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Nadine Kegele hat die seltene Gabe, Poesie und Komik zu verknüpfen. Nach ihrem Erzähldebüt "Annalieder" legt die österreichische Autorin nun ihren Debütroman vor. In "Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause" ist nicht nur das Wetter existenziell, auch die Leben der in bunten Farben schillernden Figuren sind es.Nora bringt einen Hund um und vielleicht war es Mord. Die Füchsin füttert Blutegel, wenn sie nicht gerade Yoga macht. Vera ist Comic-Heldin im eigenen Sektimperium. Und Ruth eine Lesbe, die ein Kind will, Geschlecht egal, Hauptsache kein Junge und kein Mädchen. Und während die…mehr

Produktbeschreibung
Nadine Kegele hat die seltene Gabe, Poesie und Komik zu verknüpfen. Nach ihrem Erzähldebüt "Annalieder" legt die österreichische Autorin nun ihren Debütroman vor. In "Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause" ist nicht nur das Wetter existenziell, auch die Leben der in bunten Farben schillernden Figuren sind es.Nora bringt einen Hund um und vielleicht war es Mord. Die Füchsin füttert Blutegel, wenn sie nicht gerade Yoga macht. Vera ist Comic-Heldin im eigenen Sektimperium. Und Ruth eine Lesbe, die ein Kind will, Geschlecht egal, Hauptsache kein Junge und kein Mädchen. Und während die Freundinnen ein Leben versuchen, das sich nicht bloß gut anfühlt, sondern auch gut ist, liegt eine Mutter im Koma und stirbt - hoffentlich, wenn es nach ihrer Tochter geht.Nadine Kegeles Romandebüt ist bereits vor Erscheinen preisgekrönt: Für eine Arbeitsfassung erhielt die Autorin 2013 den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. "Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause" beschreibt das Leben in Worten, so unglaublich treffend, als wären sie für Nadine Kegele erfunden worden.
Autorenporträt
Nadine Kegele, geboren 1980 in Bludenz/Vorarlberg, lebt in Wien. Bürolehre, Zweiter Bildungsweg, Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Gender Studies. Erwerbsarbeiten als Sekretärin, Finanzassistentin, Mediaplanerin, Lektorin. Aufnahme am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und Stückerarbeitung in der Schreibklasse Schauspielhaus Wien. Etliche Preise und Stipendien, zuletzt Staatsstipendium für Literatur des BMUKK, Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb sowie Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin. www.nadinekegele.net
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.09.2014

