Besatzungszonen nach. Die Gründe dafür sucht er einerseits in der natürlichen Strukturschwäche dieser Regionen, weist andererseits aber darauf hin, dass Frankreich einen guten Anteil der knappen Reserven für die Verpflegung der unverhältnismäßig hohen Anzahl französischer Besatzungsbeamter vor Ort zur Verfügung stellte. Als „besonders düsteres Kapitel” bezeichnet er die überaus schlechte Versorgung deutscher Kriegsgefangener in französischen Lagern, die die USA im November 1945 gar dazu bewegte, einen generellen Auslieferungsstopp deutscher Gefangener an Frankreich zu verhängen.
Obwohl sich Koops Ausführungen teilweise wie eine geschichtspolitische Abrechnung mit Frankreich lesen, zeigt seine Untersuchung doch überzeugend einerseits die Anfänge der noch lange nach 1945 gültigen Grundideen der französischen Deutschlandpolitik auf. Andererseits wird deutlich, dass nicht nur die russische Soldateska rücksichtslos Gebrauch von der Macht der Sieger über die Besiegten machte, wobei die Franzosen ihren Status als Siegermacht freilich stets verteidigen mussten.
CORNELIUS WÜLLENKEMPER
VOLKER KOOP: Besetzt - Französische Besatzungspolitik in Deutschland. Bebra Verlag, Berlin 2005. 352 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Volker Koops Studie zur französischen Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945 hat zwar mitunter durchaus den Charakter einer Abrechnung, ist aber alles in allem trotzdem überzeugend, findet Cornelius Wüllenkemper. Koop dokumentiert sowohl die Versuche Frankreichs, durch extreme Reparationsforderungen, industrielle Demontage und die Aufteilung Deutschlands in winzige Verwaltungseinheiten den einstigen Gegner klein zu halten, als auch das brutale Vorgehen der Besatzungssoldaten gegenüber der Zivilbevölkerung. Das Buch macht nicht nur die französische Deutschlandpolitik der Nachkriegszeit nachvollziehbar, sondern zeigt auch deutlich, wie sehr die deutsche Bevölkerung entgegen gängiger Meinung nicht nur unter der sowjetischen, sondern eben auch unter der französischen Besatzung zu leiden hatte, schließt Wüllenkemper eingenommen.

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