Etwas Besseres als das Glück findest du überall
Eine Bewunderin von Olympe de Gouges in der Spirale der Selbstzerstörung: Nadine Kegeles Roman „Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause“
Wie kann nur irgendjemand auf die Idee kommen, dies sei ein lustiges Buch? Nadine Kegele habe die „seltene Gabe, Poesie und Komik zu verknüpfen“, heißt es im Klappentext, und dies sei ein Roman über den Mut, sich dem Leben zu stellen, über eine muntere Freundschaft zwischen Frauen mit seltsam anmutenden Gewohnheiten. Das klingt sehr erbaulich, nach einem typischen Frauenroman mit dem Hang zur Selbstironie in Gender-Fragen. Wahr ist das Gegenteil: Selten gab es ein traurigeres, trostloseres Roman-Debüt als das der jungen, hoch begabten Nadine Kegele, die für einen Auszug aus „Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause“ den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2013 erhielt.
  Der Bachmann-Preis ist nun ohnehin nicht dafür bekannt, leicht Verdauliches zu prämieren, wobei das Publikum, so steht zu vermuten, unter den präsentierten Werken immerhin noch am ehesten das mit einem Preis ausstattet, was zumindest einigermaßen unterhaltsam ist. Und unterhaltsam, weil skurril, schräg und lakonisch, ist der Text der 35-Jährigen durchaus. Obwohl er gleichzeitig die Luft aus dem Herzen des Lesers saugt, als seien die Buchstaben Totesser aus dem Reich Lord Voldemorts, die das Glück zerstören, wenn sie in die Nähe glücksuchender Wesen kommen.
  Nora jedenfalls ist das Gegenteil von heiter oder gar glücklich. Sie hat ihren Job verloren, den sie aber sowieso nicht leiden konnte. Das Arbeitsamt kann nicht helfen, und so wird das Geld schnell weniger. Nora hat einen Freund, Anton, Architekt, aber eigentlich ist er viel zu intellektuell für sie. Der Architekt wiederum hat eine Tochter, deren pure Existenz Nora stört. Nora glaubt, es sei Liebe, das Anton und sie verbindet, der aber sagt, es sei nur Sex. Kann Nora überhaupt lieben? Wohl nicht, stattdessen schläft sie wahllos mit Männern, meist ist es egal, wer und wie sie sind, sie braucht Nähe, und vielleicht ist ja mal zufällig ein Netter, ein Guter darunter, einer der bleibt?
  Anton bleibt nicht, er wollte mehr als Sex, aber nicht mit ihr. Sie will ein Kind von ihm, damit er bleibt, aber sie will nicht sein Kind, das ohnehin im Weg ist. Statt ihrer werden zwei Freundinnen schwanger. Neid, Fremdheitsgefühle, Ausgegrenztheit nisten sich ein, Nora wird zunehmend wunderlich, Nora spricht nicht mehr, isst nicht mehr, Nora kapselt sich ab. Sie entführt eine Katze, stalkt ihren Ex, verfolgt dessen Tochter, reist ohne Geld nach Italien und hofft dabei immer ein klein wenig, dass sie selbst einfach verschwindet. Weil niemand sie braucht. Und weil sie sich selbst nicht mag. Wofür auch?
  Nora wird aufgerieben, umgetrieben von ihrer Mutter, die sterbend im Krankenhaus liegt. Anstelle von Trauer fühlt sie Hass; sie kann es nicht erwarten, dass diese Frau, die sie gequält hat, die einst den Missbrauch durch Freunde und Fremde ignorierte, die Nora immer im Stich ließ, die auch nicht lieben konnte, dass diese Frau stirbt. Als sie tot ist, fühlt die Tochter keine Genugtuung. Nur Leere. Ein Haltepunkt weniger im Leben.
  Nora hat eine Nachbarin, eine alte Jüdin. Von ihr lernt sie Demut, Lebensmut im Lebensüberdruss, Lebenslust trotz grenzenloser Trauer. Aber die alte Dame geht und kommt nicht zurück. Noch ein Haltepunkt weniger im Leben. Und als wäre das alles nicht genug, ist diese Nora nur eine von zwei hochneurotischen Antiheldinnen dieses komplexen und komplizierten Erzählansatzes. Die zweite nämlich, Erika, deren Biografie in einzelnen Kapiteln zwischen Noras Geschichte eingeschoben ist wie eine Blaupause für Noras seelische Beschädigungen, spielt eine rätselhafte Rolle: In welcher Beziehung sie zu Nora steht, bleibt seltsam offen. Ist es die Geschichte der Mutter?
  In Klagenfurt hatten die Juroren damals kaum ein gutes Haar am Textauszug der jungen Nadine Kegele gelassen. Er sei „sprachlich entgleist“ hieß es, verrätselt, unverständlich, zerfallen und inkonsistent. Kollege Burkhard Spinnen, der Nadine Kegele vorgeschlagen hatte, versuchte sie schließlich mit dem vergifteten Lob zu retten, sie schrappe „wie mit einem teuren Auto an der Leitplanke der Peinlichkeiten“ entlang.
  Nun, die Autorin hat den Text offensichtlich überarbeitet. Und er ist, um das vorwegzunehmen, so spröde wie gelungen, wenn man sich darauf einlässt. Wenn man ihm und sich selbst Zeit gibt, wenn die Spitznamen, Codierungen und Ticks entziffert sind, die Kegele ihren Figuren andichtet und antut. Dann, zuletzt, ist es vor allem ein mit Ungeduld gepaartes Mitleid, das sich einstellt für diese geschlagene, gequälte, selbstzerstörerische und sich selbst doch endlich rettende Nora.
  Kegele schreibt derzeit an einem zweiten Roman, „Reinekin“, der gemeinsam mit „Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause“ und zwei Folgeromanen zu einer „Olympe-Tetralogie“ zusammenwachsen solle, heißt es auf ihrer Webseite. Olympe de Gouges, eine Frauenrechtlerin, kommt auch im ersten Teil vor, ein ganzes Kapitel ist nach ihr benannt. Wer diese Olympe de Gouges denn sei, fragt Nora ihren Freund Anton, als der sie noch nicht verlassen hat; eine von Noras Freundinnen hatte die Französin erwähnt. „Frühe Frauenrechtlerin, sagt Anton, den Suppentopf in Händen, enthauptet während der Französische Revolution, weil sie zu viel gefordert hat.“
  Kegele ist offenbar auch eine, die viel fordert, von sich und anderen. Sie hat auf dem zweiten Bildungsweg ihre Matura nachgeholt, nachdem sie zuvor eine Bürolehre gemacht und als Sekretärin gearbeitet hatte, sie hat Germanistik, Theaterwissenschaften und Gender Studies studiert und Dutzende Stipendien bekommen; diese Österreicherin ist ehrgeizig und talentiert.
  Ihre Heldin Nora lässt sie nach Antons Ausführungen sagen: „enthaupten klingt so schön.“ Andererseits: Offenbar steht Nadine Kegele auf Frauen, die das Risiko eingehen, zu viel zu fordern. „Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause“ fordert viel, Erträgliches und Unerträgliches. Aber, so seltsam das klingen mag: Das Risiko loht sich.
CATHRIN KAHLWEIT
Vielleicht ist bei den vielen
Männern ja zufällig einmal
einer dabei, der bleibt
        
  
  
Nadine Kegele: Bei Schlechtwetter bleiben Eidechsen zu Hause.
Roman. Czernin Verlag, Wien 2014. 320 Seiten,
23 Euro, E-Book
14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension

Nadine Hemgesberg gibt Entwarnung: Nadine Kegeles Romandebüt sei keine Frauenliteratur. Auch wenn die Themen Schwangerschaft und Muttersein in dem Buch verhandelt werden, erkennt die Rezensentin das Universelle an der Geschichte. Es geht um randständige Frauenfiguren und wie sie ihr Leben meistern, erläutert sie. Dass die Schwangerschaft hier eher nüchtern betrachtet und Frauenschicksalen mit schwarzem Humor begegnet wird, gefällt Hemgesberg. Dass die Autorin die Langform zu meistern weiß, sprachlich treffsicher ist und auch drastisch sein kann, weiß die Rezensentin außerdem zu schätzen.

